Ich bin ein “Ja, aber”-Typ. Ich rudere fast immer zurück, sobald ich einen Satz vorangeprescht bin. “Wie geht`s dir?”, fragt mich jemand und ich antworte: “Gut!”, überlege, nicke, lächele, setzte nach: “Richtig gut!” Dann springt was dazwischen. Ist es mein Grübelgen? Was ist es eigentlich? Auf jeden Fall setze ich ein “Könnte natürlich immer besser sein!” nach. Ist das nicht seltsam?

Ich nenne es meinen Lebens-Lektor. Ist er eingeschritten und ich zurückgeschritten, schüttele ich oft den Kopf über mich selbst. Weil ich mich frage, warum ich das mache? Warum ich nicht GUT, PUNKT antworten kann, so wie es spontan aus mir raus kam.

Weil es – natürlich – immer noch besser ginge? In einer Millionärinnen-Villa-Taylor-Swift-wasweißich-Manier? Weil es theoretisch immer eine sportlichere, schlauere, erfolgreichere, reichere Version von mir geben könnte. Oder bin ich vielleicht abergläubisch? Glaube ich, sobald ich es ausspreche, könnte es mir nicht mehr gut gehen?

Ich glaube nicht an schwarze Katzen, dreizehnte Freitage. Aber ich klopfe auf Holz, wenn ich erzähle, dass etwas gut ist.

Meine Angst davor, dass es nicht mehr gut sein könnte ist immer da und groß. Dabei habe ich bislang noch keine wirklich dramatischen Schicksalsschläge erlebt. Vielleicht ist es eher eine anerzogene Vorsicht, seinem eigenen Glück nicht zu vertrauen. Und damit leider auch sich und seinen Fähigkeiten nicht wirklich zu glauben.

Ich bin mit großer Vorsicht erzogen worden. Ängste, Zurückhaltung, Grübeln wurde mir mit ins Kinderbett gelegt. Zogen an meiner Hand, sogar wenn mich an der anderen jemand festhielt. Nicht absichtlich, eher unbewusst. Alle drei begleiteten mich dennoch bei jeder Entscheidung und ich höre sie bis heute, selbst wenn sie längst verstummt sind. Ich schaffe es nur schrittweise und nur in einigen Gebieten mich darüber hinwegzusetzen.

Vielleicht ist meine “Ja, aber”-Mentalität auch Gen-X typisch?

Bloß nicht zu viel wollen, nicht zu laut sein, wurde uns beigebracht. Zurückhaltung auch. Wer sagt, was er kann, ist ein Angeber. Wer zeigt, dass er glücklich ist, womöglich auch. Aber ist es tatsächlich angeberisch zu sagen, dass gerade alles gut ist? Ich weiß nicht, ob ich mir zu wenig vertraue, dem Glück oder dem Leben.

Oder ob es mein Ehrgeiz ist, der meinen Kopf mir zuflüstern lässt, dass es immer noch besser ginge. Auf jeden Fall spannend, darüber nachzudenken. Ich möchte meinen Kindern gern  ein “Ja“ ohne „aber“ beibringen. Und es mir auch öfter erlauben. Weil wir nie wissen, was kommt. Und weil uns “Ja, aber” nicht vor Schicksalsschlägen schützt.

Und du?

Claudi