Es klingt dekadent, aber ich schreib es jetzt einfach: Bisher sind wir möglichst jede Ferien weggefahren. Reisen war unsere Prio 1. Nicht immer teuer. Mal ein Airbnb-Schnäpper, mal haben wir Freunde besucht. Oft konnte ich Arbeit und Reise verbinden. Die Vorstellung, zuhause zu bleiben, fühlte sich mit zwei Jobs von daheim dagegen an, als solle ich auf einem Großraum-Büro-Schreibtisch chillen…

Tschüß und weg. Ihr Sorgen bleibt mal schön zuhause.

So war es immer. Dann kamen diese Weihnachtsferien, Sparpläne und die leise Idee, einfach mal zu Hause zu bleiben. Vielleicht, weil wir beide so gestresst waren, dass sich selbst Kofferpacken anfühlte, als sollten wir zu Fuß die Route 66 ablaufen.

Der Psychiater und Autor Michael Sadre-Chirazi-Stark bestätigt diesen Eindruck. „Wenn wir massiv erschöpft sind, haben wir im Urlaub nicht die mentalen Kapazitäten, um uns auf Neues einzulassen“, schreibt er. „Uns fehlen die Reserven, Unwägbarkeiten zu begegnen und sie gar positiv zu verarbeiten.“

Die Kinder waren Feuer und Flamme. Und sie waren Fernbedienung.

Denn ja, wir waren sehr entspannt, mit Daddeln und Serien. Wir haben einfach viel abgehangen und jeder unser Ding gemacht. Oder Zeit zusammen verbracht. Ich bin erstmal mit einem Sohn auf den Weihnachtsmarkt gefahren. Traf Freunde. Glotze einen Film. War ja Zeit. Und ich hab, ganz anders als ich dachte, jede Minute genossen. Und ich fragte mich: Hatte mein Fluchtreflex sonst überlagert, was ich mir lange wünschte?

Echte Erholung! Einfach nichts machen.

Und zwar ungeschminkt und schlafanzughosig nichts. Nicht im Traumland an Traumstand mit Kamera im Selfiemodus nichts. Ich hab mich außerdem hinterfragt,  was ich wirklich will. Und überlegt, wie ich endlich mehr Ruhe in meinen Alltag bringen kann. Ich fürchte, Wegsperren meiner elektronischen Geräte funktioniert bei mir nicht. Vielmehr muss ich einen gesunden Umgang damit lernen. Mich so aufstellen, dass mein Alltag einer wird, vor dem ich nicht flüchten muss.

Nach dem Urlaub zuhause steht fest: Ich werde immer gern verreisen.

Und ich freue mich jetzt schon wieder wahnsinnig auf unsere nächste Reise. Weil ich gern entdecke. Weil ich super neugierig bin. Ich liebe die neuen Impulse für mein Leben, natürlich gern am Traumstrand im Traumland. Und so blöd klingt, ich brauche diese neuen Eindrücke auch für meinen Job, um frische Geschichten erzählen zu können.

Aber ich freue mich auch, dass wir einmal in Ruhe unser Zuhause und uns selbst besichtigt haben. Endlich ausgemistet haben, was wir im Alltag nie schaffen. Ich freue mich total über die Tatsache, dass ich mich auch auf unserer Couch entspannen konnte.

Mit dem Gefühl bin ich übrigens nicht allein. Eine Studie der Durham Universität zum Thema Erholung ergab, dass sich die meisten Menschen am besten mit sich allein entspannen können, beim Fernsehen, Lesen, Musikhören, Spazierengehen.

Ich hab gelernt, was ich brauche, um runterzukommen.

Bei mir ist es eine Mischung aus viel unverplanter Zeit. Ein bisschen Sport, ein paar Dates mit Freunden. Viele Bücher, viele Filme und das Vorhaben, ausnahmsweise mal nichts produzieren zu müssen. (Dass mir ausgerechnet dann die besten Ideen kommen, hab ich akzeptiert. Ich schreibe sie einfach in mein neues, gelbes Notizbuch.) Hoffentlich kann ich dieses Wissen auch im Alltag einsetzen.

Als mein Sohn nach dem Ausmisten in unser Schlafzimmer kam, meinte er: „Hier sieht es aus wie im Hotel!“ Und ich wusste, was er meinte. Ruhiger. Entspannter. Keine Wäschekörbe, keine Arbeit. Entspannter.

Wir haben nämlich doch eine Reise gemacht in den vergangenen Tagen. Eine Reise zu uns. Ich hab mein Haus und mein Leben besichtigt, wie eine Touristin. Manches hat mir gefallen, manches nicht, das buche ich nicht wieder. Und ich hab sogar ein paar Schnappschüsse gemacht, um mich später an diese Zeit zu erinnern.

Schönes Wochenende!

Claudi