Es ist immer gefährlich, etwas wiederholen zu wollen, woran das Herz und unzählige Erinnerungen hängen. Es nochmals erleben zu wollen, um Gefühle, Ereignisse, Eindrücke zu reproduzieren, vielleicht sogar zu potenzieren. Und vielleicht ist es die schwerste Prüfung überhaupt, die eigenen Kindheitsurlaube Jahrzehnte später mit der eigenen Familie nachzustellen. Das kann eigentlich nur schiefgehen, oder…?

Ich würde diesen Post vermutlich nicht schreiben, wenn alles ganz herrlich gewesen wäre. Aber ich würde ihn auch nicht schreiben, wenn wir enttäuscht wieder abgereist wären. Es war mitunter ganz wunderbar. Und dann wieder furchtbar zwischendurch. Es war chaotisch und laut, es war innig und manchmal herzzerreißend schön. Es gab Streit und Schmollen und wundervolle Szenen, die wir alle mit nach Hause nehmen.

Es war, wie Familienurlaube eben so sind: Komplett anders als gedacht – und doch auf eine Art unvergesslich.

Ich konnte mich noch so genau an alles erinnern: An die unendlichen Strände, den würzigen Pinienduft. An das Rauschen der mächtigen Atlantikwellen. Daran, wie ich als Kind nichts lieber tat, als stundenlang in ihnen zu spielen zu tauchen, mich auf dem Wellenkamm an der Spülsaum tragen zu lassen. Ich wusste noch, wie ich danach stundenlang im Sand unter dem Sonnenschirm lag, und las, las las. Und nach einem langen Strandtag müde und happy war.

Nichts davon hat sich in unserem Familienurlaub so abgespielt, nicht mal annähernd. Zwei Drittel meiner Kinder waren hochzufrieden mit Pool und See vor der Tür – das Meer war ihnen eher unheimlich. Weswegen die erhofften endlosen Strandtage eher punktuelle Strandausflüge waren, die ich meist hart erkämpfen musste – um dann mit einer großen Mehrheit dort landete, die weder ins Wasser noch lesen wollte. Immerhin die lässige Strandbar fanden alle gut.

Es war nicht immer ganz einfach für mich, von meinen Bildern im Kopf Abstand zu nehmen.

Zu erleben und zu akzeptieren, dass wir eine so andere Familie sind als die, aus der ich komme. Dass es andere Prioritäten gibt, andere Faibles – meine Kinder sind keine begeisterten Leser, dafür hochmotivierte Mario-Kart-Spieler. Und was ist daran eigentlich besser oder schlechter? Dieser Urlaub hat mich – vielleicht mehr als jeder andere zuvor – gelehrt, auf das zu sehen, was ist. Was gut ist. Was anders ist, aber nicht schlechter.

Ja, wir haben den überwiegenden Teil des Tages am Pool unserer Anlage verbracht. Hätten wir dafür über 3000 Kilometer fahren müssen? Vermutlich nicht. Aber die großen Geschwister haben dem kleinen Bruder dabei geduldig das angstfreie Schwimmen beigebracht. Was ein echter Gewinn ist! Nein, es hat sich niemand mit mir ab Tag eins in die wilden Wellen gestürzt, wie ich es mir eigentlich erträumt hatte. Dafür war ich mit meinem Großen fast täglich mit dem SUP auf dem See unterwegs und dann auch in den Wellen. In Woche zwei haben wir ein Skimboard gekauft, mit dem auch alle Kinder immerhin im Spülsaum Bekanntschaft mit dem Atlantik gemacht haben. Und am letzten Tag bin ich ganz allein durch die wilden Brecher des Atlantiks getaucht, wie früher. Was herrlich war.

Ich muss gestehen, dass ich lange mit mir gerungen habe, diesen Urlaub überhaupt zu machen.

Weil ich wusste, dass ich eine gewisse Enttäuschung vermutlich mit einkalkulieren muss. Aber ich wollte so unbedingt meiner Familie zeigen, wo ich als Kind so glücklich war. Wollte, dass sie verstehen, warum die französischen Landes ein Herzensort für mich waren. Und immer noch sind. Doch, ich bin froh, dass wir diese Reise angetreten haben. Weil ich manchmal sehr glücklich war, anders glücklich. Und weil auch meine Familie dem Charme Südfrankreichs erlegen ist. Weil wir vielleicht den Grundstein gelegt haben für ein neues Urlaubsziel, das beim zweiten Mal bestimmt nicht mehr ganz so überwältigend, weil bekannt ist.

Vielleicht war der Kontrast zu unseren sonst so gleichförmigen Urlauben einfach zu krass. Einem Teil der Kinder hätte vermutlich ein Urlaub an der Nordsee gereicht. Mir aber nicht. Und dann muss ich es vermutlich einfach aushalten lernen, dass die Dinge so ganz anders kommen. Ist es also eine gute Idee, die eigenen Kindheitsurlaube als Erwachsene zu wiederholen? Nein. Weil nichts mit den sepiagetönten Bildern im Kopf mithalten kann.  Und ja. Wenn man sich darauf einlässt, dass es anders schön ist. Sicher ist: Es gibt dabei noch mehr Gefühle auszuhalten, auszubalancieren als eh schon. Und das ist nicht unbedingt erholsam. Aber ein Erlebnis allemal.

Habt ihr schon einmal versucht, eure Kindheitsurlaube zu reproduzieren?

Bin gespannt auf eure Geschichten!

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Alles Liebe,

Katia