“Es ruckelt immer ein bisschen, wenn das Leben in den nächsten Gang schaltet”, hat Claudi Anfang der Sommerferien auf Insta geschrieben – und es war im Nachhinein geradezu prophetisch für unseren Nordsee-Urlaub. Also “Urlaub”, in Gänsefüßchen, denn bei uns glich das Ruckeln eher einem Erdbeben und war alles, aber nicht erholsam. Warum? Klar, weil das Wetter mies war, aber noch mieser war die Stimmung, weil auf einmal nichts mehr gepasst hat. Als wäre unser Familienleben eine ehemalige Lieblings-Hose, die plötzlich überall zwackt und zwickt und uns einfach nicht mehr steht – ganz egal, wie wir uns vor dem Spiegel auch drehen und wenden…

Ob es daran lag, dass es der drölfzigste Aufguss unseres Ferienortes war, die Tatsache, dass ein 11-Jähriger schon sehr Teenie-mäßig bocklos sein kann, es dauernd und immerzu regnete oder die kleinen Geschwister im Perma-Streit plötzlich den Hulk in sich entdeckten…? Vielleicht von allem etwas. Und noch etwas Anderes, das nicht so richtig greifbar war.

Es war wie ein unsichtbares Verschieben im Familiensystem.

Erprobte Allianzen funktionierten nicht mehr, genauso wenig wie einstmals garantierte Begeisterung für Aktionen und Events. Zu fünft hatten wir keine Chance, auch nur annähernd auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Als meine Mittlere an einem der wenigen sonnigen Tage dramatisch die Augen verdrehte und nölte “Ohhh, ernsthaft: Schon wieder Strand?!?” war ich nicht das erste Mal baff und mit meinem Familienlatein am Ende.

Im munteren Wechsel verschmähte unser Trio Trampolin-Tage, Fahrradtouren, Sundowner am Strand. Die Gesellschaft der Geschwister sowieso. Alles Dinge, die noch im letzten Jahr garantiert mit Jubel quittiert wurden – und diesmal bestenfalls mit gelangweiltem Schulterzucken, aber viel häufiger mit ablehnendem Gezeter. Und je lauter die Kinder rebellierten, desto frustrierter wurde ich – oder war es genau andersherum…?

In dieser neuen Familien-Phase passt gerade keiner mehr recht zum anderen. Kann es keiner den anderen recht machen.

Und mindestens einer schießt regelmäßig so richtig quer. Manchmal hatten wir endlich einen zähen Kompromiss gefunden, wie wir die kommenden Stunden verbringen wollten, hatten alle endlich ins Auto verfrachtet – und plötzlich saß eine/r heulend und bockig vor der Tür und weigerte sich rundheraus, mitzukommen. Weswegen wir einmal eine geschlagene halbe Stunde in unserem Van verharrten, während ein Elternteil mit nachlassender Empathie den Vollverweigerer zum Mitmachen zu bewegen versuchte.

Das war nur ein Moment unter mehreren, in dem ich mir schwor, NIE WIEDER einen solchen Familienurlaub zu verbringen. Am besten überhaupt nur noch allein zu verreisen. Ich war dauernd im Wechsel traurig, wütend, resigniert. Überhaupt schien niemand wirklich glücklich in diesen zwei Wochen – weder wir Eltern, die nach Erholung lechzten, noch die Kinder, die offenbar etwas anderes gebraucht hätten.

Vielleicht ist gerade die Altersspanne der Kinder Teil des Problems.

Wir müssen derzeit Kompromisse für drei Kinder zwischen fünf und elf Jahren finden. Das funktioniert ehrlicherweise nicht mal mehr bei der Auswahl eines Familienfilms. Geschweige denn im Urlaub, wo weder Freunde noch Hobbys Ablenkung versprechen. Wo wir nur auf uns fünf geworfen sind, deren Bedürfnisse, Wünsche und Ansprüche gerade weiter auseinanderklaffen als der Grand Canyon.

Während einer mit Schleich-Dinos spielen will, möchte der andere am liebsten nur daddeln und die Dritte ihr Taschengeld beim Shoppen verjubeln. Und wir Eltern wollen am liebsten in Ruhe auf eine Sonnenliege. Es gibt lediglich eine Sache, auf die sich zumindest die Kinder meist einigen können: Ganz gleich, wie wir auch versuchen, allen irgendwie gerecht zu werden: Es ist immer SO VERDAMMT UNGERECHT!! Weil: Mit irgendeinem Wunsch müssen wir ja loslegen, weswegen immer mindestens zwei andere todbeleidigt sind. Geduld und Kompromissbereitschaft sind aktuell nicht die Stärke unseres Trios.

Das Einzige, das uns gerade durch dieser Phase hilft, ist Abstand. Ist die Trennung von uns Fünfen.

Zugegeben: Nicht gerade das, was ich im ursprünglichen Sinne unter Familienurlaub verstehe, aber für uns zur Zeit der einzig gangbare Weg, um nicht durchzudrehen. Denn erst, als wir in der zweiten Ferienwoche konsequent die Paarungen vertauscht, Kinder und Eltern im Wechsel voneinander für Einzel-Aktionen getrennt haben, kam wieder so etwas wie Stimmung auf.

Habe ich hinter den dauermuffigen Gesichtern der Vorwochen wieder meine Kinder erkannt, die mehr können als motzen, heulen, bocken. Ich musste an einen meiner eigenen Texte denken – “Warum einer weniger manchmal mehr ist”: Gerade funktionieren wir nicht im Gesamtpaket, von harmonieren ganz zu schweigen. Aber in reduzierter Zahl können alle plötzlich wieder Prince und Princess Charming sein: Der Jüngste war happy allein mit Mama im Kino, der Große mit Papa beim Minigolf – ganz ohne Punk. Vermutlich die entspanntesten Stunden unseres Urlaubs.

Leider ist das Quality-Time-Modell im Alltag viel schwieriger machbar als in den Ferien.

Obwohl wir uns sehr vorgenommen haben daran festzuhalten, irgendwie. Ich habe das Gefühl, anders werden wir momentan niemandem gerecht, auch nicht uns selbst. Vielleicht habe ich einfach gerade keine Kraft mehr für schale Kompromisse, von denen alle genervt sind. Dann verwende ich meine Energie lieber darauf, ab und an Zeitfenster freizuschaufeln, in denen im rotierenden Prinzip ein Kind voll auf seine Kosten kommt. Oder auch ein Elternteil.

Weil: Davon haben wir alle einfach mehr. Klar muss das abgepuffert werden und ist logistisch nicht immer einfach. Aber ich kann gerade einfach keine miese Stimmung mehr ertragen, keine Diskussionen um Ungerechtigkeiten und Lustlosigkeit. Das raubt mir den letzten Nerv. Dann nehme ich lieber mal zwei Stunden ungetrübtes Glück mit meinen Kindern mit, von denen wir allemal mehr profitieren als vom nächsten Streit.

Ich bin mir sicher, es ist nur eine Phase. Eine fiese zwar, aber bestimmt nicht von Dauer.

Und bei genauer Betrachtung nicht mal verwunderlich: Der Große ist neu auf dem Gymnasium und probt schon mal die Teenie-Rebellion. Der Jüngste geht plötzlich in die Vorschule und die Mittlere steht irgendwo zwischen Kindsein und verfrühter Prä-Pubertät. Kein Wunder also, dass unser Leben derzeit nicht ruckelfrei weiterläuft.

Gerade denke ich noch an einen anderen Satz, den ich hier auf Insta mal kürzlich bei Ohhhmmm gelesen habe: “Dann ist das jetzt so.” Und das impliziert so ziemlich alles, worum es im Kern geht: Es ist nicht toll, klar hätte ich es gern anders. Aber jetzt ist es so, und jetzt ist nicht für immer, es kommt auch wieder anders. Man muss es jetzt bloß gerade akzeptieren und verdammt noch mal das Beste daraus machen. Mannomann – ich arbeite dran. Und den nächsten “Familien”urlaub entzerren wir garantiert mit Zeltlager und anderen Camps.

Läuft’s in eurer Familienkonstellation gerade rund…?

Ich wünsche es euch, alles Liebe,

Katia