Der Herbst ist da. Und mit ihm all seine Farben, all die Senfgelbs und Rotweinrots und Lebkuchenbrauns. Die mag ich sehr. Für mich ist der Herbst aber auch immer ein bisschen Januar. Ich fange an, über mich nachzudenken, über das was ich mache und das was ich machen will. Und vor allem über meine Work-Life-Balance. Es wird wieder dunkler. Und während im Frühling alles: “Wag es. Mach es. Na los!” schreit, murmelt der Herbst etwas von: “Mach mal langsam. Dein Sofa wartet.” Oder einfach: “Bett!” Bei der brandneuen Herbstdunkelheit muss ich mich echt zusammenreißen, abends noch etwas zu reißen, statt ins Bett zu gehen. Oder ich reiße eben mal nichts…”
Der Herbst ist wie ein entfernter Bekannter, der immer bloß chillen will. Der unendlich lange über das Leben philosophiert und traurige Lieder auf der Gitarre zupft. Ganz nett, aber immer ein bisschen schwermütig. Der Kumpel, der mich aber immer daran erinnert, alles langsamer angehen zu lassen. Meine ewigen Zweifel zuzulassen, eine Weile drüberzugrübeln und sie dann wegzuschlafen oder mit einem warmen Tee bei einem Buch herunterzuspülen. Vielleicht ist es ganz gut, dass nicht immer Frühling und Sommer ist – als Burnout-Prävention. Als Pause. Nicht den eigenen Druck zu haben, überall mitfeiern, mitreden, mittanzen zu müssen. Das Nieselwetter flüstert: “Bleib doch zuhause.” Und ich mache es.
Ich mag die bunten Blätter draußen. Vor allem die, die langsam zu Boden schweben. Ein Kastanienblatt heute Morgen pirouettete sich geradezu nach unten. Die Spinnweben, die im Morgenlicht funkeln. Der Duft meiner Vanilleduftkerze. Meine neuen Bücher. Unser Kamin. Und unser Lesepicknick, dass wir am Abend nach der Buchmesse alle gemeinsam auf dem Sofa veranstaltet haben, weil ich zu müde war um zu kochen und Schnittchen geschmiert habe und die Jungs alle so neugierig auf ihre Buchmitbringsel waren.
Wir saßen alle auf der Couch, nebeneinander, übereinander, Arm in Arm, haben gegessen, gekrümelt, vorgelesen und gelauscht und hatten eine so gemütliche Zeit, dass sich die Jungs das am nächsten Abend gleich noch einmal gewünscht haben. Ich mag am Herbst, dass er uns zusammenbringt.
Vorher haben wir Kastanienmännchen (ach was, Dachse, Mäuse, Kaninchen, Giraffen und Giraffenhäuser) gebastelt und unser Esstisch steht voll, mit Körben mit Herbstfunden, Spielen, Büchern. Manchmal möchte ich losrennen und dem Haus den perfekten Herbstschliff verpassen. Aber dann lasse ich es. Und bewunder das Kastanien-Kaninchen meines Vierjährigen. Er war so fasziniert von meinem weißen Edding, dass es ein weißes Kaninchen geworden ist.
Noch fühlt es sich neu und ungewohnt an, wieder mehr Zeit damit zu verbringen, gemeinsam am Tisch zu sitzen. Oder auf dem Sofa nebeneinander Kuhlen in die Kissen zu sitzen. Aber auch gemütlich. Friedliche Handyausschaltestimmung.
Wenn ich mit den beiden Kleinen allein bin, gehen wir Eier einsammeln und sammeln auf dem Weg gleich noch ein paar Blätter. Damit spielen wir hinterher beim Tee auf dem Sofa ein ganz einfaches Blätterspiel. Dafür zeichne ich (oder der Vierjährige) die Blattformen mit Bleistift auf Papier ab, dann mischen wir die Blätter und die beiden sortieren die Blätter wieder zu. Es macht Spaß, dabei über die unterschiedlichen Blätter zu sprechen und darüber, von welchem Baum sie stammen.
Wir machen uns öfter einen Chai-Tee selbst bei diesen Sofa-Sausen. Ich mag den sehr, leider schmecken die gekauften Varianten aber oft künstlich. Der selbstgemachte geht schnell, die Kinder helfen gern mit, schnuppern an den spannenden Gewürzen und der Chai schmeckt natürlich und nicht zu scharf. Mit viel Milchschaum mögen den auch die Kinder.
Chai-Tee (vier Tassen)
2 Zimtstangen
3 Sternanis
3 Nelken
5 Kardamom-Kapseln
2 schwarze Pfefferkörner
1 Stück frischen Ingwer (2 Zentimeter lang)
1 Liter Wasser
zwei Beutel schwarzer Tee
400 Milliliter Milch
Ingwer schälen und in kleine Würfel schneiden. Alle Gewürze in einen Mörser geben und zu einem Gewürzbrei verarbeiten. Wasser mit dem Gewürzbrei zum Kochen bringen und zehn Minuten köcheln lassen. Ausstellen und die Teebeutel für ein paar Minuten hinein hängen. Milch aufschäumen und in die Tassen geben. Den Tee durch ein Sieb in die Tassen gießen.
Klamottenmäßig liebe ich den Herbst. Ich bin dann immer kurz davor, alle Klamotten außer die weinroten, die gelben und die braunen wegzugeben. Zum Glück mache ich es nicht. So richtig mag ich diese Farben nämlich nur im Herbst. Für die Kinder sind nur ein paar neue Herbstteile eingezogen, zwei neue Hosen, weil die meisten geerbten an den Knien Löcher haben und ein wunderschöner neuer Pullover (weil einen im Sommerversteck auf dem Dachboden leider die Motten verspeist haben…).
Besonders schöne Sachen habe ich wie immer im Kyddo-Shop gefunden, für den Inhaberin Marina mit viel Liebe Dinge aussucht. Es sind lauter Herzensteile, solche, über die man sich bei jedem Tragen freut. Und welche zum Vererben (bloß in Sachen Motten muss ich noch eine gute Lösung für die Wollsachen finden).
Mein Vierjähriger trägt die wunderschöne, curryfarbene Hose “Parallels” von Monkind aus Bio-Baumwolle mit Kreuzträgern und Holzknopf am Rücken mit Fußenden zum Umschlagen. Das Berliner Label macht nicht nur wunderschöne, bequeme Klamotten, sondern erzählt mit jeder Kollektion eine Geschichte. Die Herbst-Winterkollektion 2019/20 beschäftigt sich mit Science-Fiction-Elementen, wie es auch Schriftsteller und Filmemacher seit über 100 Jahren tun. Die Sehnsucht und Hoffnung, ein fremdes Leben auf einem anderen Planeten oder einer weit entfernten Galaxie zu finden, ist groß. Besonders Kinder sind wissbegierig und freuen sich auf Neues – die neue Kollektion soll zeigen, dass Fantasie grenzenlos ist. Es gibt ganz bewusst keine klaren Abbildungen, damit der Fantasie von Eltern und Kindern Raum gegeben wird.
Mein Zweijähriger kuschelt sich in den hübschen Pullover von und die niedlichen, sandfarbenen Shorts Sahara von Organic Zoo (reduziert!), die auch so süß mit Strumpfhose darunter aussehen. Absolut niedlich finde ich auch diese Clementinen-Hose. Ahh, sie würde ich hinterher einrahmen und an die Wand hängen.
Schön kuschelig sind die Ringelshirts von Phil&Phea, die rufen nach Kürbis-Schnitzerei, oder? Und dieser niedliche Jumper: “Dance with the universe”. Aber hallo. Was für ein Herbstmotto.
Mein allerliebstes in Sachen Kinderherbstmode sind vielleicht schöne Strümpfe und Strumpfhosen. Da gibt es gewaltige Unterschiede, nämlich ob meine Kinder sie auf gar keinen Fall anziehen wollen (“eng!”, “kratzt”) oder nie wieder aus. Marina hat ein paar schöne Marken in hübschen Farben ausgesucht, die ich heimlich waschen muss, weil meine Kinder am liebsten auch noch darin schlafen würden. Wir haben die Kniestrümpfe “Gold”, die die Jungs entweder zu ein paar Shorts tragen, wenn es noch nicht ganz so kalt ist. Oder aber über einer andersfarbigen Strumpfhose. (So süß!) Und die Strumpfhose “Golden Brick” von Monkind. Die wird tollerweise auch nach ein paar Wäschen nicht betonhart (und motzeng).
Ganz neu: Marina hat jetzt auch ein paar hübsche Kleider für uns Frauen. Ich liebe mein Linden Garden Mist von Olliella sehr. Es sieht hübsch aus im Spätsommer und im Herbst (mit Boots und Strickjacke). Und wenn ich eine Tochter hätte, würde ich die Mini-Version schenken. Mein Kleid ist aus Bio-Baumwolle und hat eine Knopfleiste auf der Front, die auch auf dem Rücken getragen werden kann (also auch still- und babybauchfreundlich).
Im Herbst habe ich außer auf Senfgelb urplötzlich auch Lust auf Kurzgeschichten und Gedichte, ich weiß auch nicht, vielleicht macht das die Melancholie, die da mit den Blättern von den Bäumen segelt. Oder meine Müdigkeit, die dafür sorgt, dass ich sowieso nicht mehr als drei Seiten schaffe. Dieses Gedicht hier zum Beispiel finde ich wunderschön! (Und was für ein toller Gedichtband ist das bitte!)
Emily Brontë
Fall, leaves, fall; die, flowers, away;
Lengthen night and shorten day;
Every leaf speaks bliss to me
Fluttering from the autumn tree.
I shall smile when wreaths of snow
Blossom where the rose should grow;
I shall sing when night’s decay
Ushers in a drearier day.
Aus: A Poem for every night of the year. (Amazon-Partnerlink)
Vielleicht liegt es am Alter, dass mich der Herbst auch immer ein wenig melancholisch macht. Früher war ich bloß genervt von ihm, von seinem auf die Bremse drücken. Seiner Nieseligkeit. Der Dunkelheit. Heute macht er mich immer auch ein wenig wehmütig. Jedes abgefallene Blatt, jede braune Blume macht mir die Vergänglichkeit bewusst. Immer mehr meine. Und die der Kleinkindzeit meiner Kinder. Die warten schon jetzt sehnsüchtig auf Weihnachten, an Weihnachten buchen wir den nächsten Sommerurlaub, danach ist schon wieder Herbst. Und meine Kinder wieder ein Jahr älter. Und ich auch.
Das Schöne an dieser Melancholie: sie erinnert mich daran, maßvoll mit meiner Zeit umzugehen. Die braunen Blätter überall da draußen sind Post-its, auf denen steht: “Was willst du am meisten?” Und: “Was ist dir wirklich wichtig?” So wie ich draußen das Laub harke, harke ich drinnen meine Gedanken. Ich mache zwei Haufen: Arbeitsgedanken auf die eine Seite, Familiengedanken auf die andere. Trenne beide Blätterhaufen ganz bewusst wieder mehr. Wenn mal ein buntes Blatt von einer auf die andere Seite weht, ist mir das egal. Aber eigentlich möchte ich mich ganz bewusst um das eine kümmern. Oder eben um das andere. Wenn die Zeit da ist. Oder eben nicht, wenn keine Zeit da ist. Das zu akzeptieren, mir dessen bewusst zu werden – all das lehrt mich der Herbst. Doch ein guter Typ!
Übrigens schenkt Marina von Kyddoshop allen Wasfürmich-Lesern mit dem Code Claudia15 bis Ende Oktober tollerweise noch einmal 15 Prozent auf jeden Einkauf (ab 49 Euro, außer reduzierte Artikel).
Alles Liebe,
Wie passend!
Du beschreibst das sehr schön. Ich glaube wir alle kennen das und für mich als Neu-Mama ist es auch ein ganz klitzekleines bisschen beruhigend zu hören, dass es wohl einfach dazugehört…
Ohne solche Phasen gäbe es wohl auch nicht die Phasen, in denen Energie und Ideen nur so sprudeln, oder?
Ich wünsch euch, dass der Kuschelzustand dem düsteren Part überwiegt. Ihr macht das ja eh genau richtig ?.
Ganz liebe Grüße,
Vera
Das Chai-Rezept klingt genial, allein das Mörsern der Gewürzmischung stelle ich mir schon toll vor. Und dann noch Milchschaum… Wow!
Kleidermotten mögen keine Baumwolle – sie stehen auf Fasern tierischen Ursprungs. Daraus habe ich mir – nach leidvoller Erfahrung – die Aufbewahrung unserer Wollsachen abgeleitet:
Frisch gewaschene Wollkleidung in Baumwollbeutel legen, Lavendelsäckchen dazu und so aufbewahren, dass auch ein wenig Luft dran kommt (also z. B. in einem Schrank, eher nicht in einer geschlossenen Plastikkiste oder einem dicht schließenden Koffer – ich habe den Eindruck, dass die Sachen darin muffig werden). Plastiktüten werden von Motten leider auch zerfressen und schützen die Sachen nicht.
Baumwollbeutel kann man leicht in passender Größe nähen, aus alten Bettbezügen oder so. Dann am besten mit einem guten Stück Überschlag zum Verschließen, sodass die Sachen auch wirklich sicher eingepackt sind. Es gehen auch alte Kissenbezüge. Wichtig ist immer der sichere Verschluss mit mehrfach umgeschlagener und festgesteckter Kante, damit nicht doch jemand reinklettert.
Und Blätter als post-its finde ich großartig, das Bild gefällt mir sehr und ich sehe sie jetzt überall! Danke!
Was ist denn das für ein toller gelber (Kinder?)-Sessel? Der erinnert mich an einen bei meiner Oma früher.
Liebe Grüße und Decke für die schönen Klamottentipps, da ist weißlich einiges zum Haben – Wollen dabei.
So ein schöner Beitrag 🙂
Lg Steffi
Danke! Ich mag das ja auch, dieses von allem ein bisschen: Deko, Rezept, Gedicht, Spiel, Style. Wie in meinem Buch ❤️! Umso schöner, wenn es euch genauso geht.
Herzlichst,
Claudi
Der Rabatt ist bis Ende Oktober, oder? Würde ja sonst nicht mehr gehen…
Ups, ja, aber klar. Gerade geändert. Danke fürs Erinnern.
Liebe Grüße,
Claudi
Der Artikel ist wieder mal toll geschrieben!
Kleine Frage nur zum Rabatt im Kyddoo Shop … gilt der bis Ende September nächsten Jahres oder doch bis Ende Oktober? Vielleicht wünscht du dir den goldenen Herbst zurück ?
Liebe Grüße
Maike
Achja… Der Herbst ist mir grade sehr willkommen und ich darf ohne Druck mit neugeborenem Babymädchen aufm Sofa rumhängen, während die Omas und Opas draußen genug Möglichkeiten finden, den großen Bruder zu bespaßen. Kuschelzeit im besten Sinne. Danke für die schönen Worte, liebe Claudi!
Liebe Claudia, vielen Dank für diesen Text. Es tut so gut, viele Gedanken, die ich wohl gerade mit dir teile, in deinen bedachten und so wunderbar formulierten Worten zu lesen. Das hat mich gerade sehr sehr berührt und ich sitze hier, traurig, melancholisch und doch ein kleines bisschen froh zugleich.
Ich hab das auch so doll im Herbst, das Bewusstwerden der Vergänglichkeit und der Unruhe – wer will ich sein, wo will ich hin, was ist mir am Wichtigsten? Dieses Gefühlswirrwarr beginnt, wenn der Sommer sich dem Ende neigt und lässt sich erst nach und nach beruhigen, wenn die Vorweihnachtszeit so richtig anfängt. Gerade strengt es mich an, dieses ständige Hinterfragen, das in meinem Kopf im Hintergrund mitläuft.
Was mir wirklich hilft ist, eng zusammenrücken mit den Liebsten und noch bewusster die schönen, die Glücksmomente aufsaugen. Ich hab vor einigen Wochen ein Buch zurecht gelegt, ob das ich abends immer aufschreiben möchte, was es Schönes gab im Laufe meines Tages. Noch ist es leer – ich hab‘s vergessen bei all meinem Herbstblues. Danke fürs Erinnern, heute fange ich an! ♥️