Ich war immer mehr der Jeans-und-T-Shirt-Typ. Für mich darf’s gern unkompliziert sein – im Leben und auf den Laufstegen des Alltags. Umso mehr, seitdem ich Kinder habe: Make-Up beim Mama-Treff? Streetstyle für den Spielplatz? Nicht meine Liga. Dabei hängen in meinem Schrank durchaus ein paar Bäm-Teile. Reserviert für die Party-Momente des Lebens. Doch dann kam Corona, die Party fiel aus – und plötzlich entdecke ich ganz neue Stil-Seiten an mir…
Vielleicht lag es daran, dass ich im Lockdown nicht mal zähe Zoom-Meetings hatte. Und damit auch nicht die Notwendigkeit, mich zumindest bis zum Bauchnabel seriös zu kleiden. Und so lungerte ich mitunter vom Aufstehen bis zum Abendbrot in derselben Yoga-Hose, demselben Schlabber-Shirt an den überschaubaren Plätzen meines Lebens herum. Manchmal sogar ungeduscht. Ich nehme an, ihr wisst, wovon ich spreche…
Aber Lotter-Look plus Lockdown führt zu verdammt mieser Laune.
Weil jeder Tag öder Alltag ist, ohne Höhen und Tiefen. Weil man sich unsichtbar fühlt – menschlich und modisch. Irgendwann stand ich vor meinem Kleiderschrank und wollte für einen Supermarkt-Abstecher reflexhaft zu meiner gewohnten Kluft greifen. Schob meinen lässig geblümten Jumpsuit zur Seite, mein bunt gestreiftes Maxikleid.
Und dachte plötzlich: Auf welche Gelegenheit warte ich eigentlich? Reicht es nicht, sich hinter einer Maske verstecken zu müssen – muss auch mein restliches Ich hinter unauffälligen Tarn-Looks verschwinden? Meinem Leben fehlt gerade so vieles – wann wäre der passendere Moment, für ein wenig Freude durch Farbe zu sorgen? Und so fasste ich mir ein Herz. Und den Lippenstift gleich mit.
Erst fand ich es ein wenig seltsam, in meinem schwingenden Rock und den knallroten Boots durch die Supermarkt-Gänge zu schieben. War es nicht doch ein wenig übertrieben? Wollte ich überhaupt ein Hingucker sein? Schließlich war es nach Monaten des Kontaktverbots, nach fehlenden Gelegenheiten für alles, was Spaß macht, sehr ungewohnt, sich derart sichtbar zu machen.
Aber es ist eine Frage der Haltung.
Eine Haltung dem Leben und sich Selbst gegenüber: Ich bin es mir wert, mich von meiner allerbesten Seite zu zeigen. Umso mehr, wenn der Altag, wie man ihn kannte, schleichend abhanden kommt. Wenn die Wow-Momente verdammt rar gesät sind. Ein Bäm-Styling kann ein Statement, ein Launebooster, “ein Akt der Selbstfürsorge” sein, wie Silvia Feist dazu kürzlich in der Emotion schrieb. Und weiter: “Wie konnte ich vergessen, dass diese Freude ein winziger Akt des Widerstandes gegen den Grauschleier des Alltags ist.”
Genau das war mein Gefühl, als ich mit vollbeladenem Einkaufswagen und noch vollerem Feelgood-Konto wieder aus dem Discounter kam. Mit hoch erhobenem Kopf, einem breiten Lippenstift-Grinsen unter der Maske – und der Lust, mir ab sofort öfters gut genug für gut gestylt zu sein. Nicht für andere – sondern ganz allein für mich.
Klar gibt es Wichtigeres als unser Äußeres.
Drängendere Fragen als die nach der Wahl unserer Outfits. Aber ohne Zweifel macht es einen Unterschied für unser Gefühl, ob wir zersaust und in Lotter-Look das Haus verlassen. Oder mit knallroten Lippen und unserem Lieblings-Kleid, das eigentlich mal für Bar-Besuche mit der besten Freundin gedacht war. Es ist manchmal der kleine Unterschied zwischen durchs Leben schlurfen oder schreiten.
Damit mich niemand falsch versteht: Ich schlurfe immer noch und immer wieder durch mein Leben. Und das gern. Weil es gerade so gemütlich ist, die Zeit zu knapp, der Fokus auf etwas ganz anderem liegt. Ich mag mich in Jeans und T-Shirt – und auch in meiner Yoga-Hose. Aber ich warte nicht mehr auf die Party, um mich in Schale zu werfen. Denn: “Es gibt so viel mehr Alltag als besondere Anlässe”, wie Silvia Feist schreibt. Mein Leben ist jetzt meine Party. Und mein Outfit variiert je nach Motto. Und heute hab ich Bock auf Bäm. Auch wenn’s nur auf den Spielplatz geht.
Seid ihr dabei?
Alles Liebe, macht’s euch hübsch, nur für euch!
Hallo!
Ich habe anfangs auch Wohlfühlsachen getragen und irgendwann konnte ich die nicht mehr an mir sehen, dann habe ich den Kleiderschrank durchforstet und gesagt, okay, keine Kultur, keine Restaurantbesuche, dann mach ich mich für zu Hause schick. Mittlerweile geht ja fast alles wieder und alle Kleidungsstücke werden ausgeführt.
Hej Elke, das tut gut, oder? Ich geh nach wie vor viel selten richtig aus (drei Kindern sei Dank 😉 Aber deswegn wird jetzt der Alltag modisch ein wenig gepimpt. Mach’s dir hübsch und alles Liebe!
Hallo Katja, viele Euer Artikel regen zum Nachdenken an. Manches war ähnlich, aber da ich im Lockdown durchgearbeitet habe (Gesundheitswesen), fehlen mir diese Couchklamottenwochen zum Mitfühlen.
Um nicht immer das Gleich zutragen, ich besitze sehr wenig Alltagskleidung (im Beruf trage ich weiße Hosen und blaue Polos), habe ich Sonntags zum Gottesdienst via YouTube immer ein gutes Kleid angezogen. Und ich habe mir je zwei ausgefallene Winter- und Sommerjacken gekauft. Nach Jahren in denen ich möglichst dezente Jacken und Mäntel hatte. (Shoppen ist jetzt viel schöner! Ich kaufe mittlerweile vieles Online. Da geht nichts unüberlegt mit.) Und weil’s so schön war, kaufe ich noch ein/zwei Winterjacken dazu! Dann habe ich eine Auswahl, da macht das rausgehen gleich noch mehr Spaß.
Vielen Dank für Eure interessanten Denkanstöße, Ideen und lieben Texte.
Eure Leserin Christiane
Hej Christiane, vielen lieben Dank für dein nettes Feedback! Wie schön, dass wir dich mit unseren Themen inspirieren können. 😊 Und herrlich, dass du Jacken ins Spiel bringst: Ich liebe Statement-Jacken – und finde, dass man mit ihnen sofort jedes 08/15-Outfit peppt. Viel Spaß weiterhin und alles Liebe!
Hallo Katja,
Ja genau, wenn man es für sich macht und sich dabei wohl fühlt, dann her damit. Egal on Corona-Zeit oder die “normalen” Tage, wir haben alle das Recht uns wohl zu fühlen. Und wenn es mal sporadisch ein Outfit auslöst, sich toll zu fühlen, dann sag ich nur JAAA. Für mich wird es zum Problem, wenn es eine Erwartung wird oder die Priorität Nummer Eins im Leben. Denn es gibt nun mal Wichtigeres als das Äußere.
Alles Liebe und genieß deine Bäm-Momente
Andrea
Hej liebe Andrea, für öfters als Gelegenheits-Glam fehlt mir meist die Zeit – und nach wie häufig Lust und Energie…😉Aber wenn es mich packt, dann mehr als früher 😍Alles Liebe!
Hallo Katia, zu dem Thema fällt mir direkt meine 7-jährige Tochter ein. Sie hat vor ein paar Wochen weiße hübsche Ballerinas bekommen. Die trägt sie seitdem fast jeden Tag, auch bei kühleren Wetter … einfach mit der Begründung, dass sie sie so oft wie möglich tragen möchte, bevor sie zu klein werden. Das finde ich toll (weil ich es leider meistens anders handhabe) – auch wenn diese Schuhe eigentlich nicht gut für die Füße sein können und aucx wenn es eigentlich zu kaltes/nasses Wetter ist. Wir sollten wirklich viel öfter die tollen Dinge tragen, die uns gefallen und nicht nur zu ganz seltenen Gelegenheiten. Da nehme ich mir in Zukunft an meiner Tochter ein Beispiel.
Liebe Grüße, Maike
Hej Maike, unsere Kinder sind meist viel straighter mit den Dingen, weil sie vor allem nach Bauchgefühl gehen. 😊Tut uns Erwachsenen zwischendurch auch immer gut! Also her mit den schicken Lieblingsteilen und ab auf den Alltags-Catwalk…! 😉 Alles Liebe!
Liebe Katja, vielen herzlichen Dank für den tollen Artikel! Ich habe auch gelernt, dass es sich lohnt, für sich selbst schön zu machen. Ich mag auch sehr gerne Statement – Ohrringe. Ein besonderes Glücksgefühl verschafft mir auch mein tägliches Parfum. Genauso lohnt es sich, den Tee aus der besonders schönen Tasse auf dem hübschen Tablett zu trinken. Lachen muss ich innerlich, wenn mich die Verkäuferin auf dem Markt fragt, ob dies heute für mich ein normaler Tag sei? Vielen lieben Dank für deine Anregung! Charlotte
Hej Charlotte, wie herrlich – Ohrringe habe ich gerade erst für mich entdeckt: Habe mir tatsächlich nach dem Frühjahrs-Lockdown das erste Mal in meinem Leben Ohrlöcher stechen lassen 🙂 Dieses (es-)sich-hübsch-machen hat ganz viel mit gut zu sich zu tun, das erlebe ich gerade auch. Viel Spaß dabei weiterhin und lieben Dank für dein nettes Feedback. 🙂