Ich fühle mich gerade wie der Kapitän der Titanic: Haltung bewahren auf einem sinkenden Schiff. Die Kapelle zum Untergang munter geigen lassen. Und dabei doch ohnmächtig zusehen müssen, wie alles absäuft. Wie lange kann man den Kopf über Wasser halten? Wie lange die Laune bewahren? Ein Jahr? Zwei? Ich kann keine Durchhalteparolen mehr hören. Ich will nicht mehr Großes im Kleinen eines klaustrophobischen Alltags suchen. Ich will nicht länger das Beste daraus machen. Ich will ein Leben zurück, das diesen Namen auch verdient hat…
Ich halte mich für einen resilienten Menschen. In meinem Leben habe ich schon so einige schwere Krise bewältigen müssen. Ich weiß, dass es verdammt harte Durstrecken gibt. Dass Angst und Trauer an einem zerren können – und man trotzdem weitermacht. Weil es immer ein Morgen gibt, für das sich das Aushalten lohnt. Gerade kommt mir diese Zuversicht schleichend abhanden.
Bald wird es wieder anders!
Bald dürft ihr wieder zum Fußball, Ballett, Kinderturnen. Bald dürft ihr all eure Freunde wieder treffen. Das Hinhalte-Mantra für die Kinder geht mir immer schwerer über die Zunge. Schmeckt schal. Bald ist ein großer Schwindel. Bald ist scheiße. Und ich fürchte, die Kinder glauben mir mittlerweile kein Wort mehr davon.
Manchmal stelle ich mir die Pandemie wie einen der Dementoren aus Harry Potter vor: Diese seelenlosen Wesen, die sich von den guten Gefühlen ihrer Opfer ernähren – um sie am Ende leer und hoffnungslos zurück lasen. Dieses ausgelaugte Gefühl kenne ich gerade nur zu gut. Dauernd wird mir alles zuviel. Und damit meine ich nicht nur die irrsinnige Balance von Homeoffice und Homeschooling. Sondern viel banalere Sachen: Aufstehen. Funktionieren. Freundlich sein. Atmen.
An Ostern lag ich einen Tag einfach nur im Bett.
Nicht als Konzept. Nicht “Hej, wir bleiben heute alle im Pyjama und machen es uns richtig gemütlich”-mäßig. Sondern, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte. Ich war mehr als mütend. Ich war frustriprimiert. Von mir, der Gegenwart, der Zukunft. Ich wollte niemanden um mich haben. Mich unter der Decke vergraben, heulen, die nächsten Monate verschlafen. Weil es gerade kein Vor, sondern nur Zurück gibt. Weil das gute Gestern schon so irre weit weg ist. Weil ich nicht mehr konnte, nicht mehr wollte. Der Corona-Blues ist ein Arschloch.
Natürlich bin ich wieder aufgestanden. Weil ich nach fünf Stunden Binge-Watching wieder Lust auf mein eigenes Familienleben hatte. Und weil Eltern das eben so machen. Weitermachen. Koste es, was es wolle. Darauf kann sich dieses Gesellschaft immerhin verlassen – schönen Gruß nach Berlin, übrigens. Familien haben keine Lobby, dafür nach landesüblicher Meinung übermenschliche Superkräfte. Weswegen man ihnen auch abverlangen kann, ihr eh schon fragiles Alltagsleben jede Woche von neuem über den Haufen zu werfen.
Wenn ich über diese Zumutungen laut lachen statt schreien will, male ich mir folgendes Szenario aus:
Der Sturm auf den Bundestag – von einer Heerschaar kleiner Kinder. Die in den Plenarsaal fluten, die Abgeordneten aus ihrer Arbeit reißen, Spielzeit, Stullen, Sachkunde-Kenntnisse einfordern – während laufender Debatten. Kein Angriff auf die Demokratie, sondern vielmehr auf die Selbstgerechtigkeit lebensfremder Politiker. Das wär ein Spaß.
Ich bin nicht die Erste, die dieses Lamento anstimmt, die Letzte mit Sicherheit auch nicht. Und das ist auch gut so. Weil wir uns gegenseitig versichern müssen, dass das neue Normal eben alles andere als normal ist. Alles andere als dauerhaft machbar. Ja, ich will zuversichtlich bleiben, dass irgendwann in der Zukunft Corona nur noch ein düsteres Kapitel im Geschichtsbuch ist. Und ich bin bereit, dafür auf fast alles zu verzichten, was das Leben lebenswert macht. Seit mehr als einem Jahr. Aber im Gegenzug brauche ich, brauchen wir Familien, mehr als vage Versprechungen, die immer nur bis zum nächsten Bund-Länder-Treffen halten.
Wütend ist besser als deprimiert.
Es fühlt sich lebendiger an. Macht meine Laune auch nicht blendend, vertreibt aber das bleierne Gefühl, keinen Schritt mehr tun zu können. Und meistens verpufft die Wut irgendwann. Weil es Dringlicheres gibt: Die Schultern straffen. Nach vorn schauen, auch wenn die Sicht darauf maximal beschränkt ist. Erwachsen sein. Auf ZEIT online wunderte sich eine Autorin kürzlich über diese strauchelnde Elterngeneration, zu der ich auch gehöre: Wir würden uns in der Krise verhalten wie es eigentlich unseren Kindern angemessen wäre – verzagt, ängstlich wütend austeilend. Dabei sei unser Job doch ein anderer, nämlich der unerschüttliche Fels in der Brandung zu sein.
Erst war ich empört – “Schätzchen, hast DU gerade drei kleine Kinder, die du im permanenten Ausnahmezustand bespaßen, erziehen, bilden musst…?!” Aber mit ein wenig Abstand betrachtet, habe ich mir den Appell doch zu Herzen genommen: Jammern hilft nicht. Uns nicht, unseren Kindern noch viel weniger. Was ihnen hilft: Wenn wir uns für sie stark machen. Zuversichtlich bleiben. Eben doch das Beste daraus zu machen.
Am Ende dieses Textes steht kein inspirierendes Fazit. Kein “Und dann hatte ich DIESEN brillianten Einfall und alles wurde gut!” Es ist einfach eine Momentaufnahme aus meinem Leben. Das eurem vielleicht gerade nicht unähnlich ist.
Auf Plattdeutsch sagt man: Hol di stief. Es meint so viel wie Kopf hoch. Kriegt ihr das gerade hin?
PS: Wer das Gefühl hat, sein Corona Blues ist mehr als ein temporärer Zustand, der findet hier Hilfe.
Alles Liebe,
Du sprichst mir aus dem Herzen…gestern war mein persönlicher Gipfelpunkt an dem im am morgen beim klingeln des Telefons zusammengezuckt bin, weil ich Angst hatte nun ein positiv “freiwillig” getestetes Kind zur Arbeit abholen zu müssen und gleichzeitig meinen Arbeitsplan für nächste Woche umzuorganisieren weil die Zahl über 100 geht und das bei 4 Kindern und systemrelevanter Selbstständigkeit, die nicht im homeoffice geht. Ich bin am Flexiblilitätslimit.
Hej liebe Hanna, das Wort Flexibilitätslimit kommt ab sofort auf die Liste Worte der Stunde. 🙂 Es ist einfach nur bizarr gerade. Ich wünsche dir (und uns allen) ausreichend Kraft, das alles zu meistern! Alles Liebe
Vielen Dank für deine Gedanken. Dennoch frage ich mich als Mama von drei großartigen Kids. Sollte dieser Fels in der Brandung, wir Eltern, immer nur die Schultern durchdrücken oder die Schultern auch breit machen wenn wir eben nicht alles weiterhin bereitwillig hinnehmen wollen? Natürlich gleicht Corona einer Achterbahnfahrt – aber auch in diese muss man sich aktiv hineinsetzen oder eben aussteigen.
Wir haben eine Stimme und im Falle unserer Kinder dürfen wir diese auch sinnvoll und konstruktiv einsetzen.
Danke für den Einblick in deine Gedanken.
Alles Liebe
Hej liebe Johanna, ich merke einfach, dass es mir und meiner Familie besser geht, wenn ich die Schultern nicht hängen lasse, sondern sie straffe. Aber du hast absolut recht, dass wir nicht komplett hilflos in diesem Chaos sind. Vielleicht oft nur zu kaputt, jetzt noch im Außen die Scherben aufzusammeln, die andere hinterlassen. Alles Liebe für dich!
Super Artikel! Endlich mal wieder ungeschönte und ehrliche Familien-und Mütterehrlichkeit! Auch wenn es bei mir den Papa trifft 🙁 Nein, es ist nicht nur Jammern auf hohem Niveau! Nach Frustwein und 10h im Büro und der Gewissheit, dass Corona nicht überall stattfindet, vor allem nicht in der Wirtschaft oder wie bei mir im öffentlichen Dienst, sondern vorallem “in den Familien”, dann kann man mega verzweifeln. Und ja – schreien…ich bin dabei…
Irgendwann werden sie die “normalen ” Menschen auch noch verlieren und kaum einer macht noch mit und die kids gehen trotzdem zum Fußball
Hej liebe Antje, danke dir für deine ehrlichen Worte. Ich finde es auch wichtig, dass wir unsere Grenzen aufzeigen – innerfamiliär, aber auch nach außen. Und wenn man das Ungleichgewicht betrachtet, in dem sich unsere Gesellschaft durch die Coronakrise befindet, darf man auch einfach mal schreien. Möglichst laut, um gehört zu werden. Das ist kein Zeichen von Hysterie, sondern von Gefühlshygiene 😉 Alles Liebe für dich, für uns alle!
Hallo! Natürlich kann ich als dreifach Mama das Gefühl verstehen…, und jetzt kommt das aber, es ist auch ganz oft jammern auf hohem Niveau. Ich glaube wir hier in unserem reichen Land mit Gesundheitssystem und Elternzuschuss etc. können uns immer noch glücklich schätzen. Hoffen wir das es nicht noch schlimmer kommt … nämlich dann wenn das Gesundheitssystem nicht mehr kann, aber zum Glück waren ja vorher alle noch feiern und hatten ein normales Leben. Und die Aussengastro öffnet und man kann sogar shoppen gehen … das war zynisch, aber mich nervt das gejammer oft mehr als das zu Hause sitzen. Ja es ist doof ohne Frage, aber wie Katja schon richtig bemerkt hat, müssen wir da durch … und auch wenn bald ein doofes Wort ist, ist es bald vorbei …
also genießen wir die letzten Tage ohne Terminstress zwischen Ballett, reiten und Kinderturnen. Anders ist es einfach nicht möglich. Füße stillhalten und an die Regeln halten, dass ist einfach der beste Weg daraus. Grüße Heidi
Hej liebe Heidi, danke für deine Gedanken. Bei mir hängt es gerade extrem von der Tagesform ab, ob ich eher den Kopf hoch halte – oder ihn in den Sand stecken möchte. Aber schlimmer geht auch immer – ich weiß von Familien, die durch Corona in wirkliche Existenznot geraten sind. Insofern bin ich auch immer wieder dankbar, dass wir bislang so glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Erschöpft bin ich trotzdem. So wie wir alle, vermutlich. Und ich wünsche uns allen nur eines: Dass dieser Zustand bald Geschichte ist. Alles Liebe
Ja du hast so Recht. Nicht jammern und glücklich sein, dass wir vielleicht noch gesund sind. Nur durch Testen und impfen und Kontakte reduzieren kommen wir aus dem Mist raus. Hier seit 4 Monaten alle Kinder zu Hause…….
Hallo Katrin, danke für deinen Beitrag. Ich wollte hier nicht in Abrede stellen, wie wir uns alle regelgemäß verhalten. Aber ich finde es legitim zu sagen, wenn die eigene Belastungsgrenze erreicht ist. Ich finde, dass jammern, auch auf hohem Niveau, sogar zwischendurch ganz gut tut. Irgendwo muss der Frust ja hin. Und ich finde es auch wichtig, seine Stimme zu erheben, dass Familien kurz vorm Kollaps sind – manche schon darüber hinaus. Mit vier Kindern zuhause, das ist keine kleine Leistung. Ich wünsche dir und uns, dass in absehbarer Zeit wieder Normalität in unser aller Leben einzieht. Liebe Grüße!
Danke für deine Worte! Du sprichst mir aus der Seele!
Liebe Katja, das freut mich. 🙂 Alles Liebe
Danke an die Kommentatorin Heidi, genau das wollte ich auch sagen.
Und. “Ich will ein Leben zurück, das diesen Namen auch verdient hat”, ist…sorry,… lächerlich, anmaßend, unreflektiert,…
Hallo Andrea, vielen Dank für deine Ideen. Ich glaube, wir alle empfinden die aktuelle Situation unterschiedlich belastend, der eine ist resilienter als der andere. Und ja, ich ganz persönlich empfinde mein Leben deutlich ärmer als zuvor, wo die meisten sozialen Kontakte fehlen, festigende Strukturen sowieso. Meine eigene Vorstellung vom Leben umfasst so viel mehr als das hier gerade, wo vor allem das Funktionieren trotz riesiger Erschöpfung im Vordergrund steht. Ich weiß, dass andere noch mehr stemmen müssen, aber das schmälert ja nicht meine persönliche Belastungsgrenze. Ich würde mir wünschen, dass in einer solch eh schon belastenden Zeit wir Familien uns eher gegenseitig unterstützen würden. Es ist doch alles schon schwer genug. Liebe Grüße
Das Beste draus machen…ja, das versuchen wir und es funktioniert ab und zu richtig gut, manchmal weniger gut und heute gar nicht.
Das große Kind (8) ist gefühlt am Limit…sie heult und findet alles zu viel und will “mal wieder etwas machen, über das man sich freuen kann”, denn das gibt es für sie scheinbar gerade nicht. Ich stelle eigene Bedürfnisse weit nach hinten und plane und überlege und bastle und backe und erfinde Aktivitäten und beobachte Frösche und pflanze Blumen und übe Inliner und gestalte Zimmer um und….weiß nicht wirklich, wie ich ihr da raus helfen kann, oder ob wir irgenwann einen Psychologen brauchen.
Wir starten heute erstmal mit Zeitungsleses- und Nachrichtentopp für das Kind und einem Glückstagebuch und wurschteln uns weiter durch, weil es ja auch gar nicht anders geht
LG
Durchwurschteln trifft es ziemlich gut gerade. Es ist schrecklich, wenn man merkt, wie die Kinder leiden. Mein Ältester war auch ziemlich verängstigt von der ganzen Situation – und rigoroser Nachrichten-Stop ist schon mal ein guter Anfang. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr euch gut von diesem Chaos erholt, wenn es irgendwann Geschichte ist. Alles Luebe!
Hallo Katia,
Danke das du deine Meinung teilst auch wenn es manche bestimmt anders sehen. Aber durch solche Offenheit zweifelt man zum Glück nicht mehr an sich selber. Jeder meistert es irgendwie … eure Zeilen sind immer wieder gut und die Beiträge in der jetzigen Zeit so wichtig und aufbauend … liebe Grüße und Danke
Hallo liebe Loru, ich freue mich, wenn du aus dem Text etwas mitnehmen kannst. Natürlich hat jeder dazu seine eigene Meinung, der eine hat mehr, der andere weniger Kraft. Ich finde es wichtig, dass wir uns gegenseitig dabei unterstützen, durch diese seltsame Zeit zu kommen. Und sei es, indem man auch einmal sagt, dass man nicht mehr mag. 😊 Alles Liebe
Liebe Katja, deine Zeilen taten gerade richtig gut. Mir geht es auch so. Besonders wütend war ich diese Woche, als ich gelesen habe, dass der Chef der Lehrer Gewerkschaft meinte, eine schulschließung sei bei vollständiger Impfung der Lehrkräfte, auch bei einer Inzidenz über 100 möglich. So egoistisch und eindimensional! Was ist mit den Kindern und deren Familien?! Keine Frage. Ich habe absolut keine Lust mehr auf homeschooling von meinem großen. Schließlich sind da auch noch die zwei Kindergarten Mädels und ein sechs Monate altes Baby. Aber krank zu sein als vierfach Mama mit vollgestilltem Baby stelle ich mir auch nicht prickelnd vor. Wir Eltern schultern seit einem Jahr unglaublich viel! Hoffentlich werden wir bald damit belohnt wieder unbeschwert durch menschenansammlungen zu flanieren und vor allem all unsere lieben wieder herzlich umarmen zu dürfen.
Hej liebe Doro, o ja, das ist eine wunderbare Vorstellung. 😊 Ich halte die Dsumen für uns alle, dass es bald wieder so sein wird!
Alles Liebe
Liebe Katia,
Ich kann dich sooo gut verstehen. Bin momentan auch an meinem Tiefpunkt. Ich bin am Abend so erschöpft und müde. Mir reichen auch nicht mehr dir kleinen Erholungen, die ich zumindest noch ab und zu habe. Meine Akkus sind sooo leer. Alles ist zu viel und ich schäme mich weil mir das ständige bekuscheln meiner Kinder fast schon weh tut. Und ja….jammern ist sowas von okay!! Auch auf hohem Niveau! Denn erst wenn wir uns wieder ausgejammert haben, können wir unsere Schultern wieder straffen und weiter machen!
Liebe Laura, ich danke dir für deine Zeilen. Ich finde es wichtig, dass wir gegenseitig anerkennen, uns in einer nie da gewesenen Ausnahmesituation zu befinden. Und dass wir nach über einem Jahr unser aller Sorgen und Frust laut Luft machen dürfen. Weil: Weitermachen tun wir danach so oder so. Und manchmal befreit es ungemein, sich einmal richtig ausgeheult zu haben. Alles Liebe! Katia
Meine Laune macht momentan vom Auf und Ab her meinen pubertären Töchtern schwere Konkurrenz. Ich denke, wir Eltern kennen zur Zeit das Gefühl, morgens aufzuwachen und ganz, ganz stark zu hoffen, dass diese ganze Zeit einfach nur ein Albtraum war. Längst abgewöhnt habe ich mir diesen Anspruch, jetzt das Beste aus dieser Zeit zu machen und meinen Kindern irgendwelche bald-Versprechen zu geben. Schonungslos ehrlich sage ich, dass es Alles momentan ein ganz großer Mist ist und dass ich beim besten Willen auch nicht weiß, wann dieses Leben wieder normale Wege einschlägt. Ich finde auch nicht, dass man von uns Eltern noch erwarten kann, den Kindern den lustigen Alles-wird-gut-Clown vorspielen zu müssen. Natürlich tun mir die Kinder leid, aber meistens können sie mit einer Portion Ehrlichkeit besser umgehen als mit der wissentlichen Lüge, dass BALD alles wieder normal ist.
Es wird nicht in absehbarer Zeit besser werden, dafür muss man auch kein Prophet sein. Es werden noch viele Wochen harte Zeiten sein und ich vergesse dabei auch nicht, dass es deutlich schlimmere Zustände gibt. In diesem Wissen versuche ich jeden Tag, unsere Lage zu relativieren. Was bleibt uns auch anderes übrig?
Liebe Friederike, ja, übers Beschönigen sind wir alle mittlerweile hinaus. In gewisser Weise haben sich die Kinder auch an die Situation gewöhnt, das old normal mit Hobbys, unbeschwert und ungetestet Freunde und Familie treffen, liegt schon so lange zurück, dass sie es kaum noch anders kennen. Und du Recht: Unsere emotionale Achterbahnfahrt gerade ist nicht weit weg von früheren Pubertäts-Wehen… Alles Liebe, Katia
Schlimmer geht es immer aber es ist doch auch ok mal sagen zu dürfen dass es einem gerade zu viel wird. Und seit ich Kinder habe verstehe ich wirklich immer besser wie unterschiedlich wir alle sind und jeder seine eigenen Probleme und Grenzen hat. Mein Tiefpunkt war als im letzten Frühjahr 100 Meter von unserem Haus entfernt eine temporäre Leichenhalle aufgebaut wurde. Im Vergleich dazu geht es mir jetzt viel besser. Meine Kinder fanden lockdown 1 und 2 super, aber vor einem Monat hat meine 8 jährige dann auch angefangen darunter zu leiden, zu weinen etc dass sie monatelang keine Freunde sehen konnte. Jetzt sind bei uns die Schulen wieder offen (wir leben in England) und es geht ihr wieder viel besser. Ich glaube nach Weihnachten haben wir alle mit leeren Akkus angefangen, nicht so wie im letzten Jahr als sich alles ein bisschen wie Urlaub angefühlt hat, zumindest am Anfang. Jetzt hoffen wir einfach ganz fest dass wir im Sommer nach Deutschland reisen dürfen um Oma und Opa zu besuchen und in der Zwischenzeit werde ich versuchen mir endlich mal Zeit fuer mich zu nehmen, das habe ich jetzt ein Jahr lang nicht geschafft…
Liebe Kathrin, die Zeit für einen selbst zu finden ist gerade mit das Wichtigste. Wenn ich nicht regelmäßig joggen gehen oder Yoga machen würde – ich glaube, ich würde den ganzen Tag nur Haare raufend durch die Gegend laufen… 😉 Ich halte euch und uns allen die Daumen, dass der Sommer 2021 endlich, endlich die erhoffte Besserung bringt! Liebe Menschen wieder zu sehen, sie in den Arm nehmen zu dürfen, lädt die Akkus nämlich auch wieder auf. Alles Liebe für euch! Katia
Ja, 13 Monate Pandemie haben Spuren hinterlassen. Wir haben vier Schulkinder im Distanzunterricht, der hier in Bayern bedingt klappt. Grösstenteils werden “Zettel” abgearbeitet. Ich habe hier Kinder, die zuletzt vor Weihnachten in der Schule waren. Ich für mich wünsche mir jeden Tag vier Kleinkinder/Kindergartenkinder. Da würde ich soviel besser mit zurechtkommen. Naja, wir planen einfach nichts, selbst die Kommunion unseres Sohnes in vier Wochen nicht. Das schlimmste ist sowieso, dass ich im Oktober 20 eine Krebsdiagnose bekommen habe und dreimal operiert wurde und Folgebahndlungen habe. Also schlimmer geht immer, dennoch verstehe ich jeden, dem die Puste ausgeht. Macht es fein! Es wird besser werden!
Liebe Anika, das tut mir von Herzen Leid! Manchmal ist das Schicksal einfach ein mieser Verräter. Ich wünsche dir und deiner Familie die Kraft und die Zuversicht, trotz allem nach vorn zu blicken und es so gut zu machen wie es eben gerade geht. Alles, alles Liebe für dich! Katia
Danke an Heidi und Anika.
Ich sehe es auch so. Es ist wie es ist. Ich kann es nicht ändern, ich kann nur in meinem engen Aktionsradius tun, was für uns am besten ist. Dafür muss ich nicht den Dauerbespaßer machen, das verlangt auch niemand. Wie alle anderen müssen auch wir Abstriche machen. Aber so ist es nun mal, wir sind ehrlich mit unseren Kindern und sie akzeptieren es. Es werden auch wieder andere Zeiten kommen.
Ganz ehrlich wüsste ich auch nicht, was „die Politik“ tun könnte, um Familien die Situation zu verbessern, ohne gleichzeitig dem Infektionsrisiko in die Hände zu spielen. Bei hohen Infektionsraten möchte ich persönlich unsere kleinen und großen Kinder trotz (oder gerade bei) doppelter, nicht homeofficefähiger, „systemrelevanter“ und teils selbständiger Berufstätigkeit lieber zu Hause in Sicherheit wissen.
Schlimmer geht immer. 🙄 Wenn es hilft, sich mal auszukotzen und sich die Brust mit Jammern frei zu machen: gerne. Aber am Ende fallen wir doch wieder auf unsere Füße und das Leben geht weiter. Denn wer bitteschön soll denn die von allen Seiten gewünschte Perspektive geben, wie lange das alles noch gehen soll? Wir wissen es doch alle nicht!
Sicher ist nur, dass nach jeder Nacht wieder ein neuer Morgen kommt.