Als mir meine Freundin Ines beim gemeinsamen Lunch in Frankfurt im letzten Sommer erzählte, dass sie ihren wirklich guten Job in einem riesengroßen Unternehmen gekündigt hat, um ab sofort IT-Trainings für Kinder anzubieten, blieb mir mein Happen Vitello Tonnato im Hals stecken. Ich hustete heftig. Dann habe ich gejubelt. Weil ich es großartig finde, wenn Menschen den Mut haben, alles hinzuschmeißen, um nochmal von vorn anzufangen. Weil sie eine Arbeit wollen, die sie wirklich glücklich macht. Hier kommt Ines inspirierende Geschichte…

WASFÜRMICH: Ines, du hattest einen wirklich guten Job in einem riesengroßen IT-Unternehmen. Du hast super verdient, warst super erfolgreich. Warum hast du dich selbstständig gemacht?
Ines von D-Champs: Ich möchte in meinem Job Spaß haben und kreativ sein können, aber auch ehrlich und authentisch sein dürfen. Das war in den letzten Jahren nicht mehr der Fall. Dazu habe ich durch meine vielen Geschäftsreisen mitbekommen, was wir in Deutschland für einen enormen Fachkräftemangel haben und wie schwierig es immer noch ist, Frauen für MINT-Berufe, also für die Themen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu begeistern. Ich habe mir schon lange immer wieder Gedanken darüber gemacht, wie man das ändern könnte…

WASFÜRMICH: Was hat dir den letzten Kick gegeben?
Ines: Ein Wirtschaftsgipfel vor drei Jahren, an dem ich teilnehmen durfte. Dort hat eine junge Frau aus England ihr Projekt “Coding for one day“ gesprochen. Sie schult in IT-Trainings Junge und Alte, weil sie es wichtig findet, auf diese Weise eigenständiges Lernen zu trainieren. Wer nämlich Programmieren kann, hat die Möglichkeit ganz neue Problemlösungsansätze zu finden. Mich hat diese Frau und ihre Idee so sehr inspiriert, dass ich nach dem Wirtschaftsgipfel direkt gegoogelt habe, ob es so etwas auch in Frankfurt gibt. Gab es nicht.

So digital sind die Digital Natives leider gar nicht.

Ich meine, wie verrückt ist das: Wir sprechen von der Generation Y und Z, unseren Digital Natives, die digital aber gar nicht so fit sind, wie wir denken. Das haben wir Eltern wohl alle im Homeschooling gemerkt. Die können vielleicht super mit dem Handy oder einer Spielekonsole umgehen, wenn es aber um digitale Schlüsselqualifikationen geht, wie Internet oder eine Software für den täglichen Gebrauch, wird es sehr dünn. Das bringt denen leider keiner bei. Warum wir einen Fachkräftemangel haben, habe auch ich am eigenen Küchentisch und Körper gespürt.

WASFÜRMICH: Aber wie bitte setzt man so eine große Idee dann einfach mal um?
Allein musste ich das zum Glück nicht. Es war verrückt: Im Frühjahr 2020 kam einer der jetzigen stillen Gesellschafter auf mich zu und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, Kinder und Jugendliche digital fit zu machen. Ich hielt ihm die flache Hand zum Abschlagen hin und sagte: “Sofort!”

WASFÜRMICH Wie genau habt ihr dann das Konzept von D-Champs entwickelt?
Ines: Ich bin Teil eines tollen Teams, also C-Founder, wie man heute sagt. Das habe ich mir als erstes zusammengesucht. Wir haben uns dann alle umgehört und durch Gespräche mit Kollegen, Bekannten und Freunden immer mehr erfahren, was es wirklich braucht: In erster Linie Software-Basics. Nicht nur weil die Firmen sich das wünschen, sondern auch, weil diese Schlüsselqualifikationen auch den Schulalltag sehr viel leichter machen. Ich konnte es ehrlich gesagt kaum glauben, dass wir so simpel loslegen mussten. Vielleicht hatte ich mit meinen zwanzig Arbeitsjahren in der IT-Branche vorher in einer digitalen Blase gelebt. Nun starten wir mit den Kindern und Jugendlichen ganz simpel – danach können wir kreativ voll durchstarten…

Dann ging alles sehr schnell.

Wir entwickelten ein genaues Konzept und ich erstellte einen Businessplan. Diesen stellten wir einem Investor vor, der die Idee so gut fand, dass er uns nicht nur das Startkapital zur Verfügung stellte, sondern auch als stiller Teilhaber mit einstieg. Wir legten los mit der Entwicklung der Webseite, arbeiteten parallel den Gesellschaftervertrag aus und gründeten so in kürzester Zeit D-Champs. Manchmal ist es gut, wenn man keine Zeit hat, groß drüber nachzudenken.

WASFÜRMICH: Ihr arbeitet im Team. Macht es das leichter oder schwerer?

Mir macht es total Spaß im Team zu arbeiten, da Freude und auch Leid geteilt werden können. Durch unterschiedliche Charaktere, Wissen und auch Meinungen entwickelt sich eine Firma aus meiner Sicht immer diverser. Das ist so wichtig heute. Bloß kein statisches, eindimensionales Denken. Ein Team hat immer mehr Ideen als einer allein, es ergibt sich ganz von allein eine Dynamik, die ein Unternehmen immer wieder neu erfindet. Aber: Dynamik bedeutet auch Arbeit. Weil man natürlich nicht alles gut findet, was die anderen machen. Da ist Kommunikation super wichtig. Immer sofort drüber reden hilft. Und ich Ich finde es super wichtig, dass man sich selbst nicht zu erst nimmt und auch mal über seine eigenen Ideen lachen kann.

Der beste Teamkleber ist Humor.

WASFÜRMICH: Wie lange hat es gedauert, mit D-Champs an den Start zu gehen – von der ersten Idee bis zum ersten Kurs?
Ines: Die ersten konkreten Ideen waren im Frühjahr 2020 da – und die ersten Trainings haben wir mit einzelnen Kindern im ersten Lockdown durchgeführt. Die Trainings, wie es sie jetzt gibt, finden seit September 2020 statt. Ein halbes Jahr haben wir ausprobiert und uns ständig weiterentwickelt. Wir haben TrainerInnen ausgesucht, viele wissenschaftliche Studien gelesen, Räumlichkeiten gesucht, Flyer gedruckt und  die Social Media Kanäle aufgebaut – ganz wichtig heute!

WASFÜRMICH: Kann jeder die Kurse buchen? An wen richten ihr euch? Wenn ich buchen möchte, wo finde ich euch?
Ines: Grundsätzlich kann jeder unsere Kurse buchen. Unsere Trainings sind aber bewusst keine digitalen Kurse sondern basieren auf echten Kontakten, da das Lernerlebnis einfach besser ist. Wir wollen die Kinder mitnehmen auf eine gemeinsame digitale Reise – das klappt nicht, wenn alle bereits für sich digital anreisen. Aufmerksamkeit und Konzentration sind ganz anders. Die Trainings finden bis jetzt bei uns im Büro in Frankfurt am Main statt oder aber in Schulen oder Sozialeinrichtungen hier in der Gegend, wenn uns diese buchen. Aktuell ist die Situation durch Corona natürlich schwer. Wir lassen uns darauf ein und bieten zur Zeit nun doch ein Online Training mit Namen „Get ready for homeschooling“ an. In diesem speziellen Rahmen funktioniert das ganz gut.

Unsere Kurse richten sich an Kinder, Eltern, Jugendliche, an Schulen, Auszubildende und Firmen. Durch Sponsering mit IT-Unternehmen wollen wir auch Kindern aus sozial schwachen Haushalten die Möglichkeit zu geben, digitale Schlüsselqualifikationen aufzubauen. Ich sehe da ein riesengroßes Potential in Sachen Fachkräften für Deutschland! Jeder der buchen möchte oder Fragen hat findet uns hier.

WASFÜRMICH: Wenn man gründet, muss man plötzlich jede Menge Dinge machen, die man vorher noch nie gemacht hat. Wie legst du los?
Ines: Ich bin grundsätzlich offen und versuche immer dazuzulernen. Im Netz kann man heute ja zum Glück fast alles herausbekommen. Durch meine Arbeit im Unternehmen habe ich außerdem ein großes Netzwerk, da gibt es eigentlich immer jemanden, den ich fragen kann. Und ich lese viel. Sogar gern Fachliteratur.

WASFÜRMICH: Mal ehrlich, arbeitest du jetzt mehr oder weniger als vorher in der Festanstellung?
Ines: Ich hatte auch vorher nie einen Nine-to-five-Job. Ich hatte aber immer schon relativ flexible Arbeitszeiten. Es war dennoch ein strammes, sehr durchgetaktetes Programm, bei dem viel externe Hilfe notwendig war. Ich hatte mich darauf gefreut, als Selbstständige noch flexibler zu sein. Heute arbeite ich immer noch viel, vielleicht nicht mehr mit ganz so viel Druck dahinter – bloß meinem eigenen. Aber es fühlt sich ganz anders an. Viel besser! Meine Gedanken drehen sich permanent um D-Champs und manchmal nervt es mich, dass ich so dermaßen schlecht abschalten kann. Aber ich glaube an diese Idee und das gibt mir sehr viel Energie.

Abends im Bett dreht sich immer mein Gedankenkarussell.

WASFÜRMICH: Wo siehst du dich und D-Champs in fünf Jahren?
Ines: Ich möchte die Marke D-Champs als führendes Unternehmen für den Aufbau digitaler Kompetenzen etablieren. Außerdem möchten wir weitere Standorte angehen und unser Kursportfolio noch mehr ausweiten. Nicht zuletzt möchte ich auch wachsen, in dem ich weitere Kapitalgeber ins Boot hole und uns so die Möglichkeit geben, die digitale Bildung in Deutschland mitzugestalten.

WASFÜRMICH: Was muss man mitbringen, um so eine Geschäftsidee umzusetzen?
Ines: Mut! Spaß am Netzwerken. Gaaaanz viel Durchhaltevermögen. Und die richtige Balance zwischen Arbeit und Freizeit (die sehr individuell ist).
Es sollte jedem bewusst sein, dass auch eine tolle Idee nach hinten losgehen kann, einfach weil man nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort einschlägt. Es braucht viel Herzblut – und viele, viele Stunden Arbeit.

Nicht vergessen: Es gehört immer auch ein bisschen Glück dazu!

Ganz wichtig ist bei aller blumigen Euphorie auch eine sachliche Analyse vorweg. Klingt erstmal stinklangweilig, ist aber total spannend: Wie sieht der Markt in dem Umfeld aus? Welche Mitstreiter gibt es? Wie viel Raum ist da für mich? Was mache ich anders und besser als die anderen? Ich würde dringend einen genauen Businessplan erarbeiten und mir vorher überlegen: Wie viel Geld muss und will ich damit verdienen?

WASFÜRMICH: Hast du noch einen Tipp für alle, die sich ebenfalls mit einer guten Idee selbstständig machen wollen?
Ines: Loslegen und nicht so lange nachdenken. Das ist wie mit Kindern: Irgendwie passt es nie und wenn sie da sind, passt es eben doch immer.

Danke dir, Ines!

PS. Auf dem Instagram Account von D-Champs gibts übrigens immer wieder tolle digitale Hacks. Ich Technik-Honk lerne da total viel!

Claudi