Irgendwann in den letzten Jahren zwischen Kindererziehung, Hausbau, Pandemie und diversen weiteren Krisen bin ich mir abhanden gekommen. Nicht komplett auf einmal: Eingeschlafen, aufgewacht, zack, Katia weg. Eher so stückchenweise, hier ein Teil, da eine Ecke und zwischendurch auch mal ein größerer Brocken. Und wie so oft sind es natürlich die Lieblingsdinge, die verloren gehen: Die Lässigkeit, das Lachen, die unbändige Lust auf alles, was da noch kommen mag. Und gerade merke ich, wie sehr mir all das fehlt…
Keine Ahnung, wann genau es angefangen hat, dass das Leben einfach so viel weniger Spaß macht als früher. Mit dem oft mühsamen Familienalltag? Mit dem eigenen Alter, mit dem der Eltern? Mit der Weltlage? Fakt ist, dass meine Mundwinkel seit Jahren zunehmend nach unten tendieren – und das ist nicht allein der nachlassenden Hautspannung geschuldet.
Dieses Silvester war das dritte in Folge, an dem ich um Mitternacht inständig geseufzt habe: “Dieses Jahr wird besser, ganz bestimmt!”
Um anschließend im Wochen-Rhythmus neue Unwuchten stemmen, akzeptieren, regeln zu müssen. Es fühlt sich so an, als sei das üppige Büffet jetzt abgeräumt. Was bleibt, sind die krümeligen Reste, die schon ein wenig trocken sind. Ich meine: Was sind das für Nachrichten, mit denen wir uns tagtäglich konfrontiert sehen? Nicht nur der weltweite Krisenmodus, auch im Privaten häufen sich in diesen fordernden 40ern die bad news: Trennungen, Krankheiten – allüberall Pleiten, Pech und Pannen, die leider alles andere als komisch sind.
Das Gleichgewicht zwischen gut und schlecht, zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Abenteuer und Alltag hat sich komplett verschoben, leider meist nicht zum Besseren. Und das hinterlässt seine Spuren – in mir, meiner Laune, meiner Sicht auf die Dinge. Gerade fällt es mir zunehmend schwer, diese “wird-schon-alles-gut-werden”-Haltung einzunehmen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal laut gelacht habe, komplett entspannt war, voller Vorfreude auf Dinge am Horizont. Als wir kürzlich auf der Rückfahrt eines familiären Kurztrips waren, die Kinder mal wieder im lautstarken Clinch – überkam es mich wie aus dem Nichts:
Ich sehnte mich mit jeder Faser meines Körpers nach meinem 25-jährigen Ich, das auf einem Roadtrip mit den besten Freundinnen spontan der Sonne entgegenfährt.
Und das keine anderen Sorgen hat, als ob das Wetter hält und die Zigaretten bis zum Zielort reichen. Vielleicht war früher doch so einiges besser, sorry dafür. Einfach, weil man jung war und sich unsterblich fühlte. Weil man weniger Sorgen und mehr Freude hatte. Weil die Zukunft Rosa war und nicht Bleigrau. Weil es weniger Verpflichtungen gab, mehr Party, weniger Alltag, der einen verschluckt. Zwanzig Jahre später ist von dieser “was-kostet-die-Welt”-Attitüde wenig übrig – mitleidslos überrollt vom Schwertransport der Realität.
Ich wär’ so gern wieder ein wenig mehr wie vor 20 Jahren. Und nein, ich denke dabei nicht primär an Beine ohne Besenreißer und einen Bauch ohne Beulen, obwohl der Blick in den Spiegel mich auch nicht jeden Tag glücklich macht. Nein, ich vermisse meine Zuversicht. Meine legendäre gute Laune. Mein Lächeln, das mir so viele Türen geöffnet hat. Meine wilden Ideen, meine unbändige Energie. Und ja, auch meine Unvernunft, meine ungezügelten Gefühle, mein Hang zum Leben im Überfluss.
Auch wenn ich es Liebeskummer um mich selbst nenne – Midlife-Crisis trifft es wohl auch…
Seitdem ich Mitte 40 bin, muss ich mich jedenfalls dauernd neu arrangieren. Mit neuen Herausforderungen, Aufgaben, Verfallsstadien zurechtkommen. Freiheit, Sicherheitsdenken und Zukunftspläne neu justieren. Und neben all diesem zähneknirschenden Annehmen von unliebsamen Dingen unbedingt mein Lachen wiederfinden! Außerdem meine Lässigkeit – anders kommt man dem Älterwerden und all seinen oft unerfreulichen Themen wohl auf Dauer nicht bei…
Wie geht es euch gerade…?
Alles Liebe,
Exakt genauso. Und auch seit ungefähr drei Jahren. Ich bin 44… Liebe Grüße
Hej liebe Nadine, ich hoffe einfach darauf, was mi viele ältere Freundinnen versichern: Es wird wieder besser! Man findet zumindest ein Stück zu sich zurück. Und lernt neue facetten kennen. 🙂 Alles Liebe, Katia
So ähnlich geht es mir auch. Eigentlich gibt es mich gar nicht mehr. Zumindest fühlt es sich so an. Ich schaue so viel nach den Kindern, meinem Mann, meiner Mutter, dem Haushalt, dem Job….dass ich dabei untergehe. Ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt auch noch etwas will, explodiert alles. Liebe Grüße
Irgendwie ganz schön traurig, oder? Aber ich glaube, es ist so wichtig, dass wir etwas wollen. Vom Leben, von uns, von anderen, die uns unterstützen, damit wir wieder ein wenig mehr Luft für uns haben. Ich glaube, das lohnt! Alles Liebe, Katia
Ich fühle das gerade so stark und muß ein paar Tränchen verdrücken.
Liebe Grüße Tanni
Hej liebe Tanni, das muss und darf manchmal auch sein. Vielleicht finden wir anschließend wieder neue Energie, um uns ein Stück zurückzuerobern. 🙂 Alles Liebe, Katia
Hallo liebe Katia,
Deinen Text finde ich, wie schon so oft, sehr spannend und gut geschrieben.
Ich bin 47 Jahre und fühle mich so gut, ausgeglichen und stark ,wie schon lange nicht mehr. Lustigerweise fühle ich mich sogar attraktiver als vor 10 Jahren, als die Kinder noch klein waren. Ich bin mit vielem entspannter geworden und kann alles viel besser so nehmen wies kommt. Das heisst aber nicht, dass ich auf keine Schwierigkeiten treffe, die das Alter im Allgemeinen betreffen.
Früher hatte ich mit vielen Schicksalsschlägen zu kämpfen, die in mir das Gefühl von Alleine damit sein, ( weil niemand, den ich kannte,in der gleichen Situation war) ausgelöst haben. Heute habe ich mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die in meinem ganzen Umfeld zu beobachten sind. Obwohl diese Schwieigkeiten auch nicht schön sind, fühl ich mich jetzt getragen und kann mich austauschen und man kann auch evt. gemeinsam Lösungen finden, einfach weil alle ähnliches erleben. Das stärkt mich ungemein.
Ich bin glücklich und gespannt, was das Leben noch so alles bereit hält. Ich bin auch total froh und dankbar, dass im Moment so vieles in meinem Leben einfach gut ist. Ich muss nichts, ich darf alles, so mein Gefühl.
Was das Weltgeschehen betrifft, da mach ich mir schon so meine Gedanken, aber auch in diesem Punkt bin ich optimistisch. Die Welt scheint mir immernoch mehr Gut als Schlecht zu sein, sonst würde es uns schon länger nicht mehr geben, oder !?
Ich habe mir schon vor einpaar Jahren angewöhnt, so gut wies geht im Jetzt zu leben. Das bringt mir immer wieder positive Gefühle und Gedanken.
Ich wünsche dir, dass du diese Krise.( die ich auch hatte!!!) ganz schnell hinter dir hast. Nichts ist für immer. Alles wird Gut.
Alles Liebe
Christina
Hej liebe Christina, ich danke dir sehr für deine lieben Worte. 🙂 Ich bin mir auch sicher, dass wieder andere Zeiten kommen. Jetzt muss ich bloß erstmal wieder herausfinden, wo all die Teile abgeblieben sind, die ich gerade so vermisse. Alles Liebe, Katia
Wie mein pre-Teen so gern sagt: Isso!!
Hab die 40 noch nicht ganz, aber g.e.n.a.u.s.o.
Immer Typ ‘Glas halb voll’ und ‘schaffen wir schon’ gewesen und zwar in Lebenslagen, die finanziell oder zwischenmenschlich deutlich schwieriger waren als die derzeitige.
Wir haben (und das ist absolut nicht selbstverständlich, daran erinnern wir uns gegenseitig täglich) weitgehend krisensichere Jobs. Wir können unsere Rechnungen zahlen und sind alle gesund. Das sah vor zehn Jahren deutlich anders aus und trotzdem (oder deswegen?) war ich optimistischer. Vllt Zwangs-optimist?
Keine Ahnung, aber ich muss auch dringend meine Gedanken positivieren. Das wird. Irgendwie. 🙂
Durchhalten, liebe Katia!
LG vom anderen Ende von HH,
Rike
Hej liebe Rike, ja, das wird! Diese dämlich U-Kurve des Glücks…! Alles Liebe, danke für deinen Zuspruch. Katia
Genau so!
Hej liebe Tanja, wir sind wohl ein paar mehr…! 😉 Alles Liebe, Katia
Ich denke immer, wenn nichts richtig schlimmes ist, geht’s einem doch gut. Krankheiten sind schlimm, aber ansonsten geht’s vielen doch ziemlich gut. Ich stehe vor der Trennung mit 3 Kindern und denke immer, wie gut es mir wohl in intakter Beziehung ohne psychische Gewalt gehen würde.
Hej liebe Julia, es tut mir sehr leid, dass du gerade in solch einer großen persönlichen Krise steckst. Aus der Warte der Ausnahmesituation, die eine Trennung ja ist, kann ich mir vorstellen, dass alles andere wie eine Lappalie scheint. Aber dieses Gefühl, selbst zu verschwinden, kann und darf einen auch bewegen. Und es scheint ja so einige derzeit umzutreiben, wenn ich mir die Kommentare hier und auf Insta anschaue. Ich wünsche dir viel Kraft für die bevorstehende Zeit, alles Liebe, Katia
💜 du sprichst mir aus der Seele liebe Katja. Dankeschön für deine Worte, fühle mich gerade sehr verstanden 💜
Das freut mich ❣️ Alles Liebe, Katia
Liebe Katia,
danke für deinen Artikel. Die Gefühle, die du darin beschreibst, kenne ich gut. Die Jahre zwischen 20 und 40 sind einfach wahnsinnig intensiv. Intensiv an Zielen, die wir uns setzen und uns mit Glücksgefühlen belohnen, wenn wir sie erreichen: abgeschlossene Ausbildungen, ein neuer Beruf, neue Partner, neue Pläne, Familie, Kinder… Auch wenn die beruflichen und familiären Verpflichtungen noch immer schwer wiegen, habe ich endlich wieder ein kleines bisschen Freiraum, den ich mir so lange gewünscht habe. Jetzt ginge es doch wieder, beruflich mehr und Neues zu wagen, die Ausbildung zu machen, die man schon länger im Visier hatte?! Und doch spüre ich eine gewisse Schwere, vielleicht eine Müdigkeit nach diesen vollen Jahren gepaart mit den Anstrengungen körperlicher Veränderungen und den negativen Ereignissen, die sich im Laufe des Älterwerdens ergeben. Was mir da am meisten hilft, ist das einfach mal so zu lassen und zu akzeptieren. Ich muss jetzt nicht noch ein Buch schreiben und auch kein neues Label gründen! Was auch hilft, Instagram löschen 😉 Hier lachen eindeutig zu viele “erfolgreiche” Menschen und stattdessen sich in den wenigen freien Minuten einfach mal zurücklehnen oder ein gutes Buch wie “Mitte des Lebens” der Philosphin Barbara Bleisch lesen. Das hat mich seltsam geerdet. Alles Gute! Elisa
Hej liebe Elisa, danke für deinen Zuspruch! 🙂 Ich glaube, derzeit habe ich gar nicht so riesige Anforderungen an mich. Eigentlich wünsche ich mir vor allem etwas von dieser früheren Lässigkeit zurück. Weniger To-Dos mehr Leben. Mehr Spaß. Ich muss für mich mal schauen, wo und wie ich das wiederfinde. Lesen hilft. Und singen. Und tanzen. Das sind jedenfalls die Erkenntnisse dazu aus den letzten Wochen 😉 Alles Liebe, Katia
Hallo, ja in dieser so intensiven Phase des Lebens kippt einiges von einem selbst hinten runter. Doch trotzdem sollte man vielleicht versuchen diese Phase bewusst zu genießen, sich auch in dieser Phase bewusst zu spüren und das hier und jetzt zu leben. Denn perspektivisch sind die Kinder aus dem Haus, die Eltern wahrscheinlich nicht mehr da und man hat wieder sehr viel Zeit für sich. Da wird man sich sicher so manches Mal an den Trubel an einen herum erinnern. Aber auch dann wird es viele schöne Momente geben, die man vielleicht gerade dann ganz bewusst genießen kann, weil man so lange gestresst und vor allem für andere da war. Ich habe z. B. für den Fall der Fälle noch im Hinterkopf, dass ich noch eine Doktorarbeit schreiben möchte, wenn ich in Rente bin, ob ich das dann mache, werde ich sehen. Ich versuche nach allen Höhen und Tiefen, die das Leben bisher so hatte alles anzunehmen und ich finde der Spruch: Alles hat so seine Zeit, trifft es auf den Punkt. Und wenn diese Zeit gerade melancholisch ist, dann braucht es das jetzt.
Hej liebe Kathrin, oh ja, annehmen hilft bestimmt – ich bin bloß so wahnsinnig schlecht darin. Meist möchte ich lieber trotzig mit dem Fuß aufstampfen und “ich will das aber alles so nicht” greinen. Wär bloß irgendwie unpassend. 😉 Es ist auch gar nicht so, dass ich gerade alles furchtbar finde. Aber mir fehlen einfach elementare Bestandteile meiner Persönlichkeit, die ich lange für selbstverständlich genommen habe. Alles Liebe, Katia
Danke für den wichtigen Artikel!
Hej liebe Eva, ich danke dir für deine liebe Rückmeldung! Alles Liebe, Katia
I feel you! Du hast das sehr treffend und berührend beschrieben. Bei mir fing es mit der unheilbaren Krankheit eines engen Familienmitglieds an und hört noch lange nicht auf. Die Leichtigkeit ist verloren gegangen und ich bin auch noch immer auf der Suche danach. Gleichzeitig versuche ich, mir das Staunen zu bewahren, die Dankbarkeit für die Dinge, die mir Tag für Tag geschenkt werden, einfach so, trotz allem. Nichts ist selbstverständlich, das habe ich daraus für mich gelernt. Ich arbeite noch daran, achtsamer zu werden für diese Geschenke, und ja: auf alle Fälle wieder mehr Gelassenheit zu finden und zu leben.
Hej liebe Ina, ja, die Vierziger sind hard times, das kann man nicht anders sagen. Ich glaube, man muss vieles wieder neu lernen, neu für sich finden: Gelassenheit, Freude, Zuversicht. Wir schaffen das! Alles Liebe, Katia