Ganz ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass ich die zwei Namen hier mal runterschreiben würde. Aber: Joko und Klaas haben einen Knopf bei mir gedrückt. Bei euch auch? In ihrer ganz eigenen Viertelstunde Sendezeit haben sie in der vergangenen Woche deutlich gemacht, wie oft und wie widerlich Frauen von Männern sexuell belästigt werden. Täglich. Und immer öfter online. Ich wollte Belästigung schon lange hier zum Thema machen, wusste aber lange nicht wie. Weil ich nicht bloß schocken möchte, sondern bestenfalls eine Idee haben, was wir tun können. Nach den 15 Minuten Männerwelten wusste ich es…
Ich hatte nämlich sofort das Bedürfnis, mit meinen Kindern darüber zu sprechen. Halleluja, schließlich habe ich vier Jungs. Noch nicht mit den Kleinen natürlich und auch vielleicht mit den Großen noch nicht über alles. Aber ich hab sofort beschlossen, dass ich mit ihnen noch viel öfter ganz konkret darüber sprechen möchte, welches Verhalten okay ist und welches nicht. Und dass ich wirklich sofort einzugreifen will, wenn ich Sätze höre die verletzend oder unpassend sind – seien es Sätze von ihnen oder mir, Sätze von ihren Freunden oder meinen. Ich fange gleich heute damit an.
Ich nehme es nicht einfach hin, wenn über das Aussehen von jemandem abfällig gesprochen wird. Oder blöde Witze erzählt werden. Ich habe mir außerdem vorgenommen, offen dafür zu sein, wenn meine Kinder anfangen wollen Social Media zu nutzen. Denn ich glaube fest daran, dass ich eine gute Chance habe, sie eine Weile dort hindurch zu begleiten, in dem ich es ihnen nicht verbiete. Ich schaue mich dort mit meinen beiden Großen schon jetzt hin und wieder um und thematisiere immer wieder, wie man sich dort zu verhalten hat.
DIR MÜSSTE ES MAL WIEDER EINER RICHTIG BESORGEN.
Wieder was getippt, was ich nie gedacht hätte. Fällt mir echt schwer. Tausenden Männern dagegen scheinbar nicht. Denn Sätze wie diesen, müssen sich Frauen bei Instagram und Facebook, in Whats-App-Gruppen und Dating-Plattformen regelmäßig anhören. Was sie, was wir dagegen tun können? Es nicht ignorieren. Viele Sätze haben wir Erwachsenen erschreckender Weise schon so oft gehört, dass wir Gefahr laufen, sie vielleicht einfach augenverdrehend hinzunehmen. Sie normal werden zu lassen. DAS DARF NICHT PASSIEREN.
Auch das Moderatoren-Duo hat am Anfang ihrer Karriere mit sexistischen Aktionen und Witzen Quote gemacht. Sowas ist überall. Einzig richtige Reaktion bei sowas: Ausschalten, wegklicken. Melden. Mir sind noch ein paar Sachen eingefallen, über die ich mit größeren Kindern und Jugendlichen unbedingt sprechen möchte…
Ein Kompliment
Natürlich ist es schön, anderen etwas Nettes zu sagen. Wir sollten unseren Kindern viele Komplimente machen und ihnen vorleben, wie leicht man damit andere Menschen glücklich machen kann. Allerdings ist es kein Kompliment, den Körper einer anderen Person zu beurteilen oder aber mit der eigenen Erregung zu prahlen.
GEILE TITTEN!
BOAH, DICH KÖNNTE ICH BIS AN DIE DECKE SPRITZEN.
Ist nicht in Ordnung. “Du hast ein tolles Lachen!” ist es. Reden wir mit älteren Kindern da ganz konkret drüber.
Schick mir (k)ein Foto
Unsere Welt ist fotolastig geworden. Wir teilen damit Erinnerungen, außerdem sind Fotos eine gute Möglichkeit, sich näher kennenzulernen und sich ein Bild von jemandem zu machen. Es ist allerdings nicht in Ordnung, ungefragt Nacktbilder zu verschicken, sowie ungefragt sogenannte
DICK-PICS
zu verschicken ist immer eine sexuelle Belästigung. Ich versuche, in Sachen Sexualität so offen wie möglich mit meinen Kindern umzugehen. Mit ihnen ganz selbstverständlich über alles zu sprechen, Penis, Scheide und Co ganz konkret zu benennen. Ich habe das Gefühl, das beugt erst Kicheranfällen und dann einer Überkonzentration auf bestimmte Körperteile vor.
Nein! Nein! Nein!
Dass ein Nein zu akzeptieren ist, sollten schon kleine Kinder lernen. In dem wir selbst ihr Nein akzeptieren (wenn sie gerade nicht kuscheln wollen, wenn sie nicht bei Onkel Klaus auf den Arm wollen, wenn sie keine Kartoffeln essen wollen). In dem wir einschreiten, wenn ein Geschwisterkind NEIN sagt und das andere nicht aufhört mit dem was es tut. Und in dem auch wir unsere eigenen Neins durchsetzen.
KOMM SCHON, STELL DICH DOCH NICHT SO AN!
zu sagen, ist nicht in Ordnung. Niemals.
Sprechen wir mit unseren Kindern drüber. Ich fange heute damit an.
Alles Liebe,
Liebe Claudia, ich kenne den
Beitrag auf den du dich beziehst zwar nicht, aber ich habe auch zwei Söhne (und eine kleine Tochter) und kann dir nur so Recht geben! Packen wir es an, bringen wir es ihnen besser bei, achten wir auf uns selbst und arbeiten daran, Klischees zu vermeiden! Es ist so wichtig. Niemals möchte ich erleben müssen, dass meine
Jungs so etwas sagen!
Hi Claudia,
Da hast du recht. Ich habe den Beitrag auch gesehen und war ziemlich beeindruckt, dass die beiden das Thema aufgegriffen haben. Hoffentlich ist es bei vielen angekommen!
Viele Grüße Claudia
Danke für den Beitrag! Ich stimme dir da voll zu. Und zusätzlich möchte ich anmerken dass die Rolle der Väter und männlichen Bezugspersonen da wahnsinnig wichtig ist. Ich denke dass sich die Jungs stark an ihnen orientieren. Idealerweise sollten auch sie das zusätzlich zu uns mit den Jubgs ansprechen und vorleben. Deshalb finde ich es auch gut dass Joko und Klaas sich des Themas angenommen haben.
Liebe Grüße
Maria
Hallo Claudia,
das was Du schreibst, nennt man Erziehung.
Mein Mann hatte es auch von jemanden geschickt bekommen, die Sendung zum Nachschauen.
Als Kind wurde einem die Röcke gerne gehoben, von den Jungs, aber auch von Mädchen. Bei mir nur einmal, weil es dafür von mir, siebenjährig, postwendend eine schallende Ohrfeigen gab. Mit
fasste mir ein 14jähriger in der Pause einfach so an die Brust, tagelang sagte er mir noch, dass die Ohrfeige ganz schön heftig gewesen ist. Er War zwei Köpfe größer als ich und kräftig, ich damals die zweitkleinste meiner Klasse und sehr schüchtern, aber mein Körper schon frühzeitig weiblich. Ich schämte mich dafür.
Gewalt ist keine Lösung. Heute hätte ich womöglich selber Ärger bekommen dafür.
Aber man muss als Mädchen lernen, Grenzen zu setzen. Bei einer Schnupperlehre (Schulpraktikum) wollte mich der Schneider begrabschen, als Vorwand nahm er das vermessen und ich solle mich nicht so anstellen. Ich weinte und sagte, ich brauche es nicht, dass Sie mir Kleider machen und ich will nicht mehr kommen, mit vierzehn. Es kam noch öfter zu ähnlichen Vorfällen.
Meinen Kindern habe ich früh beigebracht, sie zu wehren, mit Worten, Lautstärke, melden und ja, wenn nötig auch mit Gewalt.
Wir haben respektvoll miteinander gesprochen und Beleidigungen wurden gleich besprochen und bereinigt.
Ich habe immer mit Kindergarten oder Schule besprochen, dass ich informiert werden möchte, bevor Sexualität angesprochen wird, denn meine Kinder hatten kein öffentliches Interesse an solchen Themen, aber ich wollte sie aufklären. Meine Kinder haben früh gelernt, ihre Geschlechtsteile richtig zu benennen und sich nie ihres Körpers zu schämen.
Ich dachte lange, dass ich nie Probleme mit sexuellen Übergriffen gehabt hätte, dann fielen sie mir nach und nach wieder ein.
Ich war immer stark genug, mich zu wehren, so schüchtern ich auch war.
Ein Grund dafür war sehr wahrscheinlich, dass ich ich sein durfte und man mich nicht gelehrt hatte, alles hinzunehmen. Ich hatte zwei ältere Brüder. Damals durften Kinder auch noch kämpfen und so musste ich mich früh wehren, um nicht nur Prügel zu kassieren von meinem jähzornigen Bruder. Natürlich haben die Eltern uns auseinander genommen.
Ich denke Resilienz ist das Schlagwort dafür.
Bei uns Zuhause wurden bei unseren Jungs keine Schimpfwörter geduldet und kein Schubladendenken, obwohl ich Zuhause geblieben bin bei den Kindern. Am Wochenende hatte ich auch Wochenende, in den Ferien auch Ferien. Wir haben miteinander den Großputz gemacht und ich war dann nicht alleine in der Küche. Natürlich hatte ich durch die Woche das meiste im Haushalt gemacht, aber alle haben mit angepackt am Wochenende, weil es unser Zuhause ist und wir alle gleich viel wert sind und es keine Arbeit gibt, für die Mann(bewusst) unwürdig ist.
Ich mochte den Clip nicht. Man darf darüber reden, aber ich weigere mich, solche Ausdrücke in den Mund zu nehmen. Der Ansatz, solches nicht mehr still hinzunehmen finde ich gut.
Danke für Deinen Artikel
Hallo Claudia,
Ich finde in dem Zusammenhang folgenden Artikel sehr lesenswert:
https://t.co/tbdq4EVTDO?amp=1
Erschienen im Süddeutsche Zeitung Magazin, von der Journalistin Teresa Bücking, die ich ohnehin sehr lesenswert finde.
Hier der Teaser:
“Wir müssen einräumen, dass auch die eigenen Söhne zu Tätern werden können. Denn die beste Prävention gegen sexualisierte Gewalt ist es, Jungen dabei zu unterstützen sich frei von gefährlichen Männlichkeitsnormen zu entwickeln.”
Ich habe auch 4 Söhne: 9 und 4 Jahre und die Zwillinge sind 20 Monate alt. Auf jeden Fall kann man nicht früh genug damit anfangen, die Kinder (vor allem die Söhne) dafür zu sensibilisieren, die Grenzen anderer Menschen zu respektieren. Und ich sehe das genau wie du: verletzende Äußerungen z.B. müssen kommentiert werden. Nur so können unsre Kinder Respekt und Wertschätzung lernen. Und begreifen, dass Worte heftigst verletzen können und übergriffige Handlungen absolut nicht zu dulden sind.
Bücking schreibt dazu:
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“Dass unsere Gesellschaft vor allem Mädchen und Frauen dazu anhält, sich gegen Übergriffe zu schützen, und ihnen immer wieder die Schuld daran gibt, wenn sie sexualisierte Gewalt erfahren – bekannt auch als »Victim Blaming« –, wird schon lange kritisiert. Denn in einem ähnlichen Maß wird mit Jungen und Männern nicht darüber gesprochen, wo ihr eigenes Verhalten übergriffig sein könnte oder sogar in den Bereich der Strafbarkeit fällt. Dabei müsste ein gleichwertiges Verantwortungsgefühl für Kinder und Jugendliche zwei Dinge beinhalten: Wir schützen nicht nur mögliche Betroffene vor Übergriffen, indem wir sie stark machen, sondern leiten auch die an, sich anders zu verhalten, die vielleicht einmal zu Tätern werden könnten. Wir klären Jugendliche über sexualisierte Gewalt aktuell nicht gleichberechtigt auf. Da sich gegen unerwünschtes Verhalten zu wehren jedoch immer nur der zweite Schritt sein kann, muss der erste Schritt sein, dieses Verhalten zu vermeiden.”
Und auch das Thema Medienkompetenz spielt da eine bedeutende Rolle. Genau wie du sagst: wir müssen unsere Kinder kompetent machen, damit sie sich selbst UND andere schützen können! Das ist unsere Verpflichtung als Eltern. Und die wird immer wichtiger, je mehr social media es gibt und je jünger ihre Nutzer werden.
Es gäbe zu diesem Thema noch so viel mehr zu sagen, Bücking bringt vieles auf den Punkt. Beispielweise auch die Rolle von Pornos bei Jugendlichen:
“Erziehungsberechtigte müssen damit umgehen, dass nahezu alle männlichen Jugendlichen von Pornos darin beeinflusst werden, wie sie über Geschlechterrollen beim Sex nachdenken und auch über Einvernehmlichkeit.”
Aber auch der Einfluss von Alkohol:
“Betrunkene junge Männer üben eher Druck oder Gewalt aus, um zu bekommen, was sie wollen, als wenn sie nüchtern wären. Während also viele Mädchen den Tipp bekommen, nicht zuviel zu trinken, um Herrin ihrer Sinne zu bleiben, müssen Jungen genauso gesagt bekommen, dass Alkohol sie dazu bringen kann, Dinge zu tun, die andere verletzen können, und dass ein »Ja«, das sie glauben, von einem Mädchen signalisiert zu bekommen, möglicherweise kein »Ja« ist.”
Es ist mehr denn je unsre Aufgabe, unseren Söhnen Verantwortungsbewusstsein für Ihr Handeln zu vermitteln. Und Respekt und Wertschätzung gegenüber jedem anderen Menschen. Und ich bin mir sicher, dass unsere Söhne großartig werden, empathisch und sensibel für das Empfinden ihres Gegenüber. Aber wir müssen es in die Hand nehmen!
Liebe Grüße
Jule
Oder besser gesagt: wir müssen sie dabei unterstützen, dass sie so feinfühlig und sensibel bleiben, wie sie sind und diese Eigenschaften weiter ausbauen können zu Empathie, Verantwortungsbewusstsein und einem objektiven Bewusstsein für richtig und falsch.
LG Jule