Kinder stecken dauernd in irgendeiner Phase: Wickelphase, Wackelzahnpubertätsphase, irgendwas-ist-immer-Phase. Und wir Eltern leben und erziehen mehr oder minder munter drumherum: Stellen uns laufend auf neue Fähigkeiten, Gewohnheiten, Macken ein, nehmen Vandalismus und spontanen Veganismus in Kauf. Der Konsens scheint: Phasen sind ganz klar Kinderdomäne. Absolut nicht! Wir Eltern sind ja keine statischen Persönlichkeiten, die seit Anbeginn der Elternschaft immer gleich lieben, leben, leiten. Ich zumindest stecke gerade knietief in meiner reifen Trotzphase – und darauf müssen sich jetzt zur Abwechslung mal meine Kinder einstellen…

Ich will gerade so vieles nicht mehr, was mein Trio von mir will: Ich will nicht mehr jeden Abend bei jedem Kind bleiben müssen, bis es eingeschlafen ist – und ich am Ende auch. Ich will nicht mehr jedem Kind sein Frühstücksbrot schmieren, wenn es schon selbsttätig mit Besteck umgehen kann. Ich will keinem mehr den Hintern abwischen müssen, wenn ich gerade den ersten Bissen auf der Gabel habe.

Ich will gerade so vieles nicht mehr sagen müssen, was ich von meinen Kindern will.

Will nicht mehr 67 Mal am Tag “Schuhe aus!”, “Hände waschen!”, “Räum deinen Kram weg!” rufen. Nicht mehr das Anzieh-Gezeter, das Haarwasch-Geheule, das Hausaufgaben-Gejammer hören. Gerade ist es mir nicht nur lästig, wie solche Familiendinge mitunter lästig sind. Es ist viel mehr das untrügliche Gefühl, dass die Mama-kümmert-sich-immer-und-um-alles-Phase für mich unwiderruflich vorbei ist – und ich bockig alles verneine, was damit in Zusammenhang steht. Was meinem Autonomiebestreben im Weg steht. Denn Trotz ist nur ein Ausdruck von (wieder) eigenständig werden wollen. Und genau da stehe ich gerade.

Was würde ich manchmal für einen mütterlichen Trotzanfall geben! Wollte ich früher vor Scham im Boden versinken, wenn sich mein Kind wutheulend auf dem Supermarktgang wälzte, fühle ich heute nur noch – Neid. Wie herrlich wäre es bitte, sich auch als Erwachsene impulsiv hinwerfen zu können, wenn einem irgendwas oder irgendwer querschießt, mit den Fäusten aufs Parkett trommelnd?

Einen bockigen Breakdance auf dem Boden der Verzweiflung – als Katalysator für Frust, Erschöpfung, Überforderung.

Aber damit würde ich andere überfordern. Stattdessen sage ich gerade sehr oft “Nein”. Nein zur Einschlafbegleitung, nein zu “Kannst du-mir eine-Schüssel geben und Müsli machen?”, wenn das Kind selbst neben dem Geschirrschrank steht und nicht gerade zwei gebrochene Arme hat. Nein zum sofortigem Mama-Spieleinsatz, wenn ich gerade die erste langersehnte Pause des Tages einlege.

Genau wie die Trotzphasen meiner Kinder aus der Hölle waren, ist jetzt auch meine Mama-Ablösung anstrengend für alle – aber nötig. Übergänge sind immer schwierig, etwas Altes ist vorüber, das Neue noch nicht greifbar. Aber ohne Erneuerung ist Stillstand – und so ticken Familien eben nicht. Weder Kinder noch deren Eltern.

Das Tröstliche ist ja: Alle Phasen sind endlich.

Selbst die von Müttern. Aber sie sind eben erst vorbei, wenn eine Entwicklung stattgefunden hat – auch beim Rest der Familie. Wenn alle mit den neuen Fähigkeiten, Gewohnheiten, Macken vertraut sind und klarkommen, ohne schlechtes Gefühl.

Und so folgt auf mein Nein zu alten Gewohnheiten gerade immer öfters ein Ja zu neuen: Ja zu einer späten Spielerunde vorm Schlafengehen – dann aber nur mit Kuss und gut ins Bett. Ja dazu, dass die Kinder eben gleich das Abendbrot für alle schmieren – auch wenn ich dann Wurststulle statt Wurzelsalat kriege. Ja zu selbstbestimmten Hausaufgaben, zur Wischiwaschi-Haarpflege und sogar zur Bremsspur in der Unterhose. Denn es ist ja so: Je weniger ich mich kümmere, desto mehr sind meine Kinder selbst gefragt. Und das ist auf lange Sicht für alle ein Gewinn.

Denn groß sein, das wollen sie dann alle doch so unbedingt, dass sie dafür sogar immer häufiger ohne Murren und Mamas Hilfe das Kinderzimmer aufräumen. Sprich: Meine neu gewonnene Mama-Autonomie befeuert auch die ihre. Ich glaube, ich bin bald in der Mama-hat-auch-Bedürfnisse-und-delegiert-jetzt-lieber-Phase angelangt.

Irgendwann werfe ich mich trotzdem noch mal irgendwo bockig zu Boden. Ist einfach ein so herrlicher Gedanke.

In welcher Phase steckt Ihr gerade?

Alles Liebe,

Katia