Manchmal bin ich wütend. Richtig wütend. Rotplusterig und schnappatmig wütend. Dann brülle ich herum wie ein wild gewordener Löwe. Ein wütendes Geständnis – plus ein paar Worte über die Mutter, die ich gerne wäre. Und eine Mama, die mich neulich sehr beeindruckt hat…
Manchmal bin ich eine Mecker-Mama. Als Mecker-Mama kann ich ganze Tage zermeckern. Oder sie zumindest mit einer Mecker-Tonspur unterlegen. An solchen Tagen finde ich an allem und allen etwas zu mäkeln.
Die Kinderzimmer sehen ja fürchterlich aus!
Jetzt konzentrier dich doch mal!
Habe ich doch gesagt, dass sich gleich einer wehtut.
Ich bin doch nicht euer Diener!
Jajaja. Blablabla. Da rein, da raus.
Wenn ich wütend bin, besteht meine Tonspur aus quietschendem Gemotze. Ich mag mich überhaupt nicht als Wutmama. Nach jedem Wutanfall möchte ich die ganze Misere sofort rückgängig machen und meine Kinder in den Arm nehmen, um sie vor dem gemeinen Wutmonster namens Mama zu beschützen.
Ich platze oft.
Mal schiebe ich es auf zu wenig Schlaf (ein Dauerzustand bei mir), zu viele unerledigte Dinge im Kopf, zu wenig Zeit für mich, PMS, zu viel Kopfkino, Mental Load eben – und es macht BOOM. Die Wut in mir breitet sich rasendschnell aus. Sie beginnt als puckernde Stelle am Hals und als kleiner Stich im Bauch. Dann ist sie ganz schnell überall. Das fade Gefühl im Bauch, das Nach-der-Wut-Gefühl, bleibt für ein paar Stunden. Ich fühle mich klein, mies, böse und schlecht.
Inzwischen habe ich allerdings zwei Dinge gelernt. Dank ihnen schaffe ich es öfter mal, die Situation zu entschärfen. Indem ich erstens kurz den Meckertatort verlasse und mich für einen Moment irgendwo verschanze. Oder indem ich mich zweitens zu meinen Töchtern herunterbeuge, mich vor sie hocke, bestenfalls auf die Knie gehe. Die Augenhöhe hat bereits einige Wutausbrüche verhindert.
Und noch was: Ich bin gut im Entschuldigen.
Ich traue mich, ihnen meine Gefühlslage genau zu erklären. Ich sage meinen Kindern, dass ich Schuld war und nicht sie. Aber man muss es sich nicht schönreden: Wut und Dauer-Schreierei sind nichts für Kinderohren. Und erst recht nichts für Kinderseelen.
Aber leider ist es auch, wie es ist. Ich bin, wie ich bin. Auch wenn ich an meiner Wut und meinem Umgang mit ihr arbeite. Das klappt mal mehr und mal weniger gut. Was ich aber immer schaffe – die Stimmung aufzufangen. Zu reden, zu kuscheln und sich am Ende wieder zu vertragen. Ich bin ich. Und ein Teil meiner Ungeduld und meiner Wut wird vermutlich nie ganz verschwinden. Ich bin keine perfekte Mama. Aber wer ist das eigentlich?
Ich wäre gerne geduldiger, sanftmütiger, gelassener, ausgeglichener.
Nicht nur für meine Kinder. Neulich im Skiurlaub habe ich eine Mama beobachtet (das kann ich sehr gut), die mich sehr beeindruckt hat. Ich denke, ich kann das sagen, weil ich sie fast eine Woche lang in verschiedenen Situationen erlebt habe. Sie hatte mindestens drei, vielleicht sogar vier Kinder. Eine hübsche, aber völlig uneitel wirkende Holländerin.
Sie hatte eine Engelsgeduld mit ihren Kindern und schaffte es, im größten morgendlichen Chaos im Skikeller, gleichzeitig ihr weinendes Kleinkind zu trösten, das nicht in den Skikindergarten wollte, und ihren größeren Kindern seelenruhig beim Anziehen der Skischuhe zu helfen. Ihre Fragen zu beantworten. Sich selbst in die Skischuhe zu zwängen. Sich mit ihrem Mann abzustimmen. Wieder das weinende Kleinkind beruhigen undsoweiterundsofort.
Zu diesem Zeitpunkt des Tages war ich mit weniger Kindern oft schon einmal schweißgebadet, meckerig und mindestens einmal mit meinem Mann zerstritten. Diese Frau aber managte alles mit einer Seelenruhe und hatte sogar noch Kapazitäten, ein fremdes, weinendes Kind im Skibus zu trösten. Ich stand staunend daneben und wollte diese Frau fragen: Was ist dein Geheimnis?
Ich denke, ich habe die Antwort selbst gefunden.
Sie war im Hier und Jetzt. Sie war in dem Moment nur im Skikeller. Nicht noch hektisch suchend im Zimmer und auch noch nicht in der vollen Bergbahn und schon gar kurz vor knapp beim Skilehrer. Sie war einfach jeden Moment genau da wo sie war. So wäre ich gerne. Es bringt nichts, sich ständig zu vergleichen und natürlich weiß ich sonst nichts über das Leben dieser Frau. Aber sie hat immer das getan, was gerade getan werden musste. Vielleicht war das ihr Geheimnis.
Ich denke seitdem oft an diese sanfte und liebevoll wirkende Mama. Und wünsche mir, ein bisschen von ihrer Engelsgeduld und Gelassenheit zu übernehmen. Ich probiere es, in dem ich versuche, mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Und mich auf Augenhöhe zu begeben und nicht immer schon eine Stunde weiterzudenken. Ich als Wutmutter gehe mir nämlich richtig auf die Nerven.
Seid Ihr manchmal auch eine Wutmama und wie geht Ihr mit eurer Wut im Bauch um?
PS. Ein tolles Bilderbuch passend zum Thema ist “Schreimutter” von Jutta Bauer.
Foto: Nsey Benajah /Unsplash
Alles Liebe,
Oh ja,
Hier auch eine Wut-Mama.
Und tatsächlich, wenn jetzt mal so überlege…, in den Momenten, in denen ich genervt bin von Dingen, die waren oder gestresst von dem was gleich noch kommen muss.
Ich bin über die Jahre besser darin geworden, nicht auszuflippen.
Mein ältestes Kinde kennt die Wut-Mama viel besser als mein jüngstes.
Immerhin.
Aber ganz damit aufhören werde ich wohl nie.
Vielen Dank, dass du mir nochmal deutlich gemacht hast, woran es liegt, und was hilft. Nämlich das „im Jetzt sein“.
Wir machen viel Campingurlaub.
Sehr oft habe ich deshalb schon Niederländer mit ihren Kindern beobachten können. Und sehr, sehr oft wirkte der Umgang, den sie mit ihren Kindern haben, auf mich deutlich entspannter, wertschätzender, vielleicht eher auf Augenhöhe, als ich es von uns Deutschen kenne. Allerdings verstehe ich natürlich auch nicht alles, was gesagt wird 😉
Hej Christina. Danke für Deinen Kommentar. Ja, so geht es mir auch. Dass die Große gefühlt mehr „abgekriegt“ hat als die Kleine. Aber irgendwie auch gut zu wissen, dass manche Dinge sich im Laufe der Zeit relativieren und man entspannter reagieren kann. Aber dennoch wünschte ich, dass ich in manchen Situationen gelassener reagiert hätte.
Liebe Grüße. Maren
Guten Morgen, liebe Maren,
ja, das ist ein interessanter Artikel und ich fühle mich auch öfter überfordert mit meinen drei Jungs. Vor einiger Zeit ist mir das Buch “#gemeckerfrei” von Uli und Bernd Bott in die Hände gefallen und hat einen krassen Aha-Effekt ausgelöst. Es geht genau um das, was du beschrieben hast, nämlich im Hier und Jetzt zu sein und auch darum, gut für sich selbst zu sorgen und nicht zu vergessen, wie verliebt man in die Kinder war, als sie noch klein waren. Irgendwann haben sie dann ihren eigenen Kopf, dann ist alles nicht mehr so einfach 😉
Seitdem ich mich mit diesen Dingen beschäftige, sehe ich ganz viele Sachen aus einer anderen Perspektive und ich erlaube mir, die liebevolle Mama zu sein, statt der Mecker-Mutti, die dauernd ihre Kinder erziehen will – was eh nicht funktioniert, zumindest nicht durch Meckern.
Damit fühle ich mich ganz anders, irgendwie viel besser!
Herzliche Grüße und danke für deinen inspirierenden Artikel!
Rabea
Liebe Rabea.
Danke für Deine Nachricht. Das Buch kenne ich nicht. Danke für den Tipp. Das schaue ich mir mal an. Wie schön, dass Du dadurch gelassener geworden bist und offenbar einen guten Weg gefunden hat, Mutterschaft bzw. Elternschaft ist irgendwie auch eine Reise zu sich selbst. Liebe Grüße! Maren
Ich fühle mich gerade das erste Mal verstanden und nicht allein. Der ganze Text spricht mir aus der Seele. Danke 🌺
Hej Kathrin.
Danke für Deine netten Worte. Und alles Liebe für Dich. Maren
❤️❤️❤️💜💜
Oooohja der Artikel trifft meine Gedanken in den letzten Tagen so gut.
Es macht mich unglücklich die mecker Mama zu sein.
Und ja genau was du beschreibst ist mein Problem, ich bin immer wo anders.
Der Kopf rattert, 1000 Dinge zu tun und nie im hier und jetzt.
Im Endeffekt führt es aber zu noch mehr Stress und genervt sein und noch mehr mental load, weil man all die 1000 Dinge nicht geschafft hat …..
Danke für den Schubser, Kindheit ist nur einmal- ich möchte tatsächlich gerne viel mehr im Hier und Jetzt sein.
❤❤❤
Ich hoffe es gelingt, ein bisschen besser…
Liebe Grüße
Dani
Hej Daniela,
genauso ist es. Man sollte viel öfter aus dem eigenen Hamsterrad ausbrechen. Aber wenn das mal immer so einfach wäre.
Ich wünsche Dir ganz viel Hier und Jetzt. Alles Liebe, Maren
Hier auch eine Wutmama…leider.
Manchmal ist zur Zeit schon beim Aufstehen keine Geduld mehr da. Und manchmal würde ich gerne meinen Mann anschreien, aber dann bekommen es doch wieder die vielleicht einfach müden oder irgendwas anderes wollenden Kinder ab. Ich entschuldige mich und erkläre – und ich denke sie verstehen es meist auch ein bisschen. Aber ich mag mich so nicht. Und übe, die Wut anders zu lösen, atme, gehe kurz vor die Türe oder verstecke mich kurz auf der Toilette.
Ich bin nicht die einzige, das zu lesen hilft.
Danke!
Hej. Lieben Dank für Deine Nachricht. Ich kann das gut nachempfinden. Aber wie gut, dass es Dir immer mal wieder gelingt, andere Lösungen zu finden. Es ist ein Weg der kleinen Schritte glaube ich.
Alles Liebe! Maren