Keine Ahnung, warum, aber irgendwie muss ich dauernd und überall mitmischen. Vor allem in den Angelegenheiten anderer, sprich: in den Angelegenheiten anderer Familienmitglieder. Insgeheim habe ich wohl das Gefühl, dass ohne mich nichts geht. Dass wir ohne mein Zutun – ohne meine (oft ungefragte) Meinung, ohne meine Art, den Kühlschrank ein- oder das Haus aufzuräumen – hoffnungslos aufgeschmissen wären. Also mindestens. Weswegen ich dauernd und immerzu alles an mich reiße, noch mal anpacke, eigentlich abgeschlossene Themen wieder neu aufrolle – und mich am Ende wundere, warum ich bloß immer so wahnsinnig ausgelaugt bin…

So kaputt ich von der schieren Masse selbst auferlegter Aufgaben meist bin – so angestrengt ist meine Familie häufig von mir. “Mann, Mama, ich hab doch gar nicht mit dir gesprochen!”, pampte mein Großer kürzlich genervt, weil ich auf die Frage nach Medienzeit mal wieder schnell für meinen Mann geantwortet habe. Natürlich mit “Nein”. Weswegen ich in mehrfacher Hinsicht die Buhfrau der Familie war. Und das nicht zum ersten Mal. Ich kann es ihnen nicht verdenken.

Ich bin kein Besserwisser, sondern ein Bessermacher. Was genauso nervig ist.

Andersherum kann ich es nämlich überhaupt nicht leiden, wenn jemand mein Handeln, meine Expertise mehr oder minder subtil in Frage gestellt, indem er mir die Aufgabe/das Gespräch/die Planung ungefragt aus den Händen reißt, um es besser zu machen. Was zumindest meinem Handeln wohl unterschwellig zugrunde liegt: Ich mache es nicht nur anders, sondern eben einfach besser.

Woher ich die feste Überzeugung nehme, dass ich in absolut jeder Lebenslage eine Institution bin, eine Expertin, an der man nicht vorbeikommt – ich habe keinen Schimmer. Denn wenn ich ganz für mich allein auf mich und meine Fähigkeiten schaue, sehe ich oft vor allem: Defizite. Als Mutter, als Schreiberin, als Frau ganz generell. Aber sobald ich mit jemand anderem meiner Familie in Konkurrenz um irgendeine Deutungshoheit stehe – habe auf jeden Fall ich recht. Die bessere Idee, den klügeren Life-Hack, den Masterplan.

“Ich bin immer so erschöpft!”, beklagte ich mich irgendwann kürzlich im Beisein meines Mannes.

Der mich daraufhin ein wenig schräg von unten ansah, wie er es gern macht, wenn er mir unliebsame Wahrheiten unterjubelt – und dann zu bedenken gab: “Vielleicht mischst du dich einfach mal weniger ein? Vielleicht lässt du die Dinge einfach mehr geschehen…?” Ich wollte schon empört eine andere, eine BESSERE Theorie aufstellen – aber mir fiel einfach nichts ein, das annähernd so treffend wie seine Beobachtung war.

Fakt ist: Ich reibe mich immerzu in allen Bereichen meiner Familie auf, auch auf völlig unbedeutenden Nebenschauplätzen. Schließlich ist es – mit Abstand betrachtet – komplett egal, ob mein Großer noch mal 15 Minuten länger FIFA spielt. Es ist nur ein Spiel, das wird ihn nicht für den Rest seine Lebens versauen. Mal abgesehen davon, dass er der familiären Stimmung sehr viel zuträglicher ist, wenn ich mich um meine Angelegenheiten kümmere. Schließlich hatte mein Sohn meinen Mann gefragt, nicht mich. Aus gutem Grund vermutlich – aber das ist eine andere Geschichte.

Ich glaube, Abstand ist generell ein wichtiger Punkt, um meinen Kontrollfreak zu bändigen.

Nicht loszupreschen, um (vor-)schnell zu handeln oder fix aus der Hüfte eine Meinung zu schießen, sondern Bedenkzeit nehmen. Drei tiefe Atemzüge wären auch nicht verkehrt, um kurz zu reflektieren: Ist das meine Baustelle? Ist unmittelbare Gefahr gegeben, wenn ich mich zur Abwechslung mal nicht einmische? Und wenn ich beides guten Gewissens mit “Nein” beantworten kann – einfach mal die Klappe halten.

Netter Nebeneffekt: Nicht nur, dass ich dadurch viel weniger auf dem Alltagszettel habe – ich habe auch viel weniger Punk mit dem Rest meiner Familie. Aus der Distanz heraus bietet man nämlich auch viel weniger Reibungsfläche. Buhfrau war eh ein Scheiß-Job, und nein, ich muss ihn nicht zwingend machen.

Klar muss ich mir gerade noch häufig auf die Zunge beißen, um nicht reflexhaft zu kommentieren.

Muss ich manchmal einfach das Geschehen verlassen, um mich nicht wie gewohnt einzumischen. Aber eigentlich gefällt es mir zusehends, mich zurückzunehmen, nicht dauernd alles zu lenken, zu bestimmen, zu regeln. Die Verantwortung getrost anderen zu überlassen. Mich nicht über jeden Mist aufzuregen, was automatisch damit einhergeht, wenn man überall seine Finger im Spiel hat.

“Choose your battles”, hat mein Mann mir kürzlich auch wieder gesagt. Und vielleicht muss ich allmählich anerkennen, dass er zumindest in Sachen Kindererziehung dann wohl doch der Bessermacher ist…

Hand aufs Herz: Habt ihr auch gern die Kontrolle über ungefähr alles?

Alles Liebe,

Katia