Sie ist meine frischeste und spannendste Neuentdeckung auf Instagram: Frau Freudig, die ganz wunderbar lustig, traurig und super informativ über das Landleben schreibt. Ich finde, ihre Texte sind die perfekte Ergänzung zu dem Landplüsch hier ab und zu. Daher hat sie ab jetzt – tatata – eine regelmäßige Kolumne hier auf Wasfürmich. Bitte sagt Hallo zu Frau Freudig und dem lieben Vieh...
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In der Grundschule habe ich in ein Freundebuch auf die Frage „Was möchtest Du mal werden?“ voller Überzeugung „Bauernhoffrau“ geschrieben. Nicht bloß eine schöne Wortschöpfung – sondern geradezu hellseherisch. Denn jetzt, knapp zwanzig Jahre später, mache ich genau das: Ich verbringe meinen Sommer in Österreich auf einem Bauernhof – als Bauernhoffrau (oder besser gesagt als Mädchen-für-alles…)

Ein Praktikum auf einem Bio-Bauernhof in Österreich, irgendwo in den Bergen. Ich bin tagein tagaus draußen unterwegs, melke Kühe, pflanze Gemüse, backe Brot und beobachte die Hühner. Ich lebe hier gerade das beste Leben, das ich mir vorstellen kann. Es scheint auf den ersten Blick wie in einem 1,50€-Groschenroman.  Doch die Realität sieht manchmal ganz anders aus – und ist dabei auch alles andere als romantisch.

Die meistgestellte Frage ist die, wie ich überhaupt hier gelandet bin. Wie ich diesen Ort gefunden habe. Also gut – here we go: Im September letzten Jahres wollte ich endlich mal alleine verreisen. Das hatte ich bis dato noch nie gemacht und war nach einem ganzen Jahr voller Reisen und im Rahmen meines kleinen Selbstfindungstrips der Meinung, ich müsse das Zelt ins Auto werfen und alleine für zwölf Tage nach Österreich fahren. Einen Roadtrip machen. Quer durchs Land, ganz viel sehen, ganz viel entdecken. Los ging es in Kärnten. Auf einem Campingplatz, auf dem ich im Jahr zuvor schon einmal eine Nacht mit meinem damaligen Freund verbracht habe. Ich wusste: dort ist es sauber, dort sind die Menschen freundlich und ein bisschen Tiere streicheln ist aufgrund des angrenzenden Bio-Bauernhofs auch drin. Ein bis zwei Nächte wollte ich bleiben – und danach in Richtung Steiermark weiterfahren. Doch – wie so oft – life is what happens while you’re busy making other plans.

Mit Peter, dem Chef vom Campingplatz, bin ich schnell ins Gespräch gekommen. Abends saßen wir oft noch eine Weile zusammen und haben erzählt. Er war es, der mich Joyce, seiner Fast-Schwiegertochter, vorgestellt hat. Joyce schmeißt mit ihrem Freund Philipp gemeinsam die Landwirtschaft nebenan. Beide haben den Betrieb vor etwa zwei Jahren von Peter und seiner Frau übernommen. Ich durfte ihnen nun über die Schulter schauen.
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Jeden Abend stand ich gemeinsam mit einem Haufen kleiner Kinder zur ‚Stallbesuchszeit‘ parat und half mehr und mehr mit. Ich verlängerte meinen Aufenthalt. Um einen Tag. Und noch einen. Und noch einen. Irgendwann saß ich dann bei Joyce und Philip am Esstisch. Auch Peter winkte mich an einem anderen Tag dazu, als die ganze Familie zum Essen beisammen saß.

Lukas, der Jüngste der drei Söhne, nahm mich eines morgens mit auf den Großglockner. Sonnenaufgang schauen. Ich blieb und blieb und blieb. Aus zwei Nächten wurden zwölf. Gesehen habe ich außer diesem einen Ort nichts in Österreich. Und doch habe ich so viel gesehen. Als ich schließlich abreisen musste, meinte Joyce,  ich solle bloß Bescheid sagen, wenn ich mal eine kleine Auszeit bräuchte. Sie würde mir für ein paar Stunden Arbeit am Tag Kost und Logis in ihrem großen Bauernhaus bieten.

Zurück in Jena war mir alles zu klein: Ich zog beim Betreten meiner Wohnung gefühlt und tatsächlich den Kopf ein. Es war laut und es waren mir viel zu viele Menschen überall. Ich habe den Hof vermisst, noch bevor ich meine Tasche ausgepackt hatte.

Im Dezember fuhr ich wieder zurück. Ich blieb zehn Tage, fuhr tiefenentspannt kurz vor Weihnachten zurück – und verlor knapp eine Woche später den Boden unter den Füßen. Von heute auf morgen machte mein Freund Schluss. Per FaceTime. Ich war kaputt und das in jeglicher Hinsicht. Ich stürzte mich kopflos in irgendwelche Blind Dates, nur um zu vergessen, wie weh mir alles tat. Ich versuchte mein Lächeln wieder zu finden, mich abzulenken und alles zu verdrängen. Nichts hat funktioniert. In einer von vielen schlaflosen Nächten schrieb ich Joyce. Es war 4:26 Uhr und ich bat sie darum, noch einmal kommen zu dürfen.

Zwei Wochen später war es fix. Ich kaufte ein Zugticket nach Kärnten – one way. Die Mundwinkel zuckten schon wieder verdächtig gen Himmel. Nach fast zwei Monaten Aufenthalt war das Strahlen wieder da. Auf einem Bauernhof gibt es immer Arbeit. Meist mehr, als es Menschen gibt, die sie bewältigen können. Und da Philipp und Joyce beide noch Vollzeitjobs haben, ist ihnen Hilfe immer recht. Im Sommer sowieso, denn da ist die Heuernte, der Campingplatz ist voll und die Kühe müssen auf die Alm getrieben werden. So kam es, dass ich nun Bauernhofpraktikantin bin.
Wie ist das Landleben wirklich, Praktikum in Östereich
Ich werde Euch in den kommenden Monaten regelmäßig von hier berichten. Von den Dingen, die mich laut lachen lassen, von Sachen, die ich hier gelernt habe und auch von den weniger romantischen Seiten des Bauernhoflebens.

Ich freue mich drauf.

Alles Liebe,

Madeleine