Es gibt Freunde, die sind für immer. Sie sind ähnlich prägend, stützend, wichtig für uns wie die eigene Familie. Und es gibt Phasenfreunde: Menschen, die in einem bestimmten Lebensabschnitt ganz viel Freundschaftsraum einnehmen –  und dann plötzlich verschwinden. Nicht zwingend, weil man sich verkracht hat oder einander überdrüssig ist. Sondern eher, weil das Leben dazwischenfunkt…

Drei Freundinnen auf einem Steg

Weil man neue Wege geht, in neuen Städten lebt, neue Jobs oder Partner hat. Und dann ist da, wo eine Weile jemand war, eine Lücke – die allerdings oft weniger schmerzt als eine Freundschaft, die wirklich in die Brüche geht. Umso schöner, wenn man sich nach Jahrzehnten plötzlich wieder über den Weg läuft – wie es mir kürzlich passiert ist…

Denn auch Phasen-Freundschaften können wieder aufleben.

Ich kannte A. aus meinem allerersten Job: Ich ließ mich in einer Agentur zur PR-Beraterin ausbilden, in der sie neben ihrem Studium jobbte. Wir mochten uns auf Anhieb, hatten ähnliche Interessen und als Anfang Zwanzigjährige verdammt viel Zeit: Dauernd und immerzu gingen wir in einem Pulk gemeinsamer Kollegen nach der Arbeit aus – um zu essen, zu feiern, zu tanzen, meist alles nacheinander.

Aber wir waren damals viel mehr als nur Party-Freundinnen. Ich weiß noch, dass ich sie in meinen Liebeswirren zu Rate zog, dass wir uns gegenseitig Lieblingsromane in die Hand drückten, häufig ins Kino gingen. Wir mochten uns wirklich sehr. Was dann passiert ist? Wir wissen es beide nicht mehr. Fakt ist, dass sich unsere Wege irgendwo in den Mitzwanzigern trennten, ohne dass wir einen bestimmten Anlass benennen könnten.

Plötzlich hatten wir einfach keinen Kontakt mehr.

Mein Anteil daran ist garantiert auch, dass ich die schlechteste Facebookerin auf der Welt bin – und es auch war, als Facebook noch die Kontaktbörse schlechthin gewesen ist. Weil ich früher ganz generell kein großes Interesse an Social Media hatte, gingen mir vermutlich jede Menge Phasenfreunde flöten.

Umso schöner, dass wir uns kürzlich und ungefähr 20 Jahre später wieder begegnet sind. Sie hatte mich tatsächlich über Was Für Mich entdeckt – und schrieb mir. Weil es uns mittlerweile in verschiedene Städte verschlagen hat, haben wir uns erst Wochen später getroffen. Und es war, als hätten wir uns kürzlich zuletzt gesehen. Obwohl uns ein halbes Leben trennt – inklusive mehrfacher Jobfindung, Familiengründung, Städtetausch.

Wir saßen einen sehr innigen Nachmittag zusammen, versuchten zwei Jahrzehnte in Worte zu fassen und brauchten doch nicht viele, um wieder in unser Freundschaftsgefühl von damals zu kommen. Diesmal wollen wir es besser und mit mehr Beständigkeit versuchen, haben wir uns vorgenommen.

Ich glaube, ich schließe leicht Freundschaften.

Jeden neuen Lebensabschnitt fand ich immer mindestens so spannend wie die Menschen, die ich dabei kennenlernte. Ich bin generell offen, mag die Begegnung, den Austausch, werde auch mit neuen Menschen relativ schnell warm und persönlich – oberflächlich liegt mir nicht. So war es während meiner Berlinzeit, als ich vor lauter Hamburg-Heimweh förmlich bei einer Kollegin und ihrem Freund wohnte – und nach meinem überstürzten Weggang doch nie wieder Kontakt hatte (Details dazu in meinem Text über Lebenskrisen hier).

So war es im Studium, wo ich mit einer Gruppe von drei weiteren Frauen ständig viel Zeit verbrachte, zum Lernen, zum Ausgehen, zum Café trinken. Wir waren ein eingeschworenes Vierergespann – und mit keiner habe ich seit unserem Abschluss noch zu tun. Es gab nette Nachbarn, mit denen ich viel unternommen, Kollegen, die ich ständig getroffen habe – mit einigen davon habe ich sogar zusammengewohnt. Was sie jetzt so treiben? Keinen blassen Schimmer. Wir haben uns alle im stillschweigenden gegenseitigen Einverständnis unserer Wege ziehen lassen. Ohne Gram, ohne Reue.

Ganz gleich, welche Phasen-Freunde ich auch hatte – meinen fixen Freundeskreis hatte ich eben auch.

Und ehrlicherweise sind die Kapazitäten, innige Freundschaften zu pflegen, endlich – zumal, wenn alle irgendwann Familien haben und sich in diverse Städte versprengen. Wenn ich heute meine älteste Freundin, die übrigens nur am anderen Ende der Stadt wohnt, drei Mal im Jahr treffe, bin ich überglücklich. Sprich: Es fehlt oft schlichtweg an Zeit, um all diese Menschen mit der immer gleichen Intensität zu treffen oder den Kontakt zu pflegen. Und ja, bestimmt trifft jede von uns auch aus Lebenssituationen heraus irgendwann die unbewusste Wahl, wer von Dauer – und wer ein Lebensabschittsgefährte ist.

Von denen ich im Übrigen niemanden missen möchte, denn sie alle waren wertvoll in meinem Leben. Selbst, wenn wir uns am Ende wirklich überworfen haben. Meine längste Phasen-Freundschaft dauerte bestimmt zehn Jahre: In unserer Teeniezeit gab es die eine selten ohne die andere. Wir lachten, litten, liebten Seite an Seite, rauchten gemeinsam unsere erste Zigarette, hielten unsere Köpfe über Kloschüsseln. Doch dann trafen wir beide Entscheidungen, die keine der jeweils anderen mehr nachvollziehen konnten.

Wir wollten diese Freundschaft, die sich nach immer anfühlte, nicht gehen lassen.

Und doch schlich sie sich zum Ende unserer Schulzeit aus. Es war die einzige Phasenfreundschaft, um die ich wirklich jemals getrauert habe. Weil sie eben erst in der Rückschau nur eine Phase war. Vorher hatten wir uns immer als gemeinsam ergraute Grannies in unseren Schaukelstühlen gesehen. Jetzt wissen wir zwar noch voneinander – aber das Interesse ist erloschen. Aber wir hatten unsere Zeit – und die war einzigartig. So wie jede andere Phasenfreundschaft auch.

Habt ihr in eurem Leben auch Phasen-Freundschaften gehabt…?

Foto: Shutterstock

Alles Liebe,

Katia