Mit Mitte 40 geht alles irgendwie nicht mehr so schnell. Morgens in Gang kommen. Abends in den Schlaf finden. Überschüssige Pfunde loswerden. Sich von einem Kater erholen. In Laune oder in die Lust zu kommen. Sichtbare Erfolge zu erzielen – mit Sportprogramm, Ernährungsumstellung, Lebenswandel. Sich motivieren, begeistern, einfach loslegen. Und ich frage mich immer häufiger: Gibt es ab Ü40 eine Art Tempolimit des Lebens…?
Ich meine: Nachdem ich in den letzten 20 Jahren mit Lichthupe auf der Überholspur des Lebens unterwegs war, werde ich gerade deutlich ausgebremst. Und zwar von mir selbst. Von meinem Körper, dem ein wenig die Puste ausgeht. Von meinem Geist, der offenbar eine Verschnaufpause braucht. Ist es die Erschöpfung vom intensiven Leben der vergangenen Jahre? Sind es die Wechseljahre, denen ich gerade gern die Schuld an allem gebe, das nicht so läuft, wie ich es gern hätte…? So oder so:
Gerade brauche ich jedenfalls deutlich länger für alles – Themenfindung, Entscheidungsfindung, Selbstfindung.
Brauche zwei Tage, um mich von einem wilden Wochenende mit viel Besuch zu erholen. Und mindestens 200, um mich an neue Routinen zu gewöhnen. Da ist plötzlich eine gewisse Trägheit in mir, die ich vorher nicht kannte. Nicht nur, dass ich dadurch langsamer werde – ich muss mich oft auch deutlich mehr aufraffen. Zum Sport, der mir eigentlich heilig ist, mir aber oft mehr Energie raubt als mich zu pushen. Zum Schreiben, das nicht selbstverständlich und verlässlich fließt, sondern häufig auch mal müde plätschert. Was ziemlich beknackt ist, wenn man gerade ein Buch schreiben will.
Es ist, als hätte ich mal deutlich mehr Ressourcen gehabt als jetzt – und die noch übrig sind muss ich jetzt rationieren, damit alle Bereiche meines Lebens noch ausreichend abgedeckt werden. Ich denke häufiger an eine Anekdote aus meinen 20ern: Beim Joggen traf ich oft die Mutter eines alten Schulfreundes. Meist wechselten wir beim auf-der-Stelle-laufen ein paar kurze Sätze. Irgendwann sagte sie mir: “Du glaubst gar nicht, wie anstrengend dieses Sportding mittlerweile für mich ist – mich aufzuraffen, dranzubleiben – das ist für mich so viel mühsamer als für dich.” Damals hatte ich keinen blassen Schimmer, wovon sie redet. Heute fühle ich das plötzlich sehr. Und zwar nicht nur beim Laufen.
Denn es ist nicht nur mein Körper, der plötzlich gedrosselt wird – auch mein Kopf gibt nicht mehr Vollgas.
Ideen entwickeln, Entscheidungen treffen, Multitasking managen – mein Gedankenmotor gerät auch immer häufiger ins Stottern. Findet keinen Fokus, nimmt dauernd irgendwelche Nebenstrecken, anstatt straight Richtung Ziel zu brettern. Vielleicht sind die Hormone Schuld, vielleicht der Haufen Dinge, die sich bis zu den nahenden Sommerferien immer so anhäufen. Jedenfalls fehlt mir auch da gerade der Drive. (Hier habe ich übrigens schon mal über das Phänomen Brain Fog geschrieben, an das mich dieser Zustand gerade sehr erinnert.)
Dabei bräuchte es diesen Drive immer noch sehr. Ich meine: Schließlich bin ich nach wie vor auf dem Highway unterwegs, der aktuell mein übervolles Leben ist. Da kreuzen sich Teenie- mit Midlife-Themen, Erstklässler-Fragen mit Alte-Eltern-Sorgen, Zukunftsängste mit Alltagsnerv. Es wäre also nicht verkehrt, wenn mein Kopf nicht gerade jetzt im Stau stehen würde, sondern zügig und zielorientiert durch all das durchnavigieren würde. Funktioniert aber einfach nicht. Oder nicht so, wie ich es von mir kenne.
Was hilft? Erstmal nur Akzeptanz. Und runter vom Gas, zwangsläufig.
Auch wenn es ein neues Selbstbild von mir skizziert, das mir noch recht fremd ist: Offenbar kann ich einfach nicht mehr so hochtourig wie noch vor zwei, drei Jahren. Ein Verschleiß verursacht durchs Leben selbst. Die Haut gibt nach, die Muskeln auch und das Mindset gleich mit.
Und vielleicht ist das auch nicht nur Ärgernis, sondern wichtig. Beim Rasen hat man den Tunnelblick. Erst wenn man ein paar Gänge runterschaltet, kann man auch mal entspannter nach rechts und links schauen. Könnte ja sein, dass es gerade Sinn macht, mir ein wenig mehr Zeit zu geben. Um zu entscheiden, ob ich weiter so durchs Leben heizen will. Oder auch eben nicht. Vermutlich muss ich dafür ein paar Dinge raustreichen. Um Raum zu schaffen, den ich offenbar gerade brauche, um nicht dauernd das Gefühl zu haben, abgehängt zu werden.
Wie ist das bei euch: Kennt ihr dieses Tempolimit mit Mitte 40 auch…?
Alles Liebe,
Liebe Katia
nee, nicht unbedingt. Ich war aber noch nie besonders sportlich oder aktiv, hab schon immer viel gegrübelt und brauchte Zeit für mich (auch schon in der Grundschule). Dann stellt sich aber oft ein Modus ein, in dem ich mich frei, gut, energiegeladen und in meiner Mitte fühle. In diesen Modus komme ich in meinen 40ern schneller als je zuvor. Auch das Grübeln ist weniger geworden. Klar Falten kommen hinzu und Kilos auch, aber das auch schon Mitte 30-das nervt, aber ehrlich gesagt war ich früher unzufriedener mit meiner Figur. Gerade könnte ich ständig neue Kleidung kaufen, da ich mehr nach schönen, guten und mit gefallenden Sachen shoppe als nach Mode. Also gar nicht so schlecht die 40er bislang.
Das Foto von dir am Strand sieht übrigens total hübsch aus genau wie das zum letzten Artikel.
Ich hoffe sehr, dass du mit etwas mehr Langsamkeit und Nachsicht langsam in deine Mitte kommst und anfängst ein Buch zu schreiben. Ich würde mich sehr freuen.
Lg aus Frankreich, Mathilda
Hej liebe Mathilda, wie schön, nach unserer kleinen Sommerpause von dir zu hören! Klingt jedenfalls, als wärst du in der Mitte des Lebens sehr in deiner Mitte! Muss ja auch nicht alles doof werden, ist es auch bei mir nicht, aber dass ich gerade nicht mehr so in Gang komme wie früher, ist spürbar und nervig. Aber ist bestimmt auch nur wieder eine Phase. Wo steckst du in Frankreich? Hab jetzt schon Sehnsucht. 😉 Alles liebe, auf bald, Katia
Also ich unterschreibe Deine Worte komplett … so schwerfällig gerade alles und das nervt gewaltig … bin noch auf der Suche nach Lösungen oder Wegen für mich … bin ehrlich gesagt froh dass ich damit nicht alleine bin
Hej liebe Elisabeth, ja, ich auch – also nicht damit allein zu sein. Dachte, ich teile das hier mal, vielleicht kommen wir ja gemeinsam auf Lösungen. Meine aktuelle: Langsamer machen und gut zu mir sein. Und hoffend, dass es besser wird. Alles Liebe, Katia
Ich fühle es so sehr!
Mir fällt es nur schwer, die Dinge, die jetzt anders sind, immer zu akzeptieren. Das frustriert. Ich habe auch das Gefühl, die Zeit, die rennt einfach schneller als ich. Akzeptanz und Mitgefühl für mich selber zu finden und das Leben zu nehmen, wie es kommt, ist eine große Aufgabe für mich. Vielleicht muss ich auch nur mal bewusst auf die Bremse treten. Und mal nach rechts und links schauen. Danke für die Worte.
Liebe Grüße
Aylin
Hej liebe Aylin, ja, das beschreibt es ziemlich gut – die Zeit hängt einen ab. Danke für deine Gedanken und dein Dabeisein, alles Liebe, Katia
Kann ich 100% so unterschreiben, kenne mich langsam selbst nicht mehr
Hej liebe Kerstin, ist seltsam gerade, finde ich auch. Kommt hoffentlich (bestimmt!) auch wieder anders. Alles Liebe, Katia