Kürzlich habe ich von Sex geträumt. Es war schön, kribbelig und aufregend. Was seltsam ist, denn: Im Wachzustand habe ich meist keine Lust auf schönen, kribbeligen und aufregenden Sex. In der Regel habe ich einfach gar keine Lust auf Sex mehr. Warum…? Workload, Wahnsinnsalltag, Wechseljahre. Heißt das, mit Mitte 40 war’s das jetzt mit wildem, triebhaften, na gut: stinknormalem Sex..?!

“Es ist wie ein weiteres To-do auf einer endlosen Liste von Dingen, die ich machen muss”, klagte kürzlich eine Freundin, mit der ich das Thema am Wickel hatte.” Yap, ich fürchte, genau das ist es:

Sex ist zu einer Aufgabe geworden. Zu einem unliebsamen Job, den man auch noch erledigen muss.

Den man prokrastiniert und prokrastiniert, bis man ganz vergessen hat, dass er ja eigentlich mal Spaß gemacht hat. Und jetzt erwischt man sich beim Quiet Quitting, der inneren Kündigung: Sex? Ohne mich! Und es ist ja meist nicht nur der Sex, der sich ausschleicht. Oft hängen daran auch noch andere Zärtlichkeiten: Inniges Knutschen? Kuscheln auf der Couch? Wird meist vermieden, weil: Könnte ja als Sex-Auftakt verstanden werden – und dafür bin ich jetzt echt zu kaputt, Schatz, sorry!

Ich dachte wirklich, wir hätten die Sex-Flaute nach den Kleinkindphase überstanden. Und eine Weile lief es auch wirklich gut – habe ich hier in meiner ersten Kolumne schon mal aufgeschrieben: Wir haben uns damals noch mal ganz anders entdeckt, öde Routinen gecancelt, Neues ausprobiert Aber das High mit Anfang 40 hat sich jetzt mit Mitte 40 scheinbar wieder erledigt.

Die Wechseljahre sind echt der Endgegner in Sachen Lust!

Weil ich oft noch müder bin als zu Säuglingszeiten, noch mehr mit meinem Körper hadere als nach den Schwangerschaften. Und weil ich statt Lust jetzt plötzlich dauernd einfach ziemlich schlechte Laune habe. Alles in allem also ziemlich miese Voraussetzungen, um hemmungslos übereinander herzufallen. Oder auch nur zahmen Missionarssex in Erwägung zu ziehen.

Ja, wir könnten uns natürlich auch zum Sex verabreden. Einen Abend in der Woche für uns als Paar blocken. Aber selbst darauf habe ich keine Lust! Das ist so wahnsinnig künstlich! Das Problem ist, dass ich einfach nicht mehr an Sex denke. Dass Sex in meinem Leben einfach gerade keine Rolle spielt: Ich fühle mich nicht sexy, ich finde andere nicht sexy. Machen einen die Wechseljahre am Ende auch noch asexuell?! Wobei: Irgendwo in tieferen Schichten scheint die Lust auf Sex ja noch verborgen zu sein, wenn ich davon träume. Nur: Wie da wieder rankommen?

Ich weiß einfach gerade nicht, wie ich überhaupt in Stimmung kommen soll.

Wie ich die chronische Erschöpfung überwinden, die 1000 To-do-Punkte in meinem Kopf ignorieren, wie ich mich einlassen soll auf Körper und Berührung. Früher hätte das vielleicht ein gemeinsamer Drink gerichtet, um raus aus dem Kopf und rein in die Lust zu kommen. Aber die Wechseljahre verleiden mir leider auch gerade den Alkohol. Und wenn der Preis für Sex bei einer Flasche Wein am nächsten Morgen der Kater aus der Hölle ist, dann ist das auch nur leidlich attraktiv.

Kürzlich dachte ich auch mal wieder über Pornos nach (lustvolle Pornos für Frauen habe ich hier schon mal für euch aufgeschrieben). Aber wenn Sex so weit weg ist wie gerade für mich, fände ich es fast ein wenig seltsam, so wieder einzusteigen. Was bleibt also…? Die Hoffnung darauf, dass es nur eine weitere Phase ist? Hormone gegen die Lustlosigkeit? Fein damit zu sein, bis ans Ende unserer Tage enthaltsam zu leben…?

Sorry, aber ich möchte mit meinem Sexleben noch nicht abschließen!

Aber aufraffen kann ich mich gerade auch einfach nicht. Eine ältere Freundin tröstete mich kürzlich immerhin: Das würde alles wieder besser werden, wirklich! Wenn die Kinder größer, der Workload kleiner, die Wechseljahre eingependelt wären – dann würde auch die Lust zurückkehren. Vorausgesetzt natürlich, man hat sich als Paar bis dahin nicht völlig aus den Augen verloren.

Weil: Das, was einen von Freunden unterscheidet, ist eben der Sex. Dieses Plus an Nähe, Zärtlichkeit und Verbundenheit. Und ich fürchte, wenn das über Jahre einfach brach liegt, wird es nicht unbedingt einfacher, daran wieder anzuknüpfen.

Wenn wir alle paar Monate dann doch mal Sex haben, gefällt er mir übrigens erstaunlich gut dafür, dass ich vorher immer eher versuche, ihn zu vermeiden.

Keine Frage: Die Anbahnung ist überaus holperig und meist alles andere als sexy. Ein gemeinsames Kommittment, ein seufzendes Aufraffen, das eher lust- als zügellos ist. Aber ab einem gewissen Punkt, wenn der Körper übernimmt und den stetig ratternden Kopf ausschaltet, wenn ich mich nur dem Gefühl überlasse statt meiner Gedanken, die dauernd Störsätze abfeuern – dann verspüre ich doch wieder einen Augenblick Lust.

Keine ausgedehnte Tantra-Sex-Lust, eher der schnelle Quickie-Bock. Aber hej, es ist immerhin Sex. Kein ausgefeilter und kein epischer, kein 10 von 10 Punkten-Sex. Doch er ist gut genug. Und besser ungelenken Anfänger-Sex als nie wieder zweisame Lust. So oder so: Ich glaube, ich bin mit dem Thema gerade nicht allein, oder? Wie läuft es bei euch im Bett?

Foto: Shutterstock

Eure

Lale