Seit Ostermontag ist kiffen legal – zumidest für Menschen ab 18. Aber ganz ehrlich: Welcher Teenager hat sich je daran gehalten, Genussmittel-Gesetze zu respektieren? Also ich zumindest nicht. Da gab es immer jemand Älteren, der den Berentzen Apfelkorn aus dem Supermarkt mitbrachte. Und genügend Altersgenossen, denen es genauso schnuppe war, wie einem selbst, dass man mit 14 eigentlich noch keinen Alkohol trinken durfte. Und warum sollte das jetzt beim Kiffen anders sein…?
Als 18-Jährige hätte mich die Vorstellung, dass Cannabis legal wird, vermutlich ziemlich entzückt. Da hätte ich triumphierend die grün-gelb-rote “Legalize it”-Flagge geschwenkt und wäre direkt in den nächsten Coffeeshop gerannt (den es so auch jetzt nicht geben wird, alle Fakten zum neuen Cannabis-Gesetz findet ihr hier).
Aber jetzt als Mutter von drei Kindern bin ich deutlich weniger entspannt mit Genussmitteln, als ich früher dachte.
Vielleicht, weil ich mittlerweile weiß, dass weder Alkohol noch Kiffen Bagatelle-Drogen sind. Dass ein regelmäßiger Konsum gleich welcher Droge nie komplett folgenlos bleibt. Und sei es nur, dass man sich bereits als Jugendliche an gesellschaftlich akzeptierte High-Substanzen wie Alkohol gewöhnt – und diesen Automatismus erst als Erwachsene hinterfragt (hier habe ich schon mal darüber geschrieben, warum ich seit einem halben Jahr gar keinen Alkohol mehr trinke.)
Gras ist zwar kein Heroin. Und ich würde es auch gar nicht oberbesorgt als Einstiegsdroge auf dem Weg zu Chrystal Meth und Co. bezeichnen. Aber Cannabis ist eben auch kein Brokkoli, wie die vormalige Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig mal sehr treffend gesagt hat. Und ich selbst kenne mehr als einen Menschen, den Kiffen auf Dauer nicht einfach nur entspannt hat. Sondern verdammt viel Energie geraubt – und im Zweifel psychisch ziemlich zugesetzt hat. Was ich auch aus heutiger Sicht nicht ganz unproblematisch finde, wenn man bedenkt, wie viel stärker psychisch belastet Kinder und Jugendliche mittlerweile eh schon sind.
Vielleicht liegt die Kunst vor allem darin, unsere Kinder über die möglichen Kiff-Risiken aufzuklären.
So sie einem denn zuhören. Was im Rausch der Teenie-Rebellion nicht unbedingt selbstverständlich ist. Fakt ist jedenfalls: Natürlich führt nicht jeder Joint direkt in eine Psychose oder zu anderen unerwünschten Folgeerscheinungen. Aber die Möglichkeit besteht eben – selbst jetzt, wo das neue Gesetz die Zusammensetzung des Cannabis kontrolliert und derart das mit anderen Substanzen gestreckte Straßen-Gras bekämpfen will. Wie genau Cannabis auf die Psyche wirkt, ist bis heute nicht gänzlich bekannt. Ich fand diesen Artikel von Krautreporter dazu allerdings sehr erhellend.
Gerade regelmäßiger Konsum ist also mit Vorsicht zu genießen. Denn – sorry – bis zu 50 Gramm Gras pro Monat, das für Erwachsene legal sein soll…? Da muss man ganz schön viel quarzen, um das in 30 Tagen wegzurauchen. Nicht, dass der tägliche Feierabend-Drink besser wäre. Aber kiffen wirkt eben doch deutlich anders als Alkohol: Die Dauerstoned-Kiffer waren früher jedenfalls immer diejenigen, die ihre Couch nur sehr ungern verlassen haben (außer, um den Kühlschrank zu plündern).
Ob ich meinen Kindern kiffen kategorisch verbieten werde? Wohl eher nicht.
Mal abgesehen davon, dass Verbote immer genau zum gegenteiligen Effekt führen. (Und dass meine Kinder mit aktuell elf Jahren und jünger noch nicht akut im Bann neuer Rauschmöglichkeiten stehen.) Aber ich habe den leisen Verdacht, dass das Thema lange vor 18 reizvoll wird. Denn welcher Teen will sich nicht irgendwann ausprobieren – mit Sex, Drugs, Rock’n’Roll? Eben. Das Gehirne bis 25 besser nicht mit THC belastet werden sollen, interessiert leider immer nur die Eltern.
Jedenfalls möchte ich lieber da sein. Möchte lieber, dass sie in meinem Beisein erstmals einen Joint anzünden. Auch wenn ich nicht besonders scharf darauf bin und das lieber später als früher (und am allerliebsten nie) begleiten würde. Aber passieren wird es vermutlich sowieso – und dann doch lieber bei uns zu Hause als irgendwo anders. Da kann ich im Zweifel noch Schnittchen für den Fressflash schmieren. Oder die Haare aus der Stirn halten, wenn der Joint-Dusel im Magen zu sehr Achterbahn fährt…
Wie steht ihr zu der Cannabis-Thematik, wie wollt ihr das handhaben? Macht euch die Legalisierung Sorgen? Ich bin gespannt!
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Alles Liebe,
Liebe Katja, ich sehe das sehr ähnlich wie du, noch sind auch meine Kinder nicht in dem Alter wo das interessant ist, aber es wird kommen! Ich habe allerdings in meinem weiteren Umfeld deutlich mehr Menschen mit 15 in die Dorfkneipe gehen sehen und jedes Mal mit deutlich zu viel Alkohol wieder rauskommen sehen und die sind auch oft in diesem Dunstkreis hängen geblieben. Die Kiffer waren eher die kreativen Freigeister, die trotzdem irgendwann die Kurve bekommen haben und eben nicht hängen geblieben sind! Kiffen hat mir überhaupt nichts gebracht- also hab ich’s gelassen, nach ein paar jugendlichen Tests! Trotzdem die Angst bleibt, das die eigenen Kinder da hängen bleiben und es eben nicht „nur“ beim Gras bleibt! Die erlaubten Mengen finde ich auch ganz schön fragwürdig! Wie immer wird es wohl darauf hinauslaufen, mit den Kinder zu sprechen aufzuklären und hoffen, dass die eigene Erziehung nicht komplett falsch war!
Hej liebe Julia, erstmal: wie schön, dass du hier so regelmäßig mitschreibst und unsere Geschichten weiterdenkst! 🙂 Rückblickend betrachtet kann ich sagen, dass der Exzess gleich mit welcher Droge selten zu guten Langzeit-Ergebnissen geführt hat: Kürzlich traf ich nach jahrzehnten auf ein paar bekannte aus Teenie-Tagen, die damals immer schon so feierten, als ob’s kein Morgen gäb. Heute, mit Mitte 40, waren sie immer noch so drauf – und das fand ich hochgradig seltsam. Insofern glaube ich schon, dass man einen gewissen Grundstein legt mit der Art und Weise, wie man als Jugendlicher mit genussmittlen umgeht. Daher bin ich nicht für ein verbot, sondern für Aufklärung und ein Gefühl fürs Maßhalten. Mal sehen, ob’s klappt, bin froh, dass das noch nicht unmittelbar bevorsteht! Alles Liebe, schönes Wochenende, Katia
Ich persönlich finde Alkohol schlimmer, weil dieser eben krasser wirkt. Viele Jugendliche werden durch Alkohol aggressiv oder willig und im Suff ist alles egal. Ich habe noch nie gehört, dass ein Kiffer jemanden verprügelt oder sexuell belästigt hat. Betrunkene jedoch schon. Ganz davon abgesehen, dass der Konsum als so alltäglich betrachtet und vorgelebt wird. Dazu kommt, dass Alkohol ab 16 legal ist, viele Eltern ihre Minderjährigen sogar trinken lassen, sei es das Sektchen zum Anstoßen oder ein Radler…. da finde ich das erlaubte Kiffen ab 18 weniger problematisch. Und durch die Legalisierung wirs es jetzt vielleicht sogar uncool. Dazu kommt ja, dass Rauchen nicht überall erlaubt ist. Im Gegensatz zum Alkoholkonsum.
Hej liebe Julia, ja, ich sehe Alkohol mittlerweile auch deutlich problematischer als früher. Vor allem den Fakt, dass er überall verfügbar und gesellschaftlich eben nicht geächtet ist, im Gegenteil. Auch hier sollte deutlich mehr für die Prävention getan werden Danke für dein dabeisein, alles Liebe, Katia
“Cannabis ist eben auch kein Brokkoli” ist mein Lieblingssatz in dieser ganzen Diskussion um die Legalisierung, liebe Katia! Und Danke auch für die Erinnerung an die Dauerstoned-Kiffer von damals, hahaa! Jaaa! So war das… Verbieten will ich auch nix. Ob sie nun saufen oder kiffen… Beides am liebsten erst ab 25!! Und dann will ich gerne auch dabei sein! 😂
Hej liebe Maike, ist auch mein allerliebster Satz – musste sehr lachen, als ich ihn kürzlich las. 😉 Danke dir für dein liebes Feedback, denn obwohl es gefühlt noch in weiterer Ferne ist, treibt einen der Gedanke an Genussmittel und die eigenen Kinder ja schon irgendwann um. Ich finde, dass wir den Kindern vor allem ein gewisses Maßhalten beibringen müssen – sei es nun mit Alkohol oder mit Gras. Das wird die Kunst… Alles Liebe, schönes Wochenende, Katia
Ach naja, was heißt schon verbieten? Möchte ich das mein Sohn (13) E Scooter fährt oder Zigaretten probiert? Natürlich nicht. Kann ich es verhindern, sobald er unterwegs ist? Nein.
Ich bin mir dessen bewusst und hoffe, dass er alle mitbekommen hat, um gute Entscheidungen zu treffen. Es geht nicht darum, immer das Richtige zu tun, solange man weiß, was eigentlich das Richtige ist. Mein Mann und ich haben auch ziemlich über den Durst getrunken als Teenies und auch mal gekifft, trotzdem sind wir solide Erwachsene ohne Suchtprobleme geworden, obwohl wir auch durchaus Potential gehabt hätten, weil wir auch nicht immer stabil und glücklich waren.
Hej liebe Lisa, liebe den Satz “Es geht nicht darum, immer das Richtige zu tun, solange man weiß, was das Richtige ist.” Finde ich sehr treffend. Das meine ich damit, die Kinder über die Risiken aufzuklären – von Alkohol und Gras – und dann zu hoffen, dass sie sich im Ausprobieren nicht verlieren. Danke für deine spannenden Gedanken, alles Liebe, Katia