Manche Dinge ändern sich vermutlich nie: Als ich nach dem Termin mit meiner Frisörin nach Hause kam, musste ich erstmal ausgiebig weinen. Weil ich mich im Spiegel so ungewohnt fand, weil ich so unsicher war, ob die Veränderung wirklich eine zum Besseren war. Ob mir der frisch geschnittene Pony auch wirklich stand – und keine spontane Schnapsidee war. Dass der Mann auf meine Frage “Und – wie findest du meinen neuen Look?” erst sehr lange nichts sagte und dann “Hmmm, ich muss mich wohl erstmal dran gewöhnen”, machte es nicht unbedingt besser.


Frauen und Frisuren sind definitiv ein Thema für sich.

Da können wir uns noch so sehr eine Veränderung wünschen, der Fantasie hingeben, dass eine neue Frisur ein neues Leben bedeutet, eines, das schöner und besser ist, so wie wir dann auch, wenn wir nur die Haare ganz anderes tragen als zuvor. So einfach ist es dann meist doch nicht, im Gegenteil. Weil wir nach dem Cut dann doch nicht so lässig wie die Inspiration auf Insta aussehen, sondern eher wie durch einen Ugly-Filter gedreht. Weil sich der Spiegel doch nicht in uns verliebt und wir uns in unseren neuen Anblick schon gar nicht, weil er so – ANDERS ist. Selbst, wenn es genau das war, was wir eigentlich wollten. Aber doch nicht so…

Ich weiß noch genau daran, dass ich nach dem Wechsel aufs Gymnasium damals unbedingt meine langweilige Langhaar-Ponyfrisur loswerden wollte. Affenschaukeln und Pferdeschwanz – dafür war ich nun echt zu alt! Und so stapfte ich wild entschlossen zu unserem Kleinstadtfrisör und hielt nur Sekunden später meinen lang gehegten weißblonden Zopf in der Hand – “zur Erinnerung”, wie die Frisörin sagte. Meine Unterlippe fing bereits da an zu zittern. Und es wurde nicht besser:

Am Ende hatte sie mir eine 1-A-Steffi-Graf-Gedächtnis-Frisur verpasst, einen Vokuhila par exellence – und ich brach bereits auf dem Frisörstuhl in Tränen aus.

Es waren eben die 80er, was hatte ich also erwartet…? Definitiv etwas Anderes! Es war jedenfalls ein einschneidendes Erlebnis: Es war das erste Mal, dass mein Äußeres und mein Inneres irgendwie nicht mehr zusammenpassten. Ja, ich war eine andere geworden, aber eine, die ich nicht sein wollte. Noch wochenlang bekam ich bei jedem Blick in den Spiegel einen gehörigen Schrecken: Dieses Mädchen mit der stufigen Dauerwelle – war das wirklich ich?! Dann doch lieber wieder Pippi-Zöpfe – das war zwar auch nicht cool, aber immerhin vertraut.

Monate später entschloss ich mich zu einem radikalen Schnitt: Ich ließ mir die Haare raspelkurz schneiden. Irgendwie kam ich besser damit klar, eine Weile für einen Jungen gehalten zu werden, als diese Frisur des Grauens noch weiter spazieren zu tragen. Ich wurde für meinen Mut belohnt: Als die Haare nachwuchsen bekam ich plötzlich wilde Korkenzieher-Locken – und mein Innen und Außen stimmten endlich wieder überein.

Haare sind nicht einfach nur ein Teil unseres Körpers – sie sind Teil unserer Persönlichkeit.

Fester Bestandteil unser Bildes nach außen. Nicht einfach Haare, sondern ein Statement. An Bad-Hair-Days auch gern ein Ärgernis. Aber nie ohne Bedeutung für uns und unser Wohlbefinden. Was mich zu meiner neuen Ponyfrisur zurückführt. Die zwar ein ziemlich spontaner Entschluss war, zugegeben. Aber aus dem Gefühl heraus, dass die ewig gleichen Haare in der immer gleichen Länge und mit der überschaubaren Anzahl an Frisuren, die ich daraus zusammentüdel, mich nicht mehr restlos zufrieden macht.

Ich wollte beim Blick in den Spiegel endlich mal wieder überrascht werden. Und weil mir die Zeit und die Geduld für ausgeklügelte Langhaar-Frisuren nach Youtube-Tutorials fehlt, sollte es eine unkomplizierte Alltagsfrisur mit (moderatem) neuem Style sein. Aber auch nicht mit zu vielen bösen Überraschungs-Optionen, Steffi Graf, ihr wisst schon.

Als ich mit den Kindern kürzlich beim Frisör war und  meine Tochter sich einen Pony wünschte, wusste ich plötzlich: Das ist es!

Nein, ich hab’ diesmal nicht schon beim Friseur geheult. Obwohl es – wieder mal – ganz anders war, als ich es mir vorgestellt hatte. Weniger üppig, füllig, cool als ich gehofft hatte. Ich fand mich auf den ersten Blick irgendwie – fusselig. Immerhin auch ein wenig jünger, was mit Mitte 40 definitiv positiver zu bewerten ist als noch mit zehn, als ich zuletzt Pony trug.

Diesmal brauchte ich glücklicherweise nur eine Nacht, um darüber zu schlafen und ein erstes eigenes Styling am nächsten Morgen, um mich mit meinem neuen Look zu versöhnen. Mehr noch: Um mich doch richtig cool zu finden. Weil ich mich auf den zweiten Blick dann doch genau richtig fand, anders, aber nicht zu sehr, besonderer, ohne angestrengt zu wirken. Ein perfektes Innen-Außen-Match. Und der Mann? Hat sich mittlerweile auch dran gewöhnt. “Sieht gut aus”, sagte er kürzlich unvermittelt nach einem ausgiebigen Seitenblick auf mich und meinen Pony. Geht doch!

Was sind eure schönschlimmsten Friseur-Erinnerungen und – Erlebnisse…?

Alles Liebe, macht euch hübsch!

Katia