Wenn früher die Hose kniff, habe ich abends einfach mal nichts gegessen. Dann ging es wieder. Heute achte ich wirklich sehr auf meine Ernährung. Aber seit ich 40 bin, gehe ich gefühlt trotzdem immer weiter auseinander…

Lebe lieber ausgehungert?

Ich habe einen ganz normalen Körper, ich weiß. Ich mag ihn und ich bin ihm täglich dankbar für das, was er für mich getan hat und tut. Trotzdem habe ich in meinem Kopf immer noch meinen noch zarteren Körper von früher – und ja, ich hätte den auch gern im Spiegel noch. Zumindest ein bisschen.

Ich war leider nie eine, die essen konnte was sie wollte und trotzdem schlank blieb. Ich musste schon immer aufpassen. Seit ich aber 40 bin, muss ich wirklich sehr darauf achten, was ich esse, wenn ich nicht zunehmen will. Mein ziemlich strenger Plan seit einigen Jahren: Ich esse wochentags möglichst gesund und wenig Kohlenhydrate. Morgens Obst mit Skyr, Ahornsirup und ein paar Kerne. Eine Tasse Kaffee mit ein wenig Milchschaum gönne ich mir. Mittags Salat und Fisch, oder ein paar Nudeln, viel Gemüse, mal ein Stück Fleisch. Abends esse ich in der Woche meist nichts. Klingt nicht nach besonders viel Spaß.

Manchmal finde ich meine Art zu essen blöd. Besonders, weil ich unsere gemeinsamen Abendessen liebe. Es ist unser Treffpunkt am Tag, unser Lagerfeuer zum Wärmen. Gemeinsam essen ist gemütlich und verbindet. Was mache ich also, wenn ich nicht esse? Ich trinke was, ich schneide den kleinen Kindern ihr Essen, ich erzähle viel und höre noch besser zu. Meine Kinder haben ab und zu mal gefragt, warum ich öfter mal nichts esse. Inzwischen haben sie sich daran gewöhnt.

Eigentlich mag ich ihnen nicht die hungernde Frau vormachen.

Ist die nicht auch noch total unfeministisch? Ich merke allerdings auch, wie gut mir dieses Dinnercancelling tut. Ich fühle mich unter der Woche fitter, kann besser schlafen, habe ein gutes Körpergefühl und kann dadurch tatsächlich mein Gewicht halten. Ich habe an den allermeisten Abenden auch wirklich keinen Hunger, es fällt mir meist nicht besonders schwer. Und wenn ich ganz großen habe, dann mache ich eine Ausnahme. Auch wenn die Jungs kochen oder ich ausnahmsweise mal verabredet bin.

An den Wochenenden esse ich übrigens, worauf ich Lust habe und schlemme. Ich freue mich seither doppelt und dreifach auf die Wochenenden. Und auf die Ferien. Das gemeinsame Essen ist mir dann ein echtes Fest. Das Essen an sich. Soweit so gut. Ich habe mein System gefunden, oder?

Seit neustem habe ich das Gefühl, dass mein Weg bald vielleicht nicht mehr ausreicht, damit ich nicht zunehme.

Der Gedanke stresst mich. Demnächst dann also keine Ausnahmen mehr? Immer bloß verzichten? Schauen wir doch mal rüber zu den Experten. Ist meine Art der Ernährung überhaupt gesund? Oder ist sie gar der Beginn einer Essstörung?

Fakt ist: “Der Grundumsatz sinkt mit den Lebensjahren tatsächlich aufgrund des altersbedingten Verlusts von Muskelmasse”, erklärt Professor Dr. Andreas Pfeiffer von der Charitè Berlin, “der Stoffwechsel wird langsamer.” Wird die tägliche Kalorienzufuhr nicht dem niedrigeren Bedarf angepasst wird, kommt es zwangsläufig zu einer Steigerung des Körpergewichts.  (Quelle: Apotheken Umschau.) Es ist also nicht bloß mein Gefühl, sondern eine Tatsache.

Pfeffer empfiehlt: Eine ausgewogene Ernährung, vor allem auch mit ausreichend Protein.  Das steckt zum Beispiel in Fisch, Fleisch, Bohnen, Erbsen, Linsen Milchprodukte und Samen. Damit man sein Gewicht hält, zählt aber am Ende des Tages die Energiebilanz. Und ich bin leider ein ganz schlechter Einstückesser. Ich esse lieber gar keine Schokolade, als einen Haps. Verzichte lieber tagelang total – und esse dann eine ganze Tafel.

Der Berliner Ernährungsmediziner empfiehlt sogar die regelmäßige Gewichtskontrolle zweimal pro Woche. Lege man zu, solle man gut machbare Maßnahme in petto haben, um das Extragewicht schnell wieder loszuwerden. Zum Beispiel: eine Mahlzeit am Tag auslassen oder zusätzlich Sport treiben.

Ist meine Art zu essen also gar nicht so kasteiig, wie ich dachte? Gar nicht so speziell, dass ich mich hier lange nicht getraut habe, darüber zu schreiben…

Derzeit bin ich noch im Reinen mit mir. Ich habe mein Gewicht im Griff, obwohl es wirklich jedes Jahr härter wird, die Weihnachtskilos wieder los zu werden. Aber ich liebe es, wenn meine Lieblingsjeans passt. Und ich genieße es sogar, unter der Woche ohne Völlegefühl unter die Bettdecke zu schlüpfen. Nur selten träume ich von Pasta an jedem einzelnen Abend und davon, wie schön und entspannt das wäre. Dann aber freue ich mich umso mehr auf meine Festmahle an den Freitagen, Samstagen und Sonntagen. Und auf die Ferien, in denen ich einfach so esse, wie ich Lust habe. Und die sich allein deshalb besonders anfühlen.

Was aber, wenn mein Plan bald nicht mehr aufgeht, weil mein Kalorienbedarf immer weiter sinkt? Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, auch am Wochenende so streng mit mir zu sein. Dafür lebe, esse und genieße ich zu gern. Verzichte ich dann für Spaß auf meine Lieblingsjeans? Oder nehme ich ein paar Extrakilos in Kauf? Laufe ich dann noch öfter? Oder lasse ich es laufen? Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht.

Sagt doch mal, achtet ihr im Alltag auf Kalorien? Und wie esst ihr so?

Foto: Louisa Schlepper

Claudi