Gut, als Kind mochte ich Puppentheater. Zumindest mein eigenes, so eines, das man zwischen die Tür hängt und wo sich Kaspar und Krokodil gegenseitig auf die Rübe hauen. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich das sogar ziemlich oft gespielt. Und meine Eltern dazu genötigt, sich dauernd und immerzu dieses Handpuppen-Drama anzuschauen. “Die Armen!”, denke ich heute. Weil ich als Mutter nicht nur dieses Gekasper in den heimischen Wänden schwer erträglich finde – sondern vor allem die Puppentheater, die gern auf öden Plätzen an Ausfallstraßen Kaspar-und-Gretel-Dramen geben…

Nichts daran holt mich ab: Nicht die Locations, nicht die zugigen Zelte – und die Handlung schon gar nicht. Noch schlimmer: Das Nachstellen von beliebten Kindergeschichten. Ich meine: Wer “Jim Knopf” liebt, will doch nicht diesen klobigen Klonen mit oft seltsamen Stimmen sehen. Oder?

Natürlich lieben meine Kinder Puppentheater. Ungefähr so sehr, wie ich es unausstehlich finde.

Und ich sag’ das nicht nur so: Die Male, die ich mich doch dazu breitschlagen ließ, habe ich mich vor Widerwillen und Fremdscham auf den unbequemen Bänken gewunden. Ich meine: Der oberschlaue Kaspar, die tutige Gretel und ihre begriffsstutzige Oma – das sind doch keine Sympathieträger! Die nerven doch nur!

Fanden meine (kleinen) Kinder natürlich nie. Sie lieben es, vor der roh gezimmerten Bühne im vielstimmigen Chor auf die zwingende Frage “Seid ihr alle da…?” ohrenbetäubend laut “Jaaaaa!” zu brüllen. Und mit vor Aufregung glänzenden Augen den irgendwie zahnlosen Kaspar vor möglichen Gefahren zu warnen. Das Beste, was ich über Puppentheater sagen kann, ist der obligatorische Popcorn-Stand. Frust-Futtern gegen die die Kasperisierung meiner Kinder.

Wenn ich weiß, dass irgendwo wieder ein Puppentheater-Zelt rumsteht, nehme ich freiwillig lange Umwege in Kauf, um nicht daran vorbeizufahren.

Um nicht in die Verlegenheit zu kommen, meine Kinder unbestimmt zu vertrösten “Jaaa, schauen wir mal, gerade haben wir schon so viel vor…” Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, jage ich meinen Mann oder irgendwelche anderen Verwandten mit den Kindern los. Ich habe auch mit ihnen Mitleid, aber nicht so viel wie mit mir.

Keine Ahnung, wo meine Abneigung genau herkommt. Ich fand als Kind schon die Augsburger Puppenkiste schrecklich. Weil ich die Puppen potthässlich und irgendwie sogar gruselig fand. So – hölzern, leblos, lieblos. Dabei habe ich nicht generell etwas gegen Puppen. Große, flauschige, lustige Puppen im Sesamstraßen-Style – da bin ich sofort dabei! Samson, Tiffy und Herrn von Bödefeld habe ich alle damals in mein kleines Kinderherz geschlossen. Genauso Elvis, Spencer und Glakatika von Andromeda.

Vielleicht ist einfach die Art und Weise, wie beim klassischen Puppentheater Geschichten erzählt werden.

Vielleicht hadere ich nicht nur mit der Optik der Figuren, sondern auch mit ihren Charakteren. Mit den Geschichten für die Kleinsten, die vielleicht unbedarfter, dennoch sicher nicht doof sind. Im Puppentheater ist alles häufig schwarz/weiß, gut/schlecht, richtig/falsch. Ist dieses Paw-Patrol-Phänomen, dass ähnlich quält.

Denn wer die Geschichten von Astrid Lindgren, Kisten Boie, Paul Maar kennt, der weiß, dass man auch jüngeren Kindern durchaus einige Stufen von Grau zumuten kann. Dass auch die Jüngsten schon Zwischentöne verstehen. Und nicht nur die Knüppel-auf-den-Kopf-Rhetorik in Kasperhausen.

Jetzt mit der nahenden Adventszeit wird das Thema wieder präsenter.

Die fiesesten Vorboten der Weihnachtszeit: Punsch, Pieselwetter und Puppentheater. Ich habe aber einen Plan B. Weihnachtsmärchen-Überdosis! So viele Theaterstücke, wie sich organisieren lassen, um die Kinder kulturell neu zu prägen. Natürlich puppenfrei. Bald sind die Kinder eh zu alt dafür . Und nein, auch als Oma werde ich mit meinen Enkeln garantiert kein Puppentheater besuchen!

Teilt noch jemand meine Abneigung? Oder bin ich einfach seltsam…?

Alles Liebe,

Katia