Mein großer Sohn ist kein großer Redner. Wenn ich ihn frage, wie es ihm geht, sagt er meist “Gut” – und das reicht ihm als Antwort und Unterhaltung gleichermaßen. Allerdings frage ich mich in letzter Zeit häufiger, ob uns das auch auf Dauer reicht, wenn die Pubertät bald so richtig kickt. Und aus dem eh schon knappen “gut” vermutlich eher ein undefinierbarer Grunzlaut wird. Wie also kann ich mit ihm in Kontakt bleiben, wenn er sein Herz nicht auf der Zunge trägt? Die allerbeste Lösung kam mir dazu in unserem Sommerurlaub…
Wir neigen dazu, mit unserem halben Hausstand zu verreisen. Wer einen Van hat, knallt den Kofferraum mit allem voll, was im Familienurlaub Beschäftigung für die Kinder und ergo Erholung für die Eltern verspricht: Bälle und Tischtennis-Schläger, Roller, Skates, Schwimmtiere, Springseile, Boogieboards – und das brandneue Stand-Up Board, das mein 12-Jähriger just zum Geburtstag bekommen hatte. Die zugrundeliegende Idee ist natürlich eigentlich immer: Die Kinder beschäftigen sich mit dem Stuff – und die Eltern machen sich auf der Liege lang.
Aber weil ich mir schon letztes Jahr vorgenommen hatte, endlich auch mal auf’s SUP zu steigen, wurde daraus spontan eine Mama-Sohn-Aktion. Mit Folgen.
An einem trägen Ferienvormittag fragte ich meinen Großen also: “Zeigst du mir, wie man SUPt…?” Und weil mein Sohn meist richtig gern Dinge mit uns Eltern unternimmt, viel lieber übrigens, als lang und breit über irgendwelche Dinge wie Gefühle oder Befindlichkeiten zu sprechen, sprang er sofort auf und sagte “Na klar!”.
Vielleicht muss man dazu sagen, dass er es vor allem liebt, mit uns allein Dinge zu unternehmen, ohne seine jüngeren Geschwister. Wie auch ich es immer wieder schön finde, nur mit einem Kind allein zu sein, ohne den Kampf um Aufmerksamkeit, der unsere Fünfer-Konstellation ja häufig bedeutet. Sich ganz auf ein Kind einlassen zu können, sein Tempo, seine Themen, sein Temperament.
Mein Sohn und ich hatten eine richtig schöne Zeit zusammen auf dem Wasser, waren uns ohne viele Worte ganz nah.
Vielleicht, weil es so eine spürbar neue Rollenverteilung war: Er als mein Lehrer, der mir geduldig alle nötigen Handgriffe zeigt. Und dann wir als Team auf einem SUP, wie wir einen gemeinsamen Rhythmus fanden und dann einfach in schweigendem Einvernehmen aus dem Uferschilf in die Mitte des Sees paddelten. Wie wir uns hin und wieder auf Dinge aufmerksam machten – “Schau mal der Reiher auf der Fischerhütte da sieht aus wie gemalt.”
Irgendwann sprangen wir vom SUP ins Wasser, schwammen eine Weile nebeneinanderher, ganz vertieft in diesen besonderen Moment zu zweit. “Das ist so schön”, sagte ich irgendwann und er erwiderte “Ja – wollen wir wir das morgen wieder machen…?”
Vielleicht geht es gar nicht immer ums Reden, obwohl ich das immer am naheliegendsten finde – sich über die eigenen Gefühle auszutauschen.
Gerade scheint es mir viel einfacher, eine Nähe aus zusammen verbrachter Zeit zu erzeugen. Aus gemeinsamen schönen Erlebnissen, die nur wir teilen und die nicht kollektives Gedächtnis unserer Familie sind, sondern unsere ganz individuelle Erfahrung. Und dass durch diese Nähe dann auch ein Austausch möglich ist, der sich einfach so nebenbei ergibt.
Irgendwann auf dem See erzählte mir mein Sohn Dinge, nach denen ich gar nicht gefragt hatte. Und dann sprachen wir einen Moment – um danach wieder zu schweigen, ohne dass es komisch gewesen wäre. Ich glaube, man öffnet durch so ein gemeinsames Erlebnis einen Raum, der im Alltag oft verschlossen bleibt. Weil immer etwas ist, weil immer jemand dazwischen grätscht. Aber allein auf dem Wasser, in der Stille des Sees weit weg vom Ufer, ist Platz genug für mehr als ein “gut”.
Mein Sohn und ich waren im Urlaub dann fast jeden Morgen gemeinsam auf dem See.
Es war meist gar nicht besonders lange, mal eine halbe Stunde, mal eine ganze. Wir haben eine Krabbe gerettet und sind in einen Algenteppich gefallen. Wir haben Möwen beobachtet, Fischschwärme gesehen, sind mit und gegen die Strömung gepaddelt. Wir haben manchmal gesprochen und manchmal nicht, aber wir haben uns jedes einzelne Mal versichert, wie schön es ist, diese zweisame Zeit auf dem Board. Und haben uns vorgenommen, das auch im Alltag zu machen. Schließlich ist auch zu Hause der See nicht weit.
Ich hoffe, den Beziehungsbooster entdeckt zu haben, der auch hält, wenn mein Großer sich richtig im Teenie-Dasein eingerichtet hat. Dass wir etwas haben – sei es SUPen im Sommer oder schwimmen im Winter – das uns verbindet, weil es etwas ist, das wir beide mögen. Also wirklich mögen, und nicht nur dem anderen zuliebe machen. Dass uns etwas verbindet, weil unsere beiden Herzen daran hängen – an der Sache an sich und an uns, die wir das teilen.
Ich bin ganz zuversichtlich, dass ich in solchen gemeinsamen Momenten mehr als ein “gut” höre. Weil ich vielleicht gar nicht fragen muss, sondern er es mir einfach erzählt. Und wenn nicht, dass wir dadurch dennoch eine feste Bindung haben, die uns durch die nächsten Jahre trägt.
Wie bleibt ihr mit euren Teenie-Kindern in gutem Kontakt?
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Alles Liebe,
„Wollen wir das morgen wieder machen?“ ❤️
Das ging wirklich ans Herz! 🙂 Danke für dein Dabeisein! Auf ganz bald, wie schön, alles Liebe, Katia
Wie wunderbar, eure Erlebnisse zu lesen! Wir haben uns dieses Jahr auch so ein Board gekauft und es war bei uns so ein besonderes Familiending, weil es für alle neu war und auch die Kinder die Eltern mal wieder bei etwas beobachten konnten, was die erst lernen müssen 😊. Das kommt ja oft zu kurz finde ich 😉
Und dann hat es unsere beiden großen Kinder so richtig schön zu zweit zusammengebracht, die gerade ansonsten hobbymäßig ganz weit auseinander sind. Das hat mein Herz sehr gefreut, sie da so selig miteinander zu beobachten!
Ein Hoch auf Aktionen, die die Familie verbinden! 🎉
Hej liebe Kathrin, ha – SUPs sind einfach der Teen-Hit 😉 (und auch für alle anderen Familienmitglieder toll!). Ich empfinde es als richtig schöne Gemeinschaftsaktion – und freu mich schon auf kommenden Sommer (und hoffe, dass es dann noch aktuell ist 😉 Alles Liebe, Katia
So schön beschrieben … das könnte meiner sein und es gibt mir Hoffnung – Danke dafür!
Hej liebe Caro, ich danke dir! 🙂 Ja, es ist mitunter eine kleine Herausforderung mit den mundfaulen Teenies. Aber ich glaube, wir haben einen gangbaren Weg entdeckt 😉 Alles Liebe, schön, dass du hier bist! Katia
Hallo Katia!
Die sehr eingeschränkte Kommunikation kenne ich auch zur Genüge und der Klassiker “Wie war es heute in der Schule” wird mit “gut” beantwortet. Wenn ich dann nachfrage, ob es etwas genauer/mehr geht, kommt ein “sehr gut… das sind 100% mehr”. Zugegeben, er hat eine 1 in Mathe 😉
Aber mir erging es vor einem Jahr wie Dir: ich habe eine Gemeinsamkeit entdeckt und neu belebt: ich gehe mit meinem Sohn zusammen in das Stadion, das ich 1980 zum ersten Mal mit meiner Mutter besuchte. Wir sind zwar Fans von unterschiedlichen Bundesliga-Vereinen und da leidet manchmal die Harmonie, aber wir fahren zusammen 300 km hin, essen da traditionell Pommes und freuen uns auf das Spiel und genießen die für uns andere Atmosphäre als vorm Fernseher.
Und Du hast es wie immer so schön beschrieben:
“Dass uns etwas verbindet, weil unsere beiden Herzen daran hängen – an der Sache an sich und an uns, die wir das teilen. ”
Danke für den Text und liebe Grüße
Andrea
Hej liebe Andrea, oh, was für ein Liebsbeweis! 🙂 Das klingt ganz schön, auch wenn ich überhaupt kein Fussball-Fan bin – aber solche Aktionen einen so sehr. Bei uns geht übrigens auch immer zu zweit einen Happen essen gehen (auch Pommes zählen als vollwertiger Lunch 😉 Alles Liebe, genießen wir die Zeit mit unseren großen Kindern! Alles Liebe, Katia
Liebe Katja,
Danke für deine privaten Erzählungen. Das klingt toll! Und vielleicht müssen wir das mit dem SUP doch mal ausprobieren..Es reizt mich schon seit einer Weile. Ich genieße mit meiner Großen auch gerade immer wieder Momente in denen wir zu zweit sind, meistens sind das kurze Autofahrten zu ihrem Hobby. Aber ich freue mich dann immer wenn sie mir was erzählt, oder mir ein Lied vorspielt, was gerade alle hören. Nächsten Frühling gehen wir zusammen auf ein Billie Eilish Konzert darauf freuen wir uns beide schon riesig.
Ganz liebe Grüße
Dani
Hej liebe Dani, kann ich nur empfehlen… 😉 Ich liebe auch immer diese Momente, die so unerwartet um die Ecke kommen und dann so schön sind. Und das mit dem Konzert klingt großartig! Viel Spaß, alles Liebe, Katia
Liebe Katja,
Gespräche mit Teenagern… wirklich schwierig , weil das mit ihnen täglich son Wundertütending ist : man weiß nie was man bekommt 😉
Was bei uns oft gut klappt : nicht direkt fragen „wie gehts oder wie war dein Tag“ , sondern einfach nur von sich erzählen. Was am eigenen Tag so los war. Danach steigt mein Sohn jedenfalls fast immer ein und erzählt auch von sich !
Liebe Grüße 🍁😊
Hej liebe Lu, ja, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Aber ist auch kein Garant. 😉 Einfach dranbleiben! Und wie gesagt: Mann muss auch gar nicht immer reden… 🙂 Alles Liebe, Katia
Oh ja, das SUP ist hier auch so beliebt, dass ich uns dieses Jahr ein 2. gekauft habe! Meine beiden Kinder haben es schon in jüngeren Jahren für sich entdeckt und lieben es zum Glück heute noch mit mir darauf über den Kanal oder auf einem unserer Seen vor der Haustür zu fahren. Ich hatte auch tolle Nachmittage mit meiner Tochter (11) und mit beiden (der Sohn ist 13). Allerdings paddelte ich auch einmal hilflos mitten im See rum, als die zwei mein Bord enterten, mich runter schmissen und in Windeseile davon paddelten (wir sind aber alle sehr gute Schwimmer, wir waren jahrelang im gleichen Verein). Das hat die zwei so richtig übermütig verbunden, beide Attacke gegen Mama! Dafür mussten sie mich dann zum Auto zurück paddeln, weil ich nur noch erschöpft auf dem Bord liegen konnte! Übrigens baut die Teile immer unbedingt ab und auf für den Transport, ich habe ganz schön Lehrgeld bezahlt, als ich es aufgeblasen in unseren Kombi gesteckt habe und damit die Windschutzscheibe zerdrückt habe! Ich freue mich beim Schreiben der Zeilen schon auf den nächsten Sommer und hoffe weiterhin auf schöne Nachmittage auf dem See gemeinsam mit den SUPs und meinen Kindern!
Hej liebe Kathrin, ich freu mich einfach so, dass wir etwas entdeckt haben – okay, die Kinder schon ein Weilchen vor mir 😉 – das uns allen gefällt. ich bin ja keine Fußball-Mom, von daher fällt ein großer Interessenberich meines Großen für mich schon weg – aber Wasser und alle, was man darin oder darauf so machen kann – das eint uns! Danke für deine Geschichte, alles Liebe, Katia