Schweißperlen in Murmelgroße auf meiner Stirn: Ich bewundere sie schmunzelnd im Spiegel. Ich habe in meinem Leben noch nie so geschwitzt. Ansonsten ist es super, dreieinhalb Wochen mit meinen Männern zu reisen. Das ist es nämlich mehr als Urlaub. Unser Sommerferientrip ist eine Reise durch Sardinien – und durch uns. Fünf Dinge, die mir dabei durch den Kopf gehen…
1. Sie sind so groß geworden unsere Kinder. Auf dieser Reise wird mir das so richtig bewusst. Ich finde es und sie so spannend, ich lerne so viel von ihnen, ich jauchze, ich lache, ich verzweifele, ich drehe durch.
Manchmal sehne ich mich zurück zu der Zeit, in der sie mit Sand und einer Schaufel zufrieden waren und immer wieder mal unter dem Sonnenschirm geschlafen haben. Als ich sie einfach dahintragen konnte, wo ich sie hinhaben wollte. Im Nachhinein war das gar nicht so anstrengend, wie ich damals dachte.
Hinter kleinen Kindern rennt man gefühlt immer her. Bei großen Kindern kommen die Gedanken nicht hinterher.
Mein Herzschlag und mein Adrenalin fahren ständig in den hundertzwanzigsten Stock. Und dann sitzen wir wieder zusammen, stoßen an, reden, streiten, lachen und ich liebe es. Noch mehr, als ich einmal verzweifelt jammere: „All die anderen Familien streiten viel weniger als wir.“ Ich stelle kurz alles in Frage: Mich, uns, unsere Erziehung. Mein großer Sohn legt den Arm um mich, wie er es in letzter Zeit häufiger tut, und sanft sagt: „Aber doch bloß äußerlich, Mama.“
2. Es gibt Wörter, die vermehren sich so rasant wie Fruchtfliegen auf der einen vergessenen, überreifen Aprikose. „Nice“ war so eins. Das hab ich das erste Mal von den Mitarbeitern des Filmteams gehört, die bei uns im Haus einen Nutellaspot drehten. Dann war es plötzlich überall. Zumindest flog es mir aus allen Mündern zwischen 20 und 29 entgegen, bevorzugt aus der Film- und Werbebranche.
Ein Wort, das sich noch rasanter ausbreitet, und das völlig altersunabhängig, ist das nervige „tatsächlich“. Auch ich sage es wie automatisiert ständig und muss aufpassen, dass ich es wenigstens rechtzeitig aus meinen Texten redigiere. Hab schon überlegt, ob mich die Pandemie zum (kleinen) Schummeln verleitet hat, ob ich seitdem immer klarstellen muss, dass ich etwas tatsächlich so meine. Vielleicht habe ich es mir auch nur bei anderen abgehört und angewöhnt. Vielleicht nutze ich es wie ein Codewort meiner Bubble? Dabei ist es ein Füllwort, sagt nichts aus, ist überflüssig wie ein unterirdischer Pickel.
Jeder Journalist lernt im ersten Jahr: Weg damit, weil das jeden Text besser, klarer macht.
Trotzdem spannend, das manche Wörter es schaffen, sich plötzlich so rasant auszubreiten. Und interessant, darüber nachzudenken, was das über unsere Gesellschaft aussagt. Ich bin nicht die einzige, der das aufgefallen ist, wie dieser Artikel in der Süddeutschen beweist. (Leider Paywall).
3. Hier zeige ich euch das Rezept für meine Bolo alsReel, laut meiner (kritischen!) Jungs besser als die in den italienischen Restaurants hier. Amore! Folgst du uns schon auf Instagram?
4. Apropos: Das Papier für mein neues Kochbuch, mein Reisekochbuch, wird Stand heute Ende September geliefert. Bitte drückt uns, den finnischen Papierproduzenten, den Coronaviren, dem Wetter, den Frachtern, den Nerven unserer Eltern und unserer Bank sowie allen anderen die Daumen, dass es auch wirklich kommt. Vielleicht kann ich dann auch endlich wieder schlafen. (Ups. Wirtschaftskrise wirkt wie Wechseljahre).
5. Ich klappe jetzt das Laptop und meine Lider zu uns genieße unseren Pool in unser Ferienwohnungsanlage. So lustig, wie sich Vorlieben je nach Situation und Alter der Kinder ändern. Vor ein paar Jahren hätte ich über so eine Unterkunft – quadratisch, praktisch, Pool – die Nase gerümpft. Heute feier ich die Entspannung, die sie mir bringt. Das hübsche Einzelhäuschen mit Fensterläden, Oleander und Charme liebe ich dann vielleicht später wieder.
In was macht ihr am liebsten Urlaub?
Schön, wieder hier zu sein!
Alles Liebe,
Hallo Claudia. Wir sitzen noch zu Hause, unser 3. Kind macht ab heute einen 2 wöchigen Schwimmkurs und in 3 Wochen, wenn ihr wieder in der Schule seid, geht es für uns an die Ostsee, für 7 Tage. Während ich mit unseren 4 Kindern noch alleine daheim bin und mein Mann arbeitet, kämpfe ich gegen meine erste richtige “MidlifeCrisis” an. Der Stress der letzten Wochen fällt ab und ich haben Zeit zum nachdenken. Meine Kinder sind 11, 9, 6 und bald 1 Jahr alt. Ich bin 45 Jahre. Ich habe so Angst vor der Zeit, wo die Kinder einfach weg sind…….und ich und mein Mann alleine mit uns sind. Keine Ahnung, warum das gerade so präsent bei mir ist, vielleicht weil viele jüngere um mich herum gerade Kinder bekommen und noch auf “Anfang” stehen, während meine Kinder immer größer werden……… Ich denke Du kannst da gut mitfühlen!?
Ich wünsche Dir/Euch auf jeden Fall noch eine wunderschöne Urlaubszeit :-)). Liebe Grüße, Daniela
Liebe Daniela, ich kenne diese Gedanken, dieser kurze Schreckmoment, wenn einem bewusst wird, dass die Kinder nicht mehr ewig mitkommen werden. Und ja, auch ich schiele öfter zu den Familien, die gerade Eltern geworden sind. Vor allem aber, weil am Anfang alles noch so rosig und flauschig ist und ja, man selbst irgendwie so jung.
Andererseits freue ich mich auf mehr Zeit für mich. Total. Ich merke, dass sie immer mehr große Menschen mit festen Meinungen werden. Das ist wunderschön und spannend und ich verbringe gern Zeit mit ihnen. Aber es ist auch anstrengend. 😂
Ich freue mich auch auf mehr Zeit und gerade hier, wenn der große dem Kleinen babysittet und André und ich mal zum Einkaufen allein losfahren, fühlt sich das auch gut an.
Liebste Grüße,
Claudi
Liebe Claudia,
vielen Dank für deine Antwort, das gibt mir wieder etwas Hoffnung 🙂
Sei gegrüßt :-))
Liebe Claudia,
ich habe in letzter Zeit häufig so tolle Artikel hier gelesen, aber nicht die Zeit zum Antworten gefunden, obwohl ich gerne hätte. Ich kann dir nur sagen, mit kleinen Kindern im Urlaub ist nicht alles rosig, und der Kleine lässt sich trotz seiner nicht mal zwei Jahren nicht ohne Widerstand herumtragen, so viel dazu. Aber ich genieße jetzt beim dritten Kind auch sehr die wunderschönen Momente, bei denen man einfach nur Glück empfindet. Habt noch eine schöne Zeit!
Viele Grüße,
Laura
Liebe Laura, ha ha, ja, das verklärt
man wohl im Nachhinein. Irgendwie beruhigend, dass jede Zeit anstrengend ist – und wunderschön.
Alles Liebe, Claudi
Ich versuche uns auch durch die Ferien zu navigieren. IMMER wieder Momente geniessen. Denn die Beine im Bach baumeln lassen neben dem Lagerfeuer ist schön, weniger schön wenn der 7 Jährige kurz darauf eben da rein fasst weil ein anderer sein Lieblingsstein reingeschmissen hat. Der Riesenpool ist schön, weniger schön, dass sich die Kids gegenseitig die Badeinsel nicht gönnen. Das Hoffest mit den anderen Familien wunderschön, weniger schön, wenn danach einer bzw. eine ins Auto kotzt.
Eben immer wieder den Moment geniessen du weisst nicht was als nächstes kommt😉😊.
Oh ja, so ein Familienurlaub ist die perfekte Schule in Sachen “Kleine Momente”.
Und mir geht es oft so, dass ich erst abends, wenn Ruhe eingekehrt ist und alle schlafen denke: “War das heute schön. Wild und laut, aber schön!”
Und ich muss immer an die Studie denken, die besagt, dass gute Familien viel streiten, weil das ein Zeichen für Vertrauen und Offenheit ist.
(Hatte ich hier auch mal drüber geschrieben.) Von daher…
Genießen wir noch all die kleinen schönen Momente der Ferien.
Danke dir für deine Worte,
herzlichst,
Claudi
Die Augen geöffnet hat mir auch als eines der Kinder diesen Frühsommer gesagt hat: Mama, wir waren da doch mal als Hochwasser war irgendwo und dann haben wir Eis gegessen und waren im Park und das war wunderschön, können wir da wieder mal hin?
Ich brauchte einen Moment zu verstehen was er meinte und dann merkte ich, dass dieser Tag bei mir einfach anders abgespeichert war… Gluthitze, deshalb abgebrochenes Suchspiel in der Stadt, stattdessen warten im Park (mit schmuddliger Toilette) weil der Mann noch kurz zur Apotheke musste, dann ein mittelmässiges Eis das ziemlich teuer war am Ufer des Sees, Zwischendurch immer wieder quengelnde Kinder.
Wie schön, dass ER diesen Tag als trotzdem ‚wiederholenswert‘ abgespeichert hatte. Auch wenn ich ihn als ziemlich anstrengend und niemandem gerecht werdend in Erinnerung habe.
Danne für den Text ich stell mir nämlich genau die selben Fragen: Mach ich alles falsch? Wieso streitet meine Bande soviel?
Ja, verrückt, oder? Sowas hatten wir auch schon. Ist immer gut auch mit den Kindern über unsere und ihre Erwartungen zu reden-
Obwohl sie oft so schnell urteilen, sind sie dann nämlich oft total einfühlsam. Das rückt bei mir immer vieles gerade.
Ganz lieben Dank für deinen Kommentar und beste Grüße,
Claudi
Hallo , ich bin seit zwei Tagen 55 und inzwischen 4-fache Oma ( 3 + 2,5 Jahre , 3 + 6 Monate) von meinen 3 großen Kleinen. Wir sind eine wunderbare Patchworkfamile und alle waren immer mit im Urlaub..und es war immer wunderschön und auch wunderbar anstrengend. Gelacht, gestritten , Pubertät ausgelebt ..aber das ist Familie und formt alle!!!
Mein Mann und ich mussten uns danach als Paar im Urlaub ( alleine) auch erst wieder finden, aber es hat Spaß gemacht,
Wir haben uns einen Hund angeschafft, als das letzte Kind auszog ein Womo .gekauft..und uns nochmal neu kennengelernt..das Leben ist so herrlich ..auch oder grade wenn die Kleinen groß sind, wenn man die eigenen Kinder für ihr aufgebautes Leben bewundern kann! Ganz liebe Grüße!