Ich sitze auf 1550 Meter, die Luft duftet nach Himbeerbrause und Sonnenmilch und statt zu frieren überlege ich, welche meiner vier Kleidungsschichten ich als nächstes ausziehe. Die überraschende Wärme im März ist nicht das einzig überraschende an unserem allerersten Skiurlaub in den Alpen…

Leben lernen. Sie lernen im Skikurs Pizza und Pommes (also Schneepflug und parallele Beine), Ich lerne es auszuhalten, meine Kinder verzweifelt zu sehen. Ich lerne es auszuhalten, zu sehen, wie sie traurig sind und ich lerne abzuwägen, ob ich aus meinem Versteck auftauchen soll um zu trösten, oder ob die nette Skilehrerin das jetzt gerade sehr wohl auch kann. Besser kann. Weil er nach ihrem Trösten weitermachen mag und nach meinem vielleicht nicht.

Ich übe mich darin abzuwiegen, ob mein Kind beim Lernen Verständnis braucht oder Mitgefühl oder Aufmunterung oder alles auf einmal. Meist alles auf einmal. Bloß keine überängstliche Mama, die manchmal am liebsten mitweinen möchte. Ich übe mich darin, mit meinen Kindern Frustration auzuhalten. Und dann übe ich loszulassen, wenn sie schließlich gut genug sind mit um einer Gruppe den Berg runterzusausen. Ich glaube, meine Kinder werden am Ende dieser Woche ziemlich gut Skifahren gelernt haben. Ich hab noch mehr gelernt.

Nervenanlage. Gleich am ersten Tag wollte ich gleich morgens nicht mehr. Als wir vom Parkplatz zur Gondel gegangen sind, ach was gekrochen, sie in steinharten Skischuhen, André und ich mit Schwergepäck – Rucksack und Tasche und Kamera und Ski und Skistöcke und Kleinkind – wie immer spät dran, mürrisches Skistiefelgeklacker als Soundtrack, plus Gejammer, da dachte ich, das mache ich nie wieder. Schon in der Bahn wars wieder vorbei, als wir dicht nebeneinander hoch in eine andere Welt gegondelt sind, eine Welt ohne Autos und Geschäftsmails und dringende Telefonate. Mit Wow-Blick auf Schnee- und Tannen-Patchwork-Berge. Und verschworenem Kaiserschmarren-Schmatzen.

„Skiurlaub ist auch ein bisschen eine Investition in eine lustige Zukunft…“, meint André.

Freiheit. Erst wollte ich mir hier unbedingt einen Saunatermin freischaufeln. Einfach, weil ich schon so lange nicht mehr allein in einer gewesen bin. Dann las ich Jeannines inspirierende Zeilen – und wollte nicht mehr in die Sauna. Stattdessen gehe ich jetzt mit Leidenschaft ein Projekt an, was mir in letzter Zeit eher Angst gemacht hatte. Ja, es ist Arbeit. Ja, ich hab Urlaub. Aber es macht mich verdammt nochmal glücklich.


Fotos. Die Bilder meiner Jungs im Schnee rühren mich, die Fotos schreien nach einem eigenen kleinen Buch für sie. Ganz besonders schön für kleine Hände finde ich die Bücher von Kleine Prints. Und jetzt gibt’s auch endlich wieder neue, super schöne Designs, zum Beispiel von Illustratorin Anna Katharina Jansen.


Zeit. Als wir letztes Jahr im Sauerland zum Skifahren waren, war auch der Zweitkleinste noch mein Hüttendate. Statt Skikurs gingen wir beide Kakao trinken. Wir sprechen noch heute oft davon, irgendwie haben uns diese Kakaos zusammengeschweißt, wie ein Witz, über den nur wir beide still und heimlich lachen können. Sowas tut manchmal gut in einer Großfamilie.

Dieses Jahr lernt er Skifahren wie die Großen, ist von zehn bis zwölf und von eins bis drei in seiner Welt, irre mutig und sehr stolz. Bloß ich hab ein paar mal geseufzt und daran gedacht, wie verrückt schnell das alles vergeht, die Kakaozeiten und alles andere. Und dann? Schickt er gleich am ersten Tag nach dem Kurs die beiden Großen nochmal mit Papa auf die Piste, nimmt meine Hand und sagt: „Mama, wir beide, wir gehen jetzt Kakao trinken. Okay?“

Ja, die Zeit vergeht. Aber manches bleibt. Zum Glück!

Liebe Grüße vom Berg,

Claudi