Vor einer Weile habe ich hier überlegt, wie viel Feministin in mir steckt und ob ich eigentlich eine feministische Beziehung führe. Dabei ist mir nochmal so richtig klar geworden, in was für einer Gleichberechtigungsblase ich mit meinen zwei Jobs eigentlich stecke und wie viel Nachholbedarf es in Deutschland in dieser Hinsicht noch gibt. Auf meinen Feminismus-und-ich-Aufruf, mit dem ich euch bat, mir von euren Erfahrungen zu erzählen, meldete sich unter anderem Cara*, um mir und euch ihre Geschichte zu erzählen. Wir sind gespannt, Cara…

“Erstmal: Ich finde gerade beim Thema Feminismus gleitet alles sehr schnell ins Extreme ab. Das ist ein Grund, weshalb ich mich niemals als Feministin bezeichnen würde – sehr zum Gram meiner Mutter, die nämlich eine Feministin durch und durch ist. Als Kind gab es für mich Weihnachtsfrauen, Feuerwehrfrauen und so weiter – fand ich übertrieben und grauenvoll unnötig so etwas. Ja, vielleicht war das vor dreißig Jahren notwendig, da waren die Zeiten und Diskussionen aber auch gefühlt noch ganz andere.

Inzwischen kann jeder mit Gleichberechtigung etwas anfangen und ich wage auch vorauszusetzen, dass fast jedem klar sein sollte, dass so etwas wie ungleiche Bezahlung nicht geht und daran vor allem in den Unternehmen gearbeitet werden muss.
Ich muss dazu sagen, dass ich als Frau selten auf Benachteiligung gestoßen bin oder mich so gefühlt habe. Dies hat sich jedoch schlagartig mit der Schwangerschaft. Mein Chef verfiel in bloße Panik, weil ich in Elternzeit gehen wollte, er sich um Ersatz umsehen musste und und und…

Inzwischen habe ich drei Kinder und wage die Hypothese: Gleichberechtigung ist eine große Lüge. Klar, Gleichstellung im Hinblick auf Bezahlung und Chancengleichheit ist wichtig. Aber kann man dabei nicht einfach anerkennen, dass wir nun einmal nicht gleich sind? Ich habe keinen Penis, ich habe eine Gebärmutter und nur ich kann Kinder bekommen. Wird sich niemals ändern. Wir sind von Natur aus verschieden. Und genau da, nämlich beim Eltern werden, beginnt die Schwierigkeit aus meiner Sicht. Kinderlose Frauen können problemlos den gleichen Lebenslauf aufweisen oder sich aufbauen wie Männer. Mütter nicht. Schon allein der gesetzliche Mutterschutz von drei Monaten bedeutet nämlich: Ich falle drei Monate aus. (Elternzeit mal ganz außen vor gelassen). Schon drei Monate sind für manche Unternehmen ein riesiges Problem!

Aus meiner Sicht ist der heutige „Kampf“, der geführt werden sollte, kein rein feministischer. Es geht nicht mehr um Frauen allgemein. Es geht um Mütter (und um Väter genauso). Es geht um Familien! Zehn Tage pro Elternteil, an den Eltern bei ihren kranken Kindern bleiben  – welches Unternehmen schreit da schon Hurra? Geballter Kampf unter den Kollegen mit Familie, wer in den Ferien alles Urlaub nimmt und sich vertritt…

Die Probleme und Sicht bei Selbstständigen kann ich nicht gut einschätzen, denke aber, dass hier auch Familie immer zumindest einen Einschnitt (andere Arbeitszeiten, weniger Reisen) und ein Mehr an Organisation bedeutet. Während also meine Mutter für eine Gleichberechtigung und Anerkennung der Frauen einstand, möchte ich dies gern für Familien tun. Denn hier haben wir noch eine Menge vor uns. Und ich wage die These, dass Väter, die heute für ihre Väterrechte einstehen (Elternzeit nehmen, zu Hause bleiben, wenn Kind krank etc.) oftmals ein ähnlich starker Gegenwind entgegenkommt, wie meiner Mutter, als sie damals für die Rechte der Frauen einstand.

Dazu noch zwei persönliche Geschichten, die ich schwer finde zu generalisieren, die aber sicherlich auch ein großes Problem darstellen: Der Umgang der Frauen untereinander. Der Kampf untereinander. Zwischen Müttern. So unnötig. Als zerstörend und zutiefst getroffen haben mich als Mutter auch besonders die Meinungen von kinderlosen Frauen.

Erste Situation: Ich kam aus der Elternzeit wieder und meine Schwangerschaftsvertretung – gerade fünfundzwanzig und meilenweit vom Kinder kriegen entfernt – rieb mir und unserem gemeinsamen Chef bei jeder Gelegenheit unter die Nase, dass sie immer verfügbar sei, niemanden vom Kindergarten abholen müsse und jeden Tag bis mindestens 18 oder 19 Uhr im Büro sitze. BÄM. Das saß!!!

Zweite Situation: Meine Chefin nach der zweiten Elternzeit – Mitte 50, Karrierefrau und kinderlos – sprach sich offen gegen meine Teilnahme an einem Karrierecoaching aus, weil sie mir das „nicht auch noch zumuten könne mit zwei Kindern.” Dass ich das gern wollte und ihr auch mehrfach mit Betreuungsplänen aufgezeigt hatte, wie ich das trotz Kindern schaffen würde, (was für ein Irrsinn, dass ich das musste!!) interessierte sie nicht.

Mein Wunsch: Ich möchte bitte als Mutter im Unternehmen nicht als Problem behandelt oder angesehen werden. Wer weiß, welche privaten Probleme der 25-Jährige High Performer hat? Und trotzdem mutet man ihm viel zu. Warum erlaubt sich jeder ein Urteil über die Zeit von Müttern? Ich bin im Büro ein Mensch, wie jeder andere und möchte während meiner Arbeitszeit nicht als Mutter (beziehungsweise als Problem) angesehen werden….

Mein wichtigster Hashtag statt #feminism wäre wohl also eher ein #Familie.

* Name auf Wunsch geändert.

PS. Hast du ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht? Erzähl es mir (und vielleicht uns allen) gern per Mail an post@wasfuermich.de.

Alles Liebe,

Claudi