Als ich noch keine Kinder hatte, war ich oft im Museum. Es war eine meiner liebsten Samstagsbeschäftigung: erst frühstücken gehen, dann Kunst gucken – oder umgekehrt. Gern mit einer Freundin. Auch André hab ich in unseren kinderlosen Zeiten ab und zu mal mitgeschleppt – er war immer dann besonders interessiert, wenn die Kunstwerke sehr teuer waren (im MOMA in New York hat er vor lauter Million-Dollar-Vergnügen beinahe getanzt). Mit immer mehr Kindern ist unsere Kunstguckerei dann leider eingedöst. Tollerweise gibt es jetzt ein neues Format im Bucerius Kunst Forum in Hamburg: Das wird laut. Und gut…
Bucerius Kunstforum,
Die Idee: Jeden ersten Donnerstag im Monat sind junge Eltern mit ihren Kindern eingeladen, ins Bucerius Kunst Forum zu kommen, um die aktuelle Ausstellung im Rahmen einer Mit Kunst und Kegel Führung zu erleben. Munteres Gebrabbel, spontane Unzufriedenheit oder laute Meinungsäußerungen werden dabei quasi erwartet. Das Haus ist exklusiv für Eltern mit Kindern geöffnet. Da gibts reichlich frische Gedanken in müde, weichgespülte Elternhirne, ruhige Ecken zum Stillen, Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen und Karren und natürlich einen Wickeltisch. Hinterher gibt es wirklich guten Kaffee und Snacks im Café.

Kind und Kegel, mit Kindern ins Museum
Hamburg mit Kindern, mit Kindern ins Museum, Kinderwagenführungen im Kunstmuseum, Hamburg
André und ich durften Mit Kunst und Kegel vor einer Weile schon mal ausprobieren und hatten einen wunderbaren Vormittag mit uns, unseren beiden Kleinen und den Musikerportraits von Anton Corbijn. Wir gingen und guckten, wir stillten und staunten, wir sprachen endlich mal über etwas anderes, als die fehlende Milch im Kühlschrank oder die zu kleinen Turnschuhe im Turnbeutel. Tjelle entdeckte Details in den Fotografien, die wir vorher nicht gesehen hatten, flitzte durch den Raum, wenn er genug hatte – oder spielte verstecken mit Bo. Hinterher tranken wir alle einen Cappuccino im Café (Kindercappuccino für T.).
Hamburg Museum mit Kindern
Hamburg mit Kindern
Ich kannte die Fotos des niederländischen Fotografen und Regisseurs Corbijn bisher nur von Plattencovern – tatsächlich hat er beinahe jede Musikgröße portraitiert. Seine Arbeiten haben große Ähnlichkeit mit Gemälden, beinahe ikonisch – und doch wirken die Stars darauf menschlich, fast verletzlich. Man scheint ihnen bis ins Innerste schauen zu können – was mich sehr berührt hat. Vielleicht ist Corbijns Liebe zur Musik und die Arbeit mit den Musikern seine Art, mit der Enge seiner Heimat und der seines streng religiösen Elternhauses zu entfliehen.

Noch spannender als die berühmten Musikerprotraits im Erdgeschoss fand ich seine sehr persönliche Serie im ersten Stock. Hier hat sich Corbijn selbst als verstorbene Musiklegenden inszeniert – und in seinem provinziellen Geburtsort Strijen fotografiert. Man kann gar nicht anders als darüber nachzudenken, wo eigentlich Fotografie aufhört und Kunst beginnt. Und was aus einem Foto eigentlich Kunst macht. Im Rahmen der Mit Kunst und Kegel Führung für Eltern mit Baby könnt ihr euch die Arbeiten an diesem Donnerstag, 4. Oktober 2018 um zehn ganz entspannt ansehen. Der Eintritt kostet 3 Euro (plus Ausstellungsticket) – eine Anmeldung ist nicht nötig.

Ich freue mich übrigens jetzt schon auf die nächsten Ausstellungen: Ab 9. Februar 2019 wird es Kunst der Zwanziger Jahre zu sehen geben. In der Gegenüberstellung von Gemälden und Fotografien aus dieser Epoche kann man dabei selbst entdecken, wie sich die Medien dieser Zeit gegenseitig beeinflusst haben. Unter anderem dabei: Werke von Otto Dix, Rudolf Schlichter und Hannah Höch. Ende 2019 dann ein Knaller, mit einigen meiner Künstlerlieblingen: vier amerikanischen Stars (Pollock, Disney, Warhol und Rockwell) – ganz sicher auch toll für Kinder, die aus dem Brabbel- und Wickelalter bereits raus sind. Aber man kann ja nie früh genug anfangen…

Hamburg mit Kindern, Kind und Kegel
Ich wünsche euch ganz viel Spaß am 4. Oktober im Bucerius, ich werde es dieses Mal leider nicht schaffen, aber bei der nächsten Kunst und Kegel Führung am 1. November 2018 dabei sein.
Liebe Grüße,

Claudi