Ich finde vielleicht keine Tageszeit so herausfordernd wie den Mittag. Es prallt so viel aufeinander: mein Kopf, noch mitten in einem Artikel (oder grad raus aus der Schule), die Kinder, müde und hungrig vom Spielen und Lernen, manchmal maulig. Der ganz Kleine, ganz besonders anhänglich, baumelt als Äffchen an meinem Bein. Der Große läuft bereits beim Mittag machen neben mir her mit seinem Matheheft und ein paar Fragen. Die Mittleren sind gern mal lautstark unzufrieden mit dem angekündigten Nachmittagsprogramm. Und mittendrin ich, die versucht ein schnelles, möglichst gemochtes und einigermaßen gesundes Essen zu machen. Und dabei alle bei Laune zu halten. Auch mich…

Dabei fühlt sich gerade der Mittag so sehr nach der Großfamilie an, die ich mir immer gewünscht habe. Wenn nach der beinahe unwirklichen Vormittagsstille wieder Lachen und Singen (und Motzen und Maulen) durch die Tür hereinstürmt, Ranzen und Rücksäcke in den Ecken landen und Jacken durch den Flur fliegen (und kurz darauf meine Worte “Aufhängen, bitte!”). Irgendwie stand in meinen Großfamilienträumen immer ein blubbernder Topf mit Minestrone auf dem Herd, deren Inhalt wir in Ruhe verspeisten, dabei fröhlich über unsere Vormittage plauderten und die Kinder hinterher friedlich Hausaufgaben an einer alten Schulbank machten – in einer blitzblanken Küche selbstverständlich.

Die Wahrheit ist: Ich nutze den Vormittag meist bis zur letzten Minute zum Arbeiten, warm gekocht wird abends – und für eine alte Schulbank ist im Wohnzimmer kein Platz. Da mein Großer aber unbedingt bei mir Hausaufgaben machen will, macht er sie an unserem großen Esstisch – wenn ich Glück habe, stellen sie alle vorher wenigstens wie vereinbart ihren Teller auf die Spülmaschine. Um zu hören, wie ihr Tag so wahr, muss ich in die Trickkiste greifen.

Obwohl es mittags zunächst meist ziemlich chaotisch ist, sind mir ein paar Dinge wichtig: Wer essen möchte, darf essen – auch die, die eigentlich im Kindergarten bereits gegessen haben, aber dann bitte gleich und am Küchentresen. Ich fühle mich wie in einer Lunch-Kantine: “Noch ein Brot bitte, Mama!” Oder: “Mehr Rührei!” Oft halte ich inne, frage nach: “Wie bitte?” Dann lächeln sie: “Darf ich bitte mehr Rührei, Mama?” Mittags gibt es oft Brot bei uns. Oder Milchreis. Oder gern “Rührei mit was drin”, mit Mais oder Käse oder Schnittlauch. Oder mit allem.

Hausaufgaben werden unbedingt direkt nach dem Essen gemacht, dabei ist im Wohnzimmer Arbeitsruhe angesagt. Wer sich nicht daran halten kann und mag geht ins Spielzimmer oder nach draußen. Lustigerweise hat mein hausaufgabenmachender Großer meist die gleiche Wirkung wie ein riesengroßer Keksteller: es sammeln sich alle am Tisch und es wird mucksmäuschenstill.

Mein Vorschulkind fordert meist von mir eine Hausaufgabe in einem Malheft oder einem Beschäftigungsheft ein, die beiden Kleinen malen zu dieser Zeit oft – oder schauen dem Großen mit offenem Mund beim Rechnen zu. Ich räume dann meist die Küche auf und helfe gern, falls er mal nicht weiter weiß – aber erst, wenn er sich selbst die Aufgabe noch einmal laut vorgelesen und gut überlegt hat. Zum Schluss sind die zehn Minuten laut vorlesen dran, dafür zieht die ganze Tischtruppe gern aufs Sofa um – und die Kleinen hören begeistert zu.

Danach sind alle meist platt. Oft bleiben alle für eine Weile auf dem Sofa liegen und dürfen ein Hörspiel hören, bevor das Nachmittagsprogramm beginnt. Das ist dann oft meine Chance, auch in Ruhe etwas zu essen. Eine Wäsche anzustellen oder die Geschirrspülmaschine auszuräumen. Die Kinder bei den einfachen Haushaltssachen altersgerecht einzuplanen, ist eine Idee für die nächsten Wochen. Mal sehen, wie ich das organisiere.


Besonders mein Großer kümmert sich gern freiwillig um die Blumen oder backt gern, vor allem wenn er nachmittags noch Besuch bekommt. (Hefeteig ist der beste Boxsack). Mein Zweitkleinster hat zu diesem Zeitpunkt meist längst einen riesigen Reiterhof auf dem Wohnzimmerboden aufgebaut und spielt. Oder ein Drachenland, mit Bergen aus Kissen und Decken. Der Zweitälteste spielt oft mit. Die beiden sind gerade ein besonders gutes Spielteam.

Ich mache mir meist noch einen Kaffee (den dritten oder vierten? Ich fürchte, ich trinke wahnsinnig viel Kaffee) und erzähle nach dem Ende des Hörspiels gern von meinem Vormittag. Dann fangen nämlich auch meine Kinder an von ihrem zu erzählen.

PS. Ein Morgen bei uns.

Claudi