Einer meiner Söhne ist gerade oft wütend. Auf mich, auf seine Mitschüler, am meisten auf sich. Ich nehme es ihm nicht übel, er kann nichts dafür, vielleicht sind es seine Hormone, die da mit ihm durchgehen. Vielleicht ist es die Wackelzahn-, Vor- oder Fast-Pubertät, vielleicht ist er gerade auch einfach ein bisschen schlecht drauf…

Ich kann ihn so gut verstehen. Ich bin es ja auch. Dennoch muss er lernen, mit seinen Emotionen so umzugehen, dass er damit niemanden verletzt, weder andere, noch sich selbst. Ich rede viel mit ihm. Nehme ihn in den Arm, schwöre ihm, dass ich ihn lieb habe, egal was ist. Wirklich geholfen hatte das bisher nicht. Seine Wut sprüht und spuckt oft aus ihm heraus, wie brodelnde Lava aus einem Vulkan.

Letztens habe ich ihm dann doch einen Tipp geben können, der ihm geholfen hat. Eine Kleinigkeit, aber manchmal ist es ja genau das. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich darauf kam. Ich glaube, ich habe von meinem Yoga erzählt und wie mir das Atmen hilft, wenn ich wütend bin. (Weißheitszahn- , Vor-Wechseljahre oder einfach schlecht drauf, ihr wisst schon).

„Pah, atmen!“, schleuderte er mir seine wütende Wortlava entgegen.

„Mann, Mama, lass mich.“ Aber ich ließ ihn nicht, ich machte weiter, weil das schließlich Teil meines Mama-Jobs ist. „Nicht einfach nur Atmen!“, meinte ich und streckte die Arme dramatisch aus und fuchtelte in der Luft herum, „voll fett Luft holen, so krass wie du kannst.“ Er sah mich an. Mit gerunzelter Stirn, aber immerhin.

„Denk dir einen Wolkenkratzer“, fiel mir plötzlich ein, „und dann fährst du mit dem Atem-Fahrstuhl hoch bis in den 859 Stock. Los, wir machen es zusammen!“ Ich holte Luft, so heftig ich konnte und fuhr mit dem Atem bis ganz nach oben. Er tat es auch. Es tat gut. Danach waren wir aus der Puste – und mussten lachen.

Ein paar Tage später, als ich das alles schon wieder vergessen hatte, kam er aus der Schule, schmiss wie so oft seinen Ranzen in den Flur und erzählte mir von einem bösen Streit auf dem Schulhoffußballplatz. Ich seufzte. Ich horchte zum Telefon, wann wohl die Lehrerin anrufen würde. Es klingelte nicht. Stattdessen sagte er: “Weißt du was, Mama? Ich bin ruhig geblieben. Ich hab mich einfach in den 1155 Stock geatmet.“

Ein schönes Wochenende!

PS. Wackelzahnpubertät?

Foto: Shutterstock

Claudi