Ich sags ganz ehrlich, jeden Morgen so zwischen 9.15 Uhr und 9.27 Uhr habe ich die ganze blitzweiße Welt um uns herum verflucht. Das konnte das knusprige Speckrührei vom Frühstücksbuffet in meinem Bauch nicht ändern und auch nicht die Scheibe hausgemachter Gugelhupf. Da wars egal, dass der Himmel knallblau war und die Augen der Kinder mit den tropfenden Taukugeln von den Balkonen um die Wette funkelten. Zwischen 9.15 Uhr und 9.27 Uhr war Schlepperei angesagt, die schweren Ski-Schuhe am Fuß, Kleinkind und mindestens zwei Paar Ski auf dem Arm, an mir dran der Vierjährige. Ich schwitzte, ich stolperte, ich jaulte, ich flüsterfluchte, ich schwor mir: das hier mache ich nie wieder. Bis wir um 9.27 Uhr in der Gondel saßen und abhoben. Raus aus der Schlepp-Fluch-Maule-Welt, hoch in die Bilderbuch-Winterwelt…

Oben auf dem Berg sieht es in St. Johann/Alpendorf aus wie in den Winter-Wimmelbüchern meiner Kinder: kein Verkehr, kein Plastik, kein Matsch – bloß blitzsauberer Schnee, Angeber-Bergpanorama, Tannen wie puderzuckerbestäubt und hölzener Hüttencharme. Es gibt kalorienreiche Köstlichkeiten (die einem in einer Woche netterweise nicht auf die Hüfte hopsen) und Sonne satt. Gerade Anfang März ist St. Johann perfekt für einen Skiurlaub mit Kindern, weil es schon so warm ist. Ich hatte vorher immer Angst gehabt, dass wir permanent frieren würden in den Alpen. Stattdessen haben wir jeden Mittag ohne Jacke draußen gegessen, mit dem Duft von Skiwasser und Sonnenmilch in der Nase.

Die Großen verbrachten jeden Tag von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 15 Uhr in der Skischule, beziehungsweise sausten hinter ihrem Lehrer von der Skischule Rot Weiß Rot die Hänge runter. Der Vierjährige verbrachte die gleiche Zeit im Skikindergarten, fuhr auf dem Zauberteppich den kleinen Hügel hinauf und auf Ski den Hügel wieder runter. Er hat bis zum Schluss nur ab und zu den Schneeflug gemacht – ich bin mir nicht sicher, ob er mit gerade vier noch zu klein war – oder ob er gar keine Lust hatte zu bremsen. (An den letzten zwei Vormittagen grub er sich kleine Sprungschanzen aus Schnee).

“Ist das nicht die Allerbeste Art von Urlaub?”, meinte André, Schneehosen-Po an Schneehosen-Po neben mir auf der Bank, das Gesicht warm von der Sonne. Und ich wusste, was er meinte. In welcher Art von Urlaub haben Eltern schon so viel Zeit für sich? Die Kinder sind in der Skischule, haben irre Spaß dort und es fühlt sich kein bisschen nach Abschieben an. Mama und Papa können währenddessen die Piste runter düsen. Oder Sonne tanken im Liegestuhl. Oder was auch immer machen. Selbst Mittag essen von 12 bis 13 Uhr hätten die Kinder mit den Skilehrern und ihrer Gruppe gekonnt. Wir wollten gern gemeinsam essen – ich glaube spätestens ab Mittwoch fanden die Kinder das fast ein wenig schade.

Überhaupt das Essen: Kaiserschmarrn mit Apfelmus, Käsespätzl, Germknödel, Gröstlpfanne, Leberkäse, selbst eine schnöde Brezel schmeckt nach einer paar Stunden Ski fahren absolut köstlich – ach was auch ohne. Ich würde mich ja allein schon wegen des Essens immer wieder zum Skiurlaub machen bequatschen lassen. Noch dazu fühlte es sich an wie ein Bandentreffen, wenn wir uns mittags am langen Holztisch trafen, drei Kaiserschmarrn in die Mitte stellten und jeder mit einer Gabel loslegte. Die Hände dufteten nach Sonne, das pinke Skiwasser funkelte im Glas und auf dem kleinen Abhang neben der Hütte rutschten die Kinder jauchzend auf dem Po zu ihren Pommes. Man hörte eine ganze Weile nicht viel, bloß manchmal ein andächtiges Seufzen – und zum Schluss wurde laut um den letzten Klecks Apfelmus gestritten.

Ich habe inzwischen einige Hütten gesehen und ich finde die Gondl-Stubn direkt an der Kabinenbahn Alpendorf war mit Kindern die entspannteste von allen: die Preise völlig okay und alle Mitarbeiter waren sehr freundlich – daran änderten auch kein tapsendes Kleinkind oder ein kakaokleckernder Vierjähriger etwas. Gleich morgens zu Skikurszeiten war es wunderbar leer und ich beinahe allein auf der Terrasse, was super zum Arbeiten war.

Es ist schon verrückt dort oben auf dem Berg. Das was unten scheinbar wichtig erscheint, ist es oben plötzlich nicht mehr. Der ganze Nervkram bleibt unten, der Kopf wird frei und fühlt sich nach ein paar Tagen aufgeräumt an, wie die Puderschnee-Pisten. Oben sind andere Dinge wichtig, man spürt mehr Muskeln statt Sorgen und ist nicht bloß eine Familie, sondern ein eingeschworener Haufen von Abenteurern. Expeditionsmitglieder, die aufeinander zählen und sich aufeinander verlassen können. Die sich trauen, Mut zu haben oder sich trauen, keinen Mut zu haben und die gemeinsam über sich hinauswachsen.

Am Allerschönsten an Alpendorf in Sankt Johann fand ich vielleicht, dass das Publikum wirklich irre nett war. Keine Raser, beinahe bloß Familien mit Kindern, alle total hilfsbereit, sowohl auf der Piste, als auch in der Skischule und sogar auf der Hütte zur Hunger-Rushour. Bloß an Andrés Freundlichkeit hab ich nach meiner letzten mauligen Ski-Schlepp-Runde mit den beiden Kleinen vom Lift zum Auto gezweifelt: Da erzählt der Schuft mir doch erst am letzten Tag von den Skidepots direkt an der Gondel in Alpendorf. Die kleinen kosten bloß einen Euro (!) am Tag und es passen etwa drei Paar Ski rein.

Tja Schatz, dafür hab ich mindestens bis Silvester Müll rausschleppen bei dir gut.
 
SCHLAFEN:
Wir haben in der Pension Palfengut geschlafen, die ein wenig oberhalb von Alpendorf, aber direkt an der Piste liegt. Wer sicher Ski fährt, kann den Berg von dort direkt zum Lift hinunter sausen. Mit den beiden Kleinen (und mit mir) sind wir morgens mit dem Auto die kleine Bergstraße hinunter gefahren, haben auf einem der kostenfreien Parkplätze unten in Alpendorf geparkt und sind ein Stück zu Fuß gegangen.

Wir hatten eins der Apartments im Palfengut, das mit Holzeckbank, Bergbildern und karierten Vorhängen traditionell eingerichtet und blitzsauber war. Morgens gab es ein reichhaltiges Frühstück und die Chefin hat den Kindern jeden Morgen mit einem breiten Lächeln ihren Kakao serviert, ihnen eingegossen (und uns genau so liebevoll beim Kakao-Seen aufwischen geholfen). Unten im Hauptgebäude gibt es einen kleinen Spielraum und eine Sauna. Und wer mag und nach dem Ski fahren noch nicht kaputt ins Bett fällt, darf gern die Tiere im Stall auf der anderen Straßenseite besuchen.
   
ESSEN:
An den meisten Abenden haben wir müde und muskelverkatert zuhause in unserer Ferienwohnung gegessen: Brezeln, Obatzda, Käse, Gurke, Äpfel und als Nachtisch einen Riegel Schokolade – nicht selten ist eins der Kinder gleich auf der Holzeckbank eingeschlafen. Richtig praktisch ist, dass der Skiort Alpendorf zu Sankt Johann im Pongau gehört und dieser eben ein ganz normaler Ort ist. Sprich: Es gibt Supermärkte zu ganz normalen Preisen (nicht Skiort-Preisen). Richtig lecker essen gehen kann man in Alpendorf aber auch…

Ganz entspannt…
Aus der kleinen Hütte gleich unten am Lift wummert laute Aprés-Ski-Musik. Meine Jungs wippen im Takt mit – umso erstaunter waren wir, als uns der Skilehrer ausgerechnet diese Hütte als richtig gutes Restaurant empfahl. Aber er hatte Recht: Im Butz und Stingl kann man nicht nur abrocken, sondern auch richtig lecker schmausen. Besonders geeignet für größere Familien und Gruppen sind die beiden Tische direkt oben unter dem Deckengebälk. Hier ist es ein bisschen ruhiger, die Kinder können von oben die Feiernden beobachten, die bunten Partylichter bestaunen und in aller Ruhe Skiliedertexte mitsingen und auswendig lernen.

Es gibt typisch österreichische, sehr lecker zubereitete Gerichte und als Spezialität das sogenannte Hutessen. Dabei wird ein Eisenhut am Tisch mit einem Brenner erhitzt und jeder grillt sich darauf so viele lecker marinierte Fleischstücke wie er mag. Am Hutrand köchelt frisches Gemüse in einer herzhaften Rindsuppe, welche mit zunehmender Grilldauer immer kräftiger (und köstlicher) wird. Das kann nur ein kunterbunter, aufregender, pappsatter und sehr stimmungsvoller Abend werden.

Oder richtig schick…
Einen wunderschönen Blick über die Berge und das Tal hat man von der Panorama Lounge der Oberforsthofalm. Beinahe fies für das perfekte Steak auf dem Teller (oder die köstlichen pongauerischen Spezialitäten) – die müsste man nämlich eigentlich mit geschlossenen Augen kaugenießen… Unbedingt reservieren! (ALPENDORF 12a, 5600 St. Johann im Pongau, Telefon: +43 6412 6396).

SKIVERLEIH:
Ich wollte allein schon zu genau diesem, weil die Blockhütte so gemütlich aussieht und jede Menge Skiferiencharme hat: Außerdem liegt die Skischule Rot Weiß Rot perfekt (einmal mitten im Ort, einmal direkt am Lift) und die Mitarbeiter sind wirklich irre nett. Während zwei meiner Jungs Skischuhe anprobierten und dabei mit dem Mitarbeiter plauderten, stand mein Größter bereits hinten in der Werkstatt, ließ sich erklären, wie und warum Skier gewachst werden müssen (und machte einen Ferienjob für 2027 klar).

In Sachen Skischuhweite, Skilänge und Skistockfragen fühlten wir uns absolut kompetent beraten. Mein Tipp, damit es noch schneller geht: Kinder bereits zu Hause messen und wiegen, die Angaben braucht man zum Ausleihen des Equipments (für alle die es vergessen, gibt es aber auch eine Waage und ein Metermaß vor Ort).

SKISCHULE:
Wie praktisch, wenn man beim Skischuhe leihen gleich den Skikurs buchen kann. Geht bei Rot Weiß Rot und noch dazu sind alle Skilehrer super nett und sehr engagiert. Während meine beiden Großen nach einmal Probe fahren am Berg sofort in die Gruppen eingeteilt wurden und wenig später hinter ihrer Skilehrerin die Pisten runtersausten, verbrachte der Zweitkleinste die Zeit von 10 bis 12 und von 13 bis 15 Uhr im Skischul-Kindergarten hinter dem großen, gelben Holzschloss. Wir fanden es schön, mit unseren Kindern mittags gemeinsam auf der Hütte zu essen, die Skilehrer betreuen die Kinder aber auch gern dabei.

Ich fand die Skilehrer im Skikindergarten von Rot Weiß Rot hatten ein super Gefühl dafür, die Kinder in den richtigen Momenten zu trösten und zu motivieren und die Eltern bloß dann einzubinden, wenn es wirklich nötig war. Und so schwer es auch mir am Anfang fiel: Ich glaube, sie haben Recht, wenn sie allen Eltern empfehlen, den Kindern beim Lernen nicht die ganze Zeit über zuzuschauen.

Noch ein Tipp für absolute Skianfänger (und -angsthasen wie mich): Bucht bei Rot Weiß Rot eine private Stunde bei Chef-Skilehrer Helmut. Der macht das schon seit über dreißig Jahren und hat es geschafft, dass selbst ich ohne Herzklopfen Schlepplift fuhr, oben glücklich grinsend über die Berge schaute und sogar am Hang in der Kurve noch lächelte. (Als ich André nachmittags meine von Helmut herbeigezauberten Skifortschritte vorführen wollte, zog ich allerdings oben auf dem Hang meine Ski aus und stapfte zurück zur Station. Ohne Helmuts Magie gings doch noch nicht. Vom Fuß her schon. Vom Kopf nicht.

UND SONST:
Parken: In der Nähe des Lifts gibt es einige kostenfreie Parkplätze. Besonders bequem fanden wir die im Parkhaus unterhalb der Oberforsthofalm. Das Parkhaus ist hoch genug für unsere Dachbox, der Weg runter zum Lift ist nicht mehr weit und wir konnten geschützt vor Schnee und Sonne in Ruhe in die Skischuhe schlüpfen.

Skibrillen, Unterwäsche und Helme vor Ort leihen (oder kaufen) ist teuer, es lohnt sich rechtzeitig bei den Discountern nach Angeboten zu gucken oder auch einfach vorher mal im Freundeskreis herumzufragen. Wir konnten uns vieles zusammen leihen oder es ihnen für ein paar Euro abkaufen.

In Sachen Sonnenbrillen unbedingt mit gutem Beispiel voran gehen (ich konnte ohne im blitzblanken Sonnen-Schnee sowieso nichts sehen) und immer eine tragen, damit auch die Kinder ihre immer tragen. Eine Verbrennung der Netzhaut geht oben auf dem Berg nämlich schnell (und tut irre weh, sagt mein Mann).
Alpendorf, Ski fahren mit Kindern
Vielleicht bucht ihr ja schon jetzt eure Skiferien fürs nächste Jahr?
PS. Unsere Reise wurde unterstützt vom Tourismusverband St. Johann. Herzlichen Dank dafür!

Claudi