Ich bin nicht konsequent. Also hier, bei diesem Post, bei diesem Blogding, meine ich. Ich schreibe nämlich immer einzeilige Überschriften. Weil das besser aussieht. Dieses Mal hatte ich Lust auf diese. Geht das? Kann man das machen? Ich mach das jetzt einfach mal. Ansonsten bin ich sehr konsequent. Also, manchmal….
Tatsächlich finde ich, dass Konsequenz eine der wichtigsten Zutaten im Erziehungsrezept ist. Genauso wichtig: Lässigkeit. Und: Humor. Passt das zusammen? Fakt ist: Konsequenz ist wichtig, aber anstrengend. Vor allem nachts um drei, wenn ich eigentlich angesagt hatte, dass es nachts keine Milch/keinen Schnuller/keine Kuschelstunde gibt, ich aber so müde bin, dass ich nicht mal weiß, mit welchem Buchstaben das Wort Konsequenz eigentlich beginnt. Genauso anstrengend: konsequent sein nach einem langen Arbeitstag. Oder beim Essen. Eigentlich warten bei uns die Kinder auf die Kinder, dürfen also erst aufstehen, wenn alle Kinder fertig gegessen haben. Manchmal möchte ich aber einfach nur in Ruhe weiter essen, oder überhaupt mal essen und dabei keine Klowitze oder Krankenwagensirenengeräusche in Dauerschleife hören. Dann sage ich auch schon mal: “Na los, dann steh auf, aber ausnahmsweise.” Das Wort “ausnahmsweise” ist meine Ausgleichszahlung an die Konsequenzausbeute.
Auch bei 28 Grad im Schatten und im Schwimmbad, wenn ich eigentlich angesagt hatte, dass es an diesem Tag nur ein Eis gibt, es aber warm ist und Sommer und Ferienanfang und die Kinder betteln und ich selbst gern noch ein Eis hätte, sage ich doch mal ja. Allerdings versuche ich, das Ja wenn möglich so schnell wie möglich zu sagen, sprich: nicht erst fünf Minuten quelngeln standzuhalten und dann nachzugeben. Sondern nach einmal quengeln die Konsequenz für diese Sitution noch einmal zu überdenken und wenn ja gleich nachzugeben.
Ansonsten versuche ich, sehr konsequent zu sein. Also ein paar Regeln aufzustellen und diese dann konsequent einzuhalten. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit einer Konsequenz leben. Bei uns gerade oft Thema: Fußball spielen im Wohnzimmer. Ich habe einmal erklärt, warum ich das nicht möchte und angekündigt, dass ich in so einem Fall sofort den Ball einkassieren und auf den Kühlschrank verbannen werde. Seither liegt er oft auf dem Kühlschrank. In diesem Fall finde ich Konsequenz übrigens kein bisschen anstrengend, weil ich ja ganz schnell handeln kann, ohne nachzudenken und ohne lange zu quatschen und mich zu ärgern. Der Ball liegt so oft da oben, ich frage mich, ob das eine Ballspielvariante geworden ist. Ob sich die Jungs auf dem Weg vom Kindergarten verabreden: Sollen wir eine Runde Ball-auf-den-Kühlschrank mit Mama spielen?” So oft können sie die Regeln doch gar nicht mit Füßen kicken, denke ich. Mein Mann, selbst noch ein bisschen Junge, behauptet, Jungsköpfe würden das Regel-Konsequenz-Ding tatsächlich einfach vergessen, sobald da ein Ball liege. Der liegt da, lädt ein, gekickt zu werden – und bumms ist er auch schon auf dem Schrank. Erst danach würde ihnen sicher die Regel wieder einfallen, behauptet mein Mann.
Ganz wichtig ist mir in Sachen Konsequenz, dass die Konsequenz mit dem Regelverstoß zu tun hat. Sprich: Wenn im Wohnzimmer gekickt wird, kann dabei etwas kaputt gehen, also muss der Ball weg. Aber nicht: Ich schmiere beim Essen absichtlich Tomatensoße auf meinen Stuhl – also darf Kind abends nicht fernsehen. (In so einem Fall würde ich mein Kind eher Stuhl, Tisch und Umgebung wischen lassen).
Der Haken an Konsequunz ist defintiv, dass die Sache immer so einfach klingt, aber im Alltag so verzwickt ist. Was, wenn Kind keine Lust hat, Stuhl umnd Tisch zu putzen? Und mal Hände hoch, wer hat bei Freunden noch nie bei schönsten Wetter und Kuchen im Garten gesessen und dem Kind gedroht: “Wenn du das noch einmal machst, fahren wir!” (Und dann leise gedacht: “Verdammt, was hab ich da gesagt? ICH will doch aber gar nicht fahren.”) Eben.
Wo wir schon bei Geständnissen sind, manchmal gucke ich einfach weg, statt konsequent zu sein. Wenn ich im Augenwinkel sehe, wie meine Kinder den Wasserschlauch andrehen, obwohl sie das nicht dürfen, ich aber gerade einmal fünf Minuten in Ruhe mit meinem Kaffee da sitze, tue ich so, als wüsste ich von nichts. (Geht natürlich nur, wenn es nicht um Leben und Tod geht, klar). Ach ja: bei anderen Dingen ist dagegen an meiner Konsequenz nicht zu rütteln, da steht sie felsenfest, beim Anschnallen zum Beispiel, beim Zähneputzen, beim Straße überqueren. Lustigerweise gibt es bei diesen Sachen auch viel weniger Diskussion. Wahrscheinlich spüren die Kinder ganz genau, wie betondicht eine Sache ist. Und: Weil ihnen ab einem gewissen Alter natürlich auch einleuchtet, wie (lebens)wichtig einige Regeln sind.
Noch was: Mein liebster Erziehungstipp in Sachen Konsquenz und überhaupt: “Pick your fights!” Das sagen die Engländer oft, meine englische Gastmutter hat es mir für meine Au-pair-Kinder mit auf den Weg gegeben und ich denke bis heute oft daran. Sprich: Ist es mir wirklich so wichtig, dass es nur ein Eis gibt? Oder dass der Gartenschlauch ausbleibt? Wenn nicht, dann lass ich sie doch spritzen und schlecken. Und setzte mich mit einem Kaffee ein paar Minuten in die Sonne und gucke ihnen beim Spaß haben zu. Und – hups – habe auch Spaß dabei. Dafür wandert abends der Ball sofort auf den Kühlschrank, auch wenn er “nur ein wenig über den Wohnzimmerboden gekullert wurde.” Also ja, ich kann Konsequenz. Manchmal.
Und ihr? Wie haltet ihr das mit der Konsequnz? Erzählt doch mal, ich bin ganz gespannt.
Alles Liebe,
Ganz toll geschrieben! Ich kann konsequent sein, wenn ich es MUSS und wenn ich weiß, dass ich gewinnen kann. Ich habe gelernt, einmal mehr die Augen zu schließen und dafür keinen Anfall zu bekommen, weil ich den kürzeren ziehen werde! Dafür klappt dann die Konsequenz viel besser, einfach und länger….
Wichtiges Thema… Schönes Thema…. Und es begleitet einen doch auch tatsächlich alltäglich
Danke dir fürs Feedback!
“Verdammt, was hab ich da gesagt” schreibst du und genau das ist es. Manchmal kurz innehalten und dann ja oder nein sagen. Und eben nicht vor jedem zweiten Eis, dem nächtlichen Bettwechsel oder den berühmten Ausnahmen erstmal Nein sagen, sondern nachdenken. Wir wundern uns über erpresserische, nein sagende Kinder und sind meist keinen Deut besser. Ich versuche zunächst zuzuhören und dann meine Entscheidung zu treffen und die erscheint anderen Eltern oft nicht populär, stimmt aber für unsere Familie. Meine Kinder wissen mein spärliches Nein bleibt ein Nein und Regeln darf man einhalten. Das tönt besser als müssen. Kooperation lautet das Zauberwort. Das kommt bei dir gut rüber. Danke für den Denkanstoss.
Ich danke dir für deinen inspirierenden Kommentar!
Schöner Artikel. “Ausnahmsweise” kenne ich auch gut ;-). Konsequent sein ja, aber nicht um jeden Preis! Das tut keinem gut. Ich glaube, dass das Problem am Begriff der Konsequenz ist, dass er die Art und Weise einer Handlung beschreibt, aber noch nichts über die Handlung selbst aussagt. Kinder können lernen, dass die Eltern immer zuschlagen, wenn sie einen Fehler gemacht haben, dass wäre dann aus der Perspektive der Eltern sicher folgerichtig, aber moralisch immer noch zu verurteilen. Konsequent bedeutet doch, dass aus einer Handlung eine immer gleiche Folge (Konsequenz) abzuleiten ist. Wenn ich also meinem Sohn hundert Mal das zweite Eis verwehre, wird er sich dem irgendwann fügen. Er wird es nicht unbedingt verstehen, aber vielleicht gibt er irgendwann die Bettelei auf. Allein diese Haltung, dass aus einer Handlung stets die gleiche Folge resultiert, hat für mich wenig mit Mensch sein zu tun. Und vielleicht mag das zweite Eis am nächsten Tag doch vertretbar sein, einfach weil es jetzt noch heißer ist? Übrigens auch ein gern verwendeter Begriff in diesem Zusammenhang heißt Verlässlichkeit, der doch freundlicher klingt. Eine Freundin von mir fordert von ihrem Sohn, dass er sich nach jeder Missetat entschuldigt, mit Umarmung… Das hat dazu geführt, dass dieser Junge gerne immer wieder denselben Mist baut, beispielsweise Steine auf fremder Kinder Köpfe zu werfen, um dann reumütig um Entschuldigung zu bitten. Was also hat er verstanden? Dass aus seiner Tat, seine Entschuldigung resultieren muss. Dass dann alles gut ist. Verstanden hat er so gar nix.
Danke für diesen spannenden Kommentar! Verlässlichkeit klingt sehr inspirierend.
Liebe Grüße!
Echt klasse geschrieben! Wenn es um die Sicherheit des Kindes geht, also wirklich um das Leben des Kindes, dann sind auch die “unerzogenen” immer konsequent und das Kind darf nicht selbst bestimmen. Fahrradhelm beim Fahrradfahren, Schwimmflügel beim Baden, Anschnallen beim Autofahren, nur bei Grün über die Straße usw. Da gibt es keine Diskussionen. Da wird das Fahrrad auch mal weggesperrt, wenn das Kind das nicht einsieht.
Bei Eis, Anziehen aber auch beim Zähneputzen darf das Kind entscheiden. Da wird es nicht gezwungen, etwas zu tun. Ich würde mein Kind nicht festhalten und ihm eine Zahnbürste in den Mund stopfen, wenn es schreit und sich wehrt. Du schreibst Claudi, dass Zähneputzen sein muss. Was machst Du, wenn Deine Kinder sich weigern (würden?). Was ist Deine Konsequenz?
Danke fürs Kompliment! Das Zähneputzen ist mir riesig wichtig, da gibt’s kein langes Diskutieren. Wenn die kleinen Uähneputzer mal nicht wollen – halte ich sie fest. (Kommt zum Glück nicht so oft vor).
Liebe Grüße!
Claudi
WARUM WURDE MEIN LANGER KOMMENTAR GELÖSCHT BZW. NICHT FREIGEGEBEN????? Da stand nichts Schlimmes drin.
Teilweise hatte ich ihn zwischen kopiert, daher hier nochmal: Super geschrieben, Claudi! Konsequent ja, aber nicht um jeden Preis!
Ich glaube, dass das Problem am Begriff der Konsequenz ist, dass er die Art und Weise einer Handlung beschreibt, aber noch nichts über die Handlung selbst aussagt. Kinder können lernen, dass die Eltern immer zuschlagen, wenn sie einen Fehler gemacht haben, dass wäre dann aus der Perspektive der Eltern sicher folgerichtig, aber moralisch immer noch zu verurteilen. Konsequent bedeutet doch, dass aus einer Handlung eine immer gleiche Folge (Konsequenz) abzuleiten ist. Wenn ich also meinem Sohn hundert Mal das zweite Eis verwehre, wird er sich dem irgendwann fügen. Er wird es nicht unbedingt verstehen, aber vielleicht gibt er irgendwann die Bettelei auf. Allein diese Haltung, dass aus einer Handlung stets die gleiche Folge resultiert, hat für mich wenig mit Mensch sein zu tun. Und vielleicht mag das zweite Eis am nächsten Tag doch vertretbar sein, einfach weil es jetzt noch heißer ist? Übrigens auch ein gern verwendeter Begriff in diesem Zusammenhang heißt Verlässlichkeit, der doch freundlicher klingt. Eine Freundin von mir fordert von ihrem Sohn, dass er sich nach jeder Missetat entschuldigt, mit Umarmung… Das hat dazu geführt, dass dieser Junge gerne immer wieder denselben Mist baut, beispielsweise Steine auf fremder Kinder Köpfe zu werfen, um dann reumütig um Entschuldigung zu bitten. Was also hat er verstanden? Dass aus seiner Tat, seine Entschuldigung resultieren muss. Dass dann alles gut ist. Verstanden hat er so gar nix.
Tut mir leid, hier gibt’s heut scheinbar Probleme. Ich habe nix gelöscht, musste aber eben viel freischalten. Dieses Ding mit der Entschuldigung kenne ich auch. Danke für deine ausführliche Meinung!
Liebe Grüße,
Claudi
Hallo Claudi, ich habe heute einen langen Kommentar geschrieben, aber dieser wurde nicht freigegeben. Das finde ich sehr schade, und ich weiß auch nicht, warum. Ich habe geschrieben, dass auch “unerzogene” konsequent sind, wenn es um das Leben der Kinder geht, also beim Schwimmen Schwimmflügel tragen, beim Fahrradfahren Helm tragen, sich im Auto anschnallen. Ich habe noch mehr geschrieben, aber ich habe keine Lust das alles nochmal zu schreiben. Aus was für Gründen veröffentlichst Du Beiträge nicht? Evt. war bei der Mailadresse ein Fehler, aber das ist kein Grund, Dinge zu löschen, oder?
Hallo Magda, danke für deinen Kommentar. Eigentlich muss ich sie nur beim ersten Mal freigeben, heute ist das scheinbar anders. Aber jetzt!
Liebe Grüße!
Toller Artikel u vorallem den Teil mit dem entweder gleich ja sagen oder gar nicht, finde ich super! Man darf auch mal inkonsequent sein und ich finde die Kinder dürfen auch mal, wenn sie etwas unbedingt wollen, und Eltern überreden bzw überzeugen versuchen und mal funktioniert sind mal nicht, auch so lernt man dass es sich manchmal lohnt für etwas zu kämpfen dass man gerne möchte! Mir ist ganz wichtig dass die Kinder sich an einige, wenn auch wenige Regel halten, aber vieles ist soooo situationsabhängig! Vielen Dank für den Artikel, immer gut wenn man über diese Dinge immer wieder nachdenkt ☺️ Glg
Hej Claudi, du schreibst mir aus dem Herzen. Bisher läuft es mit unserer 1,5 Jährigen auch so. Ich bin ehrlich erschrocken über den Tonfall mancher, weil ein Kommentar gelöscht wurde. Vielleicht lese ich das auch nur auf dem falschen Ohr. Liebe Grüße aus dem Ruhrgebiet, deine Nici
Danke liebe Nici,
ach alles gut. Es wurde auch gar nichts gelöscht, musste scheinbar nur noch einmal freigeschaltet werden.
Ich danke dir für deinen Zuspruch und sende ganz liebe Grüße!
Claudi
Und mal wieder haste bei mir voll ins Schwarze getroffen, liebe Claudi. Die liebe Konsequenz ist derzeit nämlich auch Thema Nummero Uno bei uns im Hause. Ich danke dir für diesen tollen Beitrag.
Allerliebste Grüße,
Kama
Liebe Claudia,
das Thema ist ein Dauerbrenner. Ich wollte nur hinzufügen, dass ich mich auch manchmal von den Kindern überzeugen lasse, d.h. nicht konsequent bin. Ich sage ihnen manchmal, dass sie Argumente finden sollen, die so gut sind, dass ich ihnen den Wunsch nicht mehr abschlagen kann. Ich finde, das gehört auch in den Bereich Erziehung, dass die Kinder lernen, für ihre Wünsche zu kämpfen. Klar, manchmal verlieren sie trotzdem.
Viele Grüße
Iris
Hach,du sprichst mir aus dem Herzen ☺!
Unser Motto: so wenig Regeln und Verbote wie nötig, diese aber mit dem Herzen vertreten. Ich bin davon überzeugt, dass Kinder spüren, ob wir wirklich hinter dem stehen, was wir sagen.
So hab ich das auch als Erzieherin in der Kita gelebt, bevor ich Mama wurde. (Da war es übrigens ein ganz anderer Schack konsequent zu sein, wenn’s nicht das eigene Kind ist…)
Ganz liebe Grüße und Danke für die tollen Beiträge!