Eigentlich hatte André unserm Sohn ein altes Handy schon so gut wie fertig gemacht. Weil man das doch eben so schenkt, zum Übergang in die vierte Klasse. Dann war er als Betreuer mit zur Abschluss-Übernachtungsparty der Grundschule. Und fand meine Idee, mit dem Handy noch ein wenig zu warten, plötzlich doch nicht mehr so schlecht…

Ganz wichtig: Beim Thema Handy – wie bei so vielen Dingen in Sachen Erziehung – gibt es für mich kein richtig oder falsch. Jeder muss gucken, was sich für einen selbst, für die Familie und das eigene Kind richtig anfühlt. Ich erzähle hier nur von unserem derzeitigen Weg. Und ich bin gespannt auf euren. Bei uns kamen mehrere Dinge zusammen. Erstens:

Unser Sohn fragte am Ende der vierten Klasse nicht wirklich nach einem Handy.

Es war kein Thema – und er hat kein bisschen danach gebettelt. Das bestätigte mich in meinem Wunsch, noch ein wenig zu warten. Warum? Ich wollte gern, dass er sich ohne dauermediale Ablenkung in der neuen Schule eingewöhnen kann. Dass er morgens im Bus seinen neuen und alten Freunden zuhört – statt seinem Handy. Dass er in Gesichter und aus dem Fenster guckt – und nicht auf einen Bildschirm.

Ich wollte ihm gern noch eine Weile Aufmerksamkeit für andere Dinge schenken, damit er entspannter ankommen kann in der neuen Schule. Mein Mann war in Sachen Handy die ganze Zeit entspannter (wie er es in fast allen Dingen ist). Nachdem er allerdings bei dem Zeltfest die Aufsicht hatte und einmal selbst spürte, wie sehr die mitgebrachten Handys die Kommunikation und Gemeinschaft störten, war er plötzlich mehr auf meiner Seite. Als Lehrerin hat man ja leider meist jede Menge schlechte Handyerfahrung gemacht.

Wir haben Bekannte, die ziehen das voll durch. Da ist das Kind inzwischen in der achten Klasse, hat immer noch kein Handy und soll auch noch eine ganze Weile keins bekommen. Es darf auch ganz bewusst in keiner Whats App-Gruppe sein. Als ich mich mit der Mama darüber austauschte, um mir darüber klarer zu werden, welchen Weg ich gehen wollte, sagte sie ganz deutlich: „Wenn du unseren gehen willst, machst du dein Kind zum Außenseiter. Das ist so – und das musst du wissen.“ Ich schluckte.

Ich wusste plötzlich, unser Handy-Weg sollte ein Medien-Mittelding sein.

Wie genau er aussehen würde, wusste ich zum Ende der vierten Klasse immer noch nicht. Aber ich wusste, dass ich noch nicht vorhatte, ihm gleich eins zu schenken. Was mir vorher allerdings auch nicht klar war: Dass es nicht nur für ihn hart werden könnte, kein Handy zu haben – sondern auch für mich. Denn Fakt ist: Ich verabschiede ihn morgens irre früh in Richtung Bus – und drücke jeden Tag die Daumen, dass er am frühen Nachmittag wieder zur Haustür reinkommt. Zwischendurch kann nicht nur er mich nicht erreichen, sondern ich ihn auch nicht. Ganz ehrlich, das muss man als Mama auch erstmal aushalten.

Nach den ersten Schulwochen, zeigt er mir jedes Kind, das jünger sein könnte, aber schon ein Handy hat. Er grinst allerdings dabei. Er darf allerdings in allen Whats App-Gruppen sein – allerdings mit meinem Handy (was auch nicht so leicht zu ertragen ist). Er darf mein Handy ohnehin öfter nutzen; um etwas zu googeln, das Wetter oder Fußballergebnisse zu checken, ein Lieblingsvideo bei Youtube anzusehen oder unseren Instagram-Feed. Ich bin da sehr entspannt – und scrolle auch mal gemeinsam mit ihm.

Witzvideos in Whats-App Chats wurden sofort thematisiert.

Ich habe auch das Thema Kettenbriefe sofort angesprochen. Es ist für ihn eine faszinierende Welt, die da ständig piepst und poppt.  Manchmal aber auch eine, die ihn abschreckt. Ich merke oft richtig, wie dankbar er dann für meine Einordnung ist. Inzwischen guckt er die 85 neuen Nachrichten an einem Tag in seinen Chats oft nicht mal mehr durch: „Die schreiben eh nur Grütze, Mama!“ Er fragt manchmal, wann er ein Handy kriegen wird. Aber wenn ich sage: „Wir schauen mal!“ scheint es völlig okay zu sein. Ich habe ihn sogar schon sagen hören: „Das nervt echt, wenn die alle immer auf ihr Handy starren!“ (Mich eingeschlossen!)

Wir haben ihm jetzt erstmal eine Uhr geschenkt: Damit kann er telefonieren – und ich kann ihn auch erreichen!!! In seiner Klasse gibt es ein weiteres Kind, das noch kein Handy hat. Andere haben welche, aber ganz klare Regeln für die Nutzung. Ich habe das Gefühl, das geht auch echt gut.

Welchen Handy-Weg geht ihr? Oder wollt ihr gehen?

Claudi