Neben meinem Bett, ich gebe es zu, liegt ein Mordinstrument. Mit dieser Fliegenklatsche ziehe ich nachts los, wenn ich gerade am eindösen bin und es hinter meinem Ohr zu sirren anfängt. Manchmal strecke ich vorher den Arm aus, in der Hoffnung, dass die Mücke einfach zusticht und mich dann in Ruhe lässt. Klappt eigentlich nie. Viel schlimmer als die Angst vorm Stich finde ich nämlich das Sirren, das mich einfach nicht schlafen lässt…
Jepp, ich bin eine Mückenmörderin. Nachts, aus Notwehr. Unten in der Küche haben wir außerdem gerade wieder ein paar Fliegenfänger aufgehängt. Ich finde sie widerlich. Aber die vielen aggressiven Fliegen gehen gar nicht. Seit ich auf dem Land wohne, weiß ich erst, dass es sogar Fliegen gibt, die beißen. Wadenbeißer nennt man die hier. Und „Aua!“, das tut richtig weh.
So, genug des Plädoyers. Vergangene Woche, als wir am Couchtisch für die Taufe gebastelt haben, war es mal wieder so richtig schlimm mit den Fliegen. Ich jaulte und maulte und schlug in die Luft – da schnappten sich zwei meiner Söhne die Fliegenklatschen und gingen auf die Jagd. Ich hörte wütendes Gemurmel. Dann euphorischen Jubel. Und schließlich mich entsetzt sagen: “Hört sofort auf damit, wir töten doch keine Tiere.”
Sie guckten mich erstaunt an. “Aber das machst du doch auch…!” Und rumms, da saß ich. Wie auf der Erziehungs-Anklagebank und überlegte, was richtig ist. Ich habe meinen Kindern immer begebracht Tiere zu achten. Wir passen beim Graben auf Regenwürmer auf, beim Gehen durchs Gras auf Frösche. Wir streicheln sogar Hunde in Fellrichtung und nicht dagegen. Ja, wir essen Fleisch, aber so wenig wie möglich und in Bioqualität. Wir sprechen oft darüber.
Wo fängt Notwehr an? Gibt es die überhaupt? Gilt Tierschutz für eine Biene abends im Kinderzimmer? Für die Ameisen vor einer Weile bei uns im Küchenschrank? Für die Rattenfamilie, die mal einen Winter lang bei uns unter der Terrasse wohnte? Ich würde vom Glauben abfallen, wenn einer meiner Söhne hinter einer Ratte her rennen würde, mit der Absicht sie zu töten. Sollten wir tatsächlich lieber endlich Fliegengitter installieren und die Fliegenklatsche ganz verbannen um nicht in die Mückenmord-Bredouille zu geraten ?
Wie geht ihr damit um?
Alles Liebe,
Genau das Thema beschäftigt mich auch gerade! Wir haben nämlich derzeit eine Ameiseninvasion bei uns zu Hause. Als ich die erste Ameise getötet hatte, die vorher noch ganz lebendig war, da hatte ich ein mulmiges Gefühl und schob es auf die Hormone (ich stille noch), aber es lässt sich nicht verleumden: ich bin eine Insektenmörderin! Meine Kinder jagten die Ameisen mit Freude! Ich habe ihnen dann erzählt, dass das nicht gut ist und dass wir versuchen, den Ameisen den Weg ins Freie zu zeigen. Jetzt töte ich heimlich (das ist nicht viel besser, ich weiß). Bei Mücken kenne ich kein Pardon, denn die wollen unser Blut und fragen uns vorher nicht um Erlaubnis. Und bei größeren Tieren, vor allem bei den so genannten “Nutztieren” erkläre ich ohne zu beschönigen, dass wir diese Tiere töten lassen, um sie zu essen und dass wir das nicht müssten. Die Haustiere haben da sowieso einen Sonderstatus und alle lieben die. Ich finde es etwas scheinheilig, die arme Fliege am Leben zu lassen und zum Mittagessen gibt es Schnitzel. Da könnten wir sicherlich noch alle empathischer gegenüber unseren Kühen, Schweinen und Hühnern werden.
Wirklich ein ganz schwieriges Thema, weil ich mich selbst als Tierfreund bezeichnen würde und trotzdem gegen Insekten vorgehe.
Ob das Stechmücken sind oder die Gespinstmotte, die gerade unseren Apfelbaum einspinnen will, oder diese blöden Raupen, die die Wurzeln von unseren Salaten fressen.
Meinen Jungs versuche ich immer zu erklären, welche tollen Aufgaben die Tiere haben, wie stark die Ameise ist usw. Das klappt ganz gut und tatsächlich werden Käfer etc. sehr behutsam gefangen und beobachtet oder Bienen vor dem Ertrinken gerettet.
Neulich lag auch eine klitschnasse Bremse auf einmal auf unserem Esstisch. Die durfte auch trocknen und weiterfliegen. Aber wehe, sie sticht später einen von ihren Rettern, dann ist wieder Schluss mit lustig.
Apropos: Was ist der Sinn von Bremsen? Liebe Grüße!
Hallo Claudi, schon Mittwoch…
Die Fragen finde ich verzwickt und komme dabei auch immer in Widersprüche, erst letztens im Ferienhäuschen, Ameisenstraße in der Küche, Mückenplage und Spinnen im Schlafzimmer… Grundsätzlich: meine Kinder dürfen Mücken/Fliegen jagen, aber nicht zum Spaß. Wenn also der Große abends vor dem Schlafengehen im Kinderzimmer Jagd macht finde ich das in Ordnung, das mache ich auch. Spinnen hingegen müssen gefangen und rausgebracht werden. Als mein Großer mir erzählte, er habe im Garten “viele ekelige Spinnen getötet” habe ich ihm erklärt, dass die Spinnen ihm nichts tun und er sie in Ruhe lassen muss. Das sieht bei Mücken oder Fliegen anders aus und da finde ich für Kinder Folgendes eine gute Faustregel: Tiere, die unmittelbar schaden und nicht ohne Weiteres von ihrem Tun abzuhalten sind, dürfen sie erlegen.
Ich weiß, auch da gibt es wieder Einschränkungen und die Alternative zu massenhaftem Mücken-Totschlagen ist z. B., in der Dämmerung einfach für eine halbe Stunde reinzugehen…
Ich denke, dass dies nie ganz aufgelöst werden kann – du sprichst selbst das Fleisch-Essen kurz an. Dass man da ohne “Schuld” bleiben kann ist eigentlich unmöglich, wenn wir Empathie als einen wichtigen Wert betrachten. Die Frage, ob man das Leid eines Tieres in Kauf nehmen will oder nicht, muss man sich immer neu stellen und beantworten. Wichtig ist, sich über dieses Leid bewusst zu sein. Dieses Bewusstsein versuche ich, meinen Kindern zu vermitteln.
Liebe Grüße! Sina
Ein interessantes Thema, genau diese Fragen stelle ich mir auch immer….
Hier achten wir auch jedes kleinste Lebewesen und müssen momentan die Fliegenklatsche nur dazu benutzen um Spielzeug unter der Couch herauszuangeln.. vor zwei Wochen haben wir noch Beerdigung eines Toten Vogelbabys „gefeiert…. aber bald startet sicher auch hier die Mückensaison und die Mädels werden fragen, warum es sein muss, dass sie „sterben“ müssen.
Hallo Claudi,
puh, was für eine Dienstagsfrage… wir sind gestern durch das ganze Haus gejagt um Fliegen und Spinnen zu jagen, um dann damit das Spatzenbaby zu füttern, dass aus dem Nest über meinem Schlafzimmerfenster geplumpst ist.
Und wir haben im letzten Herbst eine Woche für unsere Freunde die Schweine samt Ferkeln gefüttert… die inzwischen zum Teil auch nicht mehr leben. Aber gerade auf dem Land wissen wir das doch. Wir beobachten abends die Bisamratte wie sie am Fluß arbeitet und wir haben sie zähneknirschend zum Schuppen laufen sehen. Aber ich weiß, dass mein Mann nicht lange fackelt, wenn er andere Ratten dort sehen würde. (er ist am Bahndamm als Kind unter verdammt schlechten Bedingungen aufgewachsen…)
Wir hatten Wüstenrennmäuse, aber ich bin schlecht gelaunt wenn Mäuse von draußen rein kommen und alles anknabbern!!! Dann haben sie noch eine Chance abzuhauen oder ich stelle Fallen auf…
Meine Töchter waren beide Waldkindergartenkinder. Sie haben beobachtet wie Tiere aufwachsen, aber auch wie sie sterben und verwesen. Sie haben nicht zu allen Tieren eine Freundschaft. Mücken und Zecken finden sie blöd. Und ich gestehe, das wir Zecken meucheln, wenn sie einen von uns befallen haben. Aber trotzdem achten wir die (meisten) Tiere. Wir nehmen sie wahr, wir beobachten sie und draußen dürfen sie machen was sie wollen. Nur nicht stechen und beißen …
Alles Liebe von Deich zu Deich
Claudi
Ich stimme dir mal in allem zu, klar muss man den Kindern beibringen Tiere zu achten. Außerhalb des Hauses werden auch alle in Ruhe gelassen, aber Fliegen im Haus GEHEN GARNICHT ABSOLUT!
Wir haben in jedem Zimmer ein Fenster mit Fliegengitter, das wird dann zum Lüften geöffnet, die Terrassentür hat eine Fliegentür vorgebaut.
So und jetzt oute ich mich mal: Ich habe vorgestern im Keller sehr viele Fliegen erschlagen – ihre Eier im Katzenfutter sind widerlich – und unser Kater hat die aufgefressen, bäh.
Liebe Grüße
Sharon
Achja noch ganz vergessen:
Mein Schwiegervater hat Schafe, Hühner und Tauben und die Kinder wissen auch das es sie dann Sonntags bei Oma und Opa zum Essen gibt.
Als meine Große um die 2 Jahre alt war wollte mein Mann von ihr wissen, ob man Pferde essen kann, ihre Antwort ganz entsetzt: “Neeeein! Du muss man erst Braten!”
Sehr interessantes Thema.
Ich finde, was man häufig dabei vergisst, ist gar nicht mal so sehr das Tiere töten, sondern vielmehr das Tiere qäulen. Dazu gehört aus meiner Sicht zum Beispiel auch unser Konsum an Milch und Milchprodukten. Denn eine Kuh gibt nicht einfach so Milch. Sie wird künstlich besamt, ihr wird anschließend ihr Kalb weggenommen, um ihr danach auch noch die Milch zu klauen. Und zwar unnormal viel. Gerade wenn man stillt, oder mal gestillt hat, wird einem erst bewusst, was das eigentlich bedeutet und wie sich das anfühlen mag für die Tiere…
Interessante Diskussion bei der man nie auf “einen Nenner” kommt. Eine Gesellschaft lebt von der Vielseitigkeit der Menschen und auch deren Meinungen. Beim Thema: Fleisch essen und Milchprodukte zu sich nehmen, sei folgender Gedanke zum Hinterfragen da gelassen: Warum hält sich der Mensch ein Haustier? Warum oft nicht artgerecht, was den Lebensraum und die Fütterung (Essen aus der Dose, Trockenfitter?) betrifft. Hält der Mensch ein Tier um seine Gefühle zu befriedigen? Ob das Tier nun will oder nicht… Auch hier werden Jungtiere von den Eltern weg genommen um dann das Dasein bei den Menschen zu fristen. Rudeltiere werden aus dem Rudel gerissen und womöglich im der Wohnung gehalten. Von dem ganzen “Markt” und den Bedingungen der Bedienung der Nachfrage an “Modetieren” nachzukommen mal ganz zu schweigen… Dann ist auch jeder Zoogänger ein Tierquäler. Jeder, der keine Bio-Lebensmitteln kauft ein Insekten-Töter. Und die Veganer essen den Tieren auch nur das Futter weg ?.
Hm, eine kleine, wahre Geschichte dazu aus unserem Garten: mein kleines dreijähriges Nesthäkchen fand zusammen mit ihrem naturbegeisterten Opa eine geschwächte Wespe auf unserer Terrasse: zappelnd, nass und wütend mit ihrem Stachel zuckend. Ich sah beide, meine Kleinste mit ernsthaften Augen und meinem Papa zu, der zu einem längeren Vortrag über wichtige Insekten, den schönen Farben ihrer zierlichen Körper, dem tollen Orientierungssinn der kleinen Tiere usw. ausholte. Meine Tochter hörte stumm zu, starrte auf die Wespe und sagte zu diesem Thema abschließend nur einen Satz (der unsere ganze Familie bis heute erheitert): ,, Mach sie platt, Opa!”
wir haben fuer teures geld ueberall fliegengitter intallieren lassen. die kommen trotzdem rein, diese fiesen dicken brummer, die gerade noch auf dem nachbarfeld auf einem pferdeapfel gesessen haben! und die muecken…sie finden auch ihren weg. es sind, klar, weniger – aber ich morde auch…brummer, wadenbeisser und muecken ???
Bei uns gilt – ohne schlechtes Gewissen- so wenig wie möglich und so viel wie nötig. Wenn es geht werden Insekten mit nem Glas gejagt und frei gelassen, aber wenn es nachts um meine Ohren sirrt, Ameisen den Kühlschrank plündern oder Schnecken das Salatbeet hält sich das Mitleid in Grenzen