Es ist, als hätte jemand den Schalter gedrückt. Den Schimpfwortschalter. Kaum war einer in der Schule, ging es hier los. Jetzt sind zwei dort – und es geht teilweise ordentlich zur Sache. Leider finde ich den Ausschaltknopf nicht immer…
Früher war es leicht. Da wurde auch mal geschimpft, aber wenn bloß im Wandschrank. Außerdem waren die Schimpfwörter von damals beinahe süß. Jetzt fliegen mir manchmal Wörter um die Ohren, da muss ich schlucken. Manchmal fragen sie selbst: “Mama, was heißt das eigentlich?” Ich schlucke wieder und erkläre und dann sagen sie: “Hui, ich glaube, die, die das in der Schule sagen, wissen gar nicht was das ist.” Wirklich erschrocken scheinen sie zu sein. Und dann höre ich es ein paar Stunden später im Streit doch. Manchmal gucken sie mich dann erschrocken an, als wäre das Wort wirklich versehentlich aus dem Mund geflogen. Manchmal rufen sie es noch drei mal hinterher.
Ich habe es mit ignorieren versucht. Kein große Sache draus machen. Aber ehrlich gesagt, fällt es mir schwer, solche Wörter einfach unkommentiert zu lassen. Ich habe versucht, gemeinsam mit ihnen Schimpfwörter zu finden, die okay sind. “Mistkerl!”, oder so was vielleicht.
Also versuche ich ruhig zu bleiben, ihnen zu erklären, dass ich nicht möchte, dass sie so etwas sagen. Weil ich es nicht mag. Weil es andere Menschen verletzt. Manchmal bitte ich sie, hinauszugehen, wenn sie denn meinen, solche Wörter benutzen zu müssen, weil ich es einfach nicht hören möchte. Natürlich gibt es hier Tage ganz ohne Schimpfwörter. Montags scheint der Schimpfwortschatz besonders gut gefüllt zu sein.
Klar habe ich mich gefragt, ob ich regelmäßig Schimpfwörter benutze.
Ich frage mich außerdem:
Ist das ein Jungsding?
Bin ich zu empfindlich?
Wie geht ihr mit Schimpfwörtern um?
Gibt es doch eine Stop-Taste?
PS. Als die Großen noch kleiner waren, war Schimpfwörter schreien außer im Kinderzimmerschrank auch noch im Wald okay. Da haben sie dann wie die Löwen kurz laut gebrüllt, dann gekichert und dann war es gut.
Alles Liebe,
Hallo, liebe Claudi,
ein Thema, das sicher viele bewegt!
Bei uns (drei Jungs, 1/4/8) gibt es eine selbstgebastelte Schimpfwortkasse in der Küche. Das S-C-H-Wort wurde unter Strafe von 50 Cent gestellt und nachdem die Kasse anfangs öfters geklingelt hat, kommt inzwischen fast nichts mehr rein.
Die Schimpfwort-Geldstrafe ist eine ganz allgemein akzeptierte Regel bei uns, die auch Gäste erzählt bekommen, falls ihnen das Wort in unserem Haus mal rausrutscht. Von dem Geld, das zusammenkommt, wollen die Kinder eines Tages ein großes Eis kaufen oder ins Schwimmbad gehen.. Bei uns funktioniert das bis jetzt sehr gut so.. Liebe Grüße, Verena
Liebe Claudi,
ich verstehe Dich sooooo gut- hier ist das auch immer wieder Thema, auch wenn es bisher “nur” die Kindergarten-Schimpfwörter” sind. Anfangen tut der ganze Spaß ja meistens mit den nachgeplapperten Sch-Wörtern mancher Erwachsenen.
Wir regelen das bei uns so: es gibt wie einen Familien-Standard: wir reden grundsätzlich freundlich usw. miteinander (das ist der Plan! ;-)). Und diese sch….recklichen Wörter passen da einfach nicht dazu. Sie tun mir und allen, die sie hören müssen, ernsthaft in den Ohren weh, sie verpesten die Luft und die Stimmung und deshalb möchte ich sie nicht hören. Ich habe es auch so erlebt, dass die einfach mal ausprbiert werden müssen- dann bitte kurz in ein anderes Zimmer oder raus (aber da bitte aufpassen, dass kein Spaziergänger es hört, denn auch da: es tut ja JEDEM in den Ohren/ dem Herzen weh… ;-)).
Das gilt dann auch, wenn die kleine Schwester (oder umgekehrt der große Bruder) mir berichten, was da ohne mein Hören gesagt wurde: ich will es nicht hören!! Gib Petzen keine Chance! 🙂
So, und dann läuft das zweitweise ganz gut, auch wenn diese Grenze für meine Begriffe zu oft “abgefragt” wird. Und dann gibt es aber auch Phasen, in denen ich müde bin, mich mit diesem Sch…rott Tag für Tag zu befassen. Dann (Auchtung, Diskussionsalarm!) erinnere ich meinen knapp Sechsjährigen mit einem liebevollen kurzen Ziepen an seinem süßen Blondschopf daran, dass ich es nicht SCHON wieder sagen will. Es ist keine Strafe, sondern eine Konsequenz dafür, dass es mit eingfachem Reden wohl gerade nicht klappt. Und dann grinsen wir uns an und es kann sch…ön weitergehen.
Sowei mein ausführlicher Kommentar, es ist wirklich immer wieder ein großes Thema.
Ach, übrigens, das eigentlich nette Buch “Du hast angefangen! Nein, du”, hat das Ganze hier noch ordentlich angeheizt! Auch wenn die Schimpfwörter darin ja eigentlich süß gedacht sind…
Und nein, ich denke nicht, dass es nur ein Jungs.Ding ist, die Kleine hier ahmt gut nach.
Ganz liebe Grüße! Lissa
Liebe Lissa,
da du schon „Diskussionsalarm“ dazu geschrieben hast, muss ich das mit dem Haareziepen jetzt auch tatsächlich kommentieren. Meinst du nicht, dass so wie Wörter dir in den Ohren und – wie du selbst ja schreibst – im Herzen weh tun, deinem Sechsjährigen das Ziepen an den Haaren im Herzen weh tut? Ich finde deine Herangehensweise an das Schimpfwortthema ansonsten gut, aber die Idee, etwas was dir Schmerzen bereitet, mit etwas zu begegnen, das deinem Kind Schmerzen bereitet, ist doch widersinnig, oder nicht? Im Sinne deiner Kinder würde ich dich bitten, das noch einmal zu überdenken. Denn auch das ist eine Form körperlicher Gewalt und das ist einfach niemals in Ordnung.
Liebe Grüße
Johanna
Ja, da hast du vollkommen Recht, das wäre ja wirklich widersinnig! Ich tu ihm da nicht weh, echt nicht!! Es ist wie ein Stups oder sonst eine Berührung, die über das Streicheln hinaus geht. Für uns ist das nur ein Zeichen: genug geredet! Und das wird hier gut verstanden (ohne Angst, nicht als Strafe oder dergleichen), deshalb hab ich es weitergegeben.
Danke, dass du das nochmal angesprochen hast!! Da muss man wirklich vorsichtig sein.
Ähnlich wie die Idee weiter unten mit der Stop-Karte…
Da bin ich beruhigt, dass du das auch so siehst. Ein deutliches „genug geredet“-Signal ist sicher in manchen Situationen hilfreich!
Ich finde es ganz toll, was für freundliche Diskussionen hier entstehen. Danke!!!!
Da ich die Idee mit der Stop-Karte eingebracht habe: ich sehe einen großen Unterschied zwischen Karte zeigen und an den Haaren Ziepen. Zwar, beides ist nonverbal, aber das Ziepen wäre für mich – im Gegensatz zu einer Karte oder einem gemeinsam vereinbarten Zeichen mit der Hand – übergriffig und geht in Richtung körperliche Bestrafung. Würde ich nicht machen.
Und ja, ich habe gelesen, dass du und anscheinend auch dein Kind es nicht als “Strafe” begreift, für mich wäre es das dennoch – oder gestehst du deinem Kind zu, dich bei passender Gelegenheit zu kneifen, wenn es findet, ihr hättet “genug geredet”?
Entschuldigt allerseits, aber diese Verharmlosung macht mich gerade wütend. Auch wenn die Diskussion dadurch etwas weniger gemütlich wird, das muss ich jetzt einfach sagen.
Liebe Claudia,
Ich habe das Schimpfwortthema mit einem 4. Klässler schon fast durch. Wenn mal was richtig blöd ist darf man mal Das Wort mit Sch.. sagen aber man darf niemanden BEschimpfen. Das klappt, das ist verinnerlicht.
Viel schlimmer finde ich den „Slang“ den der Knabe immer öfter benutzt. „Alter“ usw. es kommen manchmal gar keine ordentlichen Sätze raus.
Ohmm hoffentlich auch nur eine Phase.
Liebe Grüße aus dem Süden (BW)
Susanne
Oh ja, genau das gleiche Problem haben wir hier auch. Mir stellen sich wirklich alle Nackenhaare hoch, wenn ich “Alter, ist das geil” usw. von einem 1.Klässler höre. Und bei solchen Aussagen tun sich Jungs und Mädels ehrlich nichts.
Und ich muss auch gestehen, dass ich manche Schimpfwörter einem 7-jährigen noch gar nicht richtig erklären mag.?
„Alter geil“ ? – ganz ganz schlimm. Hat mein Sohn ganz frisch aus dem Kiga importiert …
Oh ja! Übel, oder?
Und das aus so einem zuckersüßen kleinen Mund. Unglaublich.
Ich fühle mit dir!
Claudi
Liebe Claudi,
bisher haben wir noch keine Schimpfwort-Kasse eingeführt, weil es noch nicht wirklich nötig war, aber bei entsprechendem Schimpfwortaufkommen würde ich das bei Schulkindern wahrscheinlich mal ausprobieren. Natürlich muss die Kasse für die gesamte Familie gelten (Kindergartenkinder/Säuglinge ausgenommen)!
Vielleicht wäre ein nonverbales Stopp-Signal, etwa ein Handzeichen oder eine gemeinsam gebastelte Karte für die Hosentasche was? In einem ruhigen Moment des Einverständnisses vereinbart bzw. gebastelt könnte ich mir das durchaus wirkungsvoll vorstellen.
Familiensprachregelungen sind sowieso eine gute Idee. Mir fällt es immer total auf, wenn ein erwachsener Besuch bestimmte Wörter verwendet, die wir nicht verwenden – den Kindern auch! So wird man aufmerksam.
Und “Scheiße” darf man bei uns nur sagen, wenn etwas wirklich “sch..” ist. Das ist sehr selten und klappt tatsächlich.
Das gute alte Ignorieren hilft je nach Situation auch. Es gibt so Phasen, aber eher bei Kindergartenkindern, wo ständiges Draufeingehen nur zu mehr Ausprobieren führt.
Schimpfwortsack oder -schrank zum Reinrufen geht auch gut.
Manche Familien sagen auch “Klowörter” dazu, da dürfen die Kinder die entsprechenden Wörter nur im Bad sagen. Machen wir nicht so, aber funktioniert für einige.
Was mir auffällt: alle diese Umgehensweisen nutzen sich nach einiger Zeit ab, daher muss das Feld anscheinend (leider) immer wieder – kreativ – beackert werden. Aufmerksam bleiben, wie so oft 🙂
Liebe Grüße! Sina
Liebe Claudia,
ich kann dich “beruhigen” (oder auch nicht! :-)) : es hat nichts mit Jungs oder Mädchen zu tun…Meine Mädchen sind in der 2. Klasse und was da an Ausdrücken vom Schulhof mitgebracht wurde, hat mich sehr schnell überrascht und schockiert. Fluchen kann mal jedem passieren (“Sch…”), da gehe ich nicht groß darauf ein. Aber Gossensprache geht hier gar nicht! Leider kommen etliche Ausdrücke der Art und regelmäßig betonen der Papa und ich, dass zu Hause bestimmte Worte (“f…d…”, etc.) und Beleidigungen nicht toleriert werden. Natürlich kann und will ich meine Kinder nicht von allen Einflüssen abschirmen. Ich sehe es aber als unsere Aufgabe als Eltern, einzuordnen, was noch ok ist und was absolut nicht geht. Oft ist es nämlich so, dass irgendwas wiederholt wird, die richtige Bedeutung aber nicht bekannt ist. Ich hoffe sehr, dass auch dies “nur eine Phase” ist, in der die Kinder die Ausdrücke an uns “ausprobieren”….
VG, Mathilde
Liebe Mathilde, die Schimpfwortphase – darauf hoffe ich auch.
Ja, einordnen finde ich auch wichtig.
Sie sollen wenigstens beim Sagen das Gefühl haben, dass Mama und Papa diese Wörter wirklich schlimm finden.
Alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi,
wie bei vielen anderen Sachen, zeigt sich auch beim Thema Schimpfen, dass es egal ist, was ich sage, es zählt nur, was ich tue. Ich kann also meinen Kindern immer wieder sagen, dass man nicht schimpfen soll, wenn mir aber dann doch ab und zu ein Schimpfwort ausrutscht, dann war es :-). Dann kommen sie erstmal grinsend angelaufen, dass Mama “Sch…” sagt, um sich dann zu ärgern, dass Mama so was sagen darf und sie nicht. Es wird bei uns also klar unterscheiden. Wer einer mal wütend ist – egal wer – darf er auch ruhig mal schimpfen, obwohl er dabei gleich nicht die schlimmsten Ausdrücke benutzen soll. Und da überhöre ich auch mal das eine oder andere Wort. Was aber gar nicht geht, ist einen anderen mit Schimpfwörtern zu beleidigen. Wenn ich so was bei den Kindern höre, dann greife ich ein und erkläre, dass man sich streiten und anderer Meinung sein kann, auch ohne den anderen dabei zu verletzten.
Obwohl ich dazu noch sagen muss, dass ich als “Nichtmuttersprachlerin” die meisten deutschen Schimpfwörter nicht sooo schlimm empfinde, während ich bei den tschechischen Schimpfwörtern sofort rot werde und sie nicht mal aussprechen mag:-). Ein tschechisches ganz harmloses (!) Schimpfwort haben wir doch als einen kleinen Retter parat und wenn meine Laune und die der Kindern ganz tief am Boden ist und ich könnte wirklich nur schreien oder heulen, dann fangen wir laut – auch mal auf der Strasse – zu schimpfen und lachen, dass uns keiner verstehen kann, dass wir gerade schimpfen, und der Tag ist wieder mal gerettet:-)
Zum Thema “Schimpfen und Wütend sein” empfehle ich hier sehr gerne das Buch “Kotzmotz der Zauberer” von Brigitte Werner. Es ist einfach – nicht nur sprachlich – sehr schön.
Liebe Grüße
Vanda
Liebe Vanda, was für eine schöne Geschichte. Danke fürs Teilen!
Alles Liebe,
Claudi
Puh, auf diese Frage hab ich auch noch keine Antwort. Unser frischgebackenes Schulkind kannte auch schon im Kindergarten von Freunden richtig fiese Sachen, zt auch Lieder! Wenn jemand “Scheiße” sagt, sag ich auch ” Klowörter auf dem Klo”, aber es gibt da echt andere Kategorien, die mich auch ratlos/wütend/beschämt machen. Gute Diskussion!
Ja, das “Sch…”-Wort ist noch schön, aber die Liga, die danach kommt noch übler.
Müsen wir wohl alle durch.
Alles Liebe!!!
Also ich sehe – zumindest bei meinen Kindern-, da schon einen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen. Die Große mit elf Flucht nicht, und der es außer der Pause mit drei /vier, als alles “pipikacka” etc. war, nur getan. Die Jungs, acht und fünf, betätigen sich höchst motiviert auf den Schimofeirtsektor. Gerne auch laut quer durch die Nachbarschaft. Das gruselt mich, aber ich halte es immer noch für am besten, nicht aus jedem Ausspruch ein Riesending zu machen, dann legt es sich auch schnell wieder.
Dass mit dem Riesending versuche ich auch.
Klappt mal besser, mal schlechter.
Alles Liebe!
Mein knapp Dreijähriger sagt zur Zeit zu jedem, auch der älteren Dame an der Kasse hinter uns „Na, du Arschilochi!“ und lacht sich kringelig über die Reaktionen… Ihr könnt euch vorstellen, wie peinlich mir das ist!
Und ich bin absolut machtlos, es nützt alles nichts, kein Erklären, ignorieren, schimpfen… ich atme es also weg und tue völlig unbeteiligt. Der blanke Horror!
Oh weh, das glaube ich. Da möchte man im Erdboden versinken.
Ganz liebe Grüße,
Claudi