Was ist eigentlich los auf Instagram? Nachdem wir Mütter uns dort zur Einschulungszeit jahrelang die coolsten, größten, glitzerigsten Schultüten und wahlweise süßigkeitenvollsten oder gesündesten Kuchen vor die Scrollaugen geworfen haben, gibt es dieses Jahr das Gegenprogramm: Tüte wäre zu viel, Inhalt zu viel, alles zu viel. Für die Kinder und die Mütter (und Väter) und überhaupt. Die ganze Um-die-Wette-Backerei würde Druck machen, noch mehr Druck, als wir sowieso schon haben und eine schöne Schultüte würde doch nun wirklich keine gute Mutter ausmachen…

Puh, ich muss sagen, Instagram fühlt sich manchmal schlimmer an als einer dieser Elternkurse im Babyjahr. Und zwar nicht, weil ein Kind sich dort schneller drehen, besser brabbeln oder pupsen konnte, sondern weil stundenlang darüber geredet werden musste. Heute können sie alle pupsen, heute sind es also die Schultüten. Größer, bunter, selbstgemachter oder am schönsten gekauft – echt jetzt?

Warum, frage ich mich, fühlen wir Frauen uns immer so unter Druck gesetzt?

Mein Mann würde zum Beispiel denken: “Tolle Tüte.” Punkt. Im Leben würde er nicht von einer Tüte darauf schließen, dass er auch so eine machen müsste. Wenn er aber Lust hätte, eine zu machen, würde er sich eine Anleitung angucken und sie so gut es geht nachmachen. Wir Frauen dagegen machen uns oft das Leben schwer. Warum bloß? Ich frage mich – und erstmal echt vor allem mich – warum gucken wir  und vergleichen sofort? Oder urteilen? Wieso vertrauen wir nicht viel mehr auf unseren Bauch, unsere Hände, unsere Nähmaschine oder den Schultütenshop im Netz. Diese Vergleicherei ist für mich tatsächlich das absolut Anstrengendste in Sachen Elternsein und ich versuche täglich, mich davon freizumachen. Klappt nicht immer. Aber manchmal.

Wir hatten gestern zum Beispiel eine super schöne Einschulung. Ich hatte eine Schultüte selbst genäht, weil ich Bock darauf hatte. Ich habe mir dafür mal wieder nicht die Nägel lackiert. Ich habe aber NICHT darüber nachgedacht, ob ich meinem Kind durchs Selbstnähen mehr Liebe gebe. Oder ob es mich dank der Schultüte mehr lieben würde. Ich bin mir absolut sicher, mein Sohn wäre mit allem glücklich gewesen, hauptsache Tüte. Bei der Einschulung gab es übrigens größere Tüten und kleinere, es gab selbstgemachte und gekaufte und genähte und nichtgenähte. Kein Kind sah unglücklich aus (zumindest nicht wegen der Tüte). Warum also Druck?

Nach der Schule gab es bei uns Kuchen: eine Torte aus einer Fertigmischung und einen reich verzierten.

Mit dem hatte ich mir am Vortag einen schönen Abend gemacht. Zuckerstreuseln ist mein Yoga. Also manchmal, wenn ich Lust darauf habe. Ich weiß ganz sicher, dass der Spaß und die Freude, die ich bei einer Feier habe, auf keinen Fall davon abhängig ist, ob ich nun eine siebenstöckige backe oder eine bestelle oder beim Bäcker Donuts hole. Es geht um das bei sich sein. Im Moment sein. Um die Einsicht, dass ich einfach gern bei anderen schaue, weil ich einfach gern bunte Schultüten schaue. Genauso wie ich mich gern auf Pinterest inspirieren lasse. Zufrieden sein muss ich aber mit mir. Und immer abgleichen: Was will ich? Was passt für uns? Was kann ich? Was ist für mich möglich?

Ich frage mich immer: Habe ich Lust darauf? Als darauf, eine Tüte zu nähen, eine Torte zu backen oder was auch immer. Dann ist es prima. Oder erwische ich mich dabei zu denken, dass andere denken, ich sollte etwas machen. Dann lasse ich es. In den allermeisten Fällen.

Die perfekte Taille, Tüte oder Torte werden mich nicht glücklich machen.

Wenn ich lese, wie sich Mütter auf Instagram regelmäßig angehen, dann denke ich immer: „Haben wir keine anderen Sorgen?“ Dann fällt mir ein, dass wir uns nach den Schultüten wohl leider wieder in Sachen Klima beschimpfen werden.  Und dann weiß ich auch nicht so richtig weiter. Warum fällt es uns Frauen bloß so schwer, bei uns zu bleiben? Unser Ding zu machen und andere ihr Ding machen zu lassen?
Bei @fearnecotton habe ich letztens so etwas Schönes auf Instagram gelesen: „Perhaps we spend the first 40 years hoping others like us, morphing into what we want them to see, moulding our stories an words to fit a puzzle that doesn’t exist, desperate to be liked and accepted by others. (…) Then maybe we spend the next 40 years (…) attemting to like ourselves, willing ourselves to accept every ounce of life that came before, setting into knowing we’re with all our flaws an previous mistakes, knowing the only person we need to impress or prove anything to is in fact ourselves”<

Und ihr? Unter Druck? Oder nicht?
Alles Liebe,

Claudi