Der Süden Sardinien ist heiß, hügelig und tollerweise komplett frei von Hotelbetonkomplexen. Es gibt dort die zuckerweißesten Buchten und das glasklarste Wasser mit den buntesten Fischen, das wir in Europa je gesehen haben. Unsere Woche dort war ein echtes Abenteuer…

Wie kommt man in Sardiniens Süden?

Auf der Fahrt von Olbio im Nordosten Sardiniens in den Süden fahren wir kilometerlang an braunbeigen Feldern vorbei, die typischen grünen Berge verschwinden für eine Weile. Sogar der Fahrtwind ist heiß. Draußen raschelt die Trockenheit. Wir machen Halt in Oristano, schauen einmal den stürmischen, seegrasigen Strand auf der Westseite an. Dann geht es auf der E 25 weiter, an Cagliari vorbei bis nach Pula. Etwa dreieinhalb Stunden dauert die Fahrt.

Schließlich stehen wir vor einem Tor. “Pineta is Morus” sagt uns das verschnörkelte Metall. Wir sind laut Beschreibung da – bloß unser Haus ist es nicht. Ein Italiener im Wagen vor uns hatte uns netterweise reingelassen, H. aus Süddeutschland half uns beim Suchen und lädt uns für später auf ein Glas Wein ein. Irgendwann viel später, finden wir unser Haus dann doch…

Der erste Eindruck vom Haus ist ein Traum. Mein Traum.

Eine kleiner Kieselweg, pastafarben verputze Wände, grüne Fensterläden und eine Veranda. Der Garten ist trocken und tannennadelpieksig, statt grasgrün, wie auf den Fotos. Aber es ist eben Sardinens Süden und Sommer! Ich wollte schließlich Charme! Mein kleiner Pflanzenfreund und ich streunern durch den Garten, bewundern die kindergroßen Kakteen und blühenden Büsche.

Innen ist das Haus einfach, aber gemütlich. Das geflieste Wohnzimmer mit den bunten Tellern an den Wänden und den zwei gemütlichen Sesseln ist schön kühl. Und ja, ich seufze beim Anblick von verschnörkelten Holzbetten mit weißer Spitzenbettwäsche auf schwarzweißem Keramikboden. Meine Söhne weniger. Die fragen nach der Klimaanlage. Ja, ich gebe es zu, im Haus roch es sehr streng nach Desinfektionsmittel. Aber hey, Corona!?! Während ich schwärme, wie wildromantisch es ist, vermissen die Jungs einen Pool. Bis draußen, gefühlt durch unseren Garten, der erste Laster vorbeidonnert. “Mama!”, raunen meine Söhne und verdrehen die Augen. Grinsen aber.

Wo wohnt man auf Sardinien als Familie am besten?

Wir packen aus, versuchen das Haus zu unserem zu machen. Ich krame in der Küche nach einer Tasse, find ein paar bunte und bin ganz glücklich. Ich liebe es, in Ferienhäusern Geschirrschätze zu entdecken. Setze mich mit bunt geblümter Keramik auf die Terrasse. Die Jungs chillen zufrieden in der Hängematte, essen  italienische Fruchtgummis aus dem Supermarkt, der bloß einen Spaziergang von uns entfernt ist. “Herrlich, oder?”, rufe ich. Bis die Mücken kommen.

Denen ist es im heißen Süden Sardiniens eigentlich zu trocken. Außer in dem kleinen Tümpel neben unserer Terrasse, da fühlen sie sich piekspläsierlich. Langsam bekommt mein romantisches Bild von unserem Haus Charmekratzer. Einen schönen Abend haben wir trotzdem. Weil wir uns nämlich spontan an die Einladung von H. erinnern und mit einer Flasche Wein zu ihm, seiner netten Familie und ihrem Ferienhaus ohne Chemiearoma und Mücken, dafür mit Pool, laufen


Um es kurz zu machen: Der Geruch nach Desinfektionsmittel nahm über die Woche ab, der Gestank nach, nach, ja was eigentlich, zu… Am vierten Tag war es so schlimm, dass wir uns nicht mehr in der Küche aufhalten wollten. Am fünften suchten wir zum wiederholten Mal das Haus ab, fanden aber nichts. Am sechsten Tag, am Abend bevor wir am nächsten Tag abfahren wollten, hängte Andre draußen unsere Handtücher auf, während ich duschte.

Irgendwann schrie es im Garten verdammt laut.

Ich lief im Handtuch nach draußen. “Guck dir das an!”, zischte Andre und ich folgte seinen Finger, an der Hauswand hoch, bis zum geschlossenen Fensterladen im ersten Stock. Dort lief Wasser aus dem Fenster, kein Tropfen, sondern ein Schwall. Und es stank. Modrig, vergammelt, bestialisch.

Wir haben uns nichts gedacht bei dem abgeschlossenen Zimmer im Erdgeschoss. Dachten, dass eben die Hausbesitzer dort ihre Privatsachen horten. Offenbar horten sie dort Schimmel. Plötzlich war klar, was so stank.

Eine gute Sache hatte unser Horrorhaus.

Weil wir uns dort nämlich so unwohl fühlten, waren wir ganz besonders viel unterwegs und verliebten uns bis über alle sonnenwarmen Ohren und salzverkrustete Haare in Sardiniens Süden. Er ist heißer, karger, verbrannter, rauer und menschenleerer als der Norden und Osten. Die filigranen Flamingos in den Salzseen wirken vor den Industrietürmen am Horizont surreal. Und oft liegt am Straßenrand, auf den Parkplätzen, im Gebüsch Müll.

Dafür gibt es im Süden für uns die allerschönsten Strände, die charmantesten Orte und mit Cagliari eine richtig tolle größere Stadt zum Entdecken. Es ist irgendwie wild, an vielen Ecken herrlich untouristisch, es gibt wenig Bebauung, keine großen Hotelkomplexe, dafür staubige Straßen, die sich durch zirkadenzirrende Wälder schlängeln. An den sonnenbeschirmten Ständen links und rechts gibt es auf bunten Plastikdecken das leckerste Obst der Welt zu kaufen. Der alte Mann mit der Spitzenblumeschürze hinter seinem Stand schenkt uns allen breit grinsend eine Aprikose, das Olivenlaub raschelt. Hach.

Wenn irgendwie möglich, würde ich in der Nebensaison fahren, dann hat man die zuckerweißen Strände und das badewannenwarme, glasklare Wasser mit den bunten Fischen nämlich laut Freunden tatsächlich beinahe für sich.


Tipps für Sardiniens Süden

–  Pula: Der kleine Ort ist unser Liebling im Süden. Bonbonbunte Häuser in kleinen Gässchen und rund um den Marktplatz unzählige Tische mit karierten Decken und Pizza. Italien wie aus der Miracoli-Werbung, bloß in echt. Kinder flitzen bis spät abends über den Platz, um halb zwölf essen wir noch ein Eis und überall leuchten Lichterkettenlichter.

RESTAURANT-TIPP: Sin Contru, Piazza del Popolo 63, direkt am Markt. Ich hatte eine weiße Pizza mit Champignons, Speck und Provola Käse. Super! Und der Salat mit Nektarine war ebenfalls köstlich!

Strand Spaggia Su Giudeu: Unser Liebling. Die Anfahrt über eine staubige Buckelpiste ist etwas schwierig, daher ist der Strand tollerweise aber sogar in den Ferien nicht zu voll (Außer samstags und sonntags, wenn die Italiener kommen.) Es gibt einen bewachten Parkplatz für drei Euro am Tag und am schönsten läuft man über einen Holzsteg zwischen den Salzwiesen in Richtung Sandsichel und grüßt dabei die Flamingos, die rechts und links im Wasser staksen.

Zwischen den Steinen vor der kleinen Insel kann man ganz viele bunte Fische sehen. Unbedingt Schnorchel mitbringen!

Ausflüge für Familien in Sardiniens Süden

Strand Spaggia Di Porto Giuncu in Villasimius: Der Strand wird auch Klein-Seychellen genannt. Und ja, die honigfarbenen Felsen an schwappendem Wellenblau erinnern tatsächlich daran. Wir fanden den Strand in den Ferien allerdings, wie so viele andere auch, viel zu voll. Ich schätze, in den Herbst- oder Frühlingsferien ist es ein Traum dort!

Villasimius: Die Anfahrt auf der Panorama Straße ist ein Traum (wenn man die Industrie vor Cagliari hinter sich gelassen hat). Der Ort erwacht gegen Abend aus der Siesta, dann gibt es hier Drinks, Stände und viele Menschen. Ganz schön und ganz schön viel los, aber unser Herz gehört Pula.

Noch mehr Tipps für einen Urlaub auf Sardinien:

Cagliari angucken. Wir waren total begeistert von der sardischen Hauptstadt. mein Tipp: Abends herkommen. Dann ist es zwischen den imposanten Sandsteinfassaden schön kühl und man fühlt sich in den engen Gassen wie im Mittelalter. Wir haben ein Restaurant entdeckt, dass abends seine Tische auf die Straße stellt und in der lauen Luft die Spezialität Sardiniens probiert: Su Porceddu, gegrilltes Spanferkel. Sehr lecker!

RESTAURANT-TIPP: Osteria Sa Domu Sarda, Via Sassari, 51. Lecker als Vorspeise: Pane Carasau, einknuspriges Brot, so dünn, dass man es im restlichen Italien auch “Carta Da Musica”, also “Notenpapier”nennt. Wir hatten eine Lasagne mit diesem Brot und gebratenem Gemüse als Vorspeise. Super lecker!

Casasinas probieren. Ursprünglich gab es die sardischen Törtchen mit Ricotta bloß zu Ostern. Inzwischen gibt es sie das ganze Jahr.

Was macht Sardiniens Süden so besonders?

Wie es mit uns und dem Horrorhaus zu Ende ging? Wir haben uns beschwert – aber niemand von den Vermietern konnte Englisch. Ich habe das erste Mal eine schlechte Bewertung bei AirBnb geschrieben. Und wir hatten noch tagelang Schimmel in der Nase. Bäh…

Aber wir haben viel mehr wunderbare Erinnerungen an den Süden!!! Die Ecke ist meine liebste auf Sardinien. Das alles war so schön: Die wunderschönen Strände, die freundlichen Obststände am Straßenrand, die zirkadenzirpenden Wälder und die tollen Abende mit H. und seiner Familie. Und jetzt, ein Jahr später, können wir über unser Horrorhaus lange lachen.

Ich habe noch was in Sachen Urlaub für uns gelernt.

Ich habe für mich außerdem verbucht, dass charmante Natursteinhäuser für uns derzeit vielleicht nicht das richtige sind (Schimmel hin oder her).Denn so eingewachsen und idyllisch Haus und Garten vielleicht sein mögen, meine vier Kinder wollen derzeit Action, Wasser, andere Kinder. Und ich bekomme viel mehr Entspannung, wenn sie keine haben. Also her mit den Ferienhausparks und Großcampingplätzen für uns für die nächsten Jahre!!!

Die Kommune Pineta is Morus, in der unser Horrorhaus steht, kann ich daher echt empfehlen. Es gibt dort ganz viele verschiedene Unterkünfte unter Pinien, viele auch mit Pool, statt Mückentümpel. Und es gibt eine große Sportanlage, Spielplätze, eine idyllische Bar und private Straßen fast ohne Autos. Das ist echt super mit Kindern!

Das hier könnte ich mir zum Beispiel toll mit Freunden vorstellen. Und das hier ist das Haus, in dem H. mit seiner Familie gewohnt hat. Innen ein bisschen plüschig, aber mit einem traumhaften Pool und die Kinder können durch die Gartenbüsche zum Sport- und Spielplatz der Anlage direkt daneben flitzen. (Und die großen zum Aperol in der Bar).


Hast du noch Tipps für Südsardinien? Ich freue mich riesig, wenn du sie hier ergänzt. Zu unserer Reise findest du noch mehr Bilder und Tipps in meinen beiden Sardinien-Highlights auf Instagram.

Urlaubsvorfreudige Grüße,

Claudi