Sie hatten es die ganze Autofahrt hier her geplant: dass sie in einer Skigruppe sind und wie sie zusammen die Pisten pesen, am liebsten die kleinen Geheimen, zwischen den Tannen hindurch. Es war letztes Jahr so gewesen und für sie war klar, dass es dieses Jahr wieder so sein würde. Verrückt wie ein Erlebnis eine Sache für Kinder in Stein meißelt. Dann war die erste Skistunde da – und die beiden in einer Gruppe. Dann aber meinte der Skilehrer nach dem Probefahren, dass einer von beiden in die nächst höhere Gruppe wechseln solle…
Erst lange Gesichter bei beiden. Dann stolzes Lächeln bei einem. Und Verzweiflung im Gesicht des anderen. Ich lächelte ihm über den Schnee und die Absperrung hindurch zu. Ich presste die Lippen zusammen, so sehr litt ich mit.
„Ich glaube, eigentlich sind sie beide echt gleich gut!“, meinte mein Mann. Ich zuckte mit den Schultern. „Aber wir machen die Gruppen ja nicht!“, raunte ich. Er nickte sofort: „Nein, das machen wir nicht!“
Auf keinen Fall wollte ich zum Skilehrer gehen und ihm vorschlagen, den zweiten auch in die bessere Gruppe zu schicken. Auf keinen Fall. So viele Eltern um mich herum taten genau das, glaubten so viel mehr über die Skifahrkünste ihrer Kinder zu wissen, als die Skilehrer.
Mittags kam ein Sohn grinsend auf mich zu, wir klatschen ein. „Und, wie war’s?“, fragte ich. „Super!“ meinte er. Ich klopfte ihm auf die Schulter.
Der zweite kam langsam auf mich zu, hängender Kopf, hängende Schultern. „Komm mal her!“, flüsterte ich und setzte mich mit ihm auf eine Bank. Ich hatte vorher überlegt, was ich sagen würde. Ob ich es aufs Alter schieben sollte oder ihm sogar raten sollte, sich anzustrengen, um dann vielleicht doch noch die Gruppen wechseln zu können. Ich hatte überlegt, ob ich ihm erklären sollte, dass zwei Gruppen auch eine dicke Chance sind, zum Beispiel um neue Freunde zu finden.
Aber ich sagte nichts. Ich drückte ihn ganz fest. Streichelte ihm über die verschwitzten, vom Helm platt gedrückten Haare. Und dann sagte ich genau das, was ich die ganze Zeit von meinem Hüttenplatz aus gedacht hatte: „Ich hatte heute so einen Spaß, dir beim Skifahren zuzusehen!“
Er schwieg. Dann lächelte er.
Ich wollte ihm später noch so viel mehr sagen. Zum Beispiel, dass es für mich am Allerwichtigsten ist, dass er Spaß hat. Dass es mir völlig egal ist, wie gut, technisch astrein oder schnell er bereits fährt. Es war nicht nötig. Er stand auf, rannte an unseren Mittagstisch, klatschte auf dem Weg mit einem Mädchen aus seiner Skigruppe ab. Und wir redeten danach nicht einmal mehr darüber, dass irgendetwas anders sein könnte.
Erst später entdeckte ich im Internet diesen spannenden Artikel zum Thema Eltern sein und Kindersport. Ich glaube eigentlich, André und ich sind da beide ziemlich entspannt, aber ich erinnere tatsächlich, dass mein Mann ab und zu erwähnte, wie anstrengend er die Rückfahrten von Fußballspielen manchmal empfand.
„Ich liebe es, dich spielen zu sehen!“ Was für eine liebevolle, absolut sportliche Rückmeldung.
Liebe Grüße,
Liebe Claudia,unsere Tochter(10) ist beim Leistungschwimmen.Und das ganze Drumherum wird immer schlimmer.Es gibt Wettkampf Badeanzüge,es werden in der Halle nur Nudeln gegessen und ein Mädchen hat meiner Tochter gesagt,dass sie dick sein.Es stehen Eltern an Rande,die parallel zu diversen Kampfrichtern die Zeit messen,Videos machen und das alles versenden und nicht mal in das Gesicht ihres Kindes gucken,wenn es eine Urkunde oder gar Medaille bekommt.Es ist wichtiger dass der Erfolg im Whatsapp Status ist bevor man raus aus der Halle ist.Es werden 70 Euro für den superleichten Wettkampfanzug ausgegeben,dabei geht es um die Entscheidung zwischen Platz 15 oder 16. Wir machen auch Sport,versuchen den Kindern vorzuleben,dass es uns dabei um einen gesunden Lebensstil geht.Wenn sie Erfolg hat loben wir sie.Wenn es nicht so gut lief auch,denn es ist super,dass sie es überhaupt macht.Sie hat keinen Wettkampf Badeanzug, der sie 3 Hundertstelsekunden schneller macht,wir gehen auch mal ans Kuchenbuffet,ich habe keine Angeberfotos im Status… aber ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Bereich fast alleine bin mit einer entspannten Einstellung
Ups, das klingt aber wirklich ziemlich anstrengend.
Da hoffe ich ja, dass das Schwimmen den Kindern überhaupt so viel Spaß macht wie ihren Eltern. Wie schön,
dass ihr da so einen entspannten Umgang damit gefunden habt!
Alles Liebe,
Claudi
Ich lese das hier jetzt erst und oh, ich weiss genau, wie du dich fuehlst. Meine Tochter turnt und sie macht es halt, weil es ihr Spass macht. “Leider” ist sie auch sehr gut und der Druck vom Verein ist immens. Sie wollen das Training verdoppeln, und Wettkampfpfilcht. Meine Tochter will nicht und ich ehrlich auch nicht – sie erst sechs. Da unterstuetze ich sie auch und habe mit dem Verein Klartext gesprochen. Jetzt ertne ich boese Blicke und meine Tochter muss sich auch etwas anhoeren, denn ploetzlich will sie nicht mehr. Ich finde es schade, dass der Spass von unserer erfolgsorientierten Gesellschaft als unwichtig betrachtet wird und nur der Erfolg zaehlt.
Hut ab, dass ihr die Einstellung habt, die ihr habt.
Liebe Gruesse aus der Ferne
Andrea
Ein toller Satz. Da kommen mir gleich die Tränchen. So viel Herz und Weisheit. Danke ✨
— unsere sind alle sehr sportlich unterwegs, und ja, Enttäuschungen gehören genauso dazu wie ein gefeierter Sieg. Aber genau das ist doch auch die Chance des ganzen. Unserer Kids wissen, dass ihr Wert nicht von einer Platzierung abhängt. Sie haben Spaß an ihrem Tun und geben ihr bestes. Was für eine schöne Lebensschule.
Allerdings!!! Das klingt ganz toll, wie ihr damit umgeht.
Herzlichst,
Claudi
Ich sehe es genauso!!
Meine beiden Söhne spielen Fußball und mein Mann ist Trainer.
Es ist kaum zu glauben mit welcher Einstellung Eltern am Spielfeldrand stehen.
Sie haben einen unglaublichen Ehrgeiz !
Alle Kinder haben in ihren Augen Potential für die Bundesliga !!!
Nur die Trainer sind blind und erkennen das nicht:))
Unglaublich
Oh ja, beim Fußball kann es auch sehr anstrengend sein.
Alles Liebe,
Claudi
Ein sehr schöner Artikel! Ich hatte sogar Tränen in den Augen. Den Satz verinnerliche ich. Er ist wunderschön und eure Reaktion finde ich sehr toll!
Zu dem Kommentar vor mir: Sehr schön beschrieben! Das ist doch nicht nur beim Sport so. Viele Eltern posten sämtliche Erfolge ihrer Kinder im WhatsApp-Status. Und auch ihre eigenen “Erfolge bzw Highlights”. Ich verstehe ja, wenn man stolz ist und etwas zeigen möchte und klar mach ich das selber auch mal. Aber manchmal muss ich mich selbst wieder total bremsen, nicht immer zu denken “Oh, Franzi hat schon das Seepferdchen, meiner noch Angst vor dem Wasser… Ah, Hansi hat ein schon Mountainbike zum 4. Geburtstag bekommen, wir sollten auch mal wieder mehr Radfahren üben… Toni macht grad den ersten Skikurs, unserer will sich im gemeinsamen Winterurlaub noch nicht von uns trennen… Max Eltern machen jeden Samstag einen tollen Ausflug mit ihm und seiner Schwester, so viele schöne Bilder posten sie jedesmal – wir aber werkeln daheim in Haus, Hof, Stall und Garten und unser Bub hilft mit oder spielt und manchmal ist ihn auch langweilig. Bieten wir ihm zu wenig..?
Ich könnte noch lange weitermachen und komm grad irgendwie total vom Thema ab. Sorry dafür! 🙂
Und ich sag danke für die schönen Gedanken und Worte, du du mit uns teilst.
Und da
Hallo und lieben Dank für deine Gedanken!
Ich denke da auch sehr oft drüber nach, anderseits ist es ja auch schön, sich mit jemandem mitzufreuen ohne gleich sich selbst oder seine Familie zu hinterfragen. Jeder hat sein Glück – und jeder hat sein Fass zu tragen, denke ich immer.
Mein Mann kann das irgendwie besser, der vergleicht nicht ständig – etwas, das ich sehr an ihm bewundere.
Alles LIebe,
Claudi