Kürzlich traf mich die Erkenntnis: Ich bin jetzt mittelalt. Nicht mehr Team bauchfrei, noch nicht Team beige. Körperlich noch nicht jenseits von Gut, aber manche Delle ist schon böse. Viele Drinks zünden kein Feuerwerk mehr, sondern eher fiesen Kater. In meinen Lieblingsserien finde ich Typen heiß, deren Mutter ich sein könnte. “Früher” meint mittlerweile “vor mindestens 20 Jahren”. Klingt übel? Ist es nicht! Weil: Ich war noch nie so überzeugt von mir, seitdem ich die 40 geknackt habe…
Okay, die Monate vor meinem runden Geburtstag waren gewöhnungsbedürftig. Die Zahl stand mir ziemlich bevor. Mehr, als ich mir selbst gegenüber zugeben mochte. Ich hatte plötzlich wieder das dringende Bedürfnis, unvernünftig feiern zu gehen. Die Nacht nicht mit einem kranken Kind durchzumachen. Sondern bis Sonnenaufgang mit meinen Freundinnen steil zu gehen. Unbeschwert zu sein, nicht unabkömmlich.
Weil ich verdammte Angst hatte, die 40 wäre ein Scheidepunkt.
Einer, an dem es kein Zurück mehr gibt. Einer, der zu vieles zu schnell verändert: Den Körper. Die Chancen. Das Leben. Als wäre davor irgendwie alles möglich gewesen – und danach nur noch der traurige Bodenrest übrig. Dann wurde ich unverhofft zum dritten Mal schwanger – und hatte erstmal dringlichere Sorgen als meine Midlife Crisis.
Als ich nach der Babyblase wieder zurück zu mir fand, lag die 40 schon lange hinter mir. Von hinten betrachtet war sie viel weniger furchteinflößend. Und ich war tatsächlich eine Andere. Aber eine, die mir viel besser gefiel als gedacht. Eine, die irgendwie besser zu mir passte als die vorherigen Ausgaben meiner Selbst. Wie ein Kleid, in das man erst richtig reinwachsen muss. Nicht durch Verzicht, sondern durch (Lebens-)Fülle. Ja, ich hatte ein paar Aha-Erlebnisse in letzter Zeit, allen voran das:
Ich sehne mich nicht nach einem bestimmten Alter zurück.
Ich möchte nicht mehr 25 sein. Auch nicht 16 oder 38. Ich will nie wieder die Hormonstrudel meiner Teen-Jahre durchleben. Oder die meiner Schwangerschaften. Ich will nicht mehr nach Liebe suchen – und stattdessen Bindungs-Phobiker finden. Ich will mich nicht mehr fragen müssen, wer ich bin und was ich wirklich will. Welcher Beruf zu mir passt, welcher Style, welcher Mann, welches Leben. Ich bin froh, das alles hinter mir zu haben. Und so verdammt stolz darauf, was ich bisher erreicht habe:
Ich habe drei Kindern geboren, getröstet und beschützt – und erziehe sie nach Kräften zu tollen Menschen. Ich habe die Liebe gefunden und festgehalten, allen Stürmen zum Trotz. Ich habe das Leben gefeiert und den Tod ertragen. Ich habe existenzielle Krisen gemeistert und Resilienz gelernt. Ich habe mein Talent erkannt und mich dafür gerade gemacht. Ich war mutig und ängstlich, stark und schwach. Ich kann eine gute Freundin sein und eine ernstzunehmende Gegnerin.
Ich bin auf vielen Umwegen zu der Frau geworden, die ich jetzt sein will.
Ich punkte zwar nicht mehr mit faltenfreiem Lächeln. Dafür mit einem um so selbstbewussteren. Meine Beine mögen nicht mehr unbedingt Catwalk-kompatibel sein. Aber auf ihnen stehe ich unbeirrbar für mich und meine Bedürfnisse ein: In der Liebe, im Leben, im Job.
Ich mag nicht mehr nur meine Vorzüge, sondern auch endlich meine Macken: Dass ich mein Herz auf der Zunge trage, weil ich Stille nicht ertragen kann. Dass ich eine Ordnungs-Irre bin. Dass ich zu viele Schimpfwörter benutze, ungeduldig, launisch und rechthaberisch bin.
Darüber mögen andere die Augen rollen. Aber ich entschuldige mich nicht mehr dafür, ich zu sein. Seitdem ich mir auch meine Fehler zugestehe, fühle ich mich besser, lässiger, liebenswerter als je zuvor. Anziehender sowieso. Weil Attraktivität nicht außen an der Grenze zwischen Haut und Körper endet. Sondern erst innen wirklich beginnt.
Vor mir tut sich gerade ein ganz neues Leben auf.
Jenseits der 40 ist nämlich noch ziemlich viel zu holen. Ich arbeite das erste Mal in einen Job, der mich richtig glücklich macht. Ich richte mich immer noch und immer besser in einem Leben ein, das ich selbst gewählt habe. Der Stress der Babyjahre liegt hinter mir, Karriere-Kapriolen und Hausbau ebenfalls. Am Horizont: Mehr Me- und We-Time. Und Zeit, die Frau zu genießen, die ich geworden bin.
Das ist 40er-Feminismus: Einen Körper, den ich feiern statt kasteien will. Gedanken denken, die mich beflügeln, nicht beschränken. Das Leben leben, nicht nur überleben. Übersprudeln, experimentieren, anecken – ohne Reue, ohne Scham. Was habe ich zu verlieren? Ich weiß, wer ich bin, was ich kann, was ich will. Lebenserfahrung macht einfach umwerfend.
Ich bin gerade Team selbstbewusst. Und ihr?
PS: In diesem tollen Buch kommen viele großartige Ü40-Frauen zu Wort – u.a. teilen Alexa Henning von Lange und Mirna Funk ziemlich spannende Gedanken zu dieser besonderen Zeit.
Alles Liebe,
Liebe Katia,
Danke für alle Texte der letzten Wochen. Ich habe bei jedem einzelnen gedacht, mal wieder mitten ins Herz getroffen… Du schreibst immer mitten aus unserem Leben, dass ist manchmal schon fast unmöglich. Du schaffst es meine Gedanken zu verschriftlichen, dafür Danke ich Dir sehr. Du bist das beste Tagebuch was es gibt! LG Kerstin
Hej liebe Kerstin, was für ein schönes Kompliment, ich danke dir! 🥰 Lustigerweise empfinde ich das Schreiben oft genau so: Wie ein Tagebuch, in dem eben auch andere stöbern können. Es freut mich jedenfalls sehr, wenn ich mit meinen Texten ins Herz treffe. Alles Liebe!
Ich habe heute Geburtstag, den 42., und dein Text trifft gerade sehr mein Gefühl… 😊
Hej liebe Eva, wie schön!! 🙂 Meinen allerherzlichsten Glückwunsch! Lass dich feiern – nicht nur heute! Alles Liebe!
Ich liebe deinen Text und kann ihn nur bestätigen: von hinten betrachtet ist die 40 viel cooler als von vorne 🙂 Einfach mitten im Leben!
Freu mich auf mehr Artikel von dir.
Liebe Grüße Christiane
Hej liebe Christiane, freut mich, dass ich mit dem Text bei dir ins Herz getroffen habe. 🙂 Auf dem Blog gibt es bereits einige Texte von mir – wenn du Lust hast, schon ein wenig weiterzustöbern. 🙂 Alles Liebe!
Wieder so ein toller Artikel! Danke schön!
Hej liebe Eva, ach wie schön, danke für dein nettes Feedback. Alles Liebe!
Liebe Katia,
vielen Dank für diesen tollen Text,voll aus dem Leben und mitten ins Herz! Ich bin im April 40 geworden und hatte echt Respekt davor. Ich bin Mama von vier großartigen Kindern im Alter von eins bis acht und dachte, bevor ich 40 bin, muss ich alles noch mal neu ordnen, endlich meinen Traumjob finden und mich ganz neu beweisen… Das hat wohl leider nicht geklappt, aber seit sechs Wochen weiß ich, dass das auch alles gar nicht nötig ist. Die 40 ist auch nur ne Zahl und ich bin gut so wie ich bin und das Gegenteil von perfekt! Aber die Vierziger dauern ja noch ein bisschen- wer weiß was noch kommt…😉
Dein Text ist sehr schön und ermutigend, danke dass du so ehrlich, erheiternd und mutig bist und das alles mit uns teilst.
Liebe Grüße
Jen
Toller Beitrag, besonders mag ich die Idee mit dem Team Selbstbewusst. Aber was ist Ordnungs-Irre? Hab ich noch nie gehört.
Hej liebe Sandra, Danke Dir! 🙂 Ich hab einen ausgeprägten Aufräumfimmel – was bei drei kleinen Kindern meist vergeblich ist 😉 Alles Liebe!
Liebe Jen, und ich freu mich über deine Worte! 🙂 Ich hoffe sehr, dass ich jedes Lebensjahrzehnt jetzt so entspannt angehen kann. Alles Liebe!
Liebe Katia, solche Texte gehen mitten ins Herz. Herrlich ehrlich – ich liebe es – *daradadada*:-)
Werde im Juni 40 und ich bemerke jetzt schon, dass es nur großartig werden kann. Denn im Gegensatz zu den 20/30er weiß ich, was mir gut tut, was ich brauch und vor allem weiß ich, was ich nicht mehr brauche. Schreibt sich etwas schräg, trifft es aber genau. Mädls, wie schön ist das Leben. Lasst es uns Leben, ohne Interpretationen/Vorurteile/Anpassungen. Jeder ist gut so, wie er ist und jeder will doch einfach nur eine gute Zeit haben. Alles Gute Euch allen:)
Liebe Maria, ganz genau so ist es! Wie toll, dass du die Gedanken schon vor deinem 40. hast – ich hab dafür eine Weile gebraucht… 😉 Liebe Grüße!
Genau so ist es!!!
Hej Anja, freu mich, dass wir alle ähnlich empfinden! 😊 Auf dass es so gut bleibt!
Alles Liebe!
Hach – Danke, ich find die 40er Jahre auch gut! Ein toller Text – und schön bebildert 🙂
Mir geht’s so, dass ich mich eigentlich mit jedem runden Geburtstag besser leiden kann. Mit 20 war ich froh – endlich ab in die Großstadt. Mit 30 war ich einfach nur erleichtert, dass diese anstrengenden 20er mit Herzschmerz, Studium, beruflichen Ungewissheiten und vielen Krisen rum waren. Und bei der 40 war ich als Mutter aus dem Gröbsten raus (also, meine Kinder eigentlich!) und ich hatte das Gefühl, wieder viel näher bei mir zu sein. Gerade durch Covid habe ich jetzt – eigentlich verfrüht – schon so eine Langzeit-Perspektive auf die 50 eingenommen und flirte mit der Vorstellung, die ich von mir mit 50 habe.
Hej Sina, danke Dir, freut mich, dass dir der Text gefällt! 🙂 Stimmt, die runden Geburtstage waren immer irgendwie Meilensteine. Wenn ich mich zurück erinnere, fand ich ich den 30. damals allerdings erstmal auch nicht ganz easy. Aber dann war es ein wahnsinnig spannendes Jahrzehnt mit Kinder-Trio, Heirat, Hausbau und noch so viel mehr. Und jetzt ist es ähnlich: Erst ein wenig zögerlich, aber seitdem ich dabei bin, ist’s verdammt gut 🙂 Alles Liebe!
Ich habe diesen Text mehrfach gelesen. Fast wie ein Mantra. Was mich dabei so gepackt hat, ist weniger die 40, sondern das “Team Selbstbewusst”. Leider ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich immer noch meine, ich müsste irgendwo “ankommen”, irgendwas “reißen”, nie genug. Nie genug Mutter, nie genug Job, nie genug nachhaltig, nie dünn oder fit genug, nie dies oder das
Aber ich merke, wie dieses Ertappen in der letzten Zeit weniger wird. Hey, hier bin ich! Das kann ich! (und das kann ich eben auch nicht). Fiese Dellen? Ja! Aber deshalb den Bikini im Schrank einstauben lassen? Nein! Ich muss keinen Eindruck mehr schinden bei braungebrannten Surflehrern. (Diesen Stress überlasse ich gern meinem früheren Ich) Noch klappt das mal mehr, mal weniger.
Dein Text hat mich nochmal richtig wachgerüttelt, hat mir gezeigt, was ich alles erreicht habe, was ich bin und kann. Das schiebe ich nämlich doch zu gern noch in den Hinterkopf, da können diese Gedanken erstmal lagern, so lange irgendwelche Zweifel gefunden werden wollen. Jetzt werde ich meinen eigenen kurzen “Team-Selbstbewusstsein”-Text formulieren. Mir mir in der Hauptrolle. Nur für mich. Damit das Ertappen noch weniger wird und sich eine gewisse selbstbewusste Gelassenheit einstellen kann. Mutig losgehen, machen, was zu mir passt, was mir Spaß macht, was ich kann. Und dabei strahlen!
Danke Dir für diesen – und viele Deiner Texte. Sie sind eine echte Bereicherung!
Angela
Liebe Angela, o was für ein schönes Kompliment – ich danke Dir! 🙂 Ich freu mich sehr, wenn ich mit meinen Ideen und Erfahrungen andere Frauen dazu inspirieren kann, ein großes Jaaa! zu sich zu sagen. Und nicht dauernd den Optimierungskampf zu kämpfen (der ist eh vergebens 🙂 Ich finde, Team selbstbewusst gehört als Poster-Reminder an jede Wand! Ich hab mich total bei deriner Bikini-Surflehrer-Anekdote ertappt gefühlt – in solchen Situationen merke ich auch noch gelegentlich, dass ich gern bewundernde Blicke ernten möchte. Aber die muss es zuallererst von mir geben! Alles Liebe für dich!
Liebe Katia,
bist Du für die Recherche des Textes irgendwie in meinen Kopf gekrabbelt? Mir steht die 40 dieses Jahr ins Haus und ja, mir graut es davor. Für mich wirkt es, als würde ich die Schwelle zum Alt sein überqueren. Und der Buchtipp ist bereits bestellt.
Dein Text hat mir gerade eine andere Seite gezeigt. Eine starke Seite, eine zufriedene Seite und dafür danke ich Dir! Vielleicht finde ich ja doch meinen Frieden mit der Zahl 40 noch vor meinem Geburtstag…
Hej liebe Doreen, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die meisten Frauen vor der 40 zunächst ein wenig mehr Respekt haben als vor den anderen runden Geburtstagen… 😉 Es darf ruhig auch ein wenig dauern, bis wir unseren Frieden damit gemacht haben. Aber ich fand es war eine total spannende Zeit, weil ich so vieles für mich geklärt und innerlich zurecht gerückt habe. Ich wünsche dir ein tolles Fest – feier dich und das Leben, das wir gerade wieder zurück bekommen 🙂 Alles Liebe!