Wenn ich mich so umschaue im Freundeskreis, gibt es eine Menge, das die anderen besser hinkriegen: Ein aufgeräumtes Haus, weniger Süßigkeiten, pünktlich ins Bett – ääääks. Aber in einer Sache sind wir spitze. Und ich bin echt ein bisschen stolz darauf! Wir können nämlich richtig gut miteinander nichtstun…
An einem Samstag ohne Pläne schlafe ich aus – und meine Kinder tun das tollerweise auch. Und so sehr ich in der Woche morgens stöhne, weil meine Kinder einfach nicht wach werden wollen, sich mit Noch-fünf-Minuten-Genuschel noch dreimal umdrehen und ich aufpassen muss, dass sie nicht mit dem Kopf im Müsli wieder einschlafen, so schön ist es am Wochenende. Hier bleiben alle gern liegen.
Kein Drama im Pyjama.
Irgendwann schleiche ich leise die Holzstufen nach unten, mache mir einen Kaffee und schleiche mit der Tageszeitung zurück ins Bett. “Hallo Mama!”, begrüßt mich ein Kind im Flur und ich erschrecke. Aber mein Sohn verschwindet mit einer Banane wieder in seinem Zimmer. Will gar nichts von mir. Hat ein Date mit den drei Fragezeichen. Manchmal kommt einer zum Kuscheln. Meist aber verschwinden sie mit ungekämmten Haaren und im Schlafanzug im Spielzimmer. Ich räkel mich unter der Bettdecke. Manchmal fragen, ob sie Fernsehen dürfen. Meistens sage ich ja.
Manchmal ziehen wir uns den ganzen Tag nicht anders an. Manchmal streifen wir maximal einen Pullover über den Pyjama, bevor wir rausgehen, weil es sonst zu kalt ist. Wir schlendern nach draußen, barfuß über die Wiese, barfuß aufs Trampolin. Ich streichele unsere Kaninchen. Später schlendern wir wieder rein. Meist schauen irgendwann die Nachbarskinder vorbei, manchmal auch ihre Eltern. Meist auch im Jogginganzug.
Wir netflixen nicht, wir nixflixen.
Klar, so ein Frühstück mit Leinendecke, Blumen, Eiern und uns allen am Tisch wäre schön. Aber niemand hat Lust den Tisch zu decken. Also lesen wir stattdessen, trinken Kaffee im Bett, malen, dösen, hüpfen. Und zwischendurch schmiert sich jeder einen Toast. Über Krümel gemotzt wird nicht, aufgeräumt wird abends gemeinsam.
Oft hat einer nachmittags ein Fußballspiel und ein anderer kommt zum Zuschauen mit. Früher habe ich mich deswegen um unseren Zusammenhalt gesorgt. Inzwischen merke ich, wie gut es uns tut, wenn jeder einfach sein Ding machen darf. Wie viel näher wir uns sind, wenn wir uns auch mal voneinander entfernen.
Ich wandere irgendwann mit einem Buch und meinem Kaffee aufs Sofa oder auf die Gartenliege. Mal setzt sich ein Kind mit einem Comic dazu, mal der Mann für einen Plausch. Mal schleppen mir die Kinder ihre Asselzucht heran. Erde rieselt auf die Holzterrasse, ich lasse sie rieseln. Unkraut macht sich neben mir im Beet breit, ich mache mich breiter. Alles kann, nichts muss. Und alle haben beste Laune. Weil sie wissen, dass ich ausnahmsweise zu fast allem Ja sagt. Am meisten zu mir selbst.
Ich verstecke die Fernbedienung für mein Leben vor mir selbst ganz oben auf dem Schrank.
Die Südländer haben längst erkannt, wie gut Siesta tut. Jetzt rücken auch die Nordlichter nach. Die Niederländerin Annette Lavrijsen hat sogar ein Buch darüber geschrieben: “Niksen – Wie man sein Glück im Nichtstun findet.” Lavrijsen erklärt darin, wie positiv sich regelmäßiges Entspannen auf Gesundheit, Beziehungen und Kreativität auswirkt. Wie man dabei übt, achtsamer durch den Alltag zu gehen und mehr auf seine eigenen Bedürfnisse zu hören. Ich bin stolz, dass ich es uns nicht bestellen muss.
Abends schlüpfen wir alle in einen frischen Schlafanzug. Ich koche einen großen Topf Bolognese, weil ich Lust darauf habe, schmunzele über unser Lotterleben und fühle mich oft erholter als nach einem Wochenende im Wellnesshotel. Solche Wochenenden sind günstig, gut für die Umwelt und für uns. Man muss sich so schön vertraut sein, um gut miteinander chillen zu können. Und ich freue mich, dass wir unseren Kindern etwas Wertvolles beibringen: Das fabelhafte Gefühl des Faulenzens.
Und ihr? Zelebriert ihr auch solche chilligen Tage? Oder machen euch die wahnsinnig?
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Alles Liebe,
Hallo Claudi, ich glaub wir haben es erfunden, wir sind vor 30 Jahren von der Stadt aufs Land gezogen, und waren immer die ,die abends Mittagsessen. Jetzt gibt’s das wieder fast pünktlich, aber früher hat mich das gerettet. Ich würde es wieder so tun. Liebe Grüße von Elke
Liebe Elke, wie schön! Hier auch. Also auch im Alltag gibt’s bei uns abends warm.
Und während ich hier texte, spielen die Kinder draußen im Schlafi vor sich hin, Hamburg hat Ferien
und zumindest meine Kinder können heute schön chillen.
Alles Liebe,
Claudi
Oh wie schön. Wir lieben das auch, allerdings habe ich oft das Gefühl wir sind die einzigen. Im Freundeskreis jagt am Wochenende oftmals ein Termin den anderen… ich finde das furchtbar… zum Brunch mit Familie X…. nachmittags Fahrradtour mit Famile Y und abends dann auf einen Cocktail zu Familie Z…. sicherlich, auch wir treffen gerne mal Freunde und es gibt auch immer mal wieder Wochenenden, die komplett verplant sind. Umso wichtiger finde ich es, dass wir unsere kleinen Auszeiten haben… nur wir 4… alles kann nichts muss… ich liebe solche Wochenenden, sie geben so viel Kraft und nach einem solchen Wochenende liebe ich meine Familie immernoch ein kleines bisschen mehr ♥️
Das hast du ganz wunderbar beschrieben.
Mir geht`s genauso.
Danke dir,
alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi,
du hast mich inspiriert. Ich bin gespannt, ob das klappt 😀 Das klingt aber auch echt verlockend und gar nicht so nach mir 😀 Im Schlafanzug herumlaufen, das hat man mir glaube ich aberzogen früher. Aber vielleicht sollte ich es mir selbst beibringen!
Nächstes Wochenende findet ihr mich im Chill-Modus 😉
Herzliche Grüße aus dem Süden
Rabea
Haha, immer schön, wenn ich euch inspirieren kann ; )
Und mit Schlafanzug-all-day ganz besonders.
Bin gespannt, wie es läuft.
Alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi, ich arbeite alle 2 Wochen am Samstag. Dann nutze ich den freien Samstag oft für liegen gebliebenes. Sonntags machen wir oft nichts, nur zum Gottesdienst gehen und dann einfach den ganzen Nachmittag entspannt rumhängen. Meistens schauen wir den Gottesdienst online und sitzen dann in gemütlichen Jogginghosen und Kaffee auf der Couch und bewegen uns nur, wenn wir Hunger haben.
Das klingt herrlich! Danke für deine Geschichte.
Alles Liebe und schönes Chillen.
Liebe Grüße,
Claudi
Danke danke danke.
Die Texte sind einfach Balsam für die Seele und tun einfach nur gut.
Danke für so wundervolle Zeilen.
Genau über das Thema habe ich in den letzten Tagen wieder vermehrt nachgedacht und mich wieder aufs Nichtstun besser konzentriert.
Wunderschön geschrieben.
Ganz wundervolle Grüße
Vielen Dank für deine Rückmeldung!
Liebste Grüße,
Claudi
Hallo, schön, dass es wieder etwas zum Lesen gibt.
Ich habe 4 Söhne (5,3,fast 2 und 6mo). Danke, dass du mir die Hoffnung gibst, mit 4 Jungs solche Wochenenden irgendwann mal zu erleben, vielleicht auch nur mal ausversehen. Noch sind wir weit davon entfernt.
Liebe Lisa, ganz bestimmt!
Alles Gute,
Claudi
Hier genau so, bis auf das lange schlafen 😉. Aber egal, umso länger kann man abhängen und nichts tun 😅
Haha, so kann man das auch sehen! Ich danke dir.
Alles Liebe!
Danke für die schöne Beschreibung, Claudi!
Ja, ich finde das auch ganz großartig! Besonders samstags will ich wirklich keinen Stress mit Aufstehen, Frühstücken, Terminen. Vor einiger Zeit haben wir das gemeinsame Familienfrühstück samstags abgeschafft. Stattdessen kommt jeder irgendwann, versorgt sich mit dem Lieblingsfrühstück und räumt seine Sachen hinterher wieder weg. Oft gibt es total nette zufällige Frühstücksgemeinschaften, an den unterschiedlichsten Orten in der Wohnung 🙂 Und alle dürfen ausschlafen.
Zusammen bzw. nebeneinander faulenzen können, das ist einfach das Größte! Ich stimme dir total zu: das ist wirklich etwas, was auch ich meinen Kindern mitgeben möchte.
Ich danke dir für deine Rückmeldung. Das klingt absolut herrlich. Und du hast Recht: Ich genieße es auch total, dass man beim Nichtstun mal dies oder jenes Familienmitglied in Ruhe trifft und sich ganz spannende Gespräche entwickeln.
Alles Liebe und fröhliches Nichtstun,
Claudi