An die Frau, die mir vor ein paar Tagen mal wieder per Direktnachricht auf Instagram geschrieben hat und es gerade vielleicht wieder tun will: Ich sehe, dass es in deinen Fingern juckt! Du kannst es dir kaum verkneifen. Aber halte inne. Nur einen Augenblick, okay…?
Frag dich bitte: Was bringt es mir, wenn ich das jetzt schreibe? Würde ich diesen auch Satz aussprechen, wenn ich face to face diesem Menschen gegenüberstehe? Uns selbst wenn du es würdest, was bringt er dir? Und mir?
Ich kann dir die Frage aus meiner Sicht beantworten: Es bringt uns beiden nichts. Es hinterlässt eher ein Gefühl von abgestandenem, schlecht gezapften Kölsch! Bei mir. Aber auch bei dir. Denn ja: ICH BIN MÜDE! UND ICH SEHE MÜDE AUS.
Ich zeige mich in meinen Stories auf Instagram so, wie ich wirklich aussehe. Man sieht die Spuren des Lebens in meinem Gesicht. Ich verwende kein Make Up (okay, manchmal Concealer und Rouge) und ich mag keine Filter. Und hey, ich bin 41 Jahre alt, habe sechs Kinder auf die Welt gebracht, gestillt, durch die Nächte getragen und einen wirklich ziemlich großen Apparat zu stemmen.
Ich schlafe wenig und auch wenn manch einer das Gefühl hat, ich sitze den halben Tag auf meinem Kölner Pöppes, vor dem Handy oder mache mal hier mal dort ein bisschen Sport, verbringe #metime und trinke entspannt mein warmes Zitronenwasser. Es sind nur gewählte Ausschnitte, die meine Follower zu sehen bekommen. Nicht mehr.
„Du siehst so müde aus.“
„In dem Shirt wirkst du dick.“
„Die letzten Monate haben echt Spuren in deinem Gesicht hinterlassen.”
“Du solltest mal was machen.“
Ups! Ich lese das. Ich schlucke. Nur kurz. Betrachte mich, meinen vermeintlich dicken Körper, mein müdes Gesicht sehr genau im Spiegel. Einige vergessen scheinbar, dass auch wir Frauen in der Instagram-Story in erster Linie ganz normale Frauen und Mütter mit einem pickepackevollen Leben sind. Nebenbei noch Influencer? Ich würde den Begriff für mich so nie verwenden. Was mich betrifft: Ich bin müde und authentisch, manchmal am Limit, aber immer bei mir.
Vor zwei Jahren noch hätten mich diese Sätze einige Stunden gekostet, vielleicht Zweifel hinterlassen. Mittlerweile gehen sie rechts rein und links raus. Fast wie Durchzug. Ich frage mich nur immer häufiger, wer diese Frauen sind, denen es so unter den Nägeln brennt, dass sie sowas unbedingt schreiben müssen. Solche Gedanken sind doch wie Trauerränder unter jedem einzelnen Nagel. Muss es sein? Wollen wir uns echt gegenseitig abhärten, statt uns gegenseitig auf die Schulter zu klopfen?
Ist es überhaupt wichtig, wie wir aussehen oder was wir tragen? Ist es nicht viel wichtiger, was wir zu sagen haben? Vielleicht fragen wir die andere lieber mal einmal öfter: “Wie gehts dir?” – statt uns die Antwort selbst zu geben. Und: Es gibt tatsächlich Glück trotz Augenringe.
Was Social Media betrifft, kann ich für mich definitiv sagen, dass es mir wie Cynthia Nixon geht. Die sagt im aktuellen Zeit-Magazin: “Frauen wollen nicht anderen Frauen beim Perfektsein zuschauen. Wir wollen Frauen sehen, die wie wir sind. Die versuchen, die Dinge richtig zu machen, dabei aber ständig etwas vermasseln und gegen ihre inneren Dämonen kämpfen…” Das ist es doch, was spannend ist. Oder?
Denke du doch auch mal darüber nach. Nur ganz kurz. Und schau mal in den Spiegel. Wen siehst du? Und wen möchtest du sehen?
Nachdenkliche Grüße,
Oh ja, ich hab mir mal jeden Tag anhören können, dass ich mit meiner Brille streng aussehe, als ich dann mal erwidert habe, dass mir das weh tut, war natürlich ich die Böse……….
Danke – das Miteinander und Normalsein kann so schön sein und anderen helfen Ihr leben entspannter zu genießen…
DANKE DANKE DANKE
Danke danke danke!
Liebe Valeska, liebe Claudi,
Vielen Dank für diesen tollen Gedankenanschubser. Ich würde mir wünschen, dass wir Frauen nicht immer gleich bewerten (Augenringe, kurzer Rock, dick/dünn…), sondern den anderen/die Situation einfach annehmen wie es ist oder wie andere sind. Alles andere ist sooo kräfteraubend- und diese Kraft kann ich nicht investieren, die brauch ich zu Hause für meine Kinder und mein Chaos 😜
Für mich sind eure Texte und Ideen immer so inspirierend, dass mir z.B. noch nie die erdigen Fingernägel aufgefallen sind, die Claudi mal beim basteln angesprochen hat.
Bitte macht weiter so und erinnert uns öfter daran, über den Tellerrand zu schauen!
LG Katrin
Toller Post. Vielen Dank dafür. Tatsächlich liebe ich schon immer die Dinge, die hinter der Fassade passieren. Schon vor den Social Media habe ich Berichte , z. B. von prominenten Frauen, geliebt, die mal zeigen, wie es ihnen geht, wenn sie nicht vor der Kamera stehen. Oftmals sind diese Frauen soviel schöner, wenn sie natürlich aussehen! Und mir ist es schon immer total fremd, mir fremden Personen im Internet zu sagen, wie sie aussehen! Mich interessieren die Geschichten hinter den Bildern, dieses “Ach der geht es so wie mir”-Gefühl! Und das kann man wohl nicht oft genug ansprechen, denn diese Oberflächlichkeiten und oftmals sogar Haten geht mir wirklich so gegen den Stress! Wir haben alle unseren Kummer, egal wie schön die Fassade auch ist. Und das Teilen und Verständnis ist soviel wertvoller…
Herzliche Grüße
Claudia
Ich bin so erschrocken, dass es das echt zu lesen gibt. Und ich verstehe es nicht, das es jemand als notwendig erachtet so zu schreiben. Eine Freundin würde ich so ansprechen: Hey du siehst müde aus, sind die Nächte anstrengend, wie geht es dir ? Aber ansonsten ?
Danke fürs Teilen
… Und ich dachte immer, Du bekommst massig Komplimente, weil Du so eine attraktive Frau bist. Ts. Da teilt sich die Instamasse in die, die wirklich nur auf das, was sie sehen, reagieren und die, für die Deine Texte im Vordergrund stehen. Hätte ich nie gedacht, dass es so krass ist. Schöne verkehrte, Insta-Welt…
Auch mich machen diese Zeilen sehr nachdenklich. Ich verstehe Frauen nicht, die so hart kritisieren. Es ist selbst beim Lesen verletztend.
Was denken sich solche Menschen?
Nicht viel. Ist es Neid? Natürlich ertappe auch ich mich, wie ich angesichts der vielen schönen Fotos die bei so oft bei Instagram sieht denke: Oh, die haben es aber gut.
Aber natürlich wird bei längerem Nachdenken klar, das hier ist ein Ausschnitt. Es braucht wohl noch viel mehr echtes Leben. Manchmal ist mir diese Welt einfach zuviel.
Danke fürs Teilen.
Hallo!
Für mich ist es unbegreiflich, dass jemand auf die Idee kommt, solche Komentare zu schreiben. Weshalb immer etwas schlechtes im Anderen sehen, statt dankbar zu sein, dass diese Person dich inspirieren darf?
Un abrazo.
So eine tolle, authentische Frau. Wieder mal ein echter „Valeska“! 😉
Ich habe gerade gelesen (in dem wunderbaren Buch “The Body is not An Apology” von von Sonya Renee Taylor):
Schönheit ist keine Miete, die wir dafür bezahlen müssen, einen Platz als Frau einzunehmen. Wir schulden es niemandem, hübsch zu sein.
Ja klar, denke ich. Ich darf einfach sein wie ich bin. Ich schulde niemandem eine “hübsche” Katrin. Und trage Makeup auf, um nicht ganz so müde auszusehen.
Liebe Valeska,
Tut mir leid, dass es da draußen Frauen gibt, die andere einfach nur verletzen wollen – wahrscheinlich um sich selbst besser zu fühlen.
Jede Mami weiß, was es bedeutet, eine Familie zu managen. Und mit 6 Kindern ist das eine ordentliche Aufgabe mit entsprechendem Programm.
Ich sehe es in meinem Umfeld auch oft, dass hier “Mami-Wars” ausgetragen werden. Wer hat die sauberste Wohnung oder das sauberste Haus, die tollsten Kinder, etc.
Anstatt sich vielleicht zusammen zu tun und Networking zu betreiben und sich das Leben gegenseitig leichter zu machen.
Toll, dass du das mal offen angesprochen hast.
Liebe Grüße