Klar bin ich emanzipiert. Welche Frau würde freiwillig das Gegenteil von sich behaupten? Okay, die Trad Wives vielleicht, aber die sind sowieso ziemlich spooky! Ich jedenfalls bin dafür, endlich den Gender Pay Gap zu schließen, für das Recht auf Abtreibung und für viel mehr Väter, die Elternzeit nicht zum Reisen, sondern für die Drecks-, sorry: Care-Arbeit nutzen! Soweit zur Theorie. Nur: Bei genauerer Betrachtung bin ich im echten Leben aber wohl doch eher Teilzeit-emanzipiert – wie so vieles in meinem Leben eben nur in Teilzeit funktioniert…

Ich bin mit dem Gedankengut meiner 68-Eltern groß geworden: Alten Rollen und Mustern entsagen. Frauen können alles, was Männer können. Gleichberechtigung – in der Küche und im Kopf. Meine Mutter hat mir immer eingetrichtert, wie wichtig es als Frau ist, sein eigenes Geld zu verdienen. Nicht abhängig zu sein vom Partner.

Das ist wohl gleich mein größter emanzipatorischer Fail.

Ich habe schon vor der Geburt meines ersten Kindes Teilzeit gearbeitet – aus Gründen. Und seither nie wieder Vollzeit, sondern mit jedem meiner drei Kinder sukzessive weniger. Mein Mann ist der Hauptverdiener. Ich arbeite zwar in einem Job, der mich inhaltlich so sehr erfüllt wie keiner zuvor – auf den Tag gerechnet füllen mich zeitmäßig allerdings meist andere Dinge aus: Die Betreuung unseres Trios. Hausaufgaben. Haushalt. Hobbyfahrten. Einkäufe. Das typische Carearbeits-Mental-Load-Teilzeit-Programm.

Viel mehr Fünfziger-Jahre als Feministin. Und was mir gerade beim Schreiben auffällt: Ich habe das blöde Gefühl, mich für dieses relativ klassische Familienmodell rechtfertigen zu müssen. Vor mir selbst. Vor euch. Als dürfte ich mich nicht emanzipiert nennen, weil ich nicht 40-Stunden plus arbeite und mittags am Herd stehe, um mich und meine Familie zu bekochen. Als könnte, wer sich im Verlauf des Tages eine Schürze umbindet, Teilzeit arbeitet und Mama-Taxi fährt, nicht emanzipiert sein.

Ist es nicht vielmehr emanzipiert, frei die Wahl zu treffen, welches Leben man leben will?

Sich nicht rechtfertigen zu müssen für diese Entscheidung? Ich habe ziemlich viele Freundinnen, die richtig dick im Vollzeit-Business sind. Die gefühlt immer arbeiten. Sind diese Frauen automatisch emanzipierter? Unabhängiger, weil weniger zu Hause? Natürlich nicht. Oder?

Fakt ist: Mein Mann und ich haben uns nach Abwägen vieler Faktoren (auch vieler, die ich hier nicht teilen mag) gemeinsam unser aktuelles Modell beschlossen. Es stand auch zur Debatte, ob ich für uns den Hauptverdiener mache, dass mein Mann den Haushalt und die drei Kinder rockt. Wir haben uns dagegen entschieden. Was sicher auch damit zusammenhängt, dass man als Redakteurin leider (und übrigens auch als Redakteur) nicht annähernd so viel verdient wie derzeit als Software-Entwickler – und eine fünfköpfige Familie schluckt einfach einen Batzen Geld.

Aber Emanzipation bedeutet für mich nicht nur, wer in der Beziehung den dickeren Gehaltsscheck hat.

Ob ich einen Ehevertrag habe, das Sagen, immer Recht. Emanzipation heißt für mich im Kern, dass ich frei entscheiden kann. Dass ich alle Möglichkeiten habe. Dass nichts in Stein gemeißelt ist. Und vor allem, dass ich nicht das Gefühl habe, dass mir diese Entscheidung ungefragt übergestülpt wurde. Mal abgesehen davon schultert mein Mann schon immer einen nicht unbeträchtlichen Teil unseres Familienalltags – trotz Vollzeitjob.

Dennoch: Meine eigene Zeit und und meine Ressourcen reichen aktuell nur für eine reduzierte Zahl an Erwerbsarbeitsstunden – und die zahlreichen Themen, die wir als Familie immer so haben. Und obwohl ich weiß, dass für mich gerade nicht viel mehr geht als das, habe ich ein latent schlechtes Gewissen, weil: Andere Mütter dreier Kinder schreiben doch auch Romane, gründen ein Business, krempeln Häuser oder ihr Leben um. Hat Emanzipation in meiner, in unserer aller Wahrnehmung nicht auch immer etwas mit Erfolg zu tun…?

Denn: Wer als Frau heutzutage alle Möglichkeiten hat, sollte doch auch bitteschön etwas daraus machen – oder?!

Puh! Ich weiß, ich schmeiße da gerade viele Dinge zusammen. Viele Dinge, die vielleicht nicht unbedingt zusammengehören. Aber ich merke, dass es mich umtreibt. Ist es emanzipiert, dass ich es mir erlaube, nur Teilzeit zu arbeiten? Oder ist es rückständig? Bin ich den Trad Wives doch viel näher, als ich es gern hätte? Ist nur eine Karriere im klassischen Sinne ein Zeichen von Emanzipation?

Der Duden schreibt, emanzipiert sei, wer die traditionellen Rollen nicht mehr akzeptiere, selbständig und unabhängig sei. Heißt es dann, weil ich arbeite UND als Mutter meine Kinder versorge, gar nicht emanzipiert sein kann? Weil ich als Mutter in einer Familie nie unabhängig bin? Weil immer andere von mir abhängen? Ich fürchte, ich brauch noch ein wenig, das alles für mich zu sortieren…

Wie würdest du die Frage nach Emanzipation für dich beantworten…? Ich bin gespannt!

Alles Liebe,

Katia