Klar bin ich emanzipiert. Welche Frau würde freiwillig das Gegenteil von sich behaupten? Okay, die Trad Wives vielleicht, aber die sind sowieso ziemlich spooky! Ich jedenfalls bin dafür, endlich den Gender Pay Gap zu schließen, für das Recht auf Abtreibung und für viel mehr Väter, die Elternzeit nicht zum Reisen, sondern für die Drecks-, sorry: Care-Arbeit nutzen! Soweit zur Theorie. Nur: Bei genauerer Betrachtung bin ich im echten Leben aber wohl doch eher Teilzeit-emanzipiert – wie so vieles in meinem Leben eben nur in Teilzeit funktioniert…
Ich bin mit dem Gedankengut meiner 68-Eltern groß geworden: Alten Rollen und Mustern entsagen. Frauen können alles, was Männer können. Gleichberechtigung – in der Küche und im Kopf. Meine Mutter hat mir immer eingetrichtert, wie wichtig es als Frau ist, sein eigenes Geld zu verdienen. Nicht abhängig zu sein vom Partner.
Das ist wohl gleich mein größter emanzipatorischer Fail.
Ich habe schon vor der Geburt meines ersten Kindes Teilzeit gearbeitet – aus Gründen. Und seither nie wieder Vollzeit, sondern mit jedem meiner drei Kinder sukzessive weniger. Mein Mann ist der Hauptverdiener. Ich arbeite zwar in einem Job, der mich inhaltlich so sehr erfüllt wie keiner zuvor – auf den Tag gerechnet füllen mich zeitmäßig allerdings meist andere Dinge aus: Die Betreuung unseres Trios. Hausaufgaben. Haushalt. Hobbyfahrten. Einkäufe. Das typische Carearbeits-Mental-Load-Teilzeit-Programm.
Viel mehr Fünfziger-Jahre als Feministin. Und was mir gerade beim Schreiben auffällt: Ich habe das blöde Gefühl, mich für dieses relativ klassische Familienmodell rechtfertigen zu müssen. Vor mir selbst. Vor euch. Als dürfte ich mich nicht emanzipiert nennen, weil ich nicht 40-Stunden plus arbeite und mittags am Herd stehe, um mich und meine Familie zu bekochen. Als könnte, wer sich im Verlauf des Tages eine Schürze umbindet, Teilzeit arbeitet und Mama-Taxi fährt, nicht emanzipiert sein.
Ist es nicht vielmehr emanzipiert, frei die Wahl zu treffen, welches Leben man leben will?
Sich nicht rechtfertigen zu müssen für diese Entscheidung? Ich habe ziemlich viele Freundinnen, die richtig dick im Vollzeit-Business sind. Die gefühlt immer arbeiten. Sind diese Frauen automatisch emanzipierter? Unabhängiger, weil weniger zu Hause? Natürlich nicht. Oder?
Fakt ist: Mein Mann und ich haben uns nach Abwägen vieler Faktoren (auch vieler, die ich hier nicht teilen mag) gemeinsam unser aktuelles Modell beschlossen. Es stand auch zur Debatte, ob ich für uns den Hauptverdiener mache, dass mein Mann den Haushalt und die drei Kinder rockt. Wir haben uns dagegen entschieden. Was sicher auch damit zusammenhängt, dass man als Redakteurin leider (und übrigens auch als Redakteur) nicht annähernd so viel verdient wie derzeit als Software-Entwickler – und eine fünfköpfige Familie schluckt einfach einen Batzen Geld.
Aber Emanzipation bedeutet für mich nicht nur, wer in der Beziehung den dickeren Gehaltsscheck hat.
Ob ich einen Ehevertrag habe, das Sagen, immer Recht. Emanzipation heißt für mich im Kern, dass ich frei entscheiden kann. Dass ich alle Möglichkeiten habe. Dass nichts in Stein gemeißelt ist. Und vor allem, dass ich nicht das Gefühl habe, dass mir diese Entscheidung ungefragt übergestülpt wurde. Mal abgesehen davon schultert mein Mann schon immer einen nicht unbeträchtlichen Teil unseres Familienalltags – trotz Vollzeitjob.
Dennoch: Meine eigene Zeit und und meine Ressourcen reichen aktuell nur für eine reduzierte Zahl an Erwerbsarbeitsstunden – und die zahlreichen Themen, die wir als Familie immer so haben. Und obwohl ich weiß, dass für mich gerade nicht viel mehr geht als das, habe ich ein latent schlechtes Gewissen, weil: Andere Mütter dreier Kinder schreiben doch auch Romane, gründen ein Business, krempeln Häuser oder ihr Leben um. Hat Emanzipation in meiner, in unserer aller Wahrnehmung nicht auch immer etwas mit Erfolg zu tun…?
Denn: Wer als Frau heutzutage alle Möglichkeiten hat, sollte doch auch bitteschön etwas daraus machen – oder?!
Puh! Ich weiß, ich schmeiße da gerade viele Dinge zusammen. Viele Dinge, die vielleicht nicht unbedingt zusammengehören. Aber ich merke, dass es mich umtreibt. Ist es emanzipiert, dass ich es mir erlaube, nur Teilzeit zu arbeiten? Oder ist es rückständig? Bin ich den Trad Wives doch viel näher, als ich es gern hätte? Ist nur eine Karriere im klassischen Sinne ein Zeichen von Emanzipation?
Der Duden schreibt, emanzipiert sei, wer die traditionellen Rollen nicht mehr akzeptiere, selbständig und unabhängig sei. Heißt es dann, weil ich arbeite UND als Mutter meine Kinder versorge, gar nicht emanzipiert sein kann? Weil ich als Mutter in einer Familie nie unabhängig bin? Weil immer andere von mir abhängen? Ich fürchte, ich brauch noch ein wenig, das alles für mich zu sortieren…
Wie würdest du die Frage nach Emanzipation für dich beantworten…? Ich bin gespannt!
Alles Liebe,
Spannend! Und ich bin auch Teilzeitemanzipert wobei ich leider nicht gut abgeben kann und deshalb einen Großteil der Alltagsdinge mache. Aber ich hab es mir so ausgesucht und finde es ( meistens) gut.
Ich habe den großen Luxus mich beruflich anpassen zu können da ich selbstständig mit einer Physiotherapiepraxis bin. Also keine vorgesetzten Menschen die mir sagen können wann ich wie zu arbeiten habe.
Hej Steffi, danke für deine Geschichte – das klingt, als wärst du ziemlich zufrieden mit deinen und euren Entscheidungen und könntest dabei noch sehr selbstbestimmt einen erfüllenden Job ausüben. 🙂 Liebe Grüße, Katia
Liebe Katia,
ich fühle mich auch trotz Teilzeit emanzipiert und habe mir diese Rolle freiwillig ausgesucht und bin total froh damit. Ich fände es ja total schade, wenn ich plötzlich gezwungen wäre Vollzeit zu arbeiten. Das möchte ich auch nicht, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Furchtbar unemanzipiert, faul…??? Auch viele Männer möchten nicht mehr bis zum Feierabend im Büro verschwinden und nur Teilzeit Dad sein, wie es früher oft üblich war.
Frei wählen zu können ist ein Privileg, dass es zu verteidigen gilt.
LG, Mathilda
Hej liebe Mathilda, danke für deine Gedanken und deinen kleinen persönlichen Einblick. Deinen letzten Satz möchte ich mir am liebsten rahmen. 😉 Liebe Grüße, auf bald, Katia
Danke für den tollen Artikel, dieses Thema beschäftigt mich total. Wir leben hier auch das klassische Rollenbild, mein ist Hauptverdiener und ich eher mit meinen vier Kindern beschäftigt. Hab oft das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, obwohl das einfach meine Entscheidung war zuhause zu bleiben , weil ich es liebe “nur”Mama zu sein. Für mich ist es großer Luxus und ich bin meinem Mann dankbar dass er viel arbeitet damit ich es nicht muss.
Sieht nicht sehr emanzipiert aus aber für mich passt es perfekt und trotzdem sehe ich uns keineswegs als rückständig. Mein Mann kocht zB sehr viel lieber(und besser), hilft überall mit und ich weiß ich könnte jederzeit sagen ich gehe(ob arbeiten oder mal weg für ein Wochenende) und mein könnte meine Rolle genauso übernehmen.
Ob es emanzipiert ist ,weiß ich nicht, aber für uns fühlt es sich auf jeden Fall richtig an.
Viele liebe Grüße
Hej liebe Nina, danke! Für deine Rückmeldung und deinen ganz persönlichen Einblick. So viele Frauen und so viele unterschiedliche Modelle – spannend! Liebe Grüße, Katia
Vielen Dank für diesen tollen Artikel.
Ich bin auch in Teilzeit unterwegs, da ich unglaublich gerne Mama bin und ich es ehrlich gesagt mir nicht vorstellen könnte, beides Beruf und Familie für mich zufriedenstellend unter einen Hut zu bekommen. Ich bin Lehrerin und ich arbeite gern, jedoch steht Familie bei mir immer an erster Stelle und es ist für mich kein Verzicht, sondern ein großes Geschenk zuhause zu sein.
Für mich bedeutet Emanzipation, frei zu wählen, selbst zu entscheiden was mir gut tut und was nicht und in welche Rolle ich mich geben möchte. Ich kenne das Gefühl sehr, das ständige Erklären müssen, sich rechtfertigen zu müssen warum ich nur Teilzeit arbeite und meine Kinder nicht in Ganztagsschulen sind. Meine Antwort ist jedes mal die Selbe , weil ich mich bewusst, emanzipiert 😉 für meine Kinder entschieden habe.
Liebe Grüße, Dominique
Hej Dominique, danke dir, das freut mich! 🙂 Das klingt so, als hättest du für dich und deine Familie einen guten Weg gefunden. Liebe Grüße, Katia
Tolles Statement!! Genau das ist Emanzipation – frei wählen zu dürfen!!!! ♡♡
Liebe Katia,
So schön von dir zu lesen…….sehr guter, spannender Text ! Fühle änlich wie du. Dieses Thema treibt mich auch immer wieder zu endlosen Gedankengängen….
Emanzipiert heisst für mich im Moment ganz persönlich dass:
Ich die freie Wahl habe.
Ich einig und glücklich/ zufrieden bin mit meiner Lebensform.
Ich nicht das Gefühl habe mich rechtfertigen zu müssen und es auch nicht tue !
Mit dem letzten Punkt hadere auch ich ,immer mal wieder, aber zum Glück schon viel weniger als noch vor wenigen Jahren.. Je mehr ich zu mir und meinen Handlungen stehe umso mehr Anerkennung und Respekt wird mir entgegengebracht, so ist meine Erfahrung,
Auch wenn ich, für die heutige Zeit, ein ziemlich ” veraltetes” Rollenbild lebe. Zudem befreie ich mich immer mehr davon , anderen gefallen zu müssen…….denn es ist doch so; Die Leute denken über dich ja sowieso was sie wollen, da kann man ja getrost auch gleich tun und lassen wie man es will , und möchte,, ob es nun unserer heutigen Zeit entspricht oder nicht. Oder ?Vielleicht braucht man das ganze Leben um wirkliche echte Emanzipation zu lernen….
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Alles Liebe, Christina
Hej Christina, schön, dass wir uns hier wiederlesen! 🙂 Und was für eine spannende Bandbreite an Meinungen zu dem Thema! Zu sich zu stehen, zu den eigenen Handlungen und mit Überzeugung sein Modell zu leben, ist auf jeden Fall ein guter, selbstbestimmter Akt. Liebe Grüße, Katia
Wenn man sich die Definition selbst herbeischreiben kann, dann würde wohl kaum eine sagen, dass sie nicht emanzipiert ist. Wäre ja uncool, wir sind ja alle so frei und selbstbestimmt. Aber selbstbestimmt ist halt nicht dasselbe wie emanzipiert!
Wenn wir ehrlich sind, müssen viele Frauen doch zugeben, dass sie nicht allzu emanzipiert sind, was vielleicht (für eine gewisse Zeit – tatsächlich bleibt es aber bei vielen lange, oder immer, so) okay ist, weil so gewünscht und ja doch auch mit Vorteilen behaftet. Viele der “Vorteile” sind aber vor allem für die anderen Familienmitglieder sehr positiv: den Ehemann, der recht frei von familiären Pflichten und ungestört seiner Arbeit nachgehen kann, die Kinder, für die immer jemand (jefrau!) da ist, der sie bekocht, beaufsichtigt, betüdelt, ein bisschen auch für die Frau, die sich nicht so zerreiben muss. Aber ideal wäre in meinen Augen, dass beide Eltern sich gleichberechtigt einbringen, im Job und in der Familie. Und das meint Emanzipation eigentlich auch: Gleichstellung. Nicht nur in der Theorie, auch in der Praxis. Der andere Aspekt ist die Unabhängigkeit, und die ist für Frauen halt leider oft nicht gegeben, und auch wenn es selbstgewählt ist, ist das echt was Negatives. Habe heut grad in der Zeitung gelesen, dass 53% der erwerbstätigen (!) Frauen in Deutschland sich nicht selbst finanziell versorgen könnten und auch im Alter vom Geld ihres Mannes (oder halt im Falle der Trennung von der Gesellschaft) abhängig sind. Das finde ich schon bitter!
Also, mir persönlich ist diese Unterscheidung zwischen emanzipiert und selbstbestimmt wichtig. Vielleicht kann man auch einfach nicht alles haben: Kinder, die mittags nach Hause kommen und viele Hobbies haben, gleichzeitig Karriere und viel Geld, gleichberechtigte Partnerschaft usw, jeder bastelt sich seinen eigenen Kompromiss.
Ich bin froh, im Osten aufgewachsen zu sein mit guter Kita- und Hortbetreuung und bin immer noch erstaunt darüber, dass so viele Mütter aus Westdeutschland es als was Positives empfinden, wenn ihre Kinder mittags nach Hause kommen! Welcher Job lässt sich gut in vier Stunden machen? Meine Kinder waren bis 3 oder 4 im Hort, bei Bedarf wäre auch länger gegangen, haben dort Mittag gegessen, mit Freunden gespielt, Hausaufgaben gemacht (kenne ich gar nicht, sich als Eltern damit rumärgern zu müssen), sind in die Schach-AG oder in den Bastelraum gegangen. So eine gute Zeit hätte ich ihnen gar nicht bieten können. Ich hatte Zeit erst für mein Studium, dann für das Referendariat und dann den Job. Und immer noch von 16 Uhr bis zum Schlafengehen, an den Wochenenden und in den Ferien viel Zeit für die Kinder (hasse es immer, wenn das Argument kommt, mit “fremdbetreuten” Kindern würden die Eltern kaum Zeit mit ihnen verbringen, das ist echt an den Haaren herbeigezogen).
Also, im Osten war es schon emanzipierter. Ob es auch “schöner” oder “Besser” war steht auf einem anderen Blatt.
Liebe Franziska,
ja, ich finde diese Unterscheidung auch sehr wichtig. Ich sage immer, ich war bis zu den Kindern gleichberechtigt. Mit den Kindern kamen die erlernten Muster zum Tragen: Meine Mutter ist wieder arbeiten gegangen, als ich 14 war. Ich dachte, so muss es sein, stellte aber fest, viel zu gerne zu arbeiten. Allerdings konnte ich es mir nicht vorstellen, meine Kinder spät vom Kindergarten abzuholen. Andererseits bewunderte ich Freundinnen, die es machten.
Ich glaube, Strukturen zu schaffen, Denkmuster zu durchbrechen, nicht zu verurteilen und eine gesunde Unterstützungskultur sind Aspekte, die fehlen.
In anderen Ländern kommen alle um 16h nach Hause und haben Familienzeit. Frauen und Männer sind da gleichberechtigt.
Ich weiß nicht, ob ich selbstbestimmt meine Entscheidungen getroffen habe. Die Umstände bestimmen ja schließlich mit. Emanzipiert fühle ich mich jedenfalls in Worten, nicht in allen Taten.
Hej Ruth, ja, das ist eine wichtige Frage, wie selbstbestimmt wir in gesellschaftlichen Strukturen überhaupt sein können. Und ich würde mich deinem letzten Satz anschließen – emanzipiert in Worten, nicht in allen Taten. Dank für dein spannendes Feedback! Liebe Grüße, Katia
Hey Katia, sorry, wenn es harsch rüberkommt, aber ich verstehe wirklich manchmal schlecht, warum sich einige (viele?) Frauen so im Häuslichen einrichten und das dann aber so als positiv oder gar “emanzipiert” herausstellen, auch wenn es das gar nicht ist. Und es geht halt auch einfach anders, der Osten lebt es ja vor. Aber irgendwie ist das so negativ behaftet.
Hej Franzi, danke für deine Klarstellung. Ich denke, es gibt viele unterschiedliche Lebensmodelle und -entwürfe – und was andere für sich selbst als positiv empfinden, darüber können wir von Außen schlecht urteilen. Aber viele von den Frauen, die heute hier kommentiert haben, sind ja gar nicht rein asufs Häusliche fokussiert, sondern jonglieren beides – Familie und Beruf. Das mag dann nach Teilzeitfalle klingen, aber wir wissen ja auch nichts darüber, welche finanziellen Redgelungen sie dazu vielleicht getroffen haben. Es ist ein komplexes Thema und ein konträres noch dazu. Schön, dass wir es hier v-aus so vielen Facetten beleuchten. Liebe Grüße, Katia
Hej Franzi, gehe die Abstufungzwischen Selbstbestimmung und Emanzipation mit – das ist eine wichtige Unterscheidung, wenn auch der Ton dazu ein wenig harsch klingt. Aber es ist ein polarisierendes Thema und vielleicht rührt mein Unbehagen auch einfach daher, dass ich vor manchen Tatsachen ein wenig die Augen verschließen will. Jedenfalls ist es ein wichtiger und großer Komplex und deswegen unbedingt gut und richtig, sich darüber in allen Facetten auszutauschen. Danke für deine Impulse, liebe Grüße, Katia
Ich arbeite auch wenig teilzeit. In steuerklasse 5 lohnt es leider nicht mehr, ohne dass ich auf dem Zahnfleisch gehe. Mann ist workaholic und 11 Stunden weg. Leider steht er für strategische Inkompetenz. Behalte eine ausgleichszahlung ein, steht sogar im BGB. Findet er aber doof. Null Wertschätzung. Daher demnächst Trennung.
Hej Julia, das tut mir sehr leid. Ausgleichszahlungen sind ein wichtiger Punkt, wie ich auch gerade bei der Recherche einer anderen Geschichte feststelle.Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit. Liebe Grüße, Katia
Hallo zusammen,
ich finde es total spannend zu lesen, wie Emanzipation von jeder ein bisschen anders verstanden wird und welche Rolle vor allem auch die Partner dabei spielen.
Ich bin bei Deinem Artikel nur über eine Stelle gestolpert, die mir nicht sonderlich emanzipiert vorkam: “Mal abgesehen davon schultert mein Mann schon immer einen nicht unbeträchtlichen Teil unseres Familienalltags – trotz Vollzeitjob.”
Immer wenn ich einen Präsenztag hinter mir habe (und nicht im Homeoffice noch zig Sachen nebenbei geplant, bedacht, abtelefoniert und angeschoben), stelle ich wieder fest, wie viel entspannter ich im Feierabend ankomme – bereit für Hausaufgaben und Geschwistergeschichten.
Dein Mann kann sich den ganzen Tag auf eine Sache konzentrieren und im besten Fall noch in Ruhe Mittag essen. Da finde ich, ist “ein unbeträchtlicher Teil des Familienalltags” dann auch einfach mal dran und nicht groß der Rede wert.
So sieht’s jedenfalls bei uns aus.
Ist das Emanzipation?
Am Ende ja alles Definitionssache.
Liebe Grüße!
Hej Charlotte, ja, es ist eine große Spannweite, wie das Thema verstanden oder gelebt wird! 😉 Übrigens arbeitet mein Mann im Homeoffice und hat daher mit Kindern drumherum einen reichlich zerfaserten Arbeitstag, der bei weitem nicht so entsapnnt ist wie ein Bürojob – da würde ich dir vollkommen recht geben, ist aber bei uns anders gelagert. Liebe Grüße, Katia
Wie Franzi weiter oben schon geschrieben hat, ist man per Definition nicht emanzipiert, wenn man das alte/klassische Rollenmodell (er Volzeitverdiener, sie Teilzeit+Mutter) lebt. Ich finde aber nicht, dass das entscheidend dafür sein sollte, wie wohl man sich mit der Aufteilung fühlt. Ich finde es immer schwierig, wenn Frauen sagen, sie haben sich selbstbestimmt für diese Rollenaufteilung entschieden, weil es oft gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind, die die “selbstbestimmte” Entscheidung so herbeiführen. Frauen arbeiten oft in schlechter bezahlten Berufen, z.B. im sozialen Bereich und dann ist die rationale Entscheidung der Paare, dass der Besserverdiener Vollzeit arbeitet und der schlechter Verdienende in Teilzeit geht. Oder Frauen treffen ihre “selbstbestimmte” Entscheidung, weil es keine gute Betreuung für die Kinder gibt. Ich finde trotzdem, dass man den Kindern dann daheim vorleben kann, dass Mütter und Väter nicht auf bestimmte Rollen festgelegt sind. Auch wenn ich Teilzeit arbeite, kann ich ihnen vorleben, dass mein Job wichtig ist und Bedeutung für mich und die Gesellschaft hat. Und auch wenn mein Partner der Hauptverdiener ist, kann er vorleben, dass er sich trotzdem für Haushalt und Kinder verantwortlich fühlt und z B. auch mal kocht, Wäsche faltet und Einschlaf begleitet. Wirklich kritisch finde ich nur, wenn Paare finanziell keine Vorsorge treffen, die den Teilzeit Arbeitenden im Falle einer Trennung bzw. im Alter absichert. Am Schluss muss jedes Paar für sich eine Lösung finden, mit der es glücklich wird und die für Beide so in Ordnung ist. Ob man damit emanzipiert lebt oder wie andere das Beurteilen ist doch dann eigentlich nicht wichtig…
Hej liebe Anja, gute Gedanken zu einem Thema, das offenbar ordentlich polarisiert.Ich finde vor allem den zweiten Punkt wichtig, den du nennst: Dem eigenen Tun Bedeutung beimessen und den Aufbruch von klassischen Rollenmustern zu Hause. Danke für dein Weiterdenken, Katia
Kleine Ergänzung noch zu meinem Kommentar…Ich finde nicht, dass emanzipiert sein mit der Teilzeitbeschäftigung kollidiert. Man muss nicht Vollzeit arbeiten, um emanzipiert zu sein. Ich finde es auch sehr emanzipiert, wenn beide 80% arbeiten. Nach meinem Gefühl sind das die gleichberechtigsten Partnerschaften, wo sich trotzdem nicht alle kaputt arbeiten und noch viel gemeinsame Zeit mit den Kindern bleibt. Wenn man solch ein Modell leben kann, ist man natürlich sehr privilegiert. Viele Familien brauchen zwei Vollzeitgehälter, um über die Runden zu kommen bzw. haben Jobs, bei denen es keine Option gibt 80% zu arbeiten…
Hej liebe Anja, danke für deine Ergänzung – dass man es sich leisten können muss, nicht Vollzeit arbeiten zu gehen, ist ein wichtiger Aspekt! Dabnke dafür! Liebe Grüße, Katia
Für mich bedeutet es auch finanzielle Unabhängigkeit.
Ich verstehe gar nicht, dass das so viele Frauen aufgeben, um hauptberuflich Kinder durch die Gegend zu fahren, Hausaufgaben zu betreuen und alle zu bekochen. Am Ende muss es jede selbst entscheiden. Wenn es frau glücklich macht, isses doch schick, (solange man nicht verlassen wird.)
Hej Franka, scheint offenbar ein emotionales Thema… 😉 Liebe Grüße, Katia
P.S. Klang bissiger als es sollte. Mich stört kein Lebenskonzept – nimmt mir ja nichts weg.. ich kann es nur ehrlich nicht nachvollziehen, dass so viele Frauen dazu bereit sind. Bin wahrscheinlich einfach sehr erzogen Richtung: steh auf eigenen Beinen!
Jede Frau geht da wohl ihren eigenen Weg. Oder auch nicht, wie man’s nimmt 😉
Liebe Katia,
jede soll ihr Modell leben, womit sie gut kann und sich wohlfühlt.
Nichtsdestotrotz muss ich sagen, dass es für mich auch einen puren Luxus darstellt, auf ein großen Teil Gehalt verzichten zu können. Leben ist so teuer geworden und nicht jede/r hat einen Partner:in im hochdotierten Beruf sitzen. Das wäre bei uns bspw. finanziell garnicht stemmbar.
Und zum anderen erschreckt es mich immer wieder, dass es Frauen gibt, die das Thema Altersvorsorge so abhängig gestalten. Altersarmut ist jetzt schon ein Riesenthema und trifft bereits jetzt sehr viele Frauen in D, die viel und lange der Kinder wegen zu Hause waren. Wir dürfen nicht vergessen, dass jede zweite Ehe in D in die Brüche geht und die Altersvorsorge davon betroffen ist. Carearbeit wird nun mal leider nicht bezahlt und in die Rentenkasse fließen daher exakt null Euro während dieser Zeit.
Ich weiß. dass ist ein schwieriges und anstrengendes Thema und spaltet die Gemüter, und trotzdem müssen wir jetzt schon vorsorgen für später.
meine Kinder sind beide Betreuungskinder und wir kommen meist gegen 16 Uhr alle nach Hause. Hausaufgaben sind erledigt, Mittagessen gab es auch (mal leckerer-mal nicht, schaffe ich tatsächlich aber auch nicht besser) und wir nehmen uns Zeit für uns, auch wenn da mal Wollmäuse unter der Couch leben 😉
Das Thema Mutter und Frau sein ist hochemotional, ich merke aber immer wieder, wenn ich anderen einfach mal Vertrauen schenke und mich darauf einlasse, dass sie meinen Kids auch nur Gutes wollen, dann klappt das auch. Fängt in der Krippe an, geht über die Schule weiter bis …..
Ich merke es sind viele Facetten, die in Emanzipation Einigung finden wollen. Und jede sollte für sich ihre finden (dürfen).
Schön, dass du hier nochmal geschrieben hast.
Liebe Grüße
Sabrina
Hej liebe Sabrina, dass es gar nicht jeder Familie möglich ist, in Teilzeit zu arbeiten, weil dann das Leben nicht finanzierbar wäre, wurde auch schon in einem anderen Kommentar angesprochen – gut, dass du das Thema auch noch einmal aufgreifst! Denn nicht nur unser aller Lebenskonzepte sind sehr unterschiedlich, sondern eben auch die finanziellen Voraussetzungen. Sehr wichtig und vermutlich ausreichend Stoff für einen eigenen Post ist wohl das Thema Altersvorsorge, das man nicht oft genug strapazieren kann, weil es unbequem ist und noch so weit weg scheint. Ja, es sind viele Themen, die hier vereint werden wollen und ich muss gestehen, dass ich damit mitunter auch ein wenig überfordert bin – für mich persönlich und eine universelle Haltung dazu zu finden auch. Insofern freue ich mich wie immer sehr über den regen Austausch an dieser Stelle. Bis bald hoffentlich, liebe Grüße Katia
Auch für mich bedeutet Emanzipation finanzielle Unabhängigkeit. Meine Mutter hatte die Pflichtschule, war Hilfsarbeiterin, dann Hausfrau, später wieder kleine Putzjobs… Ich habe ihr Schaffen immer geschätzt, bin aber auch sehr froh, dass ich (in Teilzeit berufstätig) exakt denselben Beitrag zum Familienbudget leiste, wie mein Mann (der ebenfalls nicht ganz Vollzeit arbeitet). Ich sehe zwar keineswegs unser Modell als das einzig Wahre an. Aber ich würde vielen Frauen wirklich raten, bei solchen Rollenverteilungs-Entscheidungen stärker an ihre Zukunft zu denken, auch wenn es unromantisch scheint. So oft hab ich schon gehört „Mein Mann arbeitet voll, weil gut bezahlt, ich bleibe lange bei den Kindern, das passt uns Beiden so!“. Im Fall einer Trennung wird aus dem „Das passt uns Beiden so“ leider allzu schnell ein „Unverschämt, wie viel Unterhalt ich als Vater für die Kinder bezahlen muss!“ bzw. „Unverschämt, mit wie wenig Rente ich als Frau nun dastehe!“
In Österreich hätten wir für diesen Fall das Pensions-Splitting, das jedoch von sehr sehr wenigen Paaren genutzt wird. Keine Ahnung weshalb, denn es wäre m.M.n. eines der sinnvollen Instrumente für mehr Emanzipation.
Hej liebe Julia, danke fütr deinen Einblick! Ich glaube auch nicht, dass es DAS eine Modell gibt – letztlich muss es jede Familie, jede Frau es für sich entscheiden, so sie denn Entscheidungsspielraum hat. Aber man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass jede Entscheidung Konsequenzen in Sachen Altersvorsorge nach sich zieht und dass man dafür Vorkehrungen treffen muss. Liebe Grüße nach Österreich, Katia
Liebe Katja! Ich nehme nochmal Bezug auf Deine Antwort weiter oben – wo Du schreibst, es sei ein “emotionales Thema”. Das ist es sicherlich, weil es sich ja um unsere Kinder und Kernfamilie dreht. Die Antwort geht an meinem Kommentar ein kleines bisschen vorbei, weil ich ja gerade dafür plädiere, rational auf die Zahlen zu schauen und dafür zu sorgen, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Das hat natürlich auch Nachteile. Und es fiel auch mir nicht immer leicht und ich fühlte mich zerrissen und ich bin auch oft müde und träume vom Lottogewinn – ich verstehe die Gründe, warum Frauen wenig oder gar nicht arbeiten. Ich halte es einfach an ziemlich vorderster Stelle für notwendig, unabhängig zu bleiben finanziell und wundere mich, wie viele Frauen, das sehr bereitwillig und sorgenfrei hergeben. Bin erzogen von einer alleinerziehenden Mutter mit 3Kindern… man weiß nie, wie das Leben spielt. Dafür freue ich mich wirklich für jede, wenn das Lebenskonzept aufgeht. Hoffe es wird nicht als Angriff verstanden- es soll.nur ergänzen… es entscheiden sich ja sehr viele Frauen für dieses Konzept, wenn die Familien es bezahlen können.
(Sorry diesmal lang, fühlte mich missverstanden)
Hej liebe Franka, danke, dass du nocvh einmal insistierst. Es tut mir leid, wenn du dich gestern von meiner Antwort falsch verstanden gefühlt hast – ich war ein wenig in Eile, daher fiel meine Rückmedlung zu knapp und vielleicht auch etwas an deinen Inhalten vorbei aus. Ich hatte lediglich den Eindruck, dass das Thema hier generell zu einem im Ton eher emotional gefärbten Debatte führt, wenn auch die Inhalte sachlich wichtig und richtig sind. Liebe Grüße, Katia
Hallo Katia und alle anderen,
ich möchte zu Frankas Kommentar noch ergänzen, dass neben der finanziellen Unabhängigkeit auch die Vorbildwirkung für die Kinder etwas sehr Wichtiges ist. Sehr oft werden die Kinder es später sehr ähnlich machen, wie sie es in ihrer eigenen Kindheit kennengelernt haben. Das kam ja in einigen Kommentaren hier bereits zum Ausdruck: mit den Kindern kamen die alten Rollenmuster, dass man Kinder z.B. früh aus der Kita abholt, es zuhause Mittag gibt, die Mutter zuhause ist und es für alle anderen schön macht. Ist ja auch schön. Aber halt nicht für die Emanzipation der Töchter. Die haben dann später vielleicht das Gefühl, sich entscheiden zu müssen: Familie oder Karriere. Das ist schade. Gibt ja auch in Westdeutschland deutlich mehr kinderlose Frauen, meist Akademikerinnen, als im Osten.
Und deshalb finde ich es so wichtig und lohnenswert, vorzuleben, dass Frauen beides können: auch außerhalb der Familie eine eigene Welt im Job haben (und nicht nur so ein bisschen Zubrot) UND für die Familie da sein. Genau wie die Väter das auch sollten. Auch wenn man mal müde ist und gestresst. Dass Mütter NICHT für alles in der Familie zuständig sind, sondern es hier um teamwork geht.
Mein persönliches Ideal (das wir selbst auch nicht komplett leben, aber annähernd): beide Partner arbeiten 30 Stunden und der Haushalt wird auch 50/50 geteilt..
Mir ist es wahrscheinlich leichter gefallen, das so zu leben, weil es im Osten halt normal war, dass Frauen arbeiten gegangen sind und Kinder früh und nicht nur bis Mittag in die Betreuung. (Auch wenn das noch lange nicht hieß, dass die Männer sich in der Hausarbeit groß einbringen – es ist ein weiter Weg). War so erstaunt, als ich im Westen studiert habe, wie die Frauen, die vorher so selbstbewusst überall dabei waren, plötzlich aus dem öffentlichen Raum verschwanden, weil sie ein Kind bekamen, das war völlig strange für mich. Einige kamen später zurück, aber halt oft nur mit wenigen Stunden und eher niedrig bezahlten Jobs. Schade.
Liebe Franzi,
Ich finde es schon auch sehr spannend, wie unterschiedlich Frauen in Ost und West sozialisiert sind. Das zeugt natürlich, dass man eben auch nur bedingt frei ist in gelebten Rollen und Werten. Diese werden immer auch politisch, gesellschaftlich und kulturell mit geprägt.
Ich persönlich bin in manchen Sachen froh oder weniger froh ein Kind meiner Zeit oder dieses Landes zu sein. Wenn ich aber eines schätze, dann ist es wirklich die Möglichkeit frei zu sein, einen Job zu haben und gleichzeitig sehr viel Zeit mit meinen Kindern und einfach mit mir selbst verbringen zu dürfen. Bei der Arbeit, in meinem Fall als Lehrerin, ist man ja total fremdbestimmt (45 min. Takt..,) dass ich es ohne Ende genieße auch Zeit und Ausgleich für anderes zu haben. Das ist natürlich auch ein wenig Charakter Sache. Bei uns gibt es auch viele kinderlose Kollegen und auch männliche kinderlose Kollegen in Teilzeit!
Ich könnte dir also gleich sehr viele Gründe auf einmal aufzählen, warum ich Teilzeit schätze und das hat nicht nur was mit meiner Rolle als Mutter zu tun. Ich kann es aber natürlich auch nachvollziehen, wenn jemand jobmässig voll aufblüht und sich super wohl in der Rolle fühlt und zugleich mit recht stolz darauf ist, sich selber und die Familie mit dem Gehalt ernähren zu können.
Ich schätze meinen Kontoauszug ebenfalls :).
LG, Mathilda
Liebe Mathilda,
ich bin ebenfalls Lehrerin und arbeite auch Teilzeit (zur Zeit fast Vollzeit, weil ich für ein Sabbatical anspare, mir ist meine Zeit neben dem Job nämlich auch sehr wichtig.). Bin überhaupt keine Verfechterin von Vollzeit. Perfekt wäre es, alle hätten gleichberechtigt, emanzipiert eben, Zeit für Familie und Beruf. Aber gerade dadurch, dass viele Frauen so viel Care-Arbeit übernehmen, erfordert ja andererseits, dass Männer umso mehr erwerbsarbeiten und in der Familie weniger präsent sind-diese Muster sollten aufgebrochen werden. Skandinavische Länder sind uns da schon weit voraus.
Liebe Franziska,
dem kann ich voll zustimmen. Diese Muster sollten wirklich aufgebrochen werden. Bei uns hat das total gut geklappt von Geburt an, was daran lag, dass man sich damals bei Zwillingen jeder Elternzeit für ein Kind nehmen konnte und wir parallel 10 Monate die kleinen versorgt haben. Besonders einer der Jungs ist von Anfang an total auf den Papa geprägt und sogar die Hauptbezugsperson bei Schmerzen, Übermüdung etc… da wird im schlaf laut „Papa“ geschrieen, da er vom ersten Tag an ganz nah bei ihm war, neben ihm geschlafen hat, ihn getragen hat….das hatte sich so ergeben, da er viel schwerer war als sein Bruder und ich wegen Kaiserschnittnarbe schlecht schwer tragen konnte. Die Aufteilung ist dann so geblieben mit tragen und schlafen bis zum 10 Monat. Wenn wirkliche Beruhigung gefragt war, musste Papa her…bis heute (bei dem schweren Zwiling 😅).
wir haben uns dann abwechselnd den Rücken freigehalten beim Wiedereinstieg in den Job und sind auch heute noch mit mittlerweile 10jährigen fast gleichermaßen involviert in Care und Chaos Arbeit. Teilzeit schätze ich aus oben genannten Gründen.
Sehr cool mit dem Sabatical!
LG, Mathilda
Liebe Katia,
Beim Lesen des Artikels hatte ich schon das Gefühl, dass es zu mehr kontroversen Kommentaren führen wird, was grundsätzlich für mich passt.
Ich teile eher die Meinung derjenigen, die auch nicht zu viel Verständnis für das “50er Jahre Modell” aufbringen. Zum einen aus persönlicher Erfahrung, da ich aus finanziellen Gründen nach meiner Trennung gezwungen war, Vollzeit zu arbeiten und weiß, wie hart das teilweise ist, aber auch die dadurch bestehenden Freiheiten und Unabhängigkeiten in meinen Entscheidungen zu haben, da dies ein sehr hohe Wert in meinem Leben sind. Zum anderen habe ich aber auch bei zwei Freundinnen gesehen, wie es sein kann, wenn der Partner verstirbt und das gewählte Modell so nicht mehr funktioniert und wie hart der Weg dann ist. Darüber hinaus geht es auch um eine Absicherung bzgl. Rente, die viele nicht im Blick haben.
Die gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland sind leider nach wie vor frauenfeindlich und der Diskurs hierüber würde zu weit gehen, aber das für mich richtige Model wäre eine paritätische Aufteilung beider Elternteile, z.B. beide arbeiten Teilzeit und teilen sich die Familienarbeit. Bei jüngeren Paaren sehe ich diese Entwicklung immer mehr und es geht zumindest in die richtige Richtung. Am Beispiel von Norwegen kann man sehr gut sehen, was sich bewegt, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden.
Für unsere Generation leider zu spät, aber für unsere Kinder hoffentlich nicht.
Liebe Grüße
Andrea
Hej liebe Andrea, ja, ich hatte mir schon gedacht, dass es eine anmgeregte Debatte geben würde. 😉 Und das ist auch gut so, weil hier viele Aspekte weitergedacht wurden, die ich in meinem Text nicht berücksichtigt habe. Dafür schätze ich den Austausch hier einfach sehr. Liebe Grüße, Katia
Ganz toll wäre es auch, wenn Arbeitgeberinnen endlich einsehen würden, dass die Produktivität nach 6 Stunden rapide sinkt. Und gerade Mütter in ihren Teilzeitjobs oft mehr wegrocken als die Vollzeitkollegen.
Und dann 30 Stunden voll bezahlt werden würden …
Ein kleiner Traum. Und allen ein schönes Wochenende!
Oh ja – kommt mir SEHR bekannt vor! Am herrlichsten war mal ein Kollege, der monierte, dass man mich in Teilzeit anstellen wollte – ob ich denn dann auch mit ausreichend Output arbeiten würde…? Der betreffende Kollege hatte einen 40 Stunden-Vertrag, von denen er 35 in seinem Einzelbüro Musik-CDs gehört und mit anderen (männlichen) Kollegemn allen die Welt erklärt hat.Ohne Worte. Dir auch ein schönes Wochenende!
Bevorstehende trennung und tatsächlich bekomme ich nach 23 Jahren Ehe nachehelichen Unterhalt und einen guten versorgungsausgleich. Mein zukünftiger ex wird sicher erstmal erstaunt sein…..null Wertschätzung und null Verantwortung lassen mich den Schritt gehen…
Liebe Katia, vielen Dank für den wie immer so ehrlichen und authentischen Text. Ich finde nicht, dass sich die Frage der Emanzipation alleine am Stellenanteil Beschäftigung festmachen lässt, Es ist doch am Ende eher eine Frage der Haltung. Ich für meinen Teil arbeite in Vollzeit und verdiene mehr als mein Mann und trotzdem haben wir es nicht geschafft das ganze Thema care Arbeit und mental load “gerecht” unter uns aufzuteilen. Es hängt trotzdem ganz vieles davon an mir, was wiederum natürlich ganz viele Gründe hat…. Aber was ich sagen will, nur weil man in Vollzeit arbeitet als Frau ist das Problem der Genderungerechtigkeit noch längst nicht aus der Welt und man ist alleine deswegen noch lange nicht emanzipiert… Ich zumindest nicht. Mach weiter so schöne Texte und bleibe kontrovers. Das Leben ist halt leider komplex und kompliziert, Alles Liebe Isa
Hej liebe Isa, danke für deine nette Rückmeldung. Ja, es ist verdammt komplex und kompliziert und vielleicht kann man es nicht universell richtig machen – außer für sich selbst. Danke für deine Gedanken, alles Liebe, Katia
Ich finde es komplett legitim, sogar sehr begrüßenswert, wenn in einer Beziehung keine von beiden Personen in Vollzeit arbeitet. Ja, das ist natürlich immer eine finanzielle Frage, das ist mir klar. Trotzdem ist mein Plädoyer: Menschen, egal ob mit oder ohne Kinder, sollen möglichst nicht dauerhaft in Vollzeit einer Lohnarbeit nachgehen. Alle Menschen, die ich kenne, die NICHT in Vollzeit arbeiten, haben ein besseres Leben – trotz der finanziellen Einbußen.
In meiner Beobachtung und nach meiner eigenen Erfahrung sind Menschen glücklicher, die vielleicht etwas weniger Wohnraum haben, seltener Urlaub machen, ein uraltes oder kein Auto besitzen, nur sehr sporadisch. Neuanschaffungen shoppen,… Aber mehr dafür mehr freie Lebenszeit haben und dadurch weniger Stress.
Und grundsätzlich: ich finde es als Frau wichtig, im Falle einer Trennung nicht in eine finanzielle Krise zu geraten. Das kann bedeuten, dass eben in „guten Zeiten“ gemeinsam besprochen wird, welche Art von finanziellem Ausgleich die Person kriegt, die über Jahre nicht oder weniger zur Lohnarbeit geht.
Ich kenne eine tolle Frau, die sich schon vor 20 Jahren sagte: Kinder oder Karriere? Beides nicht, vielen Dank!
Sie liebt ihren Job, den sie als kinderlose Frau mit 30 Stunden pro Woche ausübt. Sie liebt ihre Nichten und Neffen und ist die ausgeglichenste, beliebteste , hilfsbereiteste Person, die ich kenne. Sie schläft mittwochs immer aus und arbeitet montags nur bis mittags. Sie hat einen tollen Partner, der ebenfalls „nur“ um die 30 Stunden pro Woche arbeitet. Die beiden haben keine hochbezahlten Jobs, würden jedoch sofort in ihren Firmen beide sofort eine Vollzeitstelle kriegen… aber dafür genießen sie ihr entspanntes Leben viel zu sehr. Sie überlegen sogar, mittelfristig beide noch einen halben Tag weniger zu arbeiten. Der Partner dieser Freundin hat aus einer anderen Beziehung zwei fast erwachsene Kinder, die er mit seiner Ex Partnerin gemeinsam finanziert und erzieht. Es ist soo schön, einen Vater zu sehen, der so viel Zeit für seine Kinder hat und seinen Jungs vorlebt, dass man als Mann nicht in Vollzeit arbeiten und mit der Karriere im Kopf agieren muss.
Natürlich können die Zwei nicht in dem Ausmaß konsumieren, wie es zum Beispiel in diesem Blog und generell in den Sozialen Medien vorgelebt wird. Es gibt keine mehrfachen Reisen pro Jahr, kaum neue Klamotten, keine schicken Geräte, keinen wöchentlichen Restaurantbesuch. Aber das fehlt den beiden nicht. Es ist manchmal einfach auch eine Entscheidung und eine Sache der Haltung.
Ich plane, zur Jahresmitte ebenfalls meine Stunden zu reduzieren, von aktuell 32 auf 24. Und mein Partner, der aktuell als Freiberufler mal Vollzeit und manchmal auch gar nicht arbeitet, will sich künftig nicht so arg stressen, wenn keine Aufträge reinkommen. Unsere vierköpfige Familie hat das Leben drumherum schon darauf eingestellt – gerade der Umzug in eine kleinere Wohnung (von 104 auf 78qm), das Auto letztes Jahr verkauft, diesen Sommer haben wir Schrebergarten statt Dänemark geplant, in den Herbstferien besuchen wir Freunde in einer anderen Stadt und wohnen im Hostel… und alle sind voller Vorfreude über die gewonnene Zeit, die unser Leben hoffentlich doll bereichern wird.
Liebe Katia,
Danke für Deinen Beitrag. Ich habe ein sechsjähriges Kind, bin früh Mutter geworden und empfinde es trotz eigener finanzieller Absicherung als extrem schwierig, so viel für mein Kind da zu sein, wie es mir richtig vorkommt und zugleich emanzipiert zu sein. Ich habe das Gefühl, durch die Abhängigkeit meines Kindes von mir, sehr viel meiner eigenen Unabhängigkeit eingebüßt zu haben. Dass ich dafür Anderes gewonnen habe, steht außer Frage. (Allein der Geruch von Babyhaaren), Der Verlust schmerzt mich trotzdem.
Und ich denke schon, dass das Mütter meist ungleich stärker betrifft als Väter. Ich gehe zb davon aus, dass dieser Blog hauptsächlich von Frauen gelesen wird. Natürlich geht es bei Euch gelegentlich um (Damen)Mode usw. aber doch sehr zentral um die Frage, wie das Familienleben so abläuft. Und das obwohl „was für mich“ ja einen egozentrierten Pauseort suggeriert. Das ist keineswegs als Kritik gemeint – ich lese Euch sehr gern! Aber vielleicht zeigt es beispielhaft, dass das „Nachdenken über Familie“ eben ganz zentral von Frauen geleistet wird.
Liebe Grüße
Meta