Kürzlich war wieder so ein Morgen. Einer, an dem das Kind mit dem falschen Fuß aufgestanden war – und alles zum Drama wurde. Und es endete, wie es dann öfters endet: Das Kind blieb erstmal bockig zu Hause. Übrigens das zweite Mal in nur einer Woche. Ich war auf 180 und strich mit Ansage alle weiteren Spaß-Termine der kommenden Tage. Und der Mann? Fand mich zu dogmatisch. Zu streng. Unverhältnismäßig. Und ich frage mich nicht das erste Mal: Bin ich wirklich mitunter zu schroff mit meinen Kindern…?

Kinder sind Kinder, ich weiß. Sie müssen nicht die gleichen Dinge tun, Erwartungen erfüllen wie wir Erwachsenen. Und trotzdem haben ich je nach Alter auch ein paar Anforderungen an sie. Ab der ersten Klasse beispielsweise, dass sie verlässlich zur Schule gehen – es sei denn, sie sind krank. Selbst wenn sie keine Mühe haben, in der Klasse mitzukommen, finde ich fünf Tage Schule pro Woche nicht optional.

Schule als Präsenzort hat für mich eine höhere Priorität als Launen und Lustprinzip.

Deswegen lautet bei uns die Reihenfolge Schule, Hausaufgaben – und erst danach Hobbys und Play-Dates. Und letztere werden eben zu Wackelkandidaten, wenn die vorherigen Punkte nicht rund laufen. Zum Beispiel, wenn aus einer fehlenden Klamotte abgeleitet wird, lieber gar nicht erst zur Schule zu gehen. In dem Punkt ist nicht nur das Kind stur. Sondern auch ich in meiner Reaktion: Dann fällt die geplante Bespaßung des Nachmittags eben aus. Wer nicht zur Schule geht, ist krank. Und wer krank ist, muss nachmittags keine Freunde treffen oder zum Hobby gekarrt werden.

Familienleben besteht aus gegenseitigen Abmachungen, die jeder seiner Entwicklung gemäß einhalten kann. Dass wir uns aufeinander verlassen können, steckt da mit drin. So wie ich mich darauf verlasse, dass meine Kinder Zähne putzen, zur Schule gehen, Hausaufgaben machen und nach Aufforderung mal den Tisch decken, verlassen sich meine Kinder darauf, dass ich den ganzen Rest regle: Kochen, Klamotten, Hausaufgaben-Hilfe und Hobby-Fahrten.

Nur: Wenn einer von uns Fünfen wiederholt unzuverlässig mit seinen Aufgaben ist, gerät unser Alltag schnell in Schieflage.

Würde ich nicht im Home-Office sitzen, KÖNNTE mein bockiges Kind gar nicht zu Hause bleiben.  Entweder müsste ich es mit einem noch größeren Drama in die Schule bringen – oder kindkrank machen. Das finde ich schwierig. Auf jeden Fall sinkt bei mir in solchen Fällen rapide die Bereitschaft, meine Nachmittage für das zeitintensive Training des entsprechenden Kindes herzugeben.

Kleiner Knackpunkt: Mein Mann sieht die ganze Chose meist deutlich entspannter. Irgendwie sind wir manchmal so ein Bad-Cop-Good-Cop-Gespann. Als ich als Reaktion auf das Drama die Hobbyfahrt am nächsten Tag verweigerte, sprang er in die Bresche. Er findet mich dann zu schroff, ich ihn zu soft. Wahrscheinlich passt es in der Summe unserer Erziehungsstile wieder ganz gut zusammen, aber für den uneins-Moment ist es natürlich ziemlich nervig.

Tatsächlich fällt es mir häufig schwer, in emotional wackeligen Situationen einen Ausweg zu finden.

Vor allem, wenn ich finde, dass das Drama hausgemacht ist. Der Mann ist da viel besser drin. Kann sich meist in jeder noch nervigen Situation auf das Kind einlassen und Verständnis aufbringen, während ich es schon längst auf den Mond wünsche. Weil es mich oft wütend macht, denn diese kleinen Dramen bedeuten meist großen Stress, und zwar für alle. Und davon haben wir eigentlich schon genug.

Vielleicht reagiere ich in solchen Situationen strenger als nötig. Weil ich selbst angespannt bin. Damit das Drama nicht noch durch mich weiter befeuert wird, muss ich definitiv meinem Mann das Feld überlassen. Mich raushalten, um nicht Spaßbremsen rauszuhauen. Es aushalten, dass im eng getakteten Familienalltag eben nicht immer alles so funktioniert, wie von mir erhofft.

Vielleicht ist es ganz gut, mir bewusst zu machen, dass es nicht nur (m)einen Weg gibt.

Dass man vielleicht auch ans Ziel kommt, wenn man nicht mit dem Kopf durch die Wand will – so wie ich. Oder wie mein Kind, das mir in vielem wohl ziemlich ähnlich ist. “In Sachen Sturheit hast du deinen Meister gefunden”, frotzelte der Mann, als wir die Szene noch einmal durchkauten. Ich fürchte, er hat nicht ganz unrecht…

Das Gute ist: Mein Drama-Kind und ich finden immer schnell wieder zusammen. Und wenn sich die emotionalen Brecher zu Plätscherwellen gelegt haben, können wir in Ruhe aufdröseln, warum wer von uns wie reagiert hat. Ich kann noch mal logisch erklären, warum nicht-zur-Schule-gehen welche Konsequenzen hat. Und das Kind mir, warum die Wahl der Hose über einen guten oder schlechten Schultag entscheiden kann. Wir geloben immer beide Besserung. Bis zum nächsten Mal.

Und ihr: Seid ihr streng oder eher Laisser-faire?

Alles Liebe,

Katia