Mein Mann ist oft die bessere Mama. Verständnisvoller, manchmal liebevoller. Er hört geduldiger zu, kann besser Streit schlichten und Lösungen finden. Ich bin und kann das alles auch – aber nicht so gut und ausdauernd wie er. Weswegen sich die Kinder häufig lieber von ihm trösten lassen. Nachts im Bett öfters nach Papa rufen statt nach Mama. Ich bin damit tatsächlich fein, weil: Ich fühle mich dadurch nicht weniger geliebt. Nicht weniger gebraucht. Mal abgesehen davon, dass wir unserem Trio ganz intuitiv vorleben, dass Rollenklischees meist für die Tonne sind…

Wir erziehen, leben und lieben hier allerdings nicht nach Konzept, sondern nach Persönlichkeiten. Und ich bin einfach oft tempramentvoller, ungeduldiger, abenteuerlustiger. Im Unterschied zu meinem Mann brauche ich viel mehr Raum für mich, kleine oder größere Auszeiten vom Familientrubel. Ganz entgegen dem Klischee der ständig präsenten und bis zur Selbstaufgabe fürsorglichen Mutter. Und wenn ich dann über Nacht bei einer Freundin bin, weiß ich, dass er die Drei-gegen-Einen-Party viel souveräner rocken wird als ich das jemals könnte.

Ich bin dafür häufiger die Spaß-Mama.

Die spontan den Picknickkorb packt und mit der Schar zur Teezeit an den Elbstrand zieht. Die das Dom-Date macht – und mit den Kindern ins Kettenkarussell steigt. Die auf dem Spielplatz mit um die Wette schaukelt, beim Kinderturnen Räder schlägt und im Winter am Deich beim Rodeln am lautesten juchzt.

Mein Mann und ich sind gemeinsam alles für unsere Kinder – alles, was sie brauchen. Und in unseren Elternrollen doch ganz anders als ich mir das früher vorgestellt habe. Dass ich nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit mit einem meiner drei Kinder kuscheln mögen würde, kam mir früher nicht in den Sinn. Dass ich nicht immer Hundert Prozent Aufmerksamkeit für sie haben könnte, war nicht vorgesehen. Ist aber dennoch so – manchmal wachsen mir ihre Bedürfnisse über den Kopf. Meinem Mann dafür nicht.

Er ist viel häufiger bereit, sich zurückzunehmen, um für die Kinder da zu sein.

Sie aufzufangen, ihnen zuzuhören, ganz gleich, weshalb. Sie können sich immer auf ihn verlassen. So wie ich – wenn ich gerade weniger Kraft, weniger zu geben habe als er. Worauf wir und unsere Kinder allerdings auch zählen können: Wir sind als Eltern immer Team Familie – wenn auch manchmal gegen den Strich gebürstet. Jeder macht, was er (besser) kann, jeder gibt alles nach eigenen Kräften: Liebe, Engagement, Inspiration.

Ich halte unseren Fünfer-Alltag zusammen, die ganz klasssische Mental-und-Workload-Chose. Und wenn ich zwischendurch doch auf den Trichter komme, dass das verdächtig nach Klischee klingt und ob Corona uns doch wieder zurück in die 50er katapultiert hat, weil immer nur ICH mich darum kümmere, was wir mittags essen und wer den Großeltern Geburtstagsgrüße schickt – dann denke ich daran:

Dass mein Mann völlig selbstverständlich hinnimmt, wenn ich drei Abend-Dates die Woche mache und er die Kinder allein ins Bett bringen muss. Wie meistens er nachts aufsteht, um einen Albtraum zu verscheuchen – während ich mir mir das Kissen über die Ohren ziehe. Wie er immer übernimmt, wenn ich in einer Situation kneifen will – beim brüllenden Haarwasch-Kind genauso wie beim Hausaufgaben-Struggle.

Und dann denke ich: Wir sind bestimmt kein Elternklischee – aber auch nicht dessen Gegenteil.

Wir sind einfach eine Familie, in deren Wachsen, in deren Höhen und Tiefen sich die Dinge anders entwickelt haben als gedacht. Deren Alltag und alle Akteure darin viel komplexer sind als jemals angenommen. Familie bringt all das ans Licht, leuchtet Stärken genauso grell aus wie Schwächen, definiert Rollen neu, schreibt sie munter um.

Dafür bietet Elternschaft aber auch unendlich viel Raum, jeden Tag von neuem die bestmögliche Mutter, der bestmögliche Vater zu sein. Wie auch immer wir das gestalten – ob kuschelig oder cool, ob streng oder spaßig, für oder wider irgendeines Klischees: Hauptsache, wir sind in Summe für unsere Kinder die liebsten, verlässlichsten, besten Eltern der Welt.

Und wie ist das bei euch?

Hier hat Claudi schon einmal über Rollen in Familie und Partnerschaft geschrieben – auch sehr spannend!

Alles Liebe,

Katia