Ich hatte am Vorabend schon so eine Ahnung. Ich kann gar nicht sagen, was es war. Mamaahnung. Oder sein Tonfall. Vielleicht auch die Farbe seines Teints im Zubettgehlicht. Ich hätte es merken müssen, war aber zu sehr mit Chaos verarzten beschäftigt. Er hatte ganz sicher schon leichtes Fieber. Ich hohes Reisefieber. Morgens war es klar: „Wir können nicht fahren“, höre ich mich zu André sagen und hoffe irgendwie, dass er sagt: „Ach, das geht schon.“ Sagt er aber nicht. Natürlich nicht. Weil es gar nicht geht…
„Was? Wir fahren nicht?“, fragen sie. Und ihre Augen leuchten meerblau. Wie passend. Oder unpassend. „Aber…? Fahren wir überhaupt noch? Wann fahren wir denn dann?“ Ich zucke mit den Schultern. „Das müssen wir sehen. Je nachdem, wie es ihm geht.“ Ich sage das erste Hotel ab, das mit den Pferden. Auf die Pferde hatten wir uns ganz besonders gefreut. Ja ich weiß, es gibt Wichtigeres. Aber sie stehen da zwischen ihren gepackten Koffern. Wissen nicht, wohin mit sich. Sie tun mir leid. „Muss der auch immer krank werden?“, höre ich einen. „Psst, er kann doch nix dafür.“
„Dann machen wir es uns eben zuhause schön“, sage ich. „Ich will es mir aber nicht zuhause schön machen“, sagen sie. „Ich auch nicht“, denke ich. Ich hatte mich so gefreut. Seit Wochen hatten wir uns auf unsere Sommerreise gefreut. Dieses Jahr habe ich ihr besonders entgegen gefiebert. Hab gefühlt bloß noch langsam und flackernd funktioniert – wie ein Smartphone, dass dringend aufgeladen werden muss. Ja, ich weiß, es gibt Wichtigeres.
Draußen regnet es. „Was machen wir jetzt bloß die ganze Zeit?“, fragen sie. „Was machen wir jetzt bloß die ganze Zeit?“, denke ich. Fast alle Freunde sind verreist. Die, die noch da sind, haben andere Pläne. Wir hatten uns längst verabschiedet. „Kommt, wir gehen Hühner füttern“, rufe ich, weil uns das sonst immer gute Laune macht. „Keine Lust“, rufen sie. „Sonst lägen wir jetzt schon am Pool“, sagt einer. „Es gibt Wichtigeres…!“, sage ich. Und denke daran, wie gern ich am Pool liegen würde. Der eine boxt dem anderen in die Seite. Der andere zurück. Einer weint. Und auf dem Sofa sitzt der Kranke. Und sieht jetzt nicht bloß krank aus. Sondern nach einem schlechtem Gewissen. Penicillin statt Pool.
Auch ich weiß nicht, wohin mit mir. Mein Schreibtisch liegt voll. Meine Energie liegt irgendwo im Koffer verpackt, zwischen Bikini und Sommerkleid. Wenn die blöde Kuh nicht sogar einfach doch vorgefahren ist. Ich messe Fieber, halte Hand, mache Wadenwickel. Sie nölen, sie streiten, sie treten das Sofakissen über den Küchenfußboden. Ich würde am liebsten mittreten. Wenn ich gerade den Computer geöffnet habe, will einer was zu trinken. Oder ein Brot. Oder hat sich weh getan. Oder will ein Puppenkleid gewechselt haben. Zwischendurch beneide ich meinen Mann, weil der zwar hinter Aktenbergen sitzt drüben in der Kanzlei – aber immerhin allein. Und ohne Getränke. Und Brot. Und Puppenkleider.
Gleichzeitig bin ich wütend auf mich. Dass ich sie mir nicht einfach schnappe, alle außer den Fiebernden, und wir an die Elbe gehen. Trotz Niesel. Mit Gummistiefeln und Regenschirmen und dann stapfen wir durch Pfützen und lachen zusammen und zum Schluss lassen wir uns nach hinten fallen, alle in den Matsch, und kichern zusammen wie Familie Wutz. Ist aber nicht rosa grad bei uns. Es wutzt bloß auf seinem Bildschirm.
Ich mag nicht an die Elbe. Ich will arbeiten. Ich denke, ich muss doch arbeiten, wenn ich nun schon mal da bin. Und will es nicht. Ich könnte die Rosen beschneiden, hatte ich mir sowieso noch vorgenommen. Ich habe aber keine Lust im Regen die regennassen Rosen zu schneiden. Ich wollte noch das Arbeitszimmer aufräumen. Ich will aber nicht das Arbeitszimmer aufräumen. Ich fühle seine Stirn und bin wütend, weil ich wütend bin und gleichzeitig so so froh, dass es bloß eine Kinderkrankheit ist und nicht etwas wirklich Schlimmes.
Nach ein paar Tagen mag er wieder essen. Einen halben Buttertoast. Aber immerhin. Und er kippt endlich mal wieder den Schleichtierkorb um.
„Übermorgen fahren wir“, sage ich. „Wirklich?“, rufen sie und fangen an auf dem Sofa zu hüpfen. Ihre blonden Haare hüpfen mit. Sandstrandblond. Ich sage nichts, weil ich in den letzten Tagen schon so viel gesagt habe. Ich nicke. „Hoffentlich“, denke ich.
Sieht der Mittlere nicht irgendwie blass aus?
Alles Liebe,
Ach Claudi,
ich kann dich gut verstehen: ich wünsch euch einen wunderbaren Urlaub… (jetzt aber wirklich!) Gleichzeitig sitzen der Sohn und ich hustend und schniefend aufm Sofa – hatschi! Er mit leichtem Fieber und ich mit Kugelbauch und sauer darüber, dass es mich auch erwischt hat und ich es aussitzen muss… Grrr. Aber du hast recht. Es ist nur ne Erkältung (zumindest bei uns)… die Laune bessert sich täglich.. und vielleicht können wir morgen ja die Omi zum Geburtstag besuchen… das wärs!
Ich drücke dir die Daumen! Und alles Gute für den Bauch und das, was drin ist!!!
Claudi
Hallo Claudia! Mir laufen beim Lesen deines Textes die Tränen, weil du so schreibst, dass ich mich gut reinfühlen kann in eure Situation . Und auch rein erinnern…Ich bin hier gerade in unserem Urlaubsvorbeteitungswahn mit Putzen, Waschen und Räumen und mehr als urlaubsreif. Unsere Jungs sind nun schon fast erwachsen, aber das Vorgefühl beim Thema Urlaub bleibt. Liebe Grüße und trotz allem schöne Ferien! Heike
Liebe Heike, ich gebe zu, ein wenig freue ich mich darauf, irgendwann einfach wieder nur eine kleine Tasche packen zu müssen. Ganz in Ruhe und spontan. Aber wahrscheinlich werd ichs dann vermissen. (Außer die Viren!)
Liebe Grüße,
Claudi
Liebe Claudi,
ich kann so gut mit dir fühlen.
Das Gleiche hatten wir dieses Jahr mit unserem Skiurlaub. Die Kinder fieberten schon seit Weihnachten auf richtigen Schnee und auf die Berge hin. Wir hatten erstmals Winterferien und alle waren so euphorisch…
Die letzten 3 Jahre wird einer an seinem Geburtstag Ende Februar immer krank. Ich hätte es wissen müssen, dass die blöden Bakterien ihn auch in diesem Jahr nicht verschonen würden!
Wir hatten Glück im Unglück und konnten unseren Urlaub etwas umbuchen, so dass uns nicht gar so viel Zeit im Schnee verloren ging.
Also feierten wir mit der Grippe zusammen auf der Couch zwischen Kissen, Decken, Taschentüchern, Tee und Kinderbüchern seinen 6. Geburtstag statt in den verschneiten Bergen und mit süßer Überraschung des Hotels.
Auch ich bin in solchen Momenten trübsinnig und wirklich schlecht darin die Anderen aufzuheitern.
Ich habe mir angewöhnt meinen Kindern genau dies mitzuteilen, nämlich dass auch ich ein wenig traurig und lustlos bin. Allein das Aussprechen (meist mit einer Tasse Tee, einem Keks und einem schönen Kinderbuch in der Hand), hilft mir häufig aus meinem emotionalen Tief wieder raus.
Ich drücke euch von Herzen beide Daumen, dass es eurem Kranken bald wieder gut geht und ihr euren Sommerurlaub antreten könnt.
Alles Liebe
Anna
Liebe Anna, das stimmt, da gebe ich dir so Recht. Ich finde auch, dass es so gut tut, einfach zu sagen, wie es einem selbst damit geht. Dass man es selbst so schade findet. Überhaupt zu sagen, dass man traurig, enttäuscht, müde oder was auch immer ist. Und dann wieder zeigt, dass man weiter macht. Und durchhält.
Herzlichst,
Claudi
Liebe Claudia,
ach herrje, … ich fühle mit …. Alles Liebe und Gute für Euch! Ich drücke die Daumen, dass Eure Reise bald beginnen kann!
Liebe Grüße, Lysann
Liebe Lysann, ich danke dir, wir sind jetzt tatsächlich unterwegs.
Liebe Grüße vom Beifahrersitz,
Claudi
Hallo, ich kann das solo gut nachvollziehen. Wir alle haben uns seit Wochen auf fast 4 Wochen Frankreich gefreut. Dann kam eine spontane Bandscheiben Operation dazwischen. Statt durch Frankreich zu fahren und entspannen bin ich jetzt ferienanimateurin und Krankenschwester mit dem ganz dollen Wunsch bitte sofort alles anders haben zu wollen…
Oh Nein, ich sende dir Eimer voll Kraft!!
Auf dass ihr den Urlaub ganz bald nachholen könnt und gute Besserung!
Alles Liebe,
Claudi
Das kommt mir soooo bekannt vor. Zwar stand hier der Urlaub jetzt noch nicht auf der Kippe, aber die Kinder waren krank. Die Kleinen. Richtig krank. Es blieb nichts drin und ich bin so fertig von dieser Woche. Schlimm. Es ist so anstrengend.
Euch einen schönen Urlaub ! Bleibt schön gesund und ladet eure Akkus auf.
Das ist es! Und so anstrengend motiviert zu bleiben, wenn man selbst so unmotiviert ist.
Wie schön dann so aufmunternde Worte zu hören. Ich danke dir!
Claudi
Weia! Das ist wirklich eine große Herausforderung! Und ganz sicher, wird der Urlaub dafür doppelt so sehr genossen werden! Hier war keiner krank, nur das dänische Nieselwetter hat uns den Urlaub fast vergeigt… ich sag nur liebe und etwas verbrannte Grüße von Sardinien! Alles wird gut, so lange man kreativ bleibt! Hoffe, bald die schönsten SandburgenBilder von euch zu sehen… Juli
Liebe Juli, oh weh, das stimmt. Nieselwetter kann manchmal wie Grippe sein.
Zum Glück sind wir jetzt auf dem Weg in Richtung Sandburg.
Ganz liebe Grüße,
Claudi
Du schreibst wirklich unfassbar schön! Als würden dir die Worte einfach so aufs Papier rieseln…
Ich finde es gut, dass dein Blog mehr ist als mach anderer, wo man das Gefühl hat, es geht nur darum zu zeigen: „guckt mal, was wir für eine tolle Bilderbuch-Familie sind“ und alle nur fragen, wo es denn das tolle T-Shirt/das tolle Bild/die tollen Spielzeuge gibt …
Lese jedenfalls sehr gern hier! Vielen Dank für deine schönen Texte !
Julia
Stimme dir total zu???
Liebe Julia, das ist so eine unfassbar schöne Rückmeldung! Ich danke dir. Schön, wenn es genau so rüber kommt, wie ich mir das wünsche.
Alles Liebe, Claudi
Was für ein Pech. Ich wünsche euch, dass ihr bald gesund ubd munter starten könnt und einen wundervollen Urlaub erlebt.
Liebe Grüße aus dem hohen Norden
Lydia
Danke! Wir sind jetzt tatsächlich auf dem Weg. Ich hoffe, jetzt geht der Spaß und die Erholung und das Bandengefühl los.
Herzlichst,
Claudi
Ich schicke dir ganz viel Kraft und Sonnenschein. Musik. Musik hilft uns da oft bei schlechter Laune. Erst hat keiner Lust, aber wenn die Leuchtkugel zu TNT oder Enter Sandman leuchtend bunte Lichter an die Wohnzimmerdecke wirft, Rocken wir am Ende alle unsere Luftgitarren. Die Jungs meist auf dem Wohnzimmertisch ?
Gute Besserung und hoffentlich bald schöne Urlaubstage
Kathy
Liebe Kathy, ich danke dir. In einigen Momenten hat dieses Mal tatsächlich nicht mal Musik geholfen. Aber ansonsten hast du natürlich Recht. Das hilft auf langen Fahrten auch immer wunderbar gegen den Rückbank-Koller.
Ganz liebe Grüße,
Claudi
Du schreibst so, so, so schön immer!
Gute Reise euch!
Uns hat es vor zwei Jahren erwischt, ein kranker Mann, am morgen der geplanten Abreise war dann eindeutig sicher, dass wir nicht fahren können.
Drei enttäuschte Kinder wieder aufzubauen, Freunde, mit denen wir verabredet waren, weil endlich die Ferien passten. Und das, wo ich doch selber loswollte, Energie tanken, mich von den Schwiegereltern betüdeln lassen. Und stattdessen Pflege. In den Ferien wurde es nichts mehr, dafür ging danach vieles besser als vorher erhofft, und im November haben wir den Urlaub in einer Woche komprimiert nachgeholt, und es war einfach unglaublich toll!
Ich hoffe, bei euch wird es dann jetzt auch noch umso schöner!