Wenn ich heute ausgehe, bin ich nicht mehr die Letzte auf der Tanzfläche, sondern eher die Erste auf der Party. Ich gehe zu Uhrzeiten nach Hause, zu denen ich früher gerade mit dem Styling für den Club fertig war. Mein Party-Warm-Up ist kein Drink mit meinen Mädels, sondern das Mama-Taxi für drei Kinder, die vorab strategisch bei Freunden platziert werden müssen, damit ich überhaupt loskomme. Und auch wenn das alles deutlich mühsamer ist als vor 20 Jahren: Ich finde ausgehen Ü40 dennoch ziemlich schön…

Mag sein, dass es der jahrelange Mangel an Möglichkeiten war, der mich jetzt so genügsam macht:

Einmal im Vierteljahr für vier Stunden in eine Bar – hurra!

Nein, es ist natürlich kein Vergleich zu den Partynächten, die ich in meinen Mitzwanzigerin von Donnerstag bis Sonntag durchgezogen habe. Es ist kein was-kostet-die-Welt-ausgehen mehr, sondern eher ein ach-diese-Welt-gibt’s-auch-noch?-Freude. Ich mache nicht mehr die Nacht zum Tag, sondern feiere eher das Gegenteil: Die Party startet um 19 Uhr? – Geil!

Ich bin nie mehr late to the Party und auch nicht beschwipst – außer von der ehrlichen Freude darüber, zwischen all dem Familien-Wahnsinn zwischendurch ein paar erwachsene Momente zu ergattern. Und die mag ich mittlerweile auch gar nicht mehr mit Alkohol befeuern, weil: Nachher weiß ich am nächsten Tag nur noch die Hälfte von dieser seltenen Gelegenheit – und das wär so verdammt schade!

Nüchtern zu tanzen mag eine Challenge sein. Aber eine, die lohnt!

Kürzlich war ich mit meinem Mann auf einem fantastischen OpenAir-Konzert: Bestes Wetter, allerbeste Tanzmusik. Ich hatte zwar nur ein Wasser intus – aber plötzlich packte mich der Beat so sehr, dass ich gar nicht anders konnte, als wie auf Knopfdruck loszudancen. Und erst zwei Stunden später verschwitzt, aber sehr, sehr glücklich, wieder damit aufzuhören. Und ich dachte, wie schön es wäre, wieder häufiger so ausgelassen zu sein. Für ein zwei Stunden den Kopf auszuschalten, ohne dafür am nächsten Tag Kopfschmerzen zu haben.

Nur eine Woche später war ich auf einer privaten Party bei Freunden und stand bereits gen 21 Uhr mit einer Horde Feierbiester auf der Tanzfläche. Ich sah mich in ihnen, wie sie trunken vor Freude und anderem über den Dancefloor jubelten – während ich für mich und ein wenig verzagt in einer Ecke vor mich hin tanzte. Es war erst ein wenig seltsam. Und dann plötzlich ganz befreiend, weil:

Mit Mitte 40 guckt halt keiner mehr – was eigentlich ziemlich entspannt ist.

Ich muss mich nicht mehr fragen, was andere denken – von meinem Outfit, meinen Moves, von mir. Ich habe plötzlich viel mehr Zeit zu genießen, anstatt alles dauernd zu hinterfragen. Ich kann mich unterhalten, lachen, tanzen – ganz ohne Hintergedanken. Ich habe keine Angst mehr, etwas zu verpassen, stresse mich nicht mehr damit, dass es ein legendärer Abend werden muss. Weil: Ich habe schon auf Tischen getanzt, war bis zum Morgengrauen unterwegs und habe flüchtige Bekanntschaften geschlossen. Nichts davon muss ich heute wiederholen.

Mit Mitte 40 freue ich mich mehr über ein schönes Gespräch als über zweideutige Blicke. Ausgehen ist heute nicht mehr gleichbedeutend mit steil gehen. Alles ist ein wenig reduzierter – die Erwartung, die Zeitspanne, die Spontaneität, die Anzahl der Läden, in denen ich lande. Und doch auf eine Art intensiver, weil es für mich immer noch so besonders ist, überhaupt unterwegs zu sein.

Wie empfindest du ausgehen mit Mitte 40…?

Alles Liebe,

Katia