Der Sandstein schimmert golden, als wir in die Stadt fahren. Die Sonne malt Lichtblasen vor alte Fassaden. Unsere Nasenspitzen kleben an Fensterscheibe. Dann biegen wir ab und entdecken eine eigene Welt: Im jüdischen Viertel Antwerpens wohnen 20.000 Gläubige, darunter viele Ultraorthodoxe. Die meisten Menschen hier tragen schwarz, dazu weiße Hemden, eine Haube oder großen Fellhelm. Viele Frauen Kopftuch. Und selbst bei vielen kleinen Jungs kringelt sich rechts und links neben der Wange die Schläfenlocke, die Pejot. Meine Kinder sind fasziniert, ich auch…
In welcher europäischen Stadt kann man ultraorthodoxes Judentum in solcher Intensität und Dichte entdecken? Mir fällt keine ein. Nicht ohne Grund betiteln Zeitungen diese Ecke Antwerpens gern als Jerusalem des Nordens. Obwohl es natürlich nicht DAS jüdische Leben gibt, genau wie es nicht DIE christliche Kultur gibt. Hier sieht man ganz viele Lebensentwürfe nebeneinander. Uns hat dieses Viertel in Antwerpen am meisten begeistert. Weil es auch ein spannender Gesprächsanlass für Familien über unterschiedliche Glauben, Gemeinsamkeiten ist – und immer wieder über diese Frisur.
“Warum tragen die Menschen diese Locke?”, lässt mein Kleinster nicht locker, als wir an einer Gruppe Kinder vorbeigehen, die in einem Hauseingang Murmeln spielen. Dunkle Haare, dunkle Kleidung, und die Jungs ein Pejot. Die Kinder lächeln, mein Kind auch. Ich muss es nachschlagen.
“Das Tragen von Schläfenlocken ist als Gebot in der Tora verankert. Konkret heißt es im 3. Buch Mose 19, 27: „Ihr sollt nicht abnehmen die Seitenecken eures Haupthaars“.
“Sieht toll aus!”, findet mein Sohn und ich sehe, dass es hinter seiner gekräuselten Stirn arbeitet. Wir finden noch viel mehr heraus: Elf jüdische Schulen gibt es im Viertel, unter anderem die zionistische Tachkemony School. Man ist offen und super freundlich, bleibt aber unter sich. Als wir mit jemandem ins Gespräch kommen, und mein Sohn wissen möchte, wie es wäre, wenn ein Jude eine Nichtjüdin heiraten wolle oder umgekehrt, runzelt der ältere Herr nachdenklich die Stirn: “Unmöglich. Wo bitte sollten sich die zwei denn kennenlernen?”
Abends suchen wir im Viertel ein Restaurant und landen durch Zufall im Hoffy’s, Lange Kievitstraat 52 und es ist nicht nur ein tolles Erlebnis und unglaublich lecker, sondern ein spannender Einblick in die jüdische Kultur. Das Restaurant, das gleichzeitig ein Catering anbietet ist voll, die meisten jüdischen Kunden kommen aber bloß rein, um sich ihr Essen rauszuholen.
Wir dürfen vorn an der Theke aus der köstlichen Auswahl jeder einen Teller füllen, werden dabei super nett beraten von einem der Besitzer, zwei Brüdern. Wir reden über so viel mehr als übers Essen. Das wird währenddessen in der Mikrowelle aufgewärmt und wir verspeisen es schließlich an einem der Tische im hinteren Bereich. Alles ist köstlich – und die Portionen sind Teenieheaven.
Falls ihr danach noch Hunger habt: Den besten koscheren Käsekuchen gibt es in der Bäckerei Kleinblatt Provinciestraat 206. Auch ein echtes Erlebnis.

Ich hatte keine Ahnung, aber Antwerpen ist mit 500.000 EinwohnerInnen die größte Stadt in Belgien.
Und damit sogar vor Brüssel, der Hauptstadt, liegt. Im 15. und 16. Jahrhundert gehörte Antwerpen sogar zu den größten Städten der Welt – und war zeitweise die wichtigste Handelsmetropole der Welt. Das spürt man, wenn man durch die Straßen bummelt und die imposanten Fassaden bestaunt.
Der Hafen in Antwerpen ist heute nach Rotterdam der zweitgrößte in Europa (und einer der größten weltweit) und verleiht Antwerpen bis heute internationale Bedeutung. Was uns (selbst als Hamburger) erst überrascht hat: Wie viele große Seehäfen liegt auch der Antwerpener Hafen nicht am Meer, sondern an einer Flussmündung.
Antwerpen ist perfekt für einen Kurztrip, weil das historische Zentrum so schön kompakt ist und so abwechslungsreich. Viele kommen hier wegen der legendären Maler Rubens und Brueghel her, oder wegen der Edelsteine. Die Stadt an der Schelde gilt als das europäische Zentrum des Diamantenhandels.
Im Viertel hinter dem Bahnhof drängelt sich ein Diamanthändler gegen den nächsten, wie an einer Perlenkette. Überhaupt der Bahnhof: Es ist eher eine Eisenbahnkathedrale. Wirklich besonders, wirklich sehenswert und sicher ein heißer Anwärter als Kulisse für die neue Harry-Potter-Serienverfilmung. Vorbild des Architekten: Das Pantheon in Rom.
Ich sag es gleich mal vorab, in Antwerpen kann man auch richtig gut Klamotten shoppen. Aber erst ein bisschen Sightseeing.
Der Grote Markt: Ein wunderschöner Platz voller Zunft- und Handelshäuser mit wunderschönen Fassaden. Ratet doch mal gemeinsam: Denn welches Handwerk jeweils in den einzelnen Häusern beheimatet war, das verraten die Zunftzeichen. Interessant auch, dass das Stadthuis (erbaut ab 1561) Inspiration für viele andere Rathäuser war, u. a. in Den Haag, Danzig aber auch Köln. Sie kopierten den damals noch eher ungewöhnlichen italienischen Renaissancestil des Antwerpener Rathauses, das übrigens, anders als andere belgische Rathäuser, keinen Belfried hat. Warum? Das Rathaus sollte nicht mit dem Turm der nahen Liebfrauen-Kathedrale in Konkurrenz treten.
Die Kathedrale ist übrigens ein kleines, großes Muss und wirklich beeindruckend. Wie ihr eure Teenies hier reinbekommt? Lockt sie mit einem 3-in-1-Angebot, statt drei einzelne Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, geht ihr bloß in eine Kirche und hakt dort die größte Kathedrale Belgiens ab (Bau hat übrigens 169 Jahre gedauert), zwei der bedeutensten Barockkunstwerke von Peter Paul Rubens, sowie das beeindruckende Kuppelfresko.
Am allerschönsten war der Lichteinfall zwischen den hellen Säulen, die gefühlt bis in den Himmel reichen. Wenn ihr wieder rausgeht hört ihr vielleicht noch das Glockenspiel der 47 Glocken (!). Erwachsene zahlen übrigens satte 12 Euro, aber Kinder sind frei.

Beim Bummeln durch die Straßen fallen sofort die vielen hippen Menschen auf.
Und tatsächlich, Antwerpen ist eine richtige Modestadt! Aufregende Boutiquen findet man unter anderem im Quartier Latin, nahe dem Bourla-Theater. Junge belgische Designer haben sich u. a. im “Wilde Zee-Viertel”, hinter der Meir, angesiedelt. Schöne Shops findet man darüber hinaus in der Steenhouwersvest – und damit ist man eigentlich schon mitten drinnen im Modeviertel. Meine Jungs und ich waren hingerissen von den Klamotten des belgischen Labels Bellrose, Lombardenvest, 3/5. Und wer mehr über die Hintergründe der Mode wissen möchte – finden auch Kinder spannend, geht ins MoMu (Modemuseum) in der Nationalestraat 28.
Außerdem noch sehens- und erlebenswert:
Ein Geheimtipp, der nicht wirklich noch einer ist, aber irgendwie doch, weil so schwer zu finden: Zwischen Hoogstraat, den Oude Koornmarkt und die Pelgrimstraat liegt der mittelalterliche Vlaaikensgang von 1591, wo damals die Ärmsten der Stadt unter erbärmlichen Lebensumständen wohnten. Heute ist der Durchgang pittoresk, mit wunderschön sanierten Häusern und einem Hof voller Efeu.
Schokolade: In Köln und Hamburg gibt’s Schokoladenmuseen, in Antwerpen kann man das alles kostenlos haben. Ein besonders Erlebnis ist der Besuch bei The Chocolate Line besuchen. Der belgische Chocolatiers Dominique Persoone gilt als Rockstar der Schoki, seine Filiale liegt direkt an der Meir.
Hinter dem Verkaufsraum – einem prunkvollen Salon, dessen Wände von dem Antwerpener Maler Balthasar Beschey mit biblischen Szenen bemalt wurden – befindet sich die Versuchsküche der Chocolatiers. Dort werden knallrote Kussmünder, Frösche und zur Freude der Kids Kackhaufen aus Schokolade hergestellt. Sehenswert!
Museum: Das Rubenshaus war bei unserem Besuch leider wegen Renovierung geschlossen, ich fand es aber schon von außen sehr beeindruckend. Durch die winzigen Scheiben der Fenster gucken, mir vorstellen, dass die breite Straße davor früher ein Kanal war, das Haus also am Wasser lag. Spannend auch, dass Peter Paul Rubens schon zu Lebzeiten mit seiner Kunst wirtschaftlich sehr erfolgreich war. (Sein Stadtpalais beweist es). Sein Anwesen war nicht nur Wohnhaus, hier hatte er auch sein Atelier und bildete Nachwuchskünstler aus, zum Beispiel van Dyck… Auch spannend:
Rubens war so bekannt, dass er später nur noch Skizzen für seine Gemälde machte und die Ausführung anderen überließ. Der Meister fügte ein paar Striche hinzu: Fertig war ein „echter” Rubens!
Was Süßes: Ein Teeniehit (und was für mich) ist das Bubble Waffle Cafe, Wijngaardbrug 2. Ich glaube, so beeindruckende Waffelkompositionen haben wir noch nie gesehen. Meine vier Jungs, erst sprachlos, dann jubelnd. Nicht günstig, aber sehr besonders!
Pommes: Belgien ist bekannt für Bier, Schokolade und…? Richtig – Pommes frites! Die besten gibt’s bei Frituur’ und zum Glück ist ein Laden dieser Kette auch überall in der Nähe (eine Tüte zum Teilen alle zwei Stunden, sensationelles Teenie-Laune-Doping). In den legendären Imbissbuden werden die berühmten Fries zweimal im Fett gebacken, dazu gibts eine Auswahl an unzähligen Soßen.
Maria, die Bedienung im Frituur N°1, Hoogstraat 1, Meir, mitten in der Mitte der Altstadt, ist schnell und redet schnell, “E klentje mè mayonaise en ne gebakken cervela” (etwa: “Einmal kleine Pommes mit Mayonaise und einer gebackenen Knoblauchwurst”) und hat sogar eine eigene Facebookseite. Pommes mit einer Soße kosten übrigens 5 Euro, mit drei Soßen ein bisschen mehr. (Lohnt sich!)
Tipp: Schmeißt im Zentrum unbedingt was in einen öffentlichen Mülleimer – die reden, lachen oder rülpsen! Nicht nur für Kinder und Teenies ein absolutes Highlight.
Mal sitzen: Wer außer die Mäuler von hungrigen Teenies auch kurz sitzen möchte, geht vielleicht ins De Drufkens. Die Bar liegt im Schatten der ehemaligen französischen Oper von Antwerpen und es sitzen außer uns tatsächlich nur Einheimische darin. Alles ist sehr unaufgeregt und lässig und herrlich nostalgisch: der Kaffee wird noch mit Filter serviert. Und – Teenietipp: Das ‘boterham smos spek’ (Sandwich mit Schinken und Salat) kostet bloß 3,50 Euro! . Grranmarkt 5, Meir.
Geschlafen haben wir sonnig und sehr lebendig.
Unser Airbnb: Klein, einfach, mitten in der Stadt, wirklich mittendrin (!) und dank riesiger Fenster rundherum super hell. Es gibt einen großen Raum mit kleiner Küchenzeile, ein winziges Bad und ein Schlafzimmer mit zwei Hochbetten.
Der Flur hoch ist schmal und nichts für Menschen mit Platzangst (das Bad auch nicht). Ich mochte es aber echt gern, hab ein paar Mal in der Fensterbank gesessen, der Straßenbahn hintergeguckt und Stadtleben inhaliert. Außerdem liegt es super und der Preis ist unschlagbar. Also, wenn ihr es auch mal einfach mögt, hier ist der Link.
Nicht wundern, man wird aufgefordert, die Kaution per Paypal Family und Friends zu überweisen, da dachte ich schon, das sein Betrug. Hat aber alles gut funktioniert!
Gleich um die Ecke liegt die Börse, Borzestraat 31, die ihr euch unbedingt angucken müsst. 1531 eingeweiht, gilt sie als “Mutter aller Börsen”. Jetzt frisch renoviert. Was für ein imposantes Gebäude.
Eine Sache würde ich nicht wieder machen: Zu Fuß zum Zaha Hadid Haus in den Hafen laufen. Den ganzen Tag hab ich es geschafft, die Kids mit meiner Mischung aus Sightsseeing, Schokolade, Shops und Pommes bei Laune zu halten, gegen Abend habe ich es dann leider doch versaut. Mist. Ich wollte unbedingt noch das spektakuläre Hadid Gebäude im Hafen sehen, dachte, dass in dieser Stadt alles nah sei, also liefen wir zu Fuß los.
Das erste Stück war noch ganz spannend (Hafen-City-Gefühle), dann würde es immer öder und betoniger und schließlich gab es nichts mehr außer Container und Gras, das sich zwischen aufgeplatzten Beton drängelte. Ich hasse aufgeben, deshalb sind wir weiter um schließlich, irgendwann, eeeendlich vor dem besagten Gebäude zu stehen, das ziemlich unscheinbar zwischen Hafenunromantik herumsteht. Großes Gemecker. Also das würde ich mir schenken. Guckt es auch lieber einmal kurz im Internet an … oder fahrt mit dem Auto vorbei.
Abends durften die Kinder Fernsehen und wir waren auf einen Drink in der Bar Dogma, Wijngaardstraat 5! Eine tolle Getränke-Auswahl und so schön mitten im Antwerper Abendgewusel.
Wenn wir noch mehr Zeit gehapt hätten, wäre ich gern noch in MAS gegangen, das MUSEUM AM STROM. So haben wir den modernen Bau und vor allem seine Spiegelung im Wasser bloß laufmüde von einer Bank bewundert.
PS. Eins noch, bitte nicht vergessen, euer Auto für die Umweltzone anzumelden, sonst kann’s teuer werden. Hier.
Hast du noch Tipps für Antwerpen?
Liebe Grüße,
Ich lese deine Reiseberichte sonst sehr gerne, aber dein Bericht über das jüdische Viertel in Antwerpen hat mich nachdenklich gemacht. Die Art, wie jüdisches Leben hier beschrieben wird, wirkt eher wie eine exotische Entdeckungstour als eine Begegnung auf Augenhöhe. Judentum ist kein historisches Schauspiel oder Teil eines „Historienfilms“ oder eine Touristenattraktion, sondern ein lebendiger Teil der europäischen Gesellschaft.
Besonders der Satz „In welcher europäischen Stadt kann man gelebtes Judentum in solcher Intensität und Dichte entdecken?“ hat mich irritiert. Jüdisches Leben gibt es in vielen Städten – auch in Hamburg. Der Text erweckt auch den Eindruck, als wäre nur das orthodoxe Judentum in Antwerpen „gelebtes Judentum“, während liberale oder nicht-orthodoxe jüdische Gemeinschaften unsichtbar bleiben. Diese Vielfalt gehört aber genauso zur jüdischen Realität.
Mir ist schon klar, dass das ein Reisebericht über Antwerpen ist, aber gerade in Zeiten zunehmenden Antisemitismus ist es wichtig, nicht unbewusst Stereotype zu verstärken – etwa die Vorstellung, dass jüdische Gemeinschaften „unter sich bleiben“ oder dass Judentum etwas Abgeschottetes, Anderes ist.
Ich fände es schön, wenn solche Texte nicht nur das „Besondere“ betonen, sondern auch zeigen, dass jüdisches Leben ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft ist – mit Vielfalt, Wandel und einer Geschichte, die nicht auf Äußerlichkeiten reduziert werden sollte. Wenn ein Blog nur einen einzigen Beitrag zu jüdischem Leben veröffentlicht und dieser dann auf eine solche exotisierende Perspektive beschränkt bleibt, finde ich das problematisch. Und sorry, ich meckere echt nicht gerne… aber dieses Thema liegt mir am Herzen.
Liebe LIa, weil mir das Thema auch sehr am Herzen liegt, habe ich meinen Artikel selbst noch mal kritisch gelesen. Und für mich ist es eine persönliche Reportage unserer Erlebnisse, mit einer besonderen Faszination über eine Welt, in die ich in dieser Dichte zuvor noch nicht eintauchen konnte. Und: Wenn ich auf den Seychellen oder in New York oder sonstwo lande, berichte ich doch auch von dem offensichtlich “Exotischem”, wie du es ausdrückst. Weil das für mich eine gute Reportage (neben Tipps) ausmacht. Meine Gefühle und Einsichten an einem neuen Ort.
Herauszustellen wie freundlich und offen wir aufgenommen wurden, war mir hier übrigens besonders wichtig.
Dennoch fiel der Satz genau so – und hängt mir bis heute im Kopf. Ich empfinde ihn aber überhaupt nicht als so problematisch wie du. Wir sind alle unterschiedlich und denken unterschiedlich, gerade diese Unterschiedlichkeit zu akzeptieren, macht für mich Gemeinschaft aus.
Dass es dort neben den Ultraorthodoxen noch viele Formen unterschiedlichst gelebtes Judentum gibt, sollte selbstverständlich sein, daher die Formulierung “auch viele”.
Und noch was: auch ich habe viele Jahre an vielen verschiedenen Orten gelebt, dennoch habe ich in diesen zwei Tagen in Antwerpen mehr über das Judentum gelernt, als je zuvor. Mir hier Antisemitismus und ein Feiern von jüdischer Exotik vorzuwerfen, empfinde ich als traurig. Meine Intension ist nämlich genau das Gegenteil.
PS. Ich wäre sehr offen für mehr Artikel über jüdisches Leben hier – leider (!) komme ich damit in meinem Alltag nicht in Kontakt. Aber wenn du einen schreiben oder einen Kontakt herstellen magst, super gern.
Hallo,
Ich habe den Reiseberich von Claudi und den Komentar von Lina gelesen und konnte also nicht feststellen, dass Lina Claudi Antisemetismus vorgeworfen hätte…..sie hat lediglich kritisch nachgehakt und ihre Sicht der Dinge, dargestellt und das sollte doch möglich sein, oder ?
Liebe Grüsse
Christina
Ganz ehrlich? Der antisemitismusvorwurf ist bei den Haaren vorbei gezogen, wer das allen ernstes behauptet will einfach nur provozieren. Faszinierender und Respektvoller wie Claudi hier im Text über die Jüdische Kultur schreibt, geht es wohl kaum…
Ich möchte niemand für einen Artikel speziell empfehlen und möchte auch hier selbst keinen schreiben. Für mich fühlt sich dein Blog nach deiner Antwort und nach dem Kommentar von Marcia leider nicht nach einem sicheren Rahmen für solche Themen an. Denn auf den Hinweis: der Text enthält Stereotypen usw. kommt „Mir hier Antisemitismus und ein Feiern von jüdischer Exotik vorzuwerfen, empfinde ich als traurig.“ Das ist ein sehr bekannter und gut erforschter Abwehrmechanismus. In meinem Kommentar steht nirgendwo: Das ist antisemitisch oder etwas dergleichen. Ich habe lediglich versucht darauf aufmerksam zu machen, dass ich das keine gute Darstellungsweise finde und wollte zur Reflektion darüber anregen, ob das nicht sensibler geht. Aber offensichtlich ist das nicht erwünscht.
Falls du wirklich daran interessiert bis, dich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen, gibt es auf Instagram viele Menschen, die großartige Aufklärungsarbeit leisten. Auch ein Blick hier hinein: Wegweisende Erklärung zur Darstellung des Judentums in Bildungsmedien unterzeichnet kann nicht schaden (kommt aus dem Bildungsbereich, lässt sich aber übertragen). Und wer das will, der kann auch in Deutschland sehr viel zu diesem Thema lernen. Auch deshalb finde ich die Aussage, „auch ich habe viele Jahre an vielen verschiedenen Orten gelebt, dennoch habe ich in diesen zwei Tagen in Antwerpen mehr über das Judentum gelernt, als je zuvor.“ problematisch. In Hamburg ist einiges geplant: Jüdisches Leben im Museum für Hamburgische Geschichte | Jüdische Allgemeine.
Aber in vielen anderen Städten gibt es dazu schon gute Einrichtungen. Z. B. Jüdisches Museum Berlin, Jüdisches Museum Frankfurt – Jüdisches Museum Frankfurt, Website der Bildungsstätte Anne Frank: Home…
Was wäre denn bitte ein sicherer Rahmen um über so etwas schreiben zu können und zu dürfen? Und in welcher Form wäre es sensibler gewesen, darüber zu berichten? Nicht über das Viertel zu schreiben, um nichts Falsches zu sagen?
Mir vorzuwerfen, ich wäre nicht offen für einen Austausch, finde ich schade. Denn doch!!!!! Austausch ist hier erwünscht. Ich antworte dir, wir diskutieren und ich habe dir sogar einen Platz für eine eigene Darstellung mit großer Reichweite in diesem Medium angeboten.
Und noch etwas: Ich kenne einige der von dir aufgelisteten Museen. Was daran besser oder sensibler sein soll, sich dort über jüdisches Leben zu informieren, als in einem Stadtteil, in dem es dank der jahrhundertelangen Toleranz der Bevölkerung, noch an jeder Ecke gelebtes Leben gibt, wird mir nicht klar.
Hallo,
Ich habe den Reiseberich von Claudi und den Komentar von Lina gelesen und konnte also nicht feststellen, dass Lina Claudi Antisemetismus vorgeworfen hätte…..sie hat lediglich kritisch nachgehakt und ihre Sicht der Dinge, dargestellt und das sollte doch möglich sein, oder ?
Liebe Grüsse
Christina
Ist immer möglich, liebe Christina. Dennoch frage ich mich, um was es hier sonst geht, wenn nicht um einen Antisemitismus-Vorwurf?
Aber ich werde mich zukünftig um eine noch sensiblere Darstellungsweise bemühen.
Liebe Christina, vielen Dank!
Und der Kommentar von Claudi zeigt leider ganz genau, warum das hier kein sicherer Rahmen ist. Es war kein Antisemitismusvorwurf. Sondern ein Hinweis auf eine unsensible Darstellung. Wenn dann darauf aber mit „du wirfst mir Antisemitismus vor“ geantwortet wird, dann ist das eben keine wirklich faire Diskussion oder gar ein sicherer Raum mehr. Und das ist schade, aber auch nichts, was sich nicht ändern könnte. Und da Claudi geschrieben hat, dass sie sich um eine sensiblere Darstellungsweise bemühen wird, kann es hier auch durchaus wieder ein Raum werden, der doch auch Platz für faire Diskussionen bietet. Oder zumindest einfach schöne Blogbeiträge.
Darf ich fragen, ob du selbst Jüdin bist und dich deshalb von meiner Darstellung angegriffen gefühlt hast? Dann möchte ich mich dafür von Herzen entschuldigen.
Also ich kann hier auch keinen Antisemitismus rauslesen. Ich finde es eigentlich schade, dass heute (bin noch gar nich so alt) wirklich jedes Wort auf die Waagschale gelegt und analysiert wird- und zwar bei fast jedem Thema!
Lg Judith
Hey,
vielen Dank für deinen persönlichen Reisebericht. Deine Eindrücke und Tipps, die wunderbaren Fotos und deine so nette Art zu schreiben haben mir sehr gefallen. Die Stadt und ihre Atmosphäre ist richtig lebendig geworden. Ich habe sofort Lust bekommen selbst dorthin zu fahren.
Danke für deine Art zu schreiben, für die sehr persönlichen Eindrücke und dass du mich daran teilnehmen lässt.
Anna
Danke Anna, dass du dir die Zeit genommen hast, um dieses nette Feedback zu hinterlassen.
Beste Grüße,
Claudi
Hallo,
Ich muss zugeben, ich war auch etwas irritiert über den Artikel, musste nach der Diskussion oben länger darüber nachdenken, woran das eigentlich liegt.
Ich denke es ist der Satz “In welcher europäischen Stadt kann man gelebtes Judentum in solcher Intensität und Dichte entdecken” und dann folgt eine Beschreibung von ultraorthodoxem Leben. Das ist etwa so, als würde man schreiben “An welchem anderen Ort kann man gelebtes Christentum in solcher Intensität und Dichte entdecken” und dann einen Ausflug in ein Amisches Dorf beschreiben.
Ich war in Jerusalem. Der ultraorthodoxe Stadtteil Meah Shearim ist ähnlich, wie du den Ultraorthodoxen Stadtteil in Antwerpen beschreibst. Aber er ist halt nicht exemplarisch für gelebtes Judentum sondern für gelebtes Ultraorthodoxes Judentum und damit ein winziger Ausschnitt von gelebtem Judentum.
Liebe Grüße
Hella
P.s. Ich freue mich sehr, dass dein Blog in klein wieder da ist und lese hier immer sehr gerne!
Liebe Hella, danke dir sehr für deine Worte, deinen Kritikpunkt kann ich nachvollziehen und habe mich bemüht, das oben anders zu formulieren. Danke
Liebe Claudi,
Cool, klingt in meinen Ohren jetzt deutlich stimmiger. Vielen Dank!
Ich fand Michaelas Kommentar sehr spannend, wie schwierig es ist, sensibel und trotzdem gut lesbar zu formulieren. Vermutlich fällt einem das umso mehr auf, je tiefer man in einem Thema drin steckt. Für jemandem mit Orthodoxem Hintergrund klingt es vermutlich noch immer nicht optimal. Aber damit muss man wahrscheinlich leben lernen. Journalisten können nicht Fachfrauen für jedes Thema sein. Zeitungsartikel zu meinem Studienfach kann ich auch kaum lesen, ohne die Krise zu bekommen 😀
Ich fand das hier auch sehr spannend und lehrreich mit euch! Und du hast es so klar und nachvollziehbar formuliert. Danke dafür!
Liebe Kommentatoren, ich verstehe Claudi.
Ich selber habe ein Jahr in dem orthodox-jüdisch geprägten Stadtteil Londons gelebt und fand es sehr spannend, diese Community zu beobachten. Genauso wie ich z.B. fasziniert bin von Nonnen und tibetanischen Mönchen im Straßenbild, die ein völlig anderes Lebensmodell leben. Oder in Chinatown von Restaurants, wo die Kellner Nicht-Chinesen von einigen Spezialitäten abraten, weil zu speziell.
Ich denke, das darf man wohlwollend betrachten und auch aus einee naiven Art beschreiben. Naiv ist hier als unwissend, aber interessiert gemeint. Das wohlmeinende Interesse und die Offenheit zuzuhören ist aus meiner Sicht das, was den Unterschied ausmacht.
Konstruktiv ist der Verweis in den Kommentaren zu Möglichkeiten, wo Claudi und Mitleser mehr über weitere Facetten des jüdischen Lebens informieren könnten.
Liebe Claudi,
ein sehr interessanter Artikel, der Lust macht Antwerpen zu entdecken. Ich bin auch schonmal durchgefahren vor vielen Jahren und das jüdische Viertel hat mich auch total fasziniert. Es stimmt natürlich, dass es auch in anderen Städten jüdisches Leben und dessen Wurzeln zu betrachten gibt, aber man muss es mit der Lupe suchen. Jüdisches Leben ist nicht sehr präsent. Wir sind mit der Geschichte aufgewachsen in Schulen und Abiturprüfungen, aber wirklich jüdisches Leben erfahren und kennengelernt hat doch kaum jemand. Ich finde es immer amüsant zu sehen, wenn in amerikanischen Serien mit jüdischen Klischees, Witz und Humor gespielt wird. Denke dann immer, dass wir hier in Deutschland und Europa eigentlich sehr wenig über gelebte jüdische Kultur wissen.
Meine jüdischen Großeltern haben Europa im Krieg verlassen. Meine Mutter ist fürs Studium zurück nach Deutschland gekommen. Neulich in Berlin Charlottenburg bin ich alte Adressen, Schulen etc. abgegangen. Stolpersteine sind zu finden, hier und da gibt es wiederaufkeimendes jüdisches Leben-Ja, bestimmt auch in HH, aber es ist nicht Teil unserer Kultur. In meinem großen Freundes und Bekanntenkreis über Svhule, Studium, Uni habe ich nie jemanden mit jüdischen wurzeln kennengelernt. Claudi, deinen Artikel fand ich toll.
Einen Antisemitismus Vorwurf konnte ich aus dem Kommentar oben auch so gar nicht rauslesen, trotzdem fand ich es aus meiner Sicht nicht problematisch was du geschrieben hast. Ich denke, dass die Leserschaft gebildet genug ist um zu wissen, dass die Community in Antwerpen nicht alle Facetten jüdischen Lebens abbildet. Ich würde aber auch meinen, dass man schon etwas über jüdische Kultur erfährt, spannend!
LG, Mathilda
Liebe Mathilda, danke dir für deine Worte. Mich hat diese Geschichte auf jeden Fall
nochmal angestupst, auch zuhause mehr über meinen Tellerrand zu schauen.
Ganz liebe Grüße,
Claudi
Hallo zusammen! Hier finde ich mal wieder den Artikel genauso spannend wie die Kommentare. Ich habe über beides nachgedacht und kann beide Seiten verstehen. Als Leserin verstehe ich, dass man sich bei bestimmten Themen eine besondere Sensibilität wünscht. Als Schreibende weiß ich, wie unglaublich schwierig es ist, für bestimmte Themen die richtigen Worte zu finden. Ich hatte das Problem kürzlich, als ich für einen USA-Reiseartikel auch über die Kultur der Native Americans schreiben sollte. Ich stand zunächst wie der Ochs vorm Berg und hatte das Gefühl, egal, wie ich es drehe und wende, es klingt immer, als würde ich von der faszinierenden Tierwelt auf einer Safari sprechen – also absolut unangemessen. Diese Gratwanderung: Interesse bei den Lesern wecken für etwas, das eigentlich unbedingt und ganz notwendig als selbstverständlicher und vielfältiger Teil eines Landes, einer Kultur, des Lebens wahrgenommen werden sollte (weil es eigentlich eben genau das ist, also selbstverständlich und vielfältig). Am liebsten hätte ich den Teil rausgelassen, aber das wäre meiner Meinung nach auch nicht besser. Und ich merke, auch hier komme ich mit meine Worten schon wieder ins Schwimmen… Ich finde es also super, wenn über so etwas diskutiert wird und ich finde es wichtig, dass auch den Schreibenden der Raum gegebene wird, nach Worten zu suchen, zu lernen und zu wachsen. Alles Liebe Michaela
Liebe Michaela, so geht es mir auch.
Das ist ganz spannend und sehr wertvoll hier. Danke, dass ihr die Inhalte hier durch eure Kommentare so mitgestaltet.
Alles Liebe,
Claudi
Hallihallo,
Antwerpen ist eine tolle Stadt. Ich war beim ersten Besuch auch begeistert, weil ich das so gar nicht erwartet hätte, auch wenn ich die Schlagworte “Schokolade” und “Diamantenhandel” im Sinn hatte.
Und zu dem Aufregerthema des Artikels, das für mich keines ist: Wenn man ultraorthodoxe nicht als anders, als exotisch wahrnehmen darf, dann ist es mit Meinungsfreiheit nicht weit her. Natürlich sehen sie exotisch aus. Eben weil sie auf die Einhaltung ihrer religiösen Gebote so achten. Es zu leugnen wäre wie zu schreiben, mir fallen keine Unterschiede in der Hautfarbe auf. Bei aller Toleranz, das ist einfach nicht wahr und auch falsch verstandene Toleranz. Gerade die Unterschiede machen doch Vielfalt aus. Sonst ist es Einheitsbrei. Und der Wert eines Menschen wird nicht an den Unterschieden gemessen, sondern ist um verhandelbar bei allen gleich. Aber das war ja auch gar nicht Claudis Thema in diesem Artikel. Also bitte, fühlt euch doch nicht permanent von irgendetwas getriggert. Irgendwie muss man Dinge, die so anders als die eigene Lebenswelt sind ja in Worte fassen. Und ultraorthodoxes Leben ist mit dem Leben von Juden, die ihren Glauben gemäßigt ausleben nicht im Ansatz zu vergleichen.
Von daher möchte ich dich bitten, Claudi, weiterhin deine Eindrücke aufzuschreiben. Ansonsten haben wir auch hier bald Zustände, dass man nur noch mündlich im geschützten Rahmen über Themen spricht, bei denen sich vielleicht (!!) jemand auf den Schlips getreten fühlt.
Ganz liebe Grüße
Juliane
“unverhandelbar” soll es heißen.
Vielen Dank für die tollen Eindrücke aus Antwerpen! Das jüdische Viertel klingt faszinierend und die Geschichte zu den Pejot war besonders spannend. Auch der Hinweis auf das Restaurant Hoffy’s und der Käsekuchen in der Bäckerei Kleinblatt sind klasse Tipps. Ich werde definitiv die Kathedrale und den historischen Markt besuchen, wenn ich mal in Antwerpen bin! Lg Ella