Neulich in meinem Buchclub kamen wir von unserem Buch des Monats plötzlich auf das Thema Spaß. „Ihr Jungen Leute seid echt arm dran“, meinte eine der älteren Damen, „ihr seid ständig gezwungen Spaß zu haben.“ Wir drei jungen, oder wie ich finde mittelalten, sahen uns an: „Wie meinst du das?“, fragte eine von uns…
Pflichtbewusstsein, Glücklich sein,
„Na ja, wisst ihr, früher haben wir gelebt und geliebt, mal war es schön, mal war er schlecht – und abends sind wir ins Bett gegangen. Heute gehen die jungen Leute ins Bett und fragen sich: Habe ich heute Spaß gehabt? Macht mir mein Job Spaß? Meine Ehe? Mein Leben als Mama? Haben meine Kinder Spaß? Haben die anderen mehr Spaß? Und wie bitte kann ich morgen noch mehr Spaß haben? Das muss doch so verdammt anstrengend sein…“

Erst wollte ich laut rufen: „Aber hey, ist doch super, dass wir viel mehr Spaß haben. Das Leben ist kurz. Da muss man doch das Beste draus machen.“ Aber dann sagte ich doch nichts.

Ich überlegte, ob ich es nicht tatsächlich manchmal anstrengend fand, Spaß zu haben. Mir fielen Partys ein, auf denen ich Smalltalk machte, zu Peter Fox tanzte und zu viele Chips naschte – obwohl ich eigentlich bloß ins Bett wollte.

Samstage, für die ich etwas plante, damit wir Spaß zusammen haben, obwohl ich eigentlich gern bloß Samstag hätte – ohne Programm. Vielleicht mit Spaß, vielleicht ohne. Aber ohne drüber nachzudenken.

Ich musste auch an viele Kinder denken, die ich in der Schule mal gehabt hatte, die maulten, wenn ich vorschlug draußen Völkerball zu spielen. Und noch lauter, wenn ich sagte: “Jetzt ist Rechtschreibung dran.” „Boah ne, das ist so langweilig!“, motzten sie, und zogen das A lang wie Kaugummi, „sooo laaaaaangweilig.“ Und: „Mann ey, das macht so keinen Spaß.“

Mir fiel ein, dass ich mir wünsche, dass meine Kinder auch ohne Murren mal Dinge tun, die keinen Spaß machen. Weil sie eben sein müssen. Abtrocknen zum Beispiel oder Zähne putzen. Ich habe ganz bewusst keine dieser Zahnbürste mit Apps drauf zum Spielen gekauft, weil ich finde, das Zähne putzen Zähne putzen bleiben darf, lästig, aber nützlich und auch nicht so weltbewegend, dass ich eine App dafür brauche. Auch Rechtschreibung lernt man meiner Meinung nach durch schreiben. Abschreiben und schreiben und nochmal schreiben. Ziemlich Spaß befreit. Aber irgendwann ist es schon schön, wenn man schreiben kann. Macht dann auch glücklich.

Ich fragte mich tatsächlich, ob man nicht leichter durchs Leben ginge, ohne den Anspruch immer Spaß haben zu müssen. Ist es nicht beruhigend, morgens aufzustehen ohne den Anspruch überglücklich zu sein. Manchmal reicht es völlig, wenn der Alltag läuft, wir gesund sind. Jeder so gut es geht sein Ding macht. Wenn wir streiten und motzen dürfen – und ich nicht alles auf der Suche nach Dauerglück hinterfrage.

Ich finde es auch ganz angenehm, nicht ständig darüber nachzudenken, wohin ich noch reisen möchte, was ich noch sehen und erleben möchte, welche Bucketlistpläne ich noch abhaken muss, weil das Leben kurz ist. Beinahe hektisch deswegen zu werden. Sondern einfach das bewusst zu machen, was ich grade mache. Und wenn es die Wäsche ist.

Wie beruhigend es manchmal ist, abends ins Bett zu gehen, mit dem guten Gedanken, das der Tag blöd war und blöd sein darf. Und das morgen ein neuer kommt. Oder einfach mal nichts zu denken. Sondern Tee zu trinken und ein Buch zu lesen. Oder früh zu schlafen.

Und dann manchmal überrascht festzustellen, dass dieser ohne Spaßanspruch einfach vor sich hin gelebte Tag doch ein ganz schön schöner war.

Eine schöne, entspannte Woche für euch, alles Liebe,

Claudi