Kinder lieben nicht nur Geschichten, noch dazu bringen sie alles mit, was nötig ist, um eine richtig gute Geschichte zu schreiben! In meiner Geschichtenwerkstatt für Kinder ab 8 Jahren erlebe ich immer wieder, dass ein kleiner Stups genügt und die Stifte wetzen los. Dafür brauchen Kinder keine Regeln, sondern in erster Linie einen geschützten Raum, in dem sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen können. Denn Schreiben ist ein kreativer Prozess und der soll vor allem eins: Spaß machen…

Falls du jetzt denkst „Nix für uns! Mit Schreiben kann ich mein Kind jagen!“, dann gerne dies vorweg:  Beim kreativen Schreiben geht es erstmal gar nicht ums Schreiben an sich, sondern vielmehr darum, die Fantasie deines Kindes anzuregen und seine Freude am Erzählen zu wecken. Hat dein Kind eine gute Idee, wird es die ganz von allein zu Papier bringen wollen. Also los…

  • Druck raus, Spaß rein

Wenn ich den Kindern in meiner Geschichtenwerkstatt zum Auftakt erzähle: „Zwei Dinge braucht es für ein gute Geschichte nicht: Rechtschreibung und Schönschrift!“, dann gucken sie mich erstmal aus großen Augen an. Und im nächsten Moment zieht ein Strahlen über ihr Gesicht! Der perfekte Zeitpunkt, um kreativ zu werden, ist der, in dem dein Kind sich entspannt. Ob bäuchlings auf dem Boden, in einem Meer aus Kissen oder am trubeligen Familientisch – Schaffe eine Umgebung, in der sich dein Kind wohl fühlt.

  • Blanko it is!

Ich verwende in meiner Geschichtenwerkstatt ganz bewusst Papier ohne vorgedruckte Linien und bitte die Kinder, die leere Seite als herzliche Einladung zu verstehen. Soll heißen: Hier darfst du, wie du magst! Von links nach rechts, oben nach unten, Hochformat oder doch lieber quer – Dein Kind entscheidet. Wer kreativ sein will, muss frei sein dürfen!

  • Buntes Schreibmaterial bereithalten

Bitte dein Kind für den Anfang, einfach mal frei raus ein paar Wörter und Begriffe zu sammeln und wild durcheinander auf seinen Zettel zu schreiben. Im nächsten Schritt darf es diejenigen bunt markieren, die ihm besonders gut gefallen. Ein paar schöne Stifte, eine Auswahl an Textmarkern oder Washi-Band zum Verzieren können motivieren! Vielleicht lassen sich die bunten Wörter sogar schon zu einer ersten Idee verdichten?

 

  • Nur FREUDE schreiben wir groß!

Groß, klein, Punkt, Komma, Strich? Braucht’s für eine gute Geschichte erstmal alle nicht! Darum: Mäkele nicht, wenn das „dass“ ein s zu viel hat, dem „Stul“ im Eifer sein stummes h verloren gegangen ist oder das kleine i großspurig das G überragt. Mut zur Lücke und Schwung tun der Schreiblust nämlich richtig gut! Und ob da irgendwo ein Komma fehlt oder zwei oder drei, soll dem Spaß keinen Abbruch tun.

 

  • Vorlesen. Auch den Großen!

Bücher sind eine wunderbare Quelle der Inspiration! Zum Warmwerden lese ich gerne vor, so z.B. „Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ von Sara O’Leary (Von Hacht Verlag). Die wahre Geschichte der vier Geschwister, die schon als Kinder gerne Geschichten erfunden haben, inspiriert. Spätestens die Fotos von den winzigen Originalbüchern, die die Brontës um das Jahr 1820 aus Papier und Tapete gebastelt haben, faszinieren auch große Kinder!

 

  • Inspiration lauert an jeder Ecke!

Sei deinem Kind ein Vorbild und gehe mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Denn Schreib-Inspiration lauert an jeder Ecke! Was pappt denn da z.B. für ein Aufkleber an der Laterne? Wer hat den da wohl hin geklebt? Und wofür? Fantasiert gemeinsam zu den Dingen, die euch im Alltag begegnen.

 

  • Ein Notizbuch als treuer Begleiter

Jeden Tag macht dein Kind erstaunliche Beobachtungen und erlebt spannende Dinge. Wie wäre es zum nächsten Geburtstag mit einem persönlichen Notizbuch, in dem es all diese Erlebnisse sammeln kann? Ermuntere dein Kind, darin sein Gedanken, Wünsche, einzelne Sätze, interessante Wörter oder auch Zitate und Schnipsel aus der Kinderzeitung zu sammeln.

 

  • Die Kruschtelkiste als Ideengeberin

Wenn du deinem Kind eigene Geschichten erzählst, merkt es, dass es Spaß macht, sich Geschichten auszudenken. Haptische Erfahrungen und ein spielerischer Umgang regen die Fantasie zusätzlich an. Wie wäre es z.B. mit einer Kruschtelbox, in die ihr all die kleinen Sachen packt, die nutzlos in eurer Wohnung herumfliegen? In unserer findet sich eine verbogene goldene Büroklammer, das winzige Schwarz-Weiß-Foto, das wir beim Umzug hinterm Schrank gefunden haben, eine alte Einkaufsliste in krakeliger Schrift und vieles mehr. Bitte dein Kind in einem Moment der Langeweile, sich spontan einen Gegenstand auszusuchen und sich eine Geschichte dazu auszudenken.

  • Alles kann, nichts muss.

Na klar, jetzt gibt es allerhand Regeln für so eine Geschichte. In der Schule lernt dein Kind: Da muss erstmal eine Einleitung her, dann kommt ein Hauptteil mit Höhepunkt und zuletzt braucht es auch noch einen runden Schluss. Aber warum nicht einfach mal anfangen und schauen, wo die Reise hingeht? Mach deinem Kind Mut, alle Regeln beherzt beiseitezuschieben und mit der Frage zu beginnen: Wer ist der Held oder die Heldin in meiner Geschichte? Was ist das Besondere an dieser Figur? Woran würde ich sie sofort erkennen, wenn ich ihr im echten Leben begegnete?

 

  • Niemand muss hier fertig werden!

Grundsätzlich steht beim kreativen Schreiben der Prozess im Vordergrund und nicht das Ergebnis. Das heißt: Da muss nicht immer gleich eine ganze Geschichte draus werden. Denn gute Geschichten brauchen Zeit. Manchmal flutscht es und manchmal wächst eine Geschichte Stück um Stück. Dein Kind bestimmt über Dauer und Ausgang und darf sich wieder dransetzen, wenn es eben Lust dazu hat. Legt das einmal angefangene Werk an einen sicheren Ort, auf den dein Kind jederzeit zugreifen kann. Und biete zum Schreiben immer auch Alternative an: Vielleicht malt dein Kind heute lieber seine Figur?

 

  • Magie liegt im ersten Satz

Ich finde, aller Anfang muss gar nicht mal schwer sein. Damit er leichter gelingt, bitte dein Kind, Bücher zu holen, die es besonders gerne mag, und dir den jeweils ersten Satz daraus laut vorzulesen. Überlegt gemeinsam: Was ist an diesem Satz besonders? Was gefällt deinem Kind an diesem Satz? Und was unterscheidet ihn von anderen Sätzen? Jetzt ist eure Kreativität gefragt: Mit welchem Satz würde eure Geschichte wohl beginnen? Lass‘ dein Kind seinen Satz aufschreiben. Ist der Anfang erst gemacht…

 

  • In der Wörterfabrik

Hicksaufschlag, Inhaltsverhältnis und Salagne – Wörter gibt’s, die gibt’s gar nicht! Ich wette, ihr habt auch so ein paar auf Lager? Beim Schreiben ist es manchmal genau andersrum, da fehlt uns tatsächlich genau dieses eine passende Wort. Warum dann nicht einfach mal eine fröhliche Runde Wörter erfinden?  Dein Kind ist heute der Chef bzw. die Chefin in der Wörterfabrik!

 

  • Wie sehen eigentlich Gefühle aus?

Kinder lernen am liebsten mit allen Sinnen und im Spiel. Indem wir Szenen nachspielen, können wir eine Geschichte erlebbar und gleichzeitig Gefühle sichtbar machen. Bei Angst krallen wir uns etwa in den Pullover-Ärmel unserer Freundin. In einem schönen Moment hüpfen wir vor Freude! Wenn sich dein Kind spielerisch mit unterschiedlichen Gefühlen auseinandersetzt, wird es sie besser in Worte fassen können.

 

  • „Und jetzt dreh’s mal um!“

Perspektivwechsel fördern nicht nur die Empathie, sie tun auch einer Geschichte gut! Fordere dein Kind z.B. auf: „Stell dir vor, du wärst ein Koala-Bär. Und eines Morgens wachst du nicht in deinem Eukalyptusbaum auf, sondern in einem superschicken Wellness-Hotel inmitten schneebedeckter Berge!“ Dein Kind wird dich ganz sicher mit einer spannenden Geschichte überraschen! Forscht gemeinsam nach und beleuchtet besonders diesen ersten Moment: Was denkt der Koala-Bär wohl? Wie fühlt er sich? Was tut er dann?

Und jetzt: Viel Freude beim kreativen Geschichtentüfteln wünsche ich dir und deinem Kind – ob nun noch im Kopf oder schon auf dem Papier!

PS. Falls du Lust hast, ich gebe Kurse. In dem dreistündigen  „Schreib dein eigenes Buch! MAIKES GESCHICHTENWERKSTATT für Kinder ab ach Jahren kann dein Kind seiner Fantasie freien Lauf lassen und in 13 magischen Schritten sein eigenes Buch schreiben. Dabei lernt es ganz nebenbei, wie es eine Geschichte spannend aufbaut. In einer kleinen Gruppe von sechs bis max. acht Kindern erwecken wir mit viel Spiel & Spaß seine HeldIn zum Leben und machen die abenteuerlichsten Gefühle sichtbar! Aktuelle Termine in München und Hamburg findest du hier.

Liebe Grüße,

Maike