Es ist verrückt, dass es Momente gibt, da vergesse ich alles was ist, da steige ich im Schlafanzug die Treppe herunter, mache mir einen Kaffee, setze mich damit aufs Sofa und schaue nach draußen. Ein paar Minuten später höre ich ein Tapsen auf den Stufen. Ein leises “Mama”, dann ein lautes “Mama!”, dann ein aufgebrachtes “Mama!!”, dann steht mein Zweijähriger neben mir und kuschelt seinen blonden Flaum an meinen Hals. Wir sitzen da, kuscheln und schauen, er weiß nichts von all dem und auch ich nehme mir an diesem einen Tag in der Woche die Freiheit, nichts über all das zu lesen…
Ich habe den Sonntag zu meinem Corona-freien Tag gemacht. Das tut so gut, das gibt mir so viel Kraft. Alles fühlte sich gestern beinahe an wie an einem ganz normalen Sonntag. Was mir sonst noch Kraft gibt? Kochen und backen – und gute Geschichten. Und gute Geschichten übers Essen, wie diese, in der es darum geht, wie anders wir in Zeiten von Corona essen und was wir vielleicht danach so essen werden. Glokalisierung klingt auf jeden Fall gut!
Wir haben endlich Ostereier gemalt (dieses Jahr passend in Regenbogenfarben!) und wollen außerdem jede Menge Osterkarten schreiben, weil es dieses Jahr irgendwie besonders Sinn macht. Richtig schön finde ich die Karten von Monimari, die sind so schön unbeschwert, ein bisschen Vintage, fühlen sich toll an und hinterlassen ein warmes Vanillepudding-im-Bauch-Gefühl beim Schreiben und hoffentlich beim Geschicktbekommen.
Ich habe inzwischen übrigens mehrfach Klön-Konferenzen mit Freundinnen und Freunden abgehalten. Ihr auch? Es ist nicht dasselbe, wie sie in echt zu sehen, aber besser als gar nichts. Unsere Erfahrung: Am Allerbesten funktioniert die App Zoom, dort kann man in der kostenlosen Version für 40 Minuten mit bis zu 100 Menschen auf einmal sprechen – und die Bild- und Tonqualität fand ich viel besser als bei Skype oder anderen vergleichbaren Apps.
Virtuell reisen. Es fehlt mir sehr, draußen Dinge zu entdecken. Was dagegen hilft: Per Computer zu Dingen reisen, die ich immer schon mal sehen wollte. Überraschend viele Museen bieten gerade digitale Führungen vom Sofa aus an und viele machen richtig Spaß. Ich fand diesen Rundgang durch das Frida Kahlo Museum in Mexiko besonders inspirierend. Mit den Kindern mochten wir die hier vom National Museum of History in Washington richtig gern.
Anders hören. Falls ihr auch kein Bibi und Tina mehr ertragen könnt, wir haben gerade Podcasts für Kinder entdeckt. Hier gibt’s spannende. Besonders gut fanden meine die beiden Folgen über Erfindungen. Die Aktion #wirlesenzuhause bringt ab heute Vorlesestunden direkt zu uns allen nach Hause (und ich hab Vorlesepause und kann schnell eine kleine Weile an den Schreibtisch)!
Die Aktion von Librileo, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kinder aus bildungsfernen Milieus einen Zugang zu Büchern zu ermöglichen bietet ihre digitalen Lesestunden auf IGTV und Facebook an. Alle Infos gibt’s hier und unter den Hashtags #allekinderbrauchenbücher und #wirlesenzuhause.
Selbst gelesen habe ich auch, und zwar das neue Buch der wunderbaren Lucy Astner, die es verrückterweise immer schafft, dass ihre Bücher genauso rasant sind, wie ihre Drehbücher für Til, Matthias und Co. Dieses hier bringt mich zum Lachen und zum Weinen und das sind ja ganz genau die beiden Gefühle, die gerade so raus müssen.
Noch zwei schöne Dinge: Wusstet ihr schon, dass Marinas schöner Kyddo-Shop auch immer mehr Kleidung für Erwachsene hat? Und was für welche! Ich habe mich für dieses Kleid in der Farbe Milk entschieden (konnte mich kaum entscheiden, alle Farben sind so schön) und freue mich darauf, es hoffentlich den ganzen warmen Sommer über mit Strohhut und meinen braunen Sandalen (oder Clogs) im Garten zu tragen. Es ist so hübsch – und so gemütlich!
Eine wunderschöne Idee für Kindergeburtstage (Oder Erwachsenengeburtstage) in dieser Zeit habe ich bei Joanna gelesen. Dort erzählt eine Leserin, dass Freunde und Familienmitglieder für das Geburtstagskind eine kleine Parade veranstaltet haben: Sie sind mit geschmückten Autos, Musik und wedelnden Fähnchen und Blumen am Haus des Geburtstagskind vorbeigefahren und haben so Corona-sicher gratuliert. Was für eine besonders schöne Idee!
Ich war ehrlicherweise die ganze Woche über verwundert über all die Leute auf Social Media, die die Kontaktsperre dafür nutzen, tausend Dinge zu erledigen, die sie schon immer machen wollten. Weil ich zwischen Homeworking und Homeschooling und Homewasweißich aufpassen musste, dass ich nicht erledigt war. Jetzt am Sonntag, meinem offiziellen Corona-Auszeit-Tag, habe ich es ebenfalls getan: Ich habe endlich unseren Schuhschrank unter der Treppe ausgemistet (mit einem großen, blauen Müllsack in der Hand!) Und die Jungs und ich haben angefangen, das Spielhaus aufzubauen, das seit 1,5 Jahren in der Scheune liegt, weil wir ansonsten an den Wochenenden immer lieber Freunde getroffen haben. Es hat richtig Spaß gemacht. (Auch wenn wir die hübschen Gauben noch nicht geschafft haben und jetzt erstmal Schnee draufliegt. Nächsten Sonntag soll das Wetter zum Glück super werden…)
An allen anderen Tagen in der Woche lese ich übrigens als erstes die Nachrichten. Morgens, bevor ich irgendetwas anderes mache. Und abends im Bett, bevor ich gar nichts mehr mache. Außer grübeln. Ich lese immer auf jeden Fall hier und hier. Besonders spannend finde ich seit einer Weile auch den Instagram Auftritt von Orange, dem jungen Portal des Handelsblatts. Und ich kaufe tatsächlich wieder fast täglich die Printausgabe der Süddeutschen, weil ich das Gefühl habe, dass dort doch noch mehr drin steht als im Netz. Und weil sich das Anfassen der Seiten gut anfühlt. Warm und vertraut.
Was mich heute Morgen am meisten erschüttert hat, war diese Geschichte, über die 13 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, die derzeit in der Corona-Krisenpolitik bislang quasi übersehen werden. Während nämlich für Altenheime Schutzkonzepte entwickelt wurden, werden Behinderteneinrichtungen sich oft quasi selbst überlassen. Dabei gehören Menschen mit Beeinträchtigungen ebenfalls zur Risikogruppe. Mitarbeiter beschreiben im Artikel, wie schwer der Umgang mit Corona besonders für Menschen mit Beeinträchtigungen ist, da sie oft nicht das Verständnis für das regelmäßige Händewaschen haben oder das Alleinbleiben in ihrem Zimmer haben. Nicht mal in den Arm nehmen ist von Pflegerseite gerade möglich…
Mich hat das sehr bewegt, besonders, da ich so viel über Corona gelesen habe, über die Schwierigkeiten dieser 15 Prozent (!) der Bevölkerung allerdings noch nichts. Ich habe überlegt, was ich tun kann und damit begonnen, hier einen Betrag an die Lebenshilfe zu spenden. Vielleicht mögt ihr das auch tun. Es muss ja nicht viel sein, vielleicht der Betrag, den wir sonst für die ein oder zwei Schokoeierpackungen zu viel ausgeben, für die zwei Tüten, die nach Ostern sowieso immer übrig bleiben. Das wär ja schon toll. Falls ihr sonst noch Hilfsprojekte in dieser Sache kennt, bitte melden, ich teile sie gern!
Ups, das ist besonders viel geworden in einer besonderen Zeit.
Ab morgen gibt’s hier dann für den Rest der Woche Corona-freien Content, würde ich vorschlagen. Oder was meint ihr?
Alles Liebe,
Hallo Claudi,
ich kommentiere ja selten, aber danke das du das Dilemma mit den Behinderten ansprichst! Sie brauchen wirklich dringend eine Lobby- nicht nur, aber besonders in Coronazeiten! Ich denke da auch an die Kinder und Eltern die sich entscheiden mussten vor dem shutdown. Hole ich mein Kind aus der Einrichtung nach Hause und betreue und Pflege es hier oder sehe ich es auf unbestimmte Zeit nicht. und wie erkläre ich das? Puh!!
Ein anderes Thema wären übrigens mal barrierefreie Spielgeräte auf Spielplätzen…für die Zeit nach Corona sozusagen.
ein wunderschönes Kleid hast du dir da ausgesucht- ich bin dieses Jahr so “ach wofür Geld ausgeben wenn’s sowieso niemand sieht” gestimmt :-/
passt auf euch auf
Das stimmt, was für eine Entscheidung!
Und danke für die Themenidee, ich setze das unbedingt mit auf die Liste!
Alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi ,hallo Lena
zu der täglichen Sorge der Eltern um ihre behinderten Kinder kommt ,die Frage ” Wird mein Kind an eine Beatmungsmaschine angeschlossen oder nicht ?”Mein Sohn ist mittlerweile 31 Jahre alt und lebt bei uns zuhause.Körperlich kann er auf Grund eines Sauerstoffmangels bei der Geburt nichts,geistig ist er fit und bekommt alles mit.Er kann nicht sprechen ,antwortet aber mit Nicken und den Augen auf JA/NEIN Fragen ,die Vorstellung ihn alleine in eine Klinik einliefern zu müssen zerreißt mir das Herz.Aber wir bleiben optimistisch und hoffen das alles gut wird.Alles Liebe für euch und eure Familien
Lieben Dank für deine Geschichte! Ich drücke dir die sowas von die Daumen,
dass diese Vorstellung nicht Realität wird!
Ganz liebe Grüße,
Claudi
Ich muss leider los zur Arbeit, wollte aber noch kurz da lassen, dass es durchaus ausführliche Schutzkonzepte “für uns” gibt. Die kommen, wie die für die Pflegeheime auch, z.B. vom MAGS. Wir werden nahezu mit Erlassen erschlagen. Es gibt auch eine zentrale Versorgung mit Schutzausrüstung die gerade anläuft. Die Mitarbeiter der Werkstätten arbeiten in den Wohnhäusern mit. Zur Tagesstruktur. Das hilft enorm. Die Finanzierung ist gesichert. Es gibt Gelder um “Quarantänegruppen” aufzubauen. Soweit “alles gut”. Das mit der Einsicht, dem Verstehen, dem psychischen Aspekt, der fehlenden Nähe… das ist ein ganz anderes Ding. Das ist eher das Thema, was mir als Leitung in der Behindertenhilfe Sorgen und Bauchweh macht (neben dem “Wie wird es, wenn es bei uns ankommt?” … Risikogruppe bleibt Risikogruppe). Aber das trifft z.B. Senioren- und Kinderheime ja auch. Erklär das Ganze z.B. mal einer dementen Omi…
Vielen Dank für deine Einschätzung, das ist gut zu wissen.
Oh ja, ich stelle mir das unglaublich schwer vor.
Tausend Dank für deine Arbeit, nicht nur jetzt, sondern immer.
Du und deine Kollegen, ihr habt meinen allergrößten Respekt!
Alles Liebe,
Claudi