Ich habe hier schon öfter geschrieben, wie schwierig ich die Zeit nach der Geburt meines zweiten Kindes fand. Für mich die härteste als Mama bislang. Und das vor allem aus einem Grund: mein erster Sohn war verzweifelt eifersüchtig auf das neue Baby. Es hat ein Jahr gedauert, bis er angefangen hat, gute Seiten an seinem kleinen Bruder zu sehen. Dass man mit ihm fabelhaft um die Wette krabbeln oder noch fabelhafter das Badezimmer unter Wasser setzen kann, zum Beispiel. Heute verstehen sich meine beiden Großen prima….
Klar, Geschwisterstreit gibts auch mal, meist um Kleinigkeiten (in welchem Glas ist mehr, und überhaupt, wer bekommt eigentlich das blaue Glas oder den letzten Süßkartoffelpommes.) Dann wird auch mal gemotzt und gehauen und gekniffen und an den Haaren gezogen. Aber sobald ich dann schimpfe, gucken sie sich an und sagen: “Wenn du nicht aufhörst, ziehen wir aus. Auf den Heuboden. Basta.” “Ihr beide zusammen?”, frage ich erstaunt. “Na klar wir beide!”, sagen sie. So als gäbe es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt.
Ich habe selbst keine Geschwister, hätte aber immer gern welche gehabt. Aber ich freue mich so für meine drei, wenn sie abends in ihren Pyjamas ins Kinderschlafzimmer flitzen, rein in ihre Betten. Sechs kleine Füße, tapps, tapps, tapps, hintereinander. Wenn sie an Regen-Samstagen manchmal nachmittags einen Film gucken und auf dem Sofa liegen, Beine über Füßen, Haare über Nasen und sechs kleine Hände in einer Schale mit Apfelspalten. Oder wenn der Große mit dem Mittleren schimpft und der dann aber sagt: “Bäh, du bleibst immer mein Bruder. Für immer und immer, auch wenn du sagst du bleibst es nicht. Basta.”
Als mein Großer, als er noch so klein war auf das neue Baby, so schrecklich eifersüchtig war, habe ich mich einmal bei meiner Hebamme ausgeweint. “Du kannst nicht erzwingen, dass deine Kinder Freunde werden!”, hat sie mir damals gesagt. “Du kannst dein Bestes geben, aber du kannst es nicht erzwingen.” Wir versuchten also unser Bestes zu geben, André und ich. Bis heute, jeden Tag. Und hey, ich glaube wir sind ganz erfolgreich darin.
Meine Tipps zum Vorbeugen von Geschwisterstreit:
- Unsere Kinder schlafen in einem Zimmer, alle drei. (Die beiden Großen viele Nächte sogar in einem Bett). Ich kann mir vorstellen, dass das nicht immer klappt, aber ich glaube das verbindet. Nebeneinander einschlafen und aufwachen, im Dunkeln noch zusammen kuscheln und klönen, unter der Bettdecke gemeinsam vor Mama verstecken, “Unser Zimmer” sagen, statt “meins”, ich glaube, das schafft eine Nähe fürs Leben.
- Wir vermeiden Vergleiche. Natürlich vergleichen wir manchmal: Wer lief eher, wer malt früher besser ein Haus. Aber wir würden nie etwas sagen wie: “Guck doch mal wie toll dein Bruder schon Rad fahren kann”. Niemals.
- Wenn jemand eifersüchtig ist, ist es meistens der Älteste. Eigentlich logisch, nur er hatte Mama und Papa schon mal ganz für sich. Wenn es so ist, sage ich oft: “Denk dran, dich haben Mama und Papa schon am allerlängsten lieb.” Dann lächelt er mich meist ganz schnell verschwörerisch an. Und alles ist gut.
- Am allermeisten Streit gibt es bei uns wegen Essen. Nicht nur bei uns, alle Freundinnen mit mehrern Geschwistern erzählen Geschichten darüber. Die eine, wie sie immer beim Ente essen die heißbegehrte Haut unter dem Kartoffelkoß versteckt hat, und sie erst als weit und breit keine mehr da war hervorgeholt, und vor den Augen ihrer Geschwister genüsslich verspeist hat. Oder die andere, die sich in ihrer ersten eigenen Wohnung als allererstes eine Kiste Punica gekauft hat und sie ganz allein, alle sechs Flaschen hintereinander ausgetrunken hat, weil Punica zuhause immer durch fünf geteilt werden musste. Ich versuche, immer genug zu kochen (lieber friere ich den Rest ein). Und Sonntags kaufe ich lieber eine Woche Croissants für alle und die nächste Woche keine, statt zwei Croissants, die durch fünf geteilt werden müssen.
- Ab und zu mache ich mit jedem der Kinder einen Mama Vormittag. Dann dürfen sie aussuchen was wir machen, meist wollen sie Frühstücken gehen und auf den Spielplatz. Nur wir zwei.
- Ich erzähle ihnen immer wieder ganz bewusst Geschichten von Momenten in denen sie Spaß miteinander hatten, sich gegenseitig getröstet haben oder Abenteuer miteinander erlebt haben.
Meine Liste ist ganz sicher kein bisschen vollständig. Habt ihr auch noch Tipps? Ich würde sie wahnsinnig gern hören!
Auf dem Foto steiten die beiden übrigens aus Spaß. Gibts öfter unter Geschwistern. Musste ich Einzelkind erst lernen.
Alles Liebe,
hallo liebe claudi
ich lese deinen blog schon eine weile mit interesse. bin eine schweizer-jungs-mama und meine kerle sind 7, 5 und 3,5. bei uns geht zwischendurch streitmässig heftig die post ab und gleichzeitig lieben sie einander heiss und innig. ich muss immer wieder lernen, dass beides fast zeitgleich geht.
das zimmer haben sie bis vor kurzem geteilt, mit dem schulanfang wuchs beim ältesten das bedürfnis nach mehr eigenem raum. aber in den ferien wünscht er oft, bei den brüdern zu schlafen.
tipps?
– abenteuergeschichten mit ihnen als hauptpersonen erfinden
– ein murmelglas: für besonders tolles aufräumen oder etwas wagen o.ä. gib . eine murmel ins gemeinsame glas. wenns voll ist, ein ausflug
– familienmitwirkungssitzungen: da planen und besprechen wir urlaube zu hause, ämtli, familienregeln… und alle dürfen mitbestimmen. das verbindet.
spannendes thema… gäbe noch vieles zu schreiben.
liebe grüsse
christa
Hallo Claudi,
vor der Geburt unseres zweiten Kindes habe ich mir ein Buch zu dem Thema bestellt. Weil ich doch so gerne Erziehungsbücher lese. Und ich muss sagen, ich kann es nur wirklich JEDEM empfehlen, der mehrere Kinder hat. Mit Abstand das beste Erziehungsbuch, das ich je gelesen habe. Gibts leider nur auf englisch: Siblings without rivalry (Faber&Mazlish).
Tolle Ansätze auf die ich beim besten Willen (und vielen anderen Büchern) nie selbst gekommen wäre.
Deren Tipps sind unter anderem:
– dem einen Kind ermöglichen sich in das andere hinein zu versetzen
– klare Regeln wie bspw. es wird nichts aus der Hand gerissen, Spielzeug ist für alle da, aber trotzdem darf jedes Kind seine 5 Lieblingsspielsachen in einem Regal aufbewahren und die anderen müssen vorher fragen
– Kinder beibringen wie man einen Streit alleine ohne Mama und Papa löst (Runder Tisch, Version von jedem anhören, nach Lösungen suchen)
– nie Kinder vergleichen (wie du ja auch schon geschrieben hast)
– nie schlecht über die Kinder sprechen, wenn die zuhören
– nicht alles ‘gleich’ machen (ich habe euch gleich lieb…)
Und was soll ich sagen, bei uns funktioniert es super. Natürlich bekommen sie sich mal in die Haare, aber sie oder wir gemeinsam schaffen es nahezu jeden Streit ohne Tränen zu lösen. 😉
LG Jessica
Warum auch immer, bin ich soeben erst auf deinen Blog gestoßen. Aber diesen Artikel habe ich gerade sehr sehr gerne gelesen. Und bei deiner Unterschrift musste ich doch sehr lachen. Ich bin auch Einzelkind und manchmal fällt es mir doch schwer, diese Streitereien meiner Zwei zu verstehen. 😉
Das freut mich und HERZLICH WILLKOMMEN. Ja, diese Geschwisterwelt ist ein Abenteuerland, dass es jeden Tag neu zu entdecken gilt, oder? Wunderbar! (Meistens!)
Liebste Grüße!
Liebe Claudi,
ein toller Blog, gerade erst entdeckt. Wir sind Eltern von zwei (bald drei) Brüdern und haben uns immer viele Gedanken gemacht, ob und wie wir die Brüderliebe befördern können. Viele Deiner Erfahrungen kann ich genau so bestätigen (z.B. traute Zweisamkeit abends im Bett, egal wie viel Streit es am Tag gegeben hat).
Darüber hinaus fanden wir sehr wirksam, positive GESCHICHTEN VON BRÜDERN vorzulesen oder zu erfinden. Die Figur Jonathan von den Brüdern Löwenherz hat unseren Großen, der anfangs auch recht eifersüchtig war, z.B. nachhaltig beeindruckt.
LG, Verena
Liebe Verena, was für eine tolle Ergänzung. Bislang fand ich meine Kinder für die Löwenherzbrüder noch zu klein, aber ich freue mich schon sehr darauf.
Alles Liebe,
Claudi