Bei uns in der Gegend gibt es viele schöne, alte Häuser. Eins bewundere ich beim Vorbeispazieren besonders oft. Stelle mir jedes Mal kurz vor, was man aus diesem Haus wunderbares machen könnte, drücke dann aber schnell die Kopfkinostopptaste und denke: “Oh Gott ne, niemals. Wer das mal anpackt, muss Geld und Nerven wie Heu haben. Oder komplett verrückt sein.” Jetzt packt es jemand an…
Haus Anna Elbe, Traum vom Haus, altes Haus kaufen, selbst sanieren, Hamburg
Vor einer Weile entdeckte ich genau das Haus bei Instagram, zusammen mit dem Foto einer sehr sympathisch (und sehr glücklich) aussehenden Familie. In Vierländer Tracht, okay, und sie war mal Erdbeerkönigin, aber eigentlich alles ganz normal. Der absolute Knaller ist aber, dass Tatiana und Stefan gerade erst ein Haus fertig gebaut haben. Einen Neubau, ein paar Dörfer weiter: quadratisch, praktisch, gut.

Knick, knack, sichere Sache. Endlich durch. Und was machen die Timmanns? Verkaufen ihr neues Haus, ihren Eltern-nebst-Schwiegereltern-Traum- und kaufen stattdessen eine riesige, vierhundert Jahre alte, komplett sanierungsbedürftige Fachwerkruine. Als ganz normale Familie ohne Lottogewinn, dafür mit inzwischen drei kleinen Kindern. Das ist so verrückt, ich konnte nicht anders und musste Tatiana direkt anschreiben und ausfragen.
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Übrigens hatten mein Mann und ich mal den gleichen Traum: Ein altes Haus kaufen. Drei lange Jahre lang haben wir den gesamten Großraum Hamburg abgesucht, nach dem einen, dem schönsten, alten Haus mit viel Potential zum Schnäppchenpreis. Wir haben einiges gesehen. Vor allem: viele Häuser, die bereits halb umfielen, zu Preisen, die uns umkippten. Irgendwas war immer: der Schnitt stimmte nicht, die Lage, die Grundstücksgröße, die Substanz. Ein, zwei Mal hatte ich bereits mein Herz an einen Haustraum verloren, der dann doch nicht zustande kam. Weil für die Obstwiese nebenan plötzlich eine Baugenehmigung für eine Mehrfamilienhauswohnanlage auftauchte, weil eine Zwangsversteigerung doch platzte. Oder weil wir doch Muffensausen bekamen.

Irgendwann hatten wir keine Lust mehr, bauten auf dem Grundstück der Schwiegereltern neu und sanierten lediglich einen kleinen ehemaligen Schweinestall. Der kostete uns allerdings mehr Nerven, als die Berge von Heuhalmen, die darin noch auf dem staubigen Stallboden lagen. Doppelt und dreifach mehr Nerven als der ganze Neubau – und der war auch schon nicht ohne.

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Haus Anna Elbe, altes Haus renovieren, der Traum vom Haus,
Wasfürmich: Also sag mal, Tatiana. Seid ihr eigentlich verrückt geworden?
Tatiana Timmann: Ja, ich glaube, ein wenig verrückt muss man tatsächlich sein, um so einen Tausch zu wollen. In Wahrheit haben wir aber schon sehr lange nach einem alten Haus gesucht, hatten diesen Traum immer im Hintergrund. Es hatte eben bloß noch nicht Haus-gefunkt. Daher kam das alles für uns gar nicht so überraschend.
Wasfürmich: Und jetzt hat es gefunkt?
Tatiana: Aber sowas von. Wir lieben das Haus, den Ort an dem es liegt und seine Geschichte. Wir lieben die Elbe, auf die wir aus den Fenstern gucken, das glitzernde Wasser, die angeknabberten Biberbaumstämme, den Storch auf unserer Linde. Und wenn die Kinder fragen: “Wann fahren wir endlich wieder zum Haus Anna Elbe?”, macht mich das unglaublich glücklich.
Wasfürmich: Habt ihr nicht enorm Bammel vor der Zeit die vor euch liegt?
Tatiana: Wir bilden uns ein, dass wir ganz gut vorbereitet sind. Wie haben uns schon so lange damit beschäftigt, so viele Geschichten darüber gehört und gelesen, dass uns glaube ich kaum noch etwas wirklich überraschen kann. Das Haus ist 300 Jahre alt, da rechnen wir mit allem: Holzwurm, Schimmel, Ehekrach, zusätzliche Kosten.
Wasfürmich: Apropos Kosten, wird das ganze nicht unglaublich teuer?
Tatiana: Angeblich ist es rein rechnerisch nicht teurer als ein Neubau, zumindest versuchen wir uns (ähm, und der Bank) das einzureden.
Haus Anna Elbe
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Wasfürmich: Wovor hast du am meisten Angst?
Tatiana: Die hatte ich schon – nämlich, dass die Vorbesitzerin dem Hausverkauf in letzter Minute doch nicht zustimmen könnte. Sie war sehr aufgelöst, schließlich war das Haus die ganze Zeit in Familienbesitz. Als ich sie ziemlich aufgelöst beim Notar entdeckte, habe ich erstmal geweint (ich war damals allerdings gerade hochschwanger und habe es auch auf die Hormone geschoben. Und ich mache mir Sorgen um uns als Familie. Den Kindern stinkt es schon, wenn ich mal wieder Anträge ausfüllen muss, statt mit ihnen zu spielen. Deshalb schreibe ich neuerdings Spielzeiten mit in den Terminkalender. Ein gemeinsames Essen am Tag übrigens auch.
Wasfürmich: Bislang hängt bloß ein Schild der Baugesellschaft am Zaun, wann gehts denn richtig los?
Tatiana: Der Architekt sagt in drei Monaten. Dann wird es richtig zur Sache gehen: Zuerst wird das Reetdach abgenommen (wir hoffen noch den einen oder anderen Schatz im Reet zu finden, es war früher nämlich üblich, dort Dinge zu verstecken). Dann wird das gesamte Mauerwerk herausgenommen, bis nur noch das Fachwerkgerippe steht. Und dann müssen wir erstmal schauen, welche Balken ersetzt werden müssen.
Wasfürmich: Seid ihr eigentlich Handwerker oder wenigstens handwerklich begabt? Sprich, wollt ihr selbst mit anpacken?
Tatiana: Wir sind überhaupt nicht vom Fach. Ich bin Social Media Managerin, aber zur Zeit in Elternzeit und Stefan entwirft Webseiten. Klar wollen wir später beim Innenausbau ein paar Kleinigkeiten selbst machen, aber den Großteil werden Fachleute erledigen. Erstmal als Schutz für unsere Ehe. Zweitens weil alles in dem Haus unter Denkmalschutz steht. Sogar um eine Wand von Ölfarbe zu entfernen brauchen wir die Genehmigung des Denkmalamts. Sprich, da lassen wir lieber Experten dran.
Wasfürmich: Sag mal, was macht ihr eigentlich am 13. Mai in fünf Jahren?
Tatiana: Ha, da grillen wir mit Freunden und Feriengästen in unserm Garten. Ich hoffe meineGroßeltern sind dann noch dabei – sie sind 80 und eigentlich die einzigen, die von Anfang an hinter der verrückten Hausidee standen. Und du bist auch herzlich eingeladen!

Liebe Tatiana, ich danke dir und wünsche euch viel Glück.

Falls ihr mehr über das Projekt der Timmanns erfahren möchtet, schaut mal auf ihrem Blog vorbei. Außerdem berichtet der NDR in der Sendung Nordtour morgen um 18 Uhr vom Projekt “Anna Elbe”. Guckt mal drauf, da gibt es schon mal eine kleine Vorschau. Also ich finde die beiden ja richtig sympathisch. Träumt ihr eigentlich auch von einem alten Haus? Ider habt ihr schon mal? Oder wie würdet ihr am liebsten wohnen? Bitte kommentiert sehr gern.

Schönes, langes Wochenende,

Claudi